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ID1107508400

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    Plenarprotokoll 11/75 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 75. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. April 1988 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 5059 A Wahl des Abg. von der Wiesche zum Schriftführer als Nachfolger des Abg. Schreiner . 5075 D Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Auswirkungen der Vorhaben der Bundesregierung zur Strukturreform im Gesundheitswesen Hoss GRÜNE 5059 B Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 5060 C Dreßler SPD 5061 B Cronenberg (Arnsberg) FDP 5062 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 5063 C Heinemann, Minister des Landes NordrheinWestfalen 5065 C Seehofer CDU/CSU 5066 D Kirschner SPD 5067 D Dr. Thomae FDP 5068 D Frau Unruh GRÜNE 5069 D Günther CDU/CSU 5070 A Haack (Extertal) SPD 5071 A Frau Limbach CDU/CSU 5072 B Egert SPD 5073 A Wüppesahl fraktionslos 5074 B Kolb CDU/CSU 5074 D Tagesordnungspunkt 16: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Susset, Eigen, Michels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Paintner, Bredehorn, Heinrich, Frau Folz-Steinacker, Dr. Rumpf, Timm und der Fraktion der FDP zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD: Agrarbericht 1987 (11/536, 11/85, 11/86, 11/521, 11/1347) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Agrarbericht 1988 (Drucksachen 11/1760, 11/1761) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Flinner, Kreuzeder und der Fraktion DIE GRÜNEN: Flächengebundene Bestandsobergrenzen in der Tierhaltung zum Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft und der Umwelt (Drucksache 11/ 1986) d) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs einen Gesetzes über die Förderung der Sillegung landwirtschaftlicher Nutzflächen sowie der Extensivierung und Umstellung der Erzeugung (Extensivierungsgesetz) (Drucksache 11/2158) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Flinner, Kreuzeder und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einführung eines 50 %igen Beimischungszwangs von Getreide für die Mischfutterindustrie (Drucksachen 11/ 580, 11/1535 (neu) Kiechle, Bundesminister BML . . 5076C, 5105 B Oostergetelo SPD 5080 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. April 1988 Susset CDU/CSU 5083 B Frau Flinner GRÜNE 5086 A Paintner FDP 5088 B Jansen SPD 5090 B Eigen CDU/CSU 5093 A Kreuzeder GRÜNE 5095 A Bredehorn FDP 5097 A Kißlinger SPD 5099 C Niegel CDU/CSU 5101 C Frau Adler SPD 5103 B Pfuhl SPD 5104 C Zusatztagesordnungspunkt: Einspruch des Abgeordneten Thomas Wüppesahl gegen den am 21. April 1988 erteilten Ordnungsruf 5106 D Nächste Sitzung 5106 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5107* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5107* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. April 1988 5059 75. Sitzung Bonn, den 22. April 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 22. 4. Dr. Ahrens * 22. 4. Frau Beck-Oberdorf 22. 4. Dr. Biedenkopf 22. 4. Borchert 22. 4. Brandt 22. 4. Breuer 22. 4. Frau Bulmahn 22. 4. Carstens (Emstek) 22. 4. Daubertshäuser 22. 4. Dr. Dollinger 22. 4. Doss 22. 4. Ebermann 22. 4. Frau Fischer 22. 4. Gattermann 22. 4. Dr. Glotz 22. 4. Dr. Götz 22. 4. Gröbl 22. 4. Dr. Haack 22. 4. Frau Dr. Hamm-Brücher 22. 4. Dr. Hauff 22. 4. Haungs 22. 4. Heinrich 22. 4. Irmer 22. 4. Jaunich 22. 4. Kastning 22. 4. Dr. Klejdzinski 22. 4. Louven 22. 4. Neumann (Bremen) 22. 4. Regenspurger 22. 4. Reuschenbach 22. 4. Frau Schilling 22. 4. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Schmidt (Nürnberg) 22. 4. Dr. Schmude 22. 4. Dr. Schneider (Nürnberg) 22. 4. Schröer (Mülheim) 22. 4. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 22. 4. Frau Simonis 22. 4. Spilker 22. 4. Stratmann 22. 4. Frau Trenz 22. 4. Voigt (Frankfurt) 22. 4. Wartenberg (Berlin) 22. 4. Frau Wieczorek-Zeul 22. 4. Wilz 22. 4. Wischnewski 22. 4. Dr. Zimmermann 22. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/883 Nr. 26, 28 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Finanzausschuß Drucksache 11/1895 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1998 Nr. 2.1 bis 2.4 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1895 Nr. 2.36
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    Rede von Lorenz Niegel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz kurz: Herr Kollege Kreuzeder, Ihre Rezepte, die Sie dargelegt haben, geben der Landwirtschaft keine Zukunft. Nach Wurzelseppart eine Landwirtschaft zu betreiben ist, glaube ich, nicht der richtige Weg.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kreuzeder [GRÜNE]: Ich verstehe von Wurzeln etwas mehr als vom Beamtenstatus!)

