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ID1108101800

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    Plenarprotokoll 11/81 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 81. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. Mai 1988 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. die jüngsten Äußerungen des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Rupert Scholz, zum Verteidigungsetat und zu der Entwicklung in der Sowjetunion Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 5447 B Wimmer (Neuss) CDU/CSU 5448 C Koschnick SPD 5449 B Ronneburger FDP 5450 A Frau Beer GRÜNE 5450 D Francke (Hamburg) CDU/CSU 5451 B Erler SPD 5451 D Dr. Hoyer FDP 5452 D Dr. Scholz, Bundesminister BMVg . . . 5453 D Lowack CDU/CSU 5454 D Steiner SPD 5455 B Dr. Friedmann CDU/CSU 5456 B Jungmann SPD 5457 B Repnik CDU/CSU 5457 D Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Miltner, Gerster (Mainz), Dr. Kappes, Regenspurger und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Hirsch, Lüder, Richter, Gries, Cronenberg (Arnsberg), Dr. Thomae, Heinrich, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Verwaltungen (Drucksache 11/2264) Dr. Kappes CDU/CSU 5459 A Lutz SPD 5459 C Richter FDP 5461 B Frau Hillerich GRÜNE 5462 A Tagesordnungspunkt 22: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Garbe, Frau Oesterle-Schwerin, Frau Teubner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Anwendungsverbot für Asbest und Verbot des Inverkehrbringens asbesthaltiger Produkte (Drucksache 11/2185) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Garbe, Frau Oesterle-Schwerin, Frau Teubner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sonderprogramm zur „Sanierung von asbestverseuchten Gebäuden" (Drucksache 11/2186) Frau Teubner GRÜNE 5463 C Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . 5465 B Müller (Düsseldorf) SPD 5467 A Frau Dr. Segall FDP 5468 C Frau Teubner GRÜNE (zur GO) 5470 A Bohl CDU/CSU (zur GO) 5470 B Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (Rettungsassistentengesetz) (Drucksache 11/ 2275) Werner (Ulm) CDU/CSU 5470 D Wittich SPD 5471 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Mai 1988 Frau Würfel FDP 5473 A Frau Wilms-Kegel GRÜNE 5473 D Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 5474 D Tagesordnungspunkt 24: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gesunde Lebensmittel (Drucksache 11/616) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Saibold und der Fraktion DIE GRÜNEN: Radioaktive Bestrahlung von Lebensmitteln (Drucksache 11/1745) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Saibold und der Fraktion DIE GRÜNEN: Erlaß einer Verordnung über technische Hilfsstoffe — hier vornehmlich Extraktionslösungsmittel — und einer Extraktionslösungsmittel-Höchstmengen-Verordnung (Drucksache 11/ 2177) Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 5476 A Frau Saibold GRÜNE 5477 C Dr. Rüttgers CDU/CSU 5479 A Frau Würfel FDP 5481 A Frau Dr. Götte SPD 5482 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 5483 D Nächste Sitzung 5486 C Anlage i Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5487* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5487* C Anlage 3 Aufhebung der französischen Tiefflug-Trainingsstrecke Colmar—Verdun zur Umgehung des Kernkraftwerks Cattenom MdlAnfr 67, 68 13.05.88 Drs 11/2303 Diller SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5487* D Anlage 4 Zahl der täglich von einem Musterungsarzt zu musternden Wehrpflichtigen MdlAnfr 69 13.05.88 Drs 11/2303 Dr. Weng (Gerlingen) FDP SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5488* A Anlage 5 Übernahme von Auszubildenden im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung nach Beendigung der Ausbildung 1988; Begleitung des Personalabbaus bei der Wehrverwaltung durch parallele Maßnahmen bei den Streitkräften MdlAnfr 70, 71 13.05.88 Drs 11/2303 Steiner SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5488* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Mai 1988 5447 81. Sitzung Bonn, den 20. Mai 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer 20. 