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    Plenarprotokoll 11/91 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 91. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. September 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung) : a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989: (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksache 11/2700) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1988 bis 1992 (Drucksache 11/2701) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt (Fortsetzung) : Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988: (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/2650) Roth SPD 6209 B Hauser (Krefeld) CDU/CSU 6214 C Sellin GRÜNE 6217D Dr. Graf Lambsdorff FDP 6219C Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 6224 B Rossmanith CDU/CSU 6227 A Schäfer (Offenburg) SPD 6229 A Schmidbauer CDU/CSU 6232 D Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 6235 C Baum FDP 6238 B Lennartz SPD 6241 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 6243 C Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 6245 C Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 6254 C Dr. Penner SPD 6256 C Frau Seiler-Albring FDP 6262 C Frau Olms GRÜNE 6263 D Dr. Laufs CDU/CSU 6265 D Dr. Hirsch FDP 6268 D Wüppesahl fraktionslos 6270 D Gerster (Mainz) CDU/CSU 6273 A Engelhard, Bundesminister BMJ 6276 A Dreßler SPD 6276 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 6280 B Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 6282 A Frau Hasselfeldt CDU/CSU 6284 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 6287 D Heyenn SPD 6293 A Tagesordnungspunkt 2: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung zur Veräußerung der bundeseigenen Wohnsiedlung in Mariental-Horst bei Helmstedt (Drucksachen 11/2301, 11/2561) Roth (Gießen) CDU/CSU 6250 C Müntefering SPD 6251 B Zywietz FDP 6252 B Brauer GRÜNE 6252 D Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF . . . 6253 C Nächste Sitzung 6295 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 6296* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1988 6209 91. Sitzung Bonn, den 8. September 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 9. Dr. Becker (Frankfurt) 9. 9. Böhm (Melsungen)* 9. 9. Dr. von Bülow 8. 9. Gallus 8. 9. Gattermann 9. 9. Dr. Glotz 9. 9. Dr. Götz 9. 9. Dr. Hauff 9. 9. Hiller (Lübeck) 9. 9. Höpfinger 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 9. 9. Ibrügger* * 9. 9. Dr.-Ing. Kansy* * 9. 9. Frau Karwatzki 9. 9. Frau Kelly 8. 9. Kiechle 9. 9. Klose 9. 9. Dr. Kreile 9. 9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Kroll-Schlüter 9. 9. Kuhlwein 9. 9. Dr. Kunz (Weiden)* * 9. 9. Dr. Meyer zu Bentrup 8. 9. Niegel* 9. 9. Oostergetelo 9. 9. Poß 8. 9. Dr. Probst 9. 9. Rappe (Hildesheim) 9. 9. Reuschenbach 9. 9. Schäfer (Mainz) 9. 9. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 9. 9. Frau Steinhauer 9. 9. Tietjen 9. 9. Toetemeyer 8. 9. Frau Weiler 9. 9. Westphal 9. 9. Frau Wilms-Kegel 9. 9. Wissmann 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
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    Rede von Gerda Hasselfeldt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn der Arbeitsminister am Schluß der Debatte spricht, Frau Beck-Oberdorf, dann war dies der ausdrückliche Wunsch der Fraktionen und war so mit allen Fraktionen abgestimmt. Ich empfehle Ihnen, daß Sie sich künftig, bevor Sie so etwas öffentlich kritisieren, sachkundig machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die beiden Reden der Oppositionspolitiker veranlassen mich, gleich am Anfang eines deutlich festzustellen: Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ging es der Bevölkerung so gut wie heute. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik konnten wir auch den sozial Schwachen und Schwächeren in unserer Gesellschaft so tatkräftig unter die Arme greifen wie bisher, und ich erkläre Ihnen das auch.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Wir verfügen über steigende Realeinkommen. Wir verfügen über steigende Renten. Allein in den Jahren zwischen 1985 und 1987 sind die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte um real 8,5 % gestiegen.
    Wir verfügen über Preisstabilität. Während Ihrer Regierungszeit in den 80er Jahren hatten wir eine