    Biolandwirtschaft ist gut und recht, aber das ist nur für einige Idealisten etwas. Eigenvertrieb ist ebenfalls nur für wenige. Es ist keine Lösung der Probleme der Landwirtschaft.
    Herr Kollege Bredehorn, ich glaube, wir setzen uns lieber im Ausschuß auseinander.

    (Sielaff [SPD]: Da sind Sie doch nie!)

    Aber ich muß doch eines sagen, weil Sie in der Öffentlichkeit davon gesprochen haben, wir in Bayern seien für eine Begrenzung der Veredelungswirtschaft: Manche Probleme hätten wir heute in der Landwirtschaft nicht, wenn wir bundesweit und vielleicht auch EG-weit eine Begrenzung der Veredelungswirtschaft nach oben durchgesetzt hätten, meine Damen und Herren. Ich spreche mich eindeutig gegen Agrarfabriken in der Landwirtschaft aus.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Bredehorn [FDP]: Da sind wir in vorderster Front!)

    Wenn man die Struktur, die Betriebsgröße der Landwirtschaft immer weiter nach oben treiben will, immer höher,

    (Bohl [CDU/CSU]: So wie es die SPD gemacht hat!)

    nach dem alten Stil des Mansholt-Plans — siehe Amerika, die haben die größten Agrarbetriebe der Welt und das schlechteste Einkommen pro Arbeitskraft —, wird das Einkommen auch nicht besser. Wir müssen einen anderen Weg der Landwirtschaft beschreiten. Ich glaube, daß der bayerische Weg kein schlechter ist.
    Machen Sie sich, bitte schön, keine Gedanken darüber, inwieweit Bayern seiner Verpflichtung hinsichtlich der Finanzierung der Bundesagrarpolitik und der beschlossenen Maßnahmen nachkommen wird. Es sind jetzt einfach noch Verhandlungen notwendig, die auch in entsprechender Weise abgeschlossen werden.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten vor dem Forum des deutschen Volkes, des Deutschen Bundestages, auch ein paar Überlegungen anstellen, wie es vielleicht in der Agrarpolitik weitergehen könnte. Ich meine, daß wir in der Agrarpolitik, die seit Tausenden von Jahren auf die Erzeugung von Nahrungsmitteln für den menschlichen Bedarf ausgerichtet ist, einen zweiten Weg beschreiten müssen, den Weg der Lieferung von Rohstoffen für die Industrie und der Lieferung von Energie, ob für den eigenen Betrieb oder auch für die Industrie und für den Verkehr.
    Hier, glaube ich, sollten wir alternativ dazu neue Wege beschreiten. Die Möglichkeiten gibt es, und zwar sollten wir das herstellen, was von der chemischen Industrie meines Erachtens ohne große chemi-



    Niegel
    sche Prozesse umgewandelt werden und in den Verarbeitungsprozeß eingehen kann. Ich kann ein paar Beispiele aufzählen. Es besteht bei der Industrie, so ist mir gesagt worden, ad hoc ein Bedarf von 400 000 Tonnen Ölsäure, den wir bisher gar nicht decken können, weil wir die notwendige Pflanze noch nicht in der Menge haben. Das können wir über Rapsöl und Sonnenblumenöl noch nicht oder nicht erzeugen. Hier bietet sich z. B. die Züchtung der Pflanze Euphorbia Lathyris (Wolfsmilch) an. Die ersten Versuche sind hervorragend, nur müssen wir sie auch von der Verwaltung und der Politik her stärker unterstützen. 400 000 Tonnen Öl würden 400 000 Hektar bedeuten, die aus der Food-Produktion heraus zur Non-food-Produktion kämen.
    Das zweite — die Kollegen Eigen und Paintner haben dies angesprochen — ist die Frage der chemischen Stärke für die chemische Industrie. Die bisherige Stärke in Mais, Weizen und Kartoffeln (Amylopektin) entspricht nicht allen chemischen Erfordernissen der Industrie. Eine andere Form, die Amylose, ist, um es chemisch zu sagen, ein nichtverzweigtes, langkettiges Stärkemolekül, das von der chemischen Industrie sofort aufgenommen und umgewandelt werden kann. Man findet sie in einer bestimmten Erbse oder in HA-Mais, d. h. High-Amylose-Mais. Diese Möglichkeit gilt es zu nutzen. Daraus könnte man dann Kunststoffträger und Farbstoffträger herstellen oder sie in der Acrylchemie verwenden, aber auch verrottungsfähige Verpackungsstoffe, z. B. Plastikbeutel, herstellen. Auch hierfür könnte man einige hunderttausend Hektar unterbringen.
    Es besteht weiter ein Bedarf an Zellulose. Es gibt nicht nur die Leinfaser als Rohstoff für die Modeschikkeria, für Blusen, Jacken, Tischdecken und Betten, sondern auch als industrielle Textilfaser, als Faser für den industriellen Bedarf, z. B. als Ersatz für Asbest und als Isolier- und Filterstoffe. Wir haben 1953 die letzte Flachsröste stillgelegt. Hier sind gute Ansätze vorhanden, die jedoch stärker unterstützt werden müßten.
    Ich sehe aber, meine Damen und Herren, einen ganz großen Weg, den die Landwirtschaft selbst beschreiten könnte, den sie selbst beschreiten muß, allerdings mit Unterstützung der Politik, der Verwaltung und der Industrie. Wir haben als Rohstoff, als Energiequelle bisher das Dieselöl. Es ist technisch möglich, zumindest in Deutschland, im Dieselmotor Rapsöl zu verfahren. Man braucht es nur auszuquetschen. — Ich habe hier eine Flasche Rapsöl zur Hand, meine Damen und Herren. Das geht in den normalen Dieselölmotor hinein.

    (Müller [Schweinfurt] [SPD]: Das stimmt doch nicht!)

    Ich werde Ihnen das Verfahren jederzeit erklären können. Nötig ist eine Vorkammeränderung, und schon läuft der Motor.
    Am Rande meines Wahlkreises läuft ein Motor mit Rapsöl, der bereits 7 000 Betriebsstunden ohne Reparaturen gearbeitet hat. Ich bin der Meinung, Herr Minister, wir müßten alle elf DUELA-Schulen damit ausstatten, wir müßten in jedem Regierungsbezirk einen solchen Versuch betreiben, und dann auch in jedem
    Landkreis, dann hätten wir eine Möglichkeit zur Breitenwirkung.
    Ich sage Ihnen eine Zahl: Wir verbrauchen 1,7 Millionen Tonnen Dieselöl in der Landwirtschaft pro Jahr. Man kann pro Hektar 1 000 Liter erzeugen. Nach Adam Riese ergibt das — es stammt aus einer Stadt in meinem Wahlkreis — Staffelstein — dann genau 1,7 Millionen Hektar. Stellen Sie sich dies einmal vor! Das geschähe zusätzlich zur Flächenstillegung. 1,7 Millionen Hektar sind das Vierfache der 400 000 Hektar, die jetzt über die Flächenstillegung herausgenommen werden sollen. Damit könnten wir auch die Ökologie in der Landwirtschaft, die Soziostruktur und die Ökonomiestruktur des Dorfes als solchen erhalten.
    Sicherlich muß man dazu Subventionen geben, aber — das möchte ich sagen — sie sind geringer als bei der Lagerhaltung und bei der Prämie für die Flächenstillegung. Wenn ich nur zwei Drittel der Flächenstillegung nehme, kann ich dieses gesamte Programm finanzieren.
    Neben dem Pflanzenöl kann man noch den Rapskuchen als Sojaersatz in der Verfütterung verwenden. — Auch hierfür habe ich ein Beispiel hier. Ihn kann man genauso ans Vieh als Eiweißfutter verfüttern. Würde man dies in die Rechnungen mit einsetzen, käme man bei Raps schon jetzt fast zur Kostendekkung. Das ist doch eine Möglichkeit!
    Es gibt technisch noch andere Möglichkeiten: Umesterung des Rapsdiesel. Damit könnte man sogar Kraftstoff für den Personennahverkehr gewinnen. In Landshut werden Versuche anlaufen. Auch das ist eine Möglichkeit, um einen Weg aus den Problemen der Landwirtschaft zu finden.
    Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt hier nicht die Frage des Agraralkohols und des Bioäthanols ansprechen. Das ist etwas, was schwieriger ist, was Überwindungen kostet. Aber gehen wir einmal den Weg mit Rapsdiesel, gehen wir einmal den Weg mit Rapsöl im landwirtschaftlichen Trecker. Wir können, so glaube ich, eine Lösung anbieten, die vor allem auch unseren jungen Bauern wieder eine Zukunft gibt. Dann müssen sie nicht auf die Flächenstillegung ausweichen, sondern können produzieren, das Dorf bliebe erhalