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    Plenarprotokoll 11/78 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 78. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Mai 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 24: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz) (Drucksache 11/ 2237) b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung (Drucksache 11/280) c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (Drucksache 11/1623) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in das Vierte Buch Sozialgesetzbuch — Gemeinseme Vorschriften für die Sozialversicherung — (Drucksache 11/2221) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Unruh und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Finanzierung einer besseren Pflege (Bundespflegegesetz) (Drucksache 11/1790 [neu]) Dr. Blüm CDU/CSU 5273 D Dreßler SPD 5281 A Dr. Blüm CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 5287 C Dreßler SPD (Erklärung nach § 30 GO) . 5288 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 5288 A Frau Wilms-Kegel GRÜNE 5292 D Günther CDU/CSU 5296 B Egert SPD 5299 B Seehofer CDU/CSU 5303 B Frau Unruh GRÜNE 5306B, 5324 A Dr. Thomae FDP 5308 A Heyenn SPD 5309 D Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 5311D Dr. Knies, Minister des Landes Niedersachsen, Beauftragter des Bundesrates . . . 5314 C Jaunich SPD 5316A Wüppesahl fraktionslos 5318D Zink CDU/CSU 5320 B Haack (Extertal) SPD 5321 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 5324 B Nächste Sitzung 5325 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5327* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5327* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. Mai 1988 5273 78. Sitzung Bonn, den 6. Mai 1988 Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein * 6. 5. Dr. Ahrens * 6. 5. Dr. Bangemann 6. 5. Frau Beck-Oberdorf 6. 5. Becker (Nienberge) 6. 5. Frau Blunck * 6. 5. Böhm (Melsungen) * 6. 5. Büchner (Speyer) * 6. 5. Bühler (Bruchsal) * 6. 5. Catenhusen 6. 5. Frau Conrad 6. 5. Daweke 6. 5. Dr. Dregger 6. 5. Frau Fischer * 6. 5. Frau Flinner 6. 5. Gallus 6. 5. Gattermann 6. 5. Frau Geiger 6. 5. Geis 6. 5. Dr. Geißler 6. 5. Dr Götz 6. 5. Dr. Hauff 6. 5. Dr. Haussmann 6. 5. Frhr. Heeremann von Zuydtwyck 6. 5. Hiller (Lübeck) 6. 5. Dr. Hitschler * 6. 5. Ibrügger 6. 5. Jansen 6. 5. Jungmann 6. 5. Klein (Dieburg) 6. 5. Klein (München) 6. 5. Dr. Klejdzinski 6. 5. Leidinger 6. 5. Lemmrich * 6. 5. Link (Diepholz) 6. 5. Frau Luuk * 6. 5. Meyer 6. 5. Dr. Müller * 6. 5. Dr. Neuling 6. 5. Niegel * 6. 5. Frau Pack * 6. 5. Pfeifer 6. 5. Dr. Probst 6. 5. Reddemann * 6. 5. Regenspurger 6. 5. Reuschenbach 6. 5. Dr. Riedl (München) 6. 5. Ronneburger 6. 5. Roth (Gießen) 6. 5. Frau Rust 6. 5. Dr. Scheer * 6. 5. Scheu 6. 5. Schmidt (München) * 6. 5. von Schmude * 6. 5. Dr. Schneider (Nürnberg) 6. 5. Schreiner 6. 5. Schröer (Mülheim) 6. 5. Frau Simonis 6. 5. Steiner * 6. 5. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Uelhoff 6. 5. Dr. Unland * 6. 5. Dr. von Wartenberg 6. 5. Wimmer (Neuss) 6. 5. Wissmann 6. 5. Würtz 6. 5. Zierer * 6. 5. Dr. Zimmermann 6. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. April 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1988 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz - AVAG) Gesetz zu dem Übereinkommen vom 10. April 1984 über den Beitritt der Republik Griechenland zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Gesetz zu der Änderung vom 16, Oktober 1985 des Übereinkommens vom 3. September 1976 über die Internationale Seefunksatelliten-Organisation (INMARSAT-Übereinkommen) Gesetz zu dem Dritten Protokoll vom 12. Mai 1987 zur Änderung des Vertrages vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und dem Großherzogtum Luxemburg über die Schiffbarmachung der Mosel Gesetz zu dem Übereinkommen vom 11. Dezember 1987 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Italienischen Republik, dem Königreich der Niederlande und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über Inspektionen in bezug auf den Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Beseitigung ihrer Flugkörper mittlerer und kürzerer Reichweite Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Rechtsausschuß Drucksache 10/5012 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/841 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/2089 Nr. 3-8 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1895 Nr. 2.35 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/929 Nr. 2.28 Drucksache 11/1107 Nr. 2.11 Drucksache 11/1707 Nr. 29 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/779 Nr. 2.55 Drucksache 11/1365 Nr. 3.30 Drucksache 11/1656 Nr. 3.39 Anlagen zum Stenographischen Bericht
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    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Da wir eine Härteklausel haben und die sozial Schwachen überhaupt nichts zuzahlen müssen, entfällt der Sinn Ihrer Frage.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich komme noch einmal auf die Härteklausel zurück.
    Die Fahrtkosten sind aus dem Ruder gelaufen; auch das ist ein weiter Bereich. Mancherorts ist der Krankenschein zum Freifahrtschein für den öffentlichen Nahverkehr geworden.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    — Wenn Sie das bezweifeln, nenne ich Ihnen einige Zahlen: 1970 haben wir 184 Millionen DM für die Transporte ausgegeben; das ist 17 Jahre her. Inzwischen geben wir 1,6 Milliarden DM aus. 1970 gab es weniger öffentlichen Nahverkehr und weniger Pkw. Es wird doch wohl niemand sagen, die Steigerung von 184 Millionen auf 1,6 Milliarden DM sei gesundheitspolitisch notwendig. Nein, hier sind Mitnahmeeffekte, die auf Kosten der Gelder gehen, die wir für die Kranken brauchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