    Frau Hasselfeldt
    Inflationsrate von etwa 6 %. Preisstabilität kommt allen Bürgern unseres Landes — insbesondere den sozial Schwächeren — zugute.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir verfügen nun schon im sechsten Jahr über ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum, von dem Sie während Ihrer Regierungszeit nur träumen konnten und nicht einmal das. Wirtschaftswachstum gewährleistet uns allen den Wohlstand und soziale Sicherheit.
    Meine Damen und Herren, es wundert angesichts dieser Fakten niemanden, daß wir wegen dieser wirtschaftlichen Entwicklung, wegen unseres Wohlstandes und auch und im besonderen wegen unserer Sozialleistungen auf der ganzen Welt beneidet werden. Wir haben dies nicht dadurch erreicht, daß wir nach den Vorstellungen der Opposition der Allmacht des Staates vertraut hätten. Nein, wir haben es erreicht, weil wir nie den Zusammenhang zwischen einer funktionierenden Wirtschaft auf der einen Seite und sozialpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten auf der anderen Seite aus den Augen verloren haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nur dann nämlich, wenn es uns gelingt, unsere Wirtschaft leistungsfähig und wettbewerbsfähig zu erhalten, haben wir auch den Spielraum, um den sozial Schwächeren zu helfen, und den sozial Schwächeren gilt auch künftig unser Augenmerk. Es gilt den Arbeitnehmern. Es gilt steigenden Realeinkommen, Herr Dreßler. Es gilt den Rentnern, die vertrauensvoll in die Zukunft blicken können. Bis in die 90er Jahre hinein verfügt die Rentenversicherung über ein solides Finanzpolster. Darüber, was danach kommt, werden wir uns noch unterhalten.
    Unser Augenmerk gilt im besonderen auch den Familien, die während Ihrer Regierungszeit völlig außen vor gelassen wurden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Widerspruch bei der SPD)

    Wir haben durch die Einführung des Erziehungsgeldes, durch die Anrechnung der Erziehungszeiten in der Rentenversicherung und durch die steuerlichen Erleichterungen für die Familien Marksteine gesetzt, von denen Sie während der sozialliberalen Koalition wirklich nicht einmal geträumt haben, weil es die Familie als sozialpolitisch zu förderndes Objekt überhaupt nicht gegeben hat.

    (Zuruf von der SPD: Und was ist mit den Arbeitslosen?)

    — Und unser Augenmerk gilt natürlich den Arbeitslosen, gilt dem Arbeitsmarkt.

    (Zuruf von der SPD: Deswegen wird das Arbeitslosengeld wieder gekürzt!)

    Wir haben auch hier zu mehr Beschäftigung und zu einer Verbesserung der Situation der Arbeitslosen beigetragen, und zwar durch berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, durch die Besserstellung der älteren Arbeitslosen beim Bezug von Arbeitslosengeld.

    (Zurufe von der SPD)

    — Meine Damen und Herren, ich verstehe schon sehr gut, daß Sie etwas aufgebracht sind, wenn man diese Fakten objektiv darstellt. Diese Erfolge lassen sich messen. Sie lassen sich im besonderen an Ihrer sozialpolitischen Konzeptionslosigkeit messen, die Sie ja auch in Münster wieder unter Beweis gestellt haben.

    (Lachen bei der SPD)

    So wie Sie es dort gemacht haben, kann man seine Regierungsunfähigkeit natürlich auch unter Beweis stellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lebhafte Zurufe von der SPD)

    Wissen Sie, es ist schon bedeutsam, wenn sogar ein Mann wie Herr Steinkühler, der ja wirklich nicht im Verdacht steht, daß er uns nahesteht, sagt, die SPD sei in der Sozialpolitik kopflos. Das muß Ihnen doch zu denken geben.

    (Zurufe von der SPD)

    Ich verhehle nicht, meine Damen und Herren, daß auch mir die Zahl der Arbeitslosen zu hoch ist. Dahinter verbergen sich schwere Schicksale. Ich frage mich aber: Muß es nicht verwundern, daß es in allen Teilen unseres Landes nicht wenige Betriebe gibt, die ihren Bedarf an Arbeitskräften trotz der vielen arbeitslos Gemeldeten nicht decken können? Angesichts dieser Tatsache müssen wir uns doch überlegen, ob das vorhandene Instrumentarium bezüglich der Zumutbarkeit dem Gedanken der Solidarität in der Arbeitslosenversicherung noch gerecht wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Abg. Schreiner [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Abgeordnete Hasselfeldt?

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    Rede von Gerda Hasselfeldt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Nein.
    Es geht auf jeden Fall aufwärts. Wir haben seit 1983 die Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten um fast eine Million erhöht.

    (Rixe [SPD]: Das wird ja jeden Tag schlimmer hier im Hause!)

    Dies bedeutet nicht nur mehr Beiträge in der Sozialversicherung, sondern es bedeutet auch mehr Hoffnung für eine Million Menschen und ihre Familien.

    (Bohl [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Dies haben wir durch eine vernünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik, aber auch durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie beispielsweise die Qualifizierungsoffensive erreicht. Wir werden diese fortsetzen, auf hohem Niveau, aber wir müssen auch darauf achten — ich sage das ganz bewußt — , daß die Mittel auf die Zielgruppen des Arbeitsmarktes konzentriert werden

    (Andres [SPD]: Ihnen geht es gut, das merkt man!)




    Frau Hasselfeldt
    und daß alle Bildungsmaßnahmen auch so angelegt sind, daß anschließend eine echte Vermittlungsaussicht besteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Klar ist auch: Berufliche Bildung darf nicht primär Angelegenheit der Beitragszahler und der Bundesanstalt für Arbeit sein. Die Verantwortung für gut ausgebildetes Personal liegt vorrangig bei den Arbeitgebern, bei denen, die dieses Personal beschäftigen.

    (Zuruf von der SPD: Da haben Sie recht!)

    Die Bundesanstalt darf nicht zum Auszahlautomaten degradiert werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich aber auch ein Wort, meine Damen und Herren, an das von Ihnen angesprochene Problem der Schwarzarbeit, der illegalen Beschäftigung verlieren. Ich stimme Ihnen zu, daß dies ein großes Problem in unserer Gesellschaft, auf unserem Arbeitsmarkt ist. Ich denke, daß wir uns auch darüber einig sind, wo einer der Gründe liegt, nämlich in den zu hohen Lohnnebenkosten.

    (Reimann [SPD]: Nein, da sind wir uns gar nicht einig!)

    Wenn wir uns hier nicht einig sind, macht mir das gar nichts; meine Meinung bleibt trotzdem.
    Hauptgrund oder einer der wesentlichen Gründe sind zu hohe Lohnnebenkosten. Daran arbeiten wir,

    (Andres [SPD]: Das kann man merken, ja!)

    nicht nur kurzfristig. Als ein Mittel zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung sehen wir in der Tat den Sozialversicherungsausweis.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Er ist kein Allheilmittel, das wissen wir. Aber er ist ein Schritt auf dem richtigen Weg.
    Meine Damen und Herren, wenn wir von mehr Humanität in der Gesellschaft reden, dann müssen wir auch an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf denken; dabei spielen die Teilzeitarbeit sowie der Wiedereinstieg von Frauen ins Berufsleben nach den Erziehungsjahren eine wesentliche Rolle. Wir können für uns in Anspruch nehmen, daß wir die Förderungsvoraussetzungen beim Wiedereinstieg nach der Erziehungstätigkeit verbessert haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Wir werden auch in unseren Bemühungen um noch mehr Teilzeitarbeitsplätze nicht lockerlassen. Aber es wäre zu erwarten, daß hier auch die Gewerkschaften endlich aus ihrer Ecke herausgehen und mit ihren abqualifizierenden Bemerkungen gegenüber der Teilzeitbeschäftigung endlich aufhören und ihre starre Haltung hier aufgeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Bohl [CDU/CSU]: So auch Lafontaine! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Die SPD auch!)

    — Bei der SPD habe ich schon langsam Schwierigkeiten, Herr Kollege, ein gemeinsames, für alle Kollegen
    geltendes Konzept in der Sozialpolitik, im besonderen im Arbeitsmarkt zu erkennen.

    (Bohl [CDU/CSU]: Das stimmt! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Sie hat keins!)

    Ich möchte nur das Stichwort — ich könnte auch andere Kollegen mit nennen — Lafontaine anführen.

    (Reimann [SPD]: Lambsdorff!)

    Der Parteitag hat wieder deutlich gemacht, daß hier wirklich kein Konzept vorliegt, sondern ein großer Dissens.
    Die Situation unseres Arbeitsmarktes erfordert eine differenzierte Betrachtungsweise. Wir haben einen Mangel an Facharbeitern, an qualifizierten Angestellten, wir haben einen hohen Anteil an unqualifizierten und zum Teil nicht qualifizierbaren oder nicht so, wie der Arbeitsmarkt es erfordert, qualifizierbaren Arbeitslosen. Wir haben eine zunehmende Immobilität der Arbeitslosen, überhaupt der Arbeitnehmer, aus welchen Gründen auch immer, und wir haben auch einen zunehmenden Anteil an gesundheitlich Eingeschränkten. Das alles sind Probleme, denen wir uns zu stellen haben, Fakten, die wir sehen müssen. Deshalb gibt es hier auch kein Patentrezept, und deshalb sind auch die von der Opposition geforderten Beschäftigungsprogramme genauso sinnlos wie all jene Programme, die Sie schon während Ihrer Regierungszeit in dieser Richtung mit aufgelegt haben. Das, was wir am Arbeitsmarkt brauchen, sind differenzierte Maßnahmen. Das, was wir brauchen, ist ein Klima zur Schaffung von mehr Arbeit, meine Damen und Herren.

    (Reimann [SPD]: Zu diesem Klima tragen Sie bei!)

    Wir haben ja bewiesen, daß wir dieses Klima geschaffen haben, sonst könnten wir diese zusätzlich Beschäftigten gar nicht verzeichnen. Während Ihrer Regierungszeit haben Sie keine zunehmende Erwerbspersonenzahl gehabt, sondern im Gegenteil eine abnehmende Zahl.

    (Bohl [CDU/CSU]: SPD-Talfahrt!)

    Nun, eines der wichtigsten und schwierigsten sozialpolitischen Reformvorhaben in dieser Periode ist die Reform des Gesundheitswesens. Dabei steht eines fest: Diese Reform ist längst überfällig und hätte schon während der sozialliberalen Koalition in Angriff genommen werden müssen. Aber wie war es damals? Sie haben nur geredet, Sie haben nicht gehandelt.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Heute ist es so: Wenn wir nicht handeln, werden die Beitragssätze weiter steigen. Wenn wir nicht handeln, lassen wir zu, daß die Erfolge in der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik durch ungezügeltes Ausgabenwachstum in der Krankenversicherung beeinträchtigt werden. Wenn wir nicht handeln, bricht das System unserer im Ansatz guten Krankenversicherung zusammen. Meine Damen und Herren, deshalb handeln wir!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir ermöglichen Beitragssatzsenkungen, die den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern gleichermaßen



    Frau Hasselfeldt
    zugute kommen und zur Begrenzung der viel zu hohen Lohnnebenkosten beitragen. Wir setzen auf mehr Vorsorge und Eigenverantwortung. Wir entlasten die Solidargemeinschaft von nicht notwendigen Leistungen, und wir sorgen für mehr Wettbewerb.
    Meine Damen und Herren, wir handeln auch in der Pflege, in einem Bereich, der von der SPD zerredet, aber nicht angepackt worden ist.

    (Lachen des Abg. Dreßler [SPD])

    — Sind Ihnen eigentlich, wenn Sie da so lachen, Herr Kollege, die Familien ganz egal, die nicht in Urlaub fahren können, z. B. deshalb, weil es gilt, einen pflegebedürftigen Angehörigen zu betreuen?

    (Dreßler [SPD]: Nun werden Sie nicht unverschämt!)

    Uns sind sie nicht egal! Wir wissen um die starke Belastung, die ein schwerer Pflegefall für die Familien, ihre Hilfsbereitschaft und ihren Opferwillen mit sich bringt. Hier wirken Menschen im stillen, ohne großes öffentliches Aufsehen. Nur haben sie eben einen Fehler: Sie haben keine Lobby. Aber es darf doch in unserem Staat nicht länger so sein, daß immer nur die Lauten, die, die schreien können, gehört werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mit dieser neuen, dringend notwendigen Pflegefallregelung vollziehen wir einen gesellschaftspolitischen und sozialpolitischen Durchbruch ersten Ranges, vergleichbar mit der Anerkennung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung. Auch das war ein gesellschafts- und sozialpolitischer Durchbruch. Wir schließen damit das einzige in der sozialen Sicherung noch vorhandene Loch.

    (Andres [SPD]: Sie müssen von Lobby reden! Sie haben es nötig!)