5. Dr. Ahrens 20. 5. Bahr 20. 5. Dr. Biedenkopf 20. 5. Bredehorn 20. 5. Bühler (Bruchsal) 20. 5. Dr. von Bülow 20. 5. Catenhusen 20. 5. Dr. Ehmke (Bonn) 20. 5. Fellner 20. 5. Frau Fuchs (Verl) 20. 5. Dr. Glotz 20. 5. Dr. Götz 20. 5. Dr. Haack 20. 5. Haar 20. 5. Frau Hämmerle 20. 5. Dr. Hauff 20. 5. Hauser (Krefeld) 20. 5. Heyenn 20. 5. Hoss 20. 5. Dr. Hüsch 20. 5. Ibrügger 20. 5. Klose 20. 5. Koltzsch 20. 5. Kroll-Schlüter 20. 5. Dr.-Ing. Laermann 20. 5. Dr. Laufs 20. 5. Leidinger 20. 5. Lüder 20. 5. Möllemann 20. 5. Dr. Müller 20. 5. Paintner 20. 5. Reuschenbach 20. 5. Schäfer (Mainz) 20. 5. Scheu 20. 5. Frau Schilling 20. 5. Frau Schmidt-Bott 20. 5. Dr. Schöfberger 20. 5. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 20. 5. Frau Simonis 20. 5. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 20. 5. Spilker 20. 5. Stahl (Kempen) 20. 5. Stobbe 20. 5. Dr. Todenhöfer 20. 5. Dr. Unland 20. 5. Volmer 20. 5. Vosen 20. 5. Dr. Warnke 20. 5. Frau Wieczorek-Zeul 20. 5. Frau Will-Feld 20. 5. Wissmann 20. 5. Zierer 20. 5. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 10/6601 Drucksache 11/607 Drucksache 11/1491 Haushaltsausschuß Drucksache 11/1338 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 10/3613 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/439 Nr. 2.6-2.8 Drucksache 11/1895 Nr. 2.11-2.32 Drucksache 11/1938 Nr. 7-9 Drucksache 11/1998 Nr. 2.5 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/1998 Nr. 2.6 Drucksache 11/2089 Nr. 28 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/1895 Nr. 2.39 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/883 Nr. 136 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Diller (SPD) (Drucksache 11/2303 Fragen 67 und 68) : Kann die Bundesregierung bestätigen, daß es eine vom Institut Geographique National herausgegebene offizielle ICAO-Karte gibt, welche die Existenz eines Trainingsgebietes für Strahlflugzeuge (Restricted Area R 45) auf der Strecke ColmarLuneville- Cattenom -Mont Medy - Verdun ausweist (vgl. Trierischer Volksfreund vom 2. Mai 1988: Tiefflugschneise über dem Kernkraftwerk Cattenom)? Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, mit der französischen Regierung über eine sofortige Aufhebung dieser Trainingsstrecke zu verhandeln, weil es überhaupt nicht ausreicht, über dem Atomkraftwerk Cattenom die Flugbeschränkung lediglich von mindestens 250 Metern auf mindestens 450 Meter über Grund anzuheben? Zu Frage 67: Ja. Das französische Flugbeschränkungsgebiet LFR 45 ist in den entsprechenden zivilen und militärischen Luftfahrtsveröffentlichungen und Luftfahrtkarten enthalten. Die von Ihnen genannten Orte liegen in der Nähe bzw. innerhalb dieses Gebietes. Innerhalb des Gebietes werden Tiefflüge militärischer Strahlflugzeuge, d. h. Flüge unterhalb von 1 500 Fuß (ca. 450 m) über Grund durchgeführt. Zu Frage 68: Nein. Im weiteren Bereich um das Kernkraftwerk Cattenom ist die Mindestflughöhe auf 1 500 Fuß über 5488* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Mai 1988 Grund angehoben, d. h. Tiefflug ist in der Nähe des Kernkraftwerkes nicht zulässig. Insofern ist eine deutsche Initiative zur Aufhebung des Flugbeschränkungsgebietes weder angebracht noch erforderlich. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage des Abgeordneten Dr. Weng (Gerungen) (FDP) (Drucksache 11/2303 Frage 69): Hat die Bundesregierung die Zahl der täglich von einem Musterungsarzt zu musternden Wehrpflichtigen, die auf Grund der seinerzeitigen Nagold-Affäre auf 25 herabgesetzt wurde, zu irgendeinem Zeitpunkt entsprechend der seither um 8 Stunden von 48 Stunden auf 40 Stunden verkürzten Wochenarbeitszeit verändert? Die verkürzte Wochenarbeitszeit reichte — auch unter Berücksichtigung der sonstigen Aufgaben der Musterungsärzte — aus, selbst in gelegentlich schwierigen und zeitaufwendigen Fällen eine der Bedeutung der ärztlichen Feststellungen angemessene Tauglichkeitsuntersuchung zu gewährleisten. Anläßlich der Übertragung neuer Aufgaben auf dem Gebiet des Wehrersatzwesens ist eine entsprechende Anrechnung auf die Musterungsquote angeordnet worden. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Steiner (SPD) (Drucksache 11/2303 Fragen 70 und 71) : Wie viele Auszubildende im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung erstreben nach Beendigung ihrer Ausbildung im Haushaltsjahr 1988 eine Übernahme als Facharbeiter/-in, als Verwaltungsfachangestellte(r) oder Bürogehilfe/-in oder Beamter/-in im Vorbereitungsdienst bzw. auf Probe (z. A.), und wie viele davon können nicht übernommen werden, jeweils getrennt aufgeführt für die Wehrbereiche I bis VI? Läßt der Personalabbau bei der Wehrverwaltung durch Stellenkürzung und Wiederbesetzungssperre Schlüsse auf parallele Maßnahmen bei den Streitkräften zu — im Sinne der Äußerung des Bundesministers der Verteidigung bei seiner Verabschiedung in Wiesbaden: „Ohne die Verwaltung findet Bundeswehr nicht statt — ohne Streitkräfte brauchten wir aber auch keine Wehrverwaltung. "? Zu Frage 70: Im Jahre 1988 werden voraussichtlich 2 909 Beamtenanwärter sowie Auszubildende ihre Abschlußprüfung ablegen. Hiervon haben bereits jetzt rund 1 830 ihr Interesse an einer Übernahme in den Dienst der Bundeswehr bekundet. Die Hauptprüfungstermine im Juni/Juli/August stehen noch aus. Hinzu kommt eine noch nicht bezifferbare Zahl derer, die eine Einstellung als Soldat auf Zeit/GWDL anstreben und bis dahin eine Übergangsbeschäftigung suchen. Gegenwärtig steht der Übernahme nach der Abschlußprüfung in den Bundesdienst die gesetzliche Einsparauflage verbunden mit der Wiederbesetzungssperre des Haushaltsgesetzes 1988 entgegen. Alle Wehrbereiche sind in gleicher Weise betroffen. Die Bundesregierung versucht, mit der Unterstützung des Haushaltsausschusses alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um zumindest einem Teil der Betroffenen die Weiterbeschäftigung zu eröffnen. Zu Frage 71: Die Bundesregierung setzt alles daran, den Personalbestand der Streitkräfte trotz sinkender Jahrgangsstärken auch in Zukunft sicherzustellen. BMVg hat ein Maßnahmenbündel vorgesehen, welches die Attraktivität weiterhin verbessern wird. Dazu gehören neben der Erhöhung des Kernbestandes beispielsweise auch finanzielle Anreize ebenso, wie eine moderne Laufbahngestaltung mit attraktiven Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, sowie ein stetes Bemühen um eine zeitgemäße Dienstzeitgestaltung. Die Streitkräfte haben gegenwärtig den besten Personalbestand seit Einrichtung der Bundeswehr. Sie sind ausdrücklich von der Einsparung des Haushaltsgesetzes 1988 ausgenommen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Gernot Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, man sagt Ihnen ungewöhnlichen Ehrgeiz nach. Offensichtlich bestand Ihr Ehrgeiz in den letzten Wochen darin, möglichst noch vor Ihrem Amtseid der Öffentlichkeit klarzumachen, daß man alles, nur nicht neues Denken von Ihnen erwarten darf. So haben Sie publikumswirksam die Brille des realistischen Sicherheitspolitikers aufgesetzt und die Änderungen in der Sowjetunion Gorbatschows Revue passieren lassen. Dann hat sich ganz schnell gezeigt: Sie schauen noch durch eine Feindbildbrille, die den 50er Jahren alle Ehre machen würde.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Oh-Rufe von der CDU/CSU — Wimmer [Neuss] [CDU/CSU]: Koschnick war besser! — Lowack [CDU/CSU]: Jetzt bauen Sie doch einmal Ihr Feindbild gegenüber dem Minister ab!)