    Dr. Blüm
    Ich bin ja gerade nach der Härtefallregelung gefragt worden. Wir nehmen soziale Rücksicht. Der Gesetzentwurf sieht zwei Härtefallregelungen vor. Bei Zahnersatz, Fahrtkosten und stationären Kuren entfällt jede Zuzahlung. Bei einem Bruttoeinkommen von 1 232 DM für Alleinstehende, von 1 694 DM für Versicherte mit Ehepartner, von 2 000 DM für Verheiratete mit einem Kind und von unter 2 300 DM für Verheiratete mit zwei Kindern entfällt eine Zuzahlung.
    Auch die Überforderungsklausel ist ganz neu. Niemand soll unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze, also unterhalb eines Monatsgehaltes von 4 500 DM, mehr als 2 % seines Bruttoeinkommens für Zuzahlungen aufwenden müssen. Ich will auch das in Zahlen sagen. Ein Arbeitnehmer mit einem durchschnittlichen Einkommen von 2 300 DM — das ist der Durchschnittsverdienst — muß, wenn alles zusammenkommt, als Alleinstehender im Monat 64 DM und als Verheirateter mit zwei Kindern höchstens 42 DM zuzahlen.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Was ist mit den Alleinstehenden mit Kind?)

    Kinder unter 18 Jahren sind mit Ausnahme von Zahnersatz und Fahrtkosten generell befreit.
    Meine Damen und Herren, unser Gesundheitssystem kennt nicht nur Verschwendung und Mißbrauch, sondern auch Mangel und Unterversorgung. Deshalb brauchen wir ein neues Gleichgewicht. Wir müssen Überversorgung, Verschwendung und Mißbrauch abbauen, um Unterversorgung und Mangel beseitigen zu können. Da appelliere ich wieder an die Erfahrungen vieler Mitbürger. Die können die Frage beantworten, ob es Verschwendung gibt. Jeder kennt sie, die Tabletten, die vom Arzt verschrieben, von der Apotheke verkauft, von der Krankenkasse bezahlt und von den Patienten in den Mülleimer geworfen werden. Die kennt jeder. Das ist Verschwendung, die wir mit dem Krankenschein nicht auch noch finanzieren können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Und jeder kennt das Krankenhaus, in dem Patienten zu lange liegen, weil leere Betten unwirtschaftlich sind. Weil der Nachfolgepatient noch nicht da ist, bleiben in manchen Krankenhäusern die Patienten länger liegen, als es der Gesundheit not tut. Jeder weiß von überflüssigen Labor- und Röntgenuntersuchungen, die zunächst in der ambulanten Praxis gemacht werden und später im Krankenhaus wiederholt werden, die doppelt und doppelt bezahlt werden. Jeder kennt die Massagen, die auf Krankenschein genommen werden, obwohl sie nur den Saunaaufenthalt verschönern. Jeder kennt sie.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Jeder kennt sie, die Heil- und Hilfsmittel,


    (Widerspruch bei der SPD)

    deren Herstellung 5 DM kostet, für die die Krankenversicherung aber 50 DM bezahlt. Dieser Verschwendung sagen wir mit diesem Gesetzentwurf den Kampf an, weil wir das Geld besser anlegen wollen, besser anlegen wollen für die, die der Hilfe bedürfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP)

    Auch wenn Zahnärzte, Apotheker, Ärzte, Pharmahersteller Opfer bringen müssen: Das Opfer ist leichter als die bisher nicht gewährte Hilfe für Pflegebedürftige. Bessser das Geld ausgegeben für Pflegebedürftige, die zu Hause rund um die Uhr gepflegt werden. Damit wird manches Opfer gerechtfertigt. Das schafft mir auch das gute Gewissen, daß wir Opfer verlangen können, um anderen Notleidenden, Hilfebedürftigen nun endlich einmal helfen zu können, und zwar nicht mit Worten, endlich einmal mit Taten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    630 000 Schwer- und Schwerstpflegebedürftige werden zu Hause gepflegt — rund um die Uhr. Von diesen stillen Samaritern im Lande redet niemand. Die machen auch keine Protestveranstaltung, die verteilen keine Flugblätter. Aber wir handeln nicht auf Proteste, wir handeln auf Grund von Notwendigkeiten.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Hören Sie auf! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

    Deshalb: Diesen Stillen im Lande, denen wird zum ersten Mal mit unserem Gesetzentwurf geholfen. Über 6 Milliarden DM geben wir dafür aus,

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP — Zuruf der Abg. Frau Dr. Volmer [GRÜNE])

    fast die Hälfte des Sparprogramms. Die Mutter, der Vater, die ihre Kinder pflegen, die Kinder, die ihre Eltern pflegen, die Oma, die den Opa pflegt — rund um die Uhr — : endlich werden sie nicht alleingelassen,

    (Lachen bei der SPD — Zuruf von der SPD: Das ist doch unverschämt!)

    endlich nehmen wir das Geld, das wir durch Opfer eingespart haben, um den Hilfsbedürftigen zu helfen. — Ja, ich weiß, daß Ihnen das weh tut. Sie haben jahrelang darüber geredet.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Wir handeln. Das ist Sozialpolitik mit Herz, nicht die Sozialpolitik der Sprüche.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Abg. Heyenn [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Nein, jetzt stelle ich das im Zusammenhang dar.
    Herr Dreßler, bevor Sie Ihr Abkassiermodell wiederholen: Schämen Sie sich vor jenen alten Leuten, die endlich einmal Hilfe bekommen, schämen Sie sich vor der Mutter, die endlich einmal vier Wochen Urlaub machen kann,

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP — Zuruf von der SPD: Unerhört! — Weitere Zurufe von der SPD)

    wenn Sie sagen, es wäre ein Abkassiermodell. Ja, doch, da wird einmal abgerechnet. Zum erstenmal kann die Mutter,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Hören Sie auf! Das ist ja furchtbar! — Zurufe von der SPD)




    Dr. Blüm
    die rund um die Uhr pflegt, vier Wochen Urlaub machen,

    (Zurufe der Abg. Frau Dr. Vollmer [GRÜNE] sowie weitere Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

    kann sie einmal aufatmen und bekommt dafür eine Ersatzperson. — Doch, Urlaub zum erstenmal von der Krankenversicherung!

    (Anhaltende Zurufe)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Ruhe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ja, ich bekenne: Das ist keine Sozialpolitik aus Ideologie, das ist keine Sozialpolitik aus den Lehrbüchern, das ist Sozialpolitik mit Herz, und dazu stehen wir.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Vier Wochen Urlaub und ab 1991 entweder eine tägliche Sachleistung oder 400 DM Geldleistung. Dafür sparen wir auch für die Beitragszahler, für den kleinen mittelständischen Handwerker, für den Arbeitnehmer und für die Pflegebedürftigen.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Das ist ja erst 1991!)

    Das ist der Sinn dieser Reform.
    Zu den Neuerungen dieser Reform gehört auch, daß wir die sozialpädiatrischen Zentren zum ersten Mal mit einem eigenen Leistungskatalog versehen. Damit räumen wir den behinderten Kindern nun tatsächlich auch in der Krankenversicherung eine eigene Stelle ein, in der ihnen auf besondere Weise geholfen werden kann.
    Lassen Sie mich auch zur Wirtschaftlichkeit etwas sagen. Jedes Unternehmen muß sehen, daß seine Gelder sinnvoll verwendet werden. Auch die Krankenversicherung hat keine Mark zu verschenken. Ein Beitrag zur Rationalisierung des Krankenversicherungssystems ist die Erhöhung der Transparenz. Die Krankenversicherung ist heute weitgehend eine Dunkelkammer. Rund eine Milliarde Krankenscheine, Rezepte, Krankenhausrechnungen und ähnliche Belege müssen die Kassen gegenwärtig sozusagen im Handbetrieb prüfen. Das ist so, als würde man in Zeiten, in denen die Deutsche Bundesbahn Weltrekord fährt, den öffentlichen Personenverkehr mit der Kutsche betreiben.
    Nein, wir wollen auch die Krankenversicherungen auf die Höhe einer Informatikgesellschaft bringen. Die Datentechnik soll sinnvoll ausgenutzt werden. Es werden gar keine neuen Daten beschafft — von wegen „gläserner Patient" . Alle Daten sind da, wir brauchen sie nur sinnvoll auszunutzen. Sie sollen nicht im Keller vermodern.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Daten vermodern! Grufti! — Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wenn Kassen und Ärzte ihre Daten zusammenführen, entsteht dadurch doch nicht der gläserne Patient, sondern es entsteht — wie ich zugebe — eine bessere Überwachung und Kontrolle. Jeder Handwerksmeister, jeder Schreiner, der ein Produkt liefert, muß den Kunden sagen, wofür er sein Geld verlangt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Warum kann die Krankenversicherung nicht verlangen, was bei ihr abgerechnet wird? Was ist daran unschamhaftig?
    „Gläserner Patient" — die private Krankenversicherung hat seit eh und je Kenntnis über das, was abgerechnet wird.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Ja, natürlich!)

    Auch bei der Beihilfe ist es so. Nur wenn wir unsere Krankenversicherung jetzt einmal in die Lage versetzen wollen, die Kosten besser überwachen zu können, schreit alles: „Gläserner Patient" ! Das ist ein Vorwand, eine Vogelscheuche, damit weiterhin im Dunkeln gemunkelt werden kann,

    (Beifall bei der CDU/CSU) und mit diesem Dunkel ist es jetzt zu Ende.

    Meine Damen und Herren, ich sage nicht — damit auch das klar ist — , daß alle Anbieter unter Mißbrauchsverdacht stehen. Daß es aber Mißbrauch gibt, wird doch wohl niemand abstreiten, und es sind leider Gottes keine Einzelfälle mehr. Allein 6 000 Verfahren laufen derzeit wegen Abrechnungsbetrügereien.
    Im übrigen will ich noch einmal sagen: Jeder Anbieter der sich verantwortungsvoll verhält, muß die Überwachung doch auch nicht fürchten. Der Patient erhält nach dem Gesetz ebenfalls ein Recht, daß ihm die Krankenkasse Auskunft gibt, was für ihn abgerechnet wird.
    Der sozialmedizinische Dienst tritt an die Stelle des alten Vertrauensarztes, von dem wir wissen, daß er bei der Rentenversicherung bei der falschen Stelle angesiedelt war. Er wird damit auch effektiver als eine Instanz, die die Qualität unserer Krankenversicherungen erhöhen soll.
    Auch das Krankenhaus muß sich den wirtschaftlichen Überlegungen stellen. Es darf kein toter Winkel unserer Sparmaßnahmen sein. Wir sind noch nicht am Ziel,

    (Zuruf von der SPD: Das ist richtig!)

    aber nach dem Krankenhausneuordnungsgesetz 1984 und der Bundespflegesatzverordnung 1985 folgen jetzt weitere Schritte. Die Krankenkasse .erhält ein Kündigungsrecht gegenüber unwirtschaftlichen und überflüssigen Krankenhäusern, das freilich an die Zustimmung der Landesbehörden gebunden bleibt.

    (Zuruf von der SPD)

    — Lieber Herr Dreßler und meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie sich doch ein bißchen beruhigen wollten! Sie können ja sagen, wir machten im Krankenhaus zuwenig. Den Vorwurf ließe ich mir gefallen. Wir machen aber immerhin noch mehr, als Sie in 13 Jahren im Krankenhaus gemacht haben, viel, viel mehr.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




    Dr. Blüm,
    Wer selber kaum etwas zustande gebracht hat, soll sich hier nicht als Lehrmeister aufspielen.

    (Zuruf von der SPD: Lüge!)

    Ambulante und stationäre Versorgung werden besser miteinander verzahnt, Leerlauf und Doppeluntersuchungen sollen vermieden werden. Preisvergleichslisten gibt es auch für das Krankenhaus. Der tagesgleiche, voll pauschalierte Pflegesatz hat ausgedient. Auch die Zeiten eines falschverstandenen Selbstkostendeckungs-Prinzips gehen zu Ende.
    Die Krankenversicherung der Rentner — ein weiteres Thema — bleibt Bestandteil der Krankenversicherung. Wir sind aber der Auffassung, daß für Erwerbstätige und für Rentner künftig der gleiche Beitragssatz gelten soll. Der Beitragssatz aus der Rente soll daher an den durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz der Krankenversicherung angeglichen werden. Alt und jung sitzen in einem Boot. Wenn die Beiträge in der Krankenversicherung steigen, steigen sie dann auch für die Rentner; wenn sie sinken, sinken sie dann auch für die Rentner. Damit ist zum erstenmal auch das Interesse der Rentner an guten Beiträgen hergestellt. Alt und jung sitzen in einem Boot.
    Im übrigen: Vorschlägen, die Rentner auszugliedern, widersprechen wir. Es braucht sich niemand übervorteilt zu fühlen. Die Alten waren auch einmal jung, haben auch einmal mehr gezahlt als die damals Alten, und die Jungen werden auch einmal alt. Insofern gibt es da einen ganz gerechten Ausgleich innerhalb eines Lebenslaufes. Deshalb werden wir uns allen Versuchen widersetzen, die Rentner anders zu behandeln oder gar schlechter zu behandeln. Sie werden mit den Jungen gleichbehandelt. Das ist unsere Philosophie.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Unruh [GRÜNE]: Was wollen Sie denn sonst mit den Rentnern machen?)

    Weitere Reformschritte müssen und werden diesem Gesetz folgen. Wir machen einen wichtigen, großen Schritt. Damit sind wir nicht schon am Ziel und können nicht die Hände in den Schoß legen. Ich sage ausdrücklich, daß weitere Schritte in der Organisationsreform folgen müssen. Erste legen wir hier vor. Wir beseitigen den alten Unterschied zwischen Arbeitern und Angestellten, der die Arbeiter diskriminiert hat, weil sie in ihrer Wahlfreiheit anders behandelt wurden. Das ist ein Zopf aus dem 19. Jahrhundert.

    (Beifall der Abg. Frau Unruh [GRÜNE] — Dreßler [SPD]: Es ist unglaublich, was Sie hier für einen Stuß erzählen!)

    Wir schaffen Ausgleichsmechanismen; das ist ein wichtiger Beitrag. Für das Krankenhaus werden wir aus dem Bericht, den wir noch in diesem Jahr dem Parlament zuleiten werden, Konsequenzen ziehen. Ich finde es auch ganz sinnvoll, daß man erst einmal die Erfahrungen mit vorhandenen Gesetzen auswertet — sie sind noch nicht so alt — , um dann neue Schritte vorzunehmen.

    (Zuruf von der SPD: Versagen ist neuerdings Erfahrung!)

    Wir brauchen Kapazitätsbegrenzungen bei den Ärzten; denn wir haben Jahr für Jahr 12 500 Medizinstudenten. In den Vereinigten Staaten mit vierfach so
    hoher Bevölkerungszahl gibt es 17 500 Medizinstudenten. Hier bestehen auch Grenzen für eine qualitativ befriedigende Ausbildung. Der kranke Mensch, der Gegenstand der Ausbildung ist, ist Gott sei Dank nicht beliebig vermehrbar. Deshalb muß es Grenzen der Ausbildung geben. Hier sind die Länder in der Pflicht. Deshalb richte ich von dieser Stelle aus den ausdrücklichen Appell an die Länder, ebenso wie der Bund, ihrer Pflicht gerecht zu werden, unsere Krankenversicherung zu retten, und nun die Kapazitätsverordnungen vorzulegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)