Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Friedmann, Sie haben zum Verteidigungsetat gesprochen und haben die soziale Situation der Soldaten und der zivilen Mitarbeiter in der Bundeswehr angesprochen. Es hätte diesem Verteidigungsminister, der sich bei den GRÜNEN dafür bedankt hat, daß er Gelegenheit hat, so schnell vor dem Parlament zu stehen, gut angestanden, auch etwas zu den Sorgen und Nöten und zu der sozialen Situation der Soldaten zu sagen. Dazu hat er nicht ein Wort verloren.
Herr Kollege Friedmann, der Verteidigungsetat hat enorme Ausmaße angenommen und bewirkt einen Verdrängungseffekt auf andere finanziell notwendige Maßnahmen in dieser Republik. Der Abgeordnete Karl-Otto Meyer, der in der Bundesrepublik wohl seit der schleswig-holsteinischen Affäre bekanntgeworden ist,
hat einmal trefflich gesagt: Zur Sicherheit gehört nicht nur die äußere, sondern auch die innere Sicherheit. Zum Frieden gehört nicht nur der äußere, sondern auch der innere Friede. Wer den inneren Frieden durch soziale Demontage gefährdet, der gefährdet den Zusammenhalt dieser Republik. Und wer den Verteidigungsetat unbegrenzt erhöhen will und
glaubt, er könnte das zu Lasten von Sozialausgaben machen — —
— Das hat dieser Minister gesagt.
Nun stellt sich die Frage: Wofür will er denn das verwenden, was er mehr bekommt? Will er es für Rüstungsausgaben verwenden — was wir vermuten — , oder will er es — wie Sie, Herr Kollege Friedmann, es angedeutet haben — zur Verbesserung der sozialen Lage der Soldaten verwenden? Wenn er mehr tut für die soziale Sicherung der Soldaten und der Zivilbeschäftigten in der Bundeswehr und der Familien, um dadurch die Motivation der Soldaten zu erhöhen, dann hat er unsere Unterstützung. Will er es aber für mehr Rüstung ausgeben, wird er auf unsere Gegnerschaft treffen.
Meine Damen und Herren, es hätte einem designierten Verteidigungsminister gut angestanden, sich erst einmal auch an die ungeschriebenen Regeln zu halten, daß man sich in sein Amt einarbeitet, daß man sich eine Bestandsaufnahme vorlegen läßt, wenn man das Amt übernommen hat, daß man versucht, eine Lagebeurteilung aus dieser Bestandsaufnahme zu machen, um dann vielleicht ablaufende Fehlentwicklungen zu korrigieren. Das hätte ihm besser angestanden, als schon vor der Vereidigung hier im Deutschen Bundestag durch alle Studios zu hetzen und sich in außenpolitischen Ergüssen zu ergehen. Er hätte sich nach den 100 Tagen derart öffentlich äußern sollen, wie er das nun vorher getan hat. Dann hätte er die ungeschriebene Regel des Parlamentarismus in westlichen Demokratien in Anspruch nehmen können, für diese 100 Tage geschont zu werden, damit er an seinem Schreibtisch arbeiten kann.
Ich hoffe, Herr Minister, daß Sie begriffen haben, daß die Bundeswehr aus 700 000 Menschen besteht, mit Familien, mit Kindern, die Sorgen und Nöte haben. Ich hoffe, daß Sie sich von dem Inspekteur der Marine berichten lassen, was er am letzten Montag in Oldenburg erlebt hat, wo ihm mitgeteilt werden mußte, daß ein junger verheirateter Unteroffizier mit drei Kindern in dieser Republik an der Armutsgrenze lebt. Dann werden Sie die Schwerpunkte Ihrer künftigen Arbeit feststellen können. Legen Sie sich in Zukunft nicht mit dem Außenminister an, sondern tun Sie etwas für die Menschen in der Bundeswehr!
Schönen Dank.