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ID1107807800

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    Plenarprotokoll 11/78 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 78. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Mai 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 24: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz) (Drucksache 11/ 2237) b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung (Drucksache 11/280) c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (Drucksache 11/1623) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in das Vierte Buch Sozialgesetzbuch — Gemeinseme Vorschriften für die Sozialversicherung — (Drucksache 11/2221) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Unruh und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Finanzierung einer besseren Pflege (Bundespflegegesetz) (Drucksache 11/1790 [neu]) Dr. Blüm CDU/CSU 5273 D Dreßler SPD 5281 A Dr. Blüm CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 5287 C Dreßler SPD (Erklärung nach § 30 GO) . 5288 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 5288 A Frau Wilms-Kegel GRÜNE 5292 D Günther CDU/CSU 5296 B Egert SPD 5299 B Seehofer CDU/CSU 5303 B Frau Unruh GRÜNE 5306B, 5324 A Dr. Thomae FDP 5308 A Heyenn SPD 5309 D Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 5311D Dr. Knies, Minister des Landes Niedersachsen, Beauftragter des Bundesrates . . . 5314 C Jaunich SPD 5316A Wüppesahl fraktionslos 5318D Zink CDU/CSU 5320 B Haack (Extertal) SPD 5321 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 5324 B Nächste Sitzung 5325 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5327* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5327* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. Mai 1988 5273 78. Sitzung Bonn, den 6. Mai 1988 Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein * 6. 5. Dr. Ahrens * 6. 5. Dr. Bangemann 6. 5. Frau Beck-Oberdorf 6. 5. Becker (Nienberge) 6. 5. Frau Blunck * 6. 5. Böhm (Melsungen) * 6. 5. Büchner (Speyer) * 6. 5. Bühler (Bruchsal) * 6. 5. Catenhusen 6. 5. Frau Conrad 6. 5. Daweke 6. 5. Dr. Dregger 6. 5. Frau Fischer * 6. 5. Frau Flinner 6. 5. Gallus 6. 5. Gattermann 6. 5. Frau Geiger 6. 5. Geis 6. 5. Dr. Geißler 6. 5. Dr Götz 6. 5. Dr. Hauff 6. 5. Dr. Haussmann 6. 5. Frhr. Heeremann von Zuydtwyck 6. 5. Hiller (Lübeck) 6. 5. Dr. Hitschler * 6. 5. Ibrügger 6. 5. Jansen 6. 5. Jungmann 6. 5. Klein (Dieburg) 6. 5. Klein (München) 6. 5. Dr. Klejdzinski 6. 5. Leidinger 6. 5. Lemmrich * 6. 5. Link (Diepholz) 6. 5. Frau Luuk * 6. 5. Meyer 6. 5. Dr. Müller * 6. 5. Dr. Neuling 6. 5. Niegel * 6. 5. Frau Pack * 6. 5. Pfeifer 6. 5. Dr. Probst 6. 5. Reddemann * 6. 5. Regenspurger 6. 5. Reuschenbach 6. 5. Dr. Riedl (München) 6. 5. Ronneburger 6. 5. Roth (Gießen) 6. 5. Frau Rust 6. 5. Dr. Scheer * 6. 5. Scheu 6. 5. Schmidt (München) * 6. 5. von Schmude * 6. 5. Dr. Schneider (Nürnberg) 6. 5. Schreiner 6. 5. Schröer (Mülheim) 6. 5. Frau Simonis 6. 5. Steiner * 6. 5. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Uelhoff 6. 5. Dr. Unland * 6. 5. Dr. von Wartenberg 6. 5. Wimmer (Neuss) 6. 5. Wissmann 6. 5. Würtz 6. 5. Zierer * 6. 5. Dr. Zimmermann 6. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. April 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1988 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz - AVAG) Gesetz zu dem Übereinkommen vom 10. April 1984 über den Beitritt der Republik Griechenland zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Gesetz zu der Änderung vom 16, Oktober 1985 des Übereinkommens vom 3. September 1976 über die Internationale Seefunksatelliten-Organisation (INMARSAT-Übereinkommen) Gesetz zu dem Dritten Protokoll vom 12. Mai 1987 zur Änderung des Vertrages vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und dem Großherzogtum Luxemburg über die Schiffbarmachung der Mosel Gesetz zu dem Übereinkommen vom 11. Dezember 1987 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Italienischen Republik, dem Königreich der Niederlande und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über Inspektionen in bezug auf den Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Beseitigung ihrer Flugkörper mittlerer und kürzerer Reichweite Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Rechtsausschuß Drucksache 10/5012 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/841 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/2089 Nr. 3-8 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1895 Nr. 2.35 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/929 Nr. 2.28 Drucksache 11/1107 Nr. 2.11 Drucksache 11/1707 Nr. 29 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/779 Nr. 2.55 Drucksache 11/1365 Nr. 3.30 Drucksache 11/1656 Nr. 3.39 Anlagen zum Stenographischen Bericht
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dieter Thomae