    Nun sagen einige Leute, die es gut mit uns meinen — auch die gibt es — : Eine einzige große Reform in der Legislaturperiode reicht. Unsere Antwort darauf ist: Wir müssen tun, was die Verantwortung für diese Bevölkerung, für die soziale Sicherheit dieser Bevölkerung, uns gebietet, und eine der größten Herausforderungen ist heute die Auswirkung der demographischen Entwicklung auf unser Rentensystem. Unsere Gesellschaft wird älter. Die Beitragszahler werden weniger, die Leistungsbezieher mehr. Wir wissen, daß es sich bei denjenigen, die heute in Rente gehen, um eine Generation handelt, die diesen Staat aufgebaut hat, die den Weg für unseren Wohlstand bereitet hat, und wir werden deshalb dafür sorgen, daß die zusätzlichen Lasten ausgewogen auf alle Beteiligten, nämlich auf die Beitragszahler, die Leistungsbezieher und den Staat, verteilt werden.
    Dabei haben sich die bisherigen Prinzipien der Rentenversicherung bewährt. Diese gilt es zu stärken. Nicht aus dem Auge verloren werden darf der Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung. Das ist ein wesentliches Prinzip gerade der Rentenversicherung. Die Höhe der Beiträge muß die Höhe der späteren Rente auch bestimmen. Ich hoffe, daß wir in dieser Frage einen Konsens aller demokratischen Parteien erreichen können; ich hoffe, daß in dieser für uns alle so wichtigen Frage keine parteipolitischen Unterschiede vorhanden sind.
    Frau Beck-Oberdorf, ein Wort zur Frauenarmut, die Sie angesprochen haben: Sicher ist das Einkommen der Frauen, gerade der Rentnerinnen, geringer als das ihrer männlichen Kollegen. Das hängt auch damit zusammen, daß das System eben auf Beiträge ausgerichtet ist. Aber ich möchte bei dieser Gelegenheit schon einmal deutlich darauf hinweisen, daß wir es waren, die die Anerkennung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung eingeführt haben, eine Regelung, von der die Frauen, gerade die älteren Frauen, profitieren, daß wir es waren, die diese Regelung für die Frauen, gerade für die älteren Frauen, für die Frauen, die Jahre ihres Lebens der Erziehung von Kindern gewidmet haben, durchgesetzt haben und daß wir es sind, die in dieser Richtung auch weiterdenken werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe der Abg. Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE])

    Lassen Sie mich auch ein Wort zur Kriegsopferversorgung sagen. Wir haben nicht nur zum 1. Juli 1988 die Renten der Kriegsopfer um 3 % angehoben, sondern auch strukturelle Verbesserungen zum 1. Januar 1989 in Höhe von jährlich 26 Millionen DM beschlossen. Dies ist angesichts der Belastungen, denen der Bundeshaushalt ausgesetzt ist, wirklich keine unbedeutende Summe.
    Ich möchte nun aber noch einige grundsätzliche Positionen anfügen. Im Mittelpunkt, meine Damen und Herren, unserer Sozialpolitik

    (Jaunich [SPD]: Steht der Mensch!)

    steht das Streben nach sozialem Frieden, nach sozialer Gerechtigkeit und nach sozialer Sicherheit. Diese Ziele sind nicht mit billigen Neidparolen, mit abschreckenden Horrorgemälden, mit Schwarzmalerei oder auch Klassenkampf zu erreichen. Wir brauchen dazu eine leistungsfähige Wirtschaft. Wir brauchen die Eigenverantwortung aller Bürger sowie ein realistisches Denken bei der Verteilung von Lasten und von Wohltaten.
    Maßstab unserer Sozialpolitik ist nicht die Höhe des ausgegebenen Geldes, wenngleich wir in diesem Haushalt auf 66,9 Milliarden DM verweisen können. Maßstab ist die Situation der Bürger in diesem Land. Mit dieser Situation können wir heute zufrieden sein. Diese Situation auf dem erreichten Niveau zu halten und dort, wo möglich und wo nötig, zu verbessern, das ist unsere Verpflichtung.
    Meine Damen und Herren, es ist auch ein Irrtum, anzunehmen, daß bei der Sozialpolitik nur an Geld zu denken ist. Solidarität und Eigenverantwortung, finanzielle Hilfe und die helfende Hand — all das muß zusammengefaßt und zusammengeführt werden zu dem, was wir uns alle miteinander wünschen, nämlich zu einer Gesellschaft mit einem menschlichen Gesicht.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)