    Die Technik dieser Sichtweise ist immer dieselbe geblieben. Sie funktioniert so: Ein ehrlicher Russe gibt zu, was er Böses im Schilde führt. Ein raffinierter



    Erler
    Russe sagt was Nettes, verfolgt in Wirklichkeit aber weiter das Böse. Gorbatschow gehört natürlich zur zweiten Sorte.
    Diese Betrachtungsweise hat einen Riesenvorteil: Egal, was der Feind alles sagt oder tut, man braucht sich damit gar nicht auseinanderzusetzen. Man weiß ja schon, worauf es letztlich hinausläuft.
    Alle Ihre Äußerungen über Gorbatschows Moskau, Herr Minister, zeigen dieses Strickmuster. Ich nenne einige Beispiele.
    Der phantasieanregenden Idee des sowjetischen Generalsekretärs vom „gemeinsamen europäischen Haus" unterstellen Sie „antiamerikanisches Kalkül". Es interessiert Sie nicht, daß der Autor des Slogans immer wieder ausdrücklich solche Absichten verneint hat.
    Die sowjetischen Abrüstungsangebote denunzieren Sie als Versuche, lediglich eine „Pause im Rüstungswettlauf" einlegen zu können, um womöglich hinterher mit einer von Perestroika gestärkten Wirtschaft das Wettrüsten mit frischer Kraft wieder aufnehmen zu können. Es interessiert Sie nicht, daß diese Angebote auf einem neuen sowjetischen Sicherheitsdenken gewachsen sind, in dessen Zentrum eine verletzbare Welt steht, die weder Atomwaffen noch den bisherigen Rüstungswettlauf verträgt.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Der umformulierten sowjetischen Militärdoktrin unterstellen Sie „nach wie vor das Ziel, Kriege wieder führbar zu machen".

    (Wimmer [Neuss] [CDU/CSU]: Wo ist die Umformulierung?)

    — Das ist wörtlich. Es interessiert Sie nicht, daß gerade die Einsicht in die Nichtführbarkeit atomarer wie konventioneller Kriege auf dem Gebiet moderner Industriestaaten für diese neue Doktrin Pate gestanden hat.
    Nun höre ich Sie schon einwenden, das seien ja alles nur unverbindliche Worte. Das Komische ist bloß, daß diese Worte, als sie noch anders klangen, immer für bare Münze genommen wurden. Schauen Sie einmal, Herr Minister, in ein beliebiges VerteidigungsWeißbuch der Bundesregierung oder in eine beliebige Ausgabe von „Soviet Military Power" der US-Regierung. Stets finden Sie dort als wichtigen Beleg für die östliche Bedrohung eine Beschreibung der offensiven und auf Sieg bedachten sowjetischen Militärdoktrin. Aber die Worte waren kriegerisch, und deshalb wurden sie ernst genommen.
    Jetzt, da diese besorgniserregenden Worte durch eher defensive Überlegungen ersetzt worden sind, werden sie abgetan. Mit Logik, zu der Sie, Herr Minister, so sagt man, ein besonders gutes Verhältnis haben sollen, hat das nichts mehr zu tun.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Welcher Anlaß besteht eigentlich, die neuen Gedanken und Einsichten, die aus Moskau zu uns herüberkommen, und ihre positive Resonanz im Westen als „euphorischen Gorbatschowismus"

    (Wimmer [Neuss] [CDU/CSU]: Gorbasmus!)

    verächtlich zu machen, wie Sie es getan haben, Herr Minister? Gibt es nicht genügend Anzeichen dafür, daß hier mehr passiert als nur eine Ausgabe neuer Propagandaparolen?
    Herr Minister, kann man das als Propagandatricks abtun, wenn die Sowjetunion anderthalb Jahre lang einen einseitigen Atomteststopp durchführt und in dieser Zeit versucht, die Vereinigten Staaten zu einem gleichartigen Verzicht zu bewegen; wenn die Sowjetunion ihre Mittelstreckenraketen in vorzeitiger Erfüllung des INF-Vertrags aus der DDR abzieht, obwohl die USA den Vertrag noch nicht einmal ratifiziert haben; wenn die Sowjetunion für alle Welt sichtbar ihre Truppen aus Afghanistan abzieht?
    Was muß eigentlich passieren, damit der neue Verteidigungsminister der Bundesrepublik nicht die ewig gleichen Vokabeln der ewig gleichen Warnung vor dem ewig gleichen Feind wiederholt — also diesem götzenhaften Feindbild huldigt, das uns nie aus dem Rüstungswahnsinn entlassen wird — , sondern statt dessen sagt: Leute, laßt uns die Gunst der Stunde nutzen und alle Angebote aus Moskau sorgfältig prüfen und unsere eigenen Vorschläge auf den Tisch legen, denn die Lage war noch nie so günstig für mehr Frieden und für weniger Waffen!

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Ihre Äußerungen in den letzten Tagen veranlassen uns, Ihnen diese Frage heute, am dritten Tag Ihrer Amtsführung, hier im Deutschen Bundestag zu stellen, und wir werden es in Zukunft immer wieder tun.
    Danke schön.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hoyer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Werner Hoyer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Liberalen heißen den neuen Verteidigungsminister willkommen. Wir sind natürlich mächtig gespannt, wie der Neue denn so ist und wie es sich mit ihm arbeiten läßt. Da geht es uns natürlich nicht anders als den Angehörigen der Bundeswehr: Die Soldaten möchten ja auch gerne wissen, was für einer da auf sie zukommt und wen der Bundeskanzler als neuen Oberbefehlshaber ausgesucht hat.
    Rupert Scholz ist natürlich kein gänzlich Unbekannter.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Weiß Gott nicht!)

    Jüngere Juristen haben manche Stunde in Seminarbibliotheken über seinem brillanten Kommentar gebrütet.

    (Jungmann [SPD]: Wo er die Todesstrafe als einführbar bezeichnet hat!)

    Rechts- und Deutschlandpolitiker kennen ihn als kenntnisreichen und in der Sache notfalls knallharten Experten. Die Angehörigen seiner Berliner Administration schätzen ihn als fairen und konsequenten Chef,

    (Sellin [GRÜNE]: Reaktionären!)




    Dr. Hoyer
    und die, die mit ihm Politik gemacht haben, sagen, man solle ihn um Himmels willen nicht unterschätzen.
    Eigentlich sind das ganz gute Voraussetzungen für einen neuen Verteidigungsminister; denn auf einiges muß man sich ja schon gefaßt machen — nicht nur weil jeder Neue in einem so aufreibenden und mit allerlei Fallen versehenem Job wohl einige Schwierigkeiten haben wird, nicht nur weil er vieles erst wird umsetzen müssen, was sein Vorgänger noch auf die Schiene gebracht hat,

    (Westphal [SPD]: Jäger 90!)

    nicht nur weil er sich mit den 29 Fachidioten — Entschuldigung: Kollegen — im Verteidigungsausschuß und den oft so uneinsichtig-knauserigen Kollegen im Haushaltsausschuß wird auseinandersetzen müssen, nicht nur weil er dabei nicht immer so ganz sicher sein kann, ob das, was ihm seine 5 000 Mitarbeiter alles ins Manuskript hineingeschrieben haben, unbedingt immer der Weisheit letzter Schluß ist, auch nicht etwa, weil er einen zwar fairen und kooperativen, aber in der Sache — genauso wie er selbst — harten Partner in den Freien Demokraten haben wird, z. B. beim Thema Frauen und Bundeswehr,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Ihr bekommt einen Lambsdorff!)

    oder etwa, weil im Nachbarhaus nicht ein von restaurativen Mietrechtsreform-Phobien mental bedrohter Sozialmieter oder ein manipulierender Erbhofverwalter, sondern ein ebenso kooperativer wie kompetenter, anerkannter und, von bellenden, aber — gottlob — so gut wie zahnlosen Wadenbeißern abgesehen, in der gesamten Nachbarschaft geschätzter Kollege lebt.
    Nein, das ist es in der Hauptsache nicht. In der Hauptsache wird es darum gehen, den unauflöslichen Zusammenhang zwischen Verteidigungsfähigkeit einerseits und Abrüstungsfähigkeit sowie Abrüstungsbereitschaft andererseits glaubwürdig herauszustellen. Herr Ronneburger hat hierzu das Notwendige gesagt.
    Darüber hinaus wird es darum gehen, die Finanzierung dessen, was zur Erfüllung des Auftrages unserer Bundeswehr erforderlich ist, zu sichern. Wir Liberalen sehen Sie hier vor einer Herkulesarbeit. Der Bundeskanzler hat Ihnen seine Unterstützung zugesichert. Auch wir tun dies, aber vor Illusionen ist zu warnen.

    (Zuruf von der SPD: Jawohl!)

    Nicht alles, was der Bedrohung gerecht werden würde, was militärisch wünschbar und was technologisch machbar wäre, wird sich bezahlen oder haushaltsmäßig verantworten lassen, das heißt halt auch, in der Abwägung zu anderen Politikfeldern. Andererseits sehen wir Liberalen ganz klar, daß wir den Satz „Mensch geht vor Material" endlich mit viel mehr Leben ausfüllen müssen, wenn schon nicht aus Einsicht in die Notwendigkeit der Verbesserung der sozialen Lage der Soldaten, dann doch bitte wenigstens wegen der zwingend erforderlichen Erhöhung der Attraktivität der Bundeswehr in einer Zeit, wo wir in die Schere kleiner werdender Geburtsjahrgänge einerseits und schwieriger werdender Wettbewerbsposition der Bundeswehr als Nachfrager auf dem Arbeitsmarkt andererseits kommen werden.
    Insofern werden Sie mit uns reden können, Herr Minister, übrigens auch insofern, als zu einer verantwortlichen Bundeswehrsozialpolitik auch gehört, die Soldaten vernünftig, d. h. auftrags- und zeitgemäß, mit Material zu versorgen. Hierüber werden wir bald reden müssen auf Grund einer soliden Bestandsaufnahme, die der Bundeskanzler ja bereits angekündigt hat.
    Das wird zu mancher kritischen Revision führen müssen ebenso wie auch zur Erhöhung manches Haushaltsansatzes. Eines aber muß klar sein: Selbst wenn es sich hierbei nicht um ein Nullsummenspiel handeln kann und wird, so werden wir schon dafür sorgen, daß nicht auf Grund unverantwortlicher Tabuisierungen der Haushaltsansatz von vornherein zur einzigen Variablen in diesem Spiel definiert wird.
    Sie haben also weiß Gott in der nächsten Zeit genug zu tun. Deshalb, Herr Minister, wäre es mir lieber, Sie müßten heute nicht hier sein, sondern würden sich jetzt endlich richtig in die Arbeit hineinknien.

    (Frau Beer [GRÜNE]: Die Würde des Hauses, Herr Kollege!)

    Setzen Sie sich an den Schreibtisch, machen Sie sich fit für das, was auf Sie zukommt! Sausen Sie durch die Truppe, damit Sie eine persönliche Vorstellung davon bekommen, was da eigentlich los ist — nicht immer wird Ihnen die hohe Generalität ein völlig ungeschminktes Bild von dem liefern, worum es in der Bundeswehr geht — , und schließlich, damit in der Bundeswehr bald alle wissen, was der Neue denn für einer ist. Viel Glück und gute Zusammenarbeit!

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)