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt kaum ein zweites Reformvorhaben, dessen sachliche Probleme so komplex sind, bei dem die Interessen so aufeinanderprallen wie bei dieser Strukturreform. Es geht nicht nur darum, umzuverteilen, sondern es geht vor allen Dingen darum, 14 Milliarden DM zu sparen. Neben diesen Kostendämpfungsmaßnahmen haben wir neue Strukturen eingebaut. Ich räume jedoch ein, daß einige zentrale Fragestellungen ausgeklammert wurden, um zu einem ersten Konsens zu kommen. So ist bisher eine umfassende Refom der Krankenhausfinanzierung unerledigt geblieben.

    (Beifall bei der FDP)

    Die Zahlen liegen jedoch schon heute vor, daß hier womöglich der wichtigste Bedarf einer Strukturreform liegt.

    (Heyenn [SPD]: An sich fängt man mit dem Wichtigsten an!)

    Aber die Hoheit der Länder für die Krankenhausversorgung erweist sich wieder einmal als das größte Reformhindernis.
    Dem Versicherten ist es sehr schwer verständlich zu machen, daß Verträge mit den Krankenhäusern, wenn für sie kein Bedarf besteht oder wenn sie sogar unwirtschaftlich sind, von den Krankenkassen nicht gekündigt werden können, wenn die Landesbehörden dagegen sind. Ich habe viel Verständnis dafür, wenn der Versicherte hier die Politiker in die Pflicht nehmen will; denn bisher muß allein der Beitragszahler politische Entscheidungen im Rahmen des Krankenhauses selber tragen.
    Kernproblem der Krankenhausversorgung ist das Selbstkostendeckungsprinzip. Auch in seiner modifizierten Form fördert es nicht die Wirtschaftlichkeit. Es ist keine Kunst, Kosten zu produzieren, diese nachzuweisen und sich diese dann erstatten zu lassen. Zu mehr Wirtschaftlichkeit in der stationären Versorgung werden wir aber erst dann kommen, wenn wir von diesem Selbstkostendeckungsprinzip wegkommen.

    (Beifall bei der FDP)

    Wir werden erst dann zu mehr Wirtschaftlichkeit kommen, wenn wir bereit sind, ebenfalls den tagesgleichen Pflegesatz abzuschaffen. Erst dann, wenn die Verantwortung für die Kapazitäten, für die Investitionen und für die Nutzung in einer Hand liegt, sind die Voraussetzungen geschaffen, daß die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung auch von dieser Seite her abgesichert ist.
    An der Stelle, wo es um die Verzahnung von ambulantem und stationärem Sektor geht, haben wir Liberale über die Pflege diskutiert; denn die nachgewiesene hohe Fehlbelegungsquote von teuren Krankenhausbetten steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Möglichkeit der häuslichen Versorgung. Nur in dem Umfang, wie Fehlbelegungen in den Akutbetten der Krankenhäuser abgebaut werden können, und nur in dem Umfang, wie Krankenhausaufenthalte erst gar nicht notwendig werden bzw. verkürzt werden können, kann und darf die gesetzliche Krankenversicherung häusliche Pflege leisten.
    Niemand bestreitet, daß sich unsere Gesellschaft mit der Pflegeproblematik auseinandersetzen muß. Eine Lösung über die Krankenversicherungssysteme kann es nicht geben. Ich lege deshalb großen Wert auf die Feststellung, daß dies nicht der Einstieg in die Lösung des Pflegeproblems ist und daß es auf keinen Fall der Einstieg in die Übernahme der stationären Pflegekosten durch die gesetzliche Krankenversicherung ist.

    (Beifall bei der FDP)

    Vielmehr sind die vorgesehenen Pflegeleistungen der maximale Beitrag der gesetzlichen Krankenversicherung zur Unterstützung der häuslichen Pflege, um Krankenhausaufenthalte zu vermeiden. Ich sage ganz bewußt: der maximale Beitrag; denn hier gibt es den gemeinsamen Beschluß der Koalitionsfraktionen, daß nur die Hälfte der insgesamt realisierten Einsparungen abzüglich der Vorsorgeleistungen für Pflegeleistungen ausgegeben werden dürfen.

    (Jaunich [SPD]: Das legt jeder so aus, wie er gerne möchte!)

    Meine Damen und Herren, mit dieser Reform schaffen wir mehr Wettbewerb bei der Leistungserbringung. Was noch fehlt, ist mehr Wettbewerb im System der gesetzlichen Versicherer. Die Öffnung der Kassen, die Einführung des Kassenwahlrechts für alle Versicherten gehört zu der Kernforderung einer Reform, die mit der gebotenen Behutsamkeit auch in der gesetzlichen Krankenversicherung mehr Markt erzeugt.

    (Beifall bei der FDP)

    Es sollte daher in dieser Legislaturperiode die Organisationsstruktur in Angriff genommen werden, mit der auch die Voraussetzungen zum Abbau der gravierenden Beitragssatzunterschiede geschaffen werden müssen. Natürlich könnte dies durch kassenübergreifenden Finanzausgleich geschehen. Das würde aber sehr schnell zu einheitlichen Beitragssätzen und auch zu einer Einheitsversicherung führen. Jede Form des kassenartenübergreifenden Ausgleichs, ob einnahmen- oder ausgabenorientiert, fördert die Unwirtschaftlichkeit und nimmt den Kassen jedes Interesse am sparsamen Umgang mit den Beitragsgroschen.

    (Beifall bei der FDP)




    Dr. Thomae
    Die hohen Beitragssatzunterschiede sind auch ein kasseninternes Problem. Der Unterschied zwischen Ortskrankenkassen und Ersatzkassen beträgt, bundesweit betrachtet, nicht einmal 1 %. Hier stellt sich in der Tat die Frage, ob die starke Regionalisierung insbesondere bei den Ortskrankenkassen auf Dauer zu halten ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ja, natürlich! — Jaunich [SPD]: Wollen Sie die europäische Ortskrankenkasse?)

    Wir begrüßen die Möglichkeit der Erprobung von Kostenerstattung und Beitragsrückgewähr, weil dies die Selbstverwaltung stärkt, Anreize zu wirtschaftlichem Verhalten schafft und damit einen wichtigen Schritt in Richtung auf mehr Markt in der gesetzlichen Krankenversicherung bedeutet.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP)

    Die Kassen sollen gesetzlich zu einer wirtschaftlichen Betriebsführung verpflichtet werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da hat er wieder recht!)

    Hier fehlt es leider an effizienteren Regelungen in dem Gesetzentwurf. Ich kündige jetzt schon an, daß der Entwurf an dieser Stelle unserer Auffassung nach verbessert werden muß. Es ist zu prüfen, wie die Wirtschaftlichkeitsprüfungen verbessert und die Prüfdienste insgesamt neu gestaltet werden können. Wir ziehen jede private Wirtschaftlichkeitsprüfung einer staatlichen Prüfung vor.

    (Beifall bei der FDP)

    Lassen Sie mich zum Schluß noch einige grundsätzliche Bemerkungen zum Konzept der SPD machen.

    (Günther [CDU/CSU]: Haben Sie denn eines?)

    Das, was Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, vorgelegt haben, ist der an vielen anderen Stellen schon als untauglich erwiesene Versuch, ökonomische Knappheitsprobleme mit bürokratischen Zuteilungsmitteln zu lösen.

    (Jaunich [SPD]: Was ist denn wohl bürokratischer als dieser Entwurf?)

    — Ihr Entwurf! — Die medizinischen Bedürfnisse — die Nachfrage nach Leistungen, die im engeren und im weiteren Sinne der Gesundheit dienen — sind fast unendlich. Dies macht eben politische Entscheidungen über die Konzentration der knappen Ressourcen auf das, was den einzelnen überfordern könnte, erforderlich. Darum geht es nämlich bei dieser Reform: Es geht um die Neubestimmung des Verhältnisses von Eigenverantwortung einerseits und Zuständigkeit des Staates andererseits.
    Das ist der große Unterschied zu Ihrem Konzept. Wir wollen ganz bewußt die Allzuständigkeit staatlicher Sozialpolitik zurückdrängen. Sie wollen die Knappheit bürokratisch umverteilen.

    (Jaunich [SPD]: Wo haben wir denn eine Knappheit? Ich denke, wir haben ein Oberangebot!)

    Während wir marktwirtschaftliche Steuerungselemente schaffen, begeben Sie sich an das Werk, eine
    gigantische Planungsbehörde aufzubauen. Während Ihre Gesundheitsräte über möglichen Bedarf diskutieren und die Berechtigung zur Leistungserbringung konzessionieren, schaffen wir die Voraussetzungen dafür, daß die Patienten auch in Zukunft ihren Masseur, ihren Zahnarzt, ihren Apotheker oder sogar ihren Arzt frei wählen können,

    (Jaunich [SPD]: Was heißt „sogar"?) auch wenn er über 65 ist.


    (Jaunich [SPD]: Wieso machen Sie beim Arzt Einschränkungen? Das ist ja sehr interessant!)

    Ich frage mich ohnehin, wie Ihre Regionalplanung funktionieren soll. Wollen Sie im ganzen Lande Planungsbehörden errichten,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Jawohl, das wollen die! — Den Gesundheitssowjet!)

    in denen Beamte damit beschäftigt sein werden, festzulegen, welche Krankheiten auftreten können und wie die gesundheitlichen Probleme gelöst werden? Wie soll das funktionieren? Statt daß Sie Lehren aus der unglücklichen staatlichen Planung im Krankenhausbereich ziehen, wollen Sie jetzt neue staatliche Bereiche schaffen. Das kann doch wohl nicht wahr sein!
    Meine Damen und Herren, wir wollen die Eigenvorsorge, die Eigeninitiative und die Selbstverantwortung stärken. Dies können wir nur erreichen, indem wir die Selbstbeteiligung, die Kostenerstattung, die Beitragsrückgewähr und die Bonusregelung ausbauen, den Wettbewerb zwischen den Kassen intensivieren und zu einem monistischen Krankenhausfinanzierungssystem übergehen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Pure Ideologie!)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Heyenn.

(Seehofer [CDU/CSU]: So, jetzt kommt das Konzept!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Günther Heyenn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zum Konzept der Sozialdemokraten komme — selbstverständlich sage ich etwas dazu, Herr Kollege Seehofer —, möchte ich mir erlauben, aus einem Flugblatt zu zitieren, das die ChristlichDemokratische Union ab dem Wochenende bundesweit verteilen will.

    (Zuruf von der SPD: Wird dementiert!) Darin heißt es:

    Auch wenn das notwendige Arzneimittel noch so teuer ist, zahlt die Krankenkasse ohne Zuzahlung des Patienten.
    Hier wird der Eindruck erweckt, als würde es in Zukunft keine Rezeptblattgebühr mehr geben, die aber für mindestens drei Viertel der Medikamente erhalten bleibt und dann noch von zwei auf drei DM erhöht wird. Herr Bundesarbeitsminister Blüm, Sie sind auch stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU. Ich



    Heyenn
    fordere Sie auf, dafür zu sorgen, daß dieses Flugblatt mit seinen unwahren Behauptungen nicht verteilt wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Eine Bemerkung zu Ihnen, Herr Dr. Thomae: Ist es nicht mehr Selbstverantwortung, wenn wir die Betroffenen beteiligen, wenn wir diejenigen, die bezahlen, nämlich die Krankenkassen im Auftrag der Versicherten, an der Planung beteiligen? Das ist Selbstverantwortung. Selbstbeteiligung ist das Gegenteil von Selbstverantwortung und von Solidarität.

    (Egert [SPD]: Der Griff in die Tasche! — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch Unfug!)

    Wenn Sie von mehr Bürokratie reden, dann schauen Sie sich einmal an, was die Krankenkassen Ihnen sagen, was Sie für Bürokratien mit Ihren Regelungen im neuen Gesetz errichten.

    (Egert [SPD]: Monstren!)

    Wenn Sie das, was Sie mehr an Bürokratie dort hineinbringen, offen als Arbeitsbeschaffungsprogramm deklarierten, könnten wir uns vielleicht sogar darüber unterhalten.
    Doch ich möchte angesichts der ganzen Diskussion einmal grundsätzlich fragen, was die Gesundheitsreform eigentlich leisten soll. Ich glaube, da muß die Antwort lauten: Wir müssen endlich den kranken Menschen in den Mittelpunkt der Politik stellen. Eine humanere Gesundheitsversorgung

    (Seehofer [CDU/CSU]: Pflegehilfe!)

    muß unser Ziel sein, daß der kranke Mensch die Behandlung bekommt, die für ihn notwendig ist, und der gesunde beraten wird, wie er sich gesund halten kann. Ich glaube, das sind die Notwendigkeiten in unserem Gesundheitswesen, und das muß der Ausgangspunkt für eine Neugestaltung sein.

    (Seehofer [CDU/CSU]: 61/2 Milliarden Pflegehilfe!)

    Auf diese Grundfrage, nämlich den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, gehen Sie in Ihrem Gesetzentwurf überhaupt nicht ein. Von einer Verbesserung der Behandlung, von einer Humanisierung der Versorgung ist nicht die Rede. Für uns ist eine Gesundheitsreform, die sich nicht am Wohl des Patienten orientiert, nichts wert. Herr Blüm bietet hier nichts.
    Ihr Entwurf erschöpft sich in finanztechnischen Manövern. Es wird umverteilt, von alt auf jung,

    (Günther [CDU/CSU]: „Von unten nach oben" !)

    von unten nach oben;

    (Günther [CDU/CSU]: Das kennen wir schon!)

    die Kranken werden durch Selbstbeteiligung zur Kasse gebeten, und den Gesunden werden die Beiträge erstattet. — Unsere Prädikate lauten: Das ist unsolidarisch, das ist unsozial.
    Wo sind eigentlich Ihre Vorschläge, um die schwerwiegenden Verwerfungen innerhalb des Krankenversicherungssystems zu beseitigen? Wo sind Ihre
    Vorschläge, um Schluß zu machen mit der Tatsache, daß das Mitglied einer Allgemeinen Ortskrankenkasse in Norddeutschland 1 000 DM im Jahr mehr an Beiträgen zahlt als das Mitglied einer AOK in BadenWürttemberg bei gleichem Lohn? Keine Antwort.

    (Seehofer [CDU/CSU]: Wo sind Ihre Vorschläge?)

    Wo sind Ihre Vorschläge zur Beseitigung der Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten? Keine Antworten.

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Schauen Sie doch mal auf die Tagesordnung, Herr Louven: Da steht Ihr Gesetzentwurf, nicht unsere Eckdaten.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie wollen doch nur ablenken. Sie wollen nicht, daß wir über dieses Abkassierungsmodell sprechen. Sie möchten über alles reden, nur nicht über diese Abkassierung. Wo tun Sie etwas um die Selbstverwaltung zu reformieren? Davon sprechen Sie immer nur. Im Entwurf steht nichts drin. Wo tun sie etwas, damit die Krankenkassen endlich in die Lage versetzt werden, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten?

    (Günther [CDU/CSU]: Dreieinhalb Stunden ohne Alternativen!)

    Davon ist nichts enthalten.
    Was in Ihrem Entwurf weiter fehlt, ist eine inhaltliche Orientierung, eine Konzentration auf Sachfragen. Wo sind Ihre Vorschläge, Herr Seehofer, die den Patienten in den Mittelpunkt stellen, den Patienten als kranken Menschen,

    (Seehofer [CDU/CSU]: Pflegehilfe, 61/2 Milliarden!)

    — ja, wann kommt der erste Einstieg — , den kranken Menschen, dem man helfen muß — und nicht als dem, den man zur Kasse bittet, bei dem man abkassiert. Das ist nämlich der zentrale Punkt Ihres gesamten Gesetzentwurfes.
    Viele Ärzte kritisieren inzwischen selbst eine Gebührenordnung, die sie daran hindert, ihren Patienten Zeit zu widmen. Sie werden oft daran gehindert, das zu tun, was sinnvoll ist. Ein Abrechnungssystem, das auf Arzneimittel und Medizintechnik setzt, ihre Behandlung bis ins Detail schematisiert, kann dazu führen, daß Patienten wie am Fließband abgefertigt werden. Wo sind dazu Ihre Vorschläge?
    Wir wollen mit unserem Konzept die gesellschaftliche Vorsorge in den Mittelpunkt stellen. Wir wollen eine Gesundheitspolitik — keine Krankenpolitik, die Sie betreiben — , die mithilft, Lebensbedingungen zu schaffen, die das Entstehen von Krankheiten vermeiden.

    (Beifall bei der SPD)

    Dazu gehört, Arbeitsbedingungen so zu gestalten, daß sie zumindest nicht mehr krankheitsfördernd sind. Dazu gehört, den Giftgehalt in Gebrauchsstoff zu reduzieren. Es gilt, die Lebensmittel gesünder zu machen.

    (Seehofer [CDU/CSU]: Wie?)




    Heyenn
    Das wäre ein politischer Ansatz für eine neue Gesundheitspolitik, die wir wirklich benötigen.

    (Seehofer [CDU/CSU]: Über die Krankenkasse?)

    — Nicht über die Krankenkasse. Das können Sie sich doch wohl vorstellen.
    Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Umweltschutz sind für uns wesentliche Teile einer Gesundheitspolitik.

    (Beifall bei der SPD)

    Dann ist es doch abenteuerlich, daß heute das Gesundheitswesen aus millionenfachen, täglichen Einzelentscheidungen besteht, daß jährlich nahezu 250 Milliarden DM ausgegeben werden, ohne daß eine übergeordnete Ziel- und Aufgabenstellung vorliegt. Wir wollen, daß sich der Deutsche Bundestag damit beschäftigt, daß er Prioritäten vorgibt und daß auf Grund dieser inhaltlichen Zielvorgaben festgelegt wird, welche Finanzmittel einzusetzen sind.
    Wir wollen das Gesundheitswesen endlich vom Kopf auf die Füße stellen. Wir wollen den Weg weg von den großen, zentralen Einheiten und die Bürger vor Ort beteiligen. Und das diffamieren Sie mit dem Schlagwort der Bürokratisierung, weil Sie nämlich die Beteiligung der Bürger überhaupt nicht wollen. Sie wollen den Bürger nur insofern beteiligen, als er Ihnen sein Portemonaie hinhalten soll. Das ist Ihre Bürgerbeteiligung.

    (Beifall bei der SPD — Günther [CDU/CSU]: Wer sitzt denn in der Selbstverwaltung? Das ist eine Beschimpfung der Selbstverwaltung!)

    Im regionalen Rahmen muß, so meinen wir, Gesundheitspolitik zuallererst betrieben werden von denjenigen, die zahlen, also den Krankenkassen, von denjenigen, die politisch verantwortlich sind — den Städten, Gemeinden und Kreisen — , und von denjenigen, die versorgen, den Ärzten, den Zahnärzten, den Krankenhäusern. Hier sollen alle diese Gruppen zusammenarbeiten. Auf diesem Sektor hat Herr Blüm ebenfalls nichts anzubieten.
    Wir wollen die Beziehungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern neu ordnen.

    (Seehofer [CDU/CSU]: Das ist doch allgemeines Gerede!)

    Während Sie, Herr Blüm, die Krankenkassen zum Kontrollapparat gegen die Versicherten und zum Sparkommissar im Blick auf die Lohnnebenkosten machen wollen,

    (Günther [CDU/CSU]: Auch wieder falsch!)

    geht es uns grundsätzlich um etwas anderes. Wir wollen die Krankenkassen versichertennäher machen, und wir wollen die Selbstverwaltung der Krankenkassen durch neue Aufgaben stärken.

    (Günther [CDU/CSU]: Das machen wir auch!)

    Wir wollen sagen, wie mehr Bedarfsgerechtigkeit geschaffen wird, wie ein Zuviel ebenso verhindert werden kann wie ein Zuwenig.
    Sie lassen bei Ihrer Reform alles beim alten. Sie wollen in bürokratisch-zentralistischer Manier weiter aus dem Ministerium heraus wurschteln. Wenn Sie von Verantwortung der Versicherten sprechen, denken Sie nicht an Demokratisierung, an Beteiligung, sondern Sie denken an Selbstbeteiligung, an den Griff ins Portemonaie.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir denken an Selbstverwaltung!)

    Wir wollen schließlich auch die Krankenversicherung modernisieren. Hier gibt es immer noch die Benachteiligung der Arbeiter, hier gibt es unerträgliche Beitragssatzunterschiede, die die Versicherten ausbaden müssen. Hier gibt es Wettbewerbsverzerrungen, die die Benachteiligten weiter benachteiligen und die Privilegierten weiter privilegieren. Wir sind für die Schaffung gleicher Voraussetzungen im Wettbewerb der Krankenkassen; denn wir wollen, daß der Wettbewerb allen Versicherten zugute kommt.
    Sie wollen abkassieren, die Kranken zusätzlich belasten

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und was wollen Sie?)

    und damit für die Krankheit bestrafen. Wir sagen Ihnen: Unser Gesundheitssystem braucht keine Abkassierung, sondern es braucht eine Therapie, es muß kuriert werden. Und das wäre es, was gemeinsam hätte gelöst werden können.

    (Beifall bei der SPD — Seehofer [CDU/CSU]: Nebel, alles Nebel! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Nebel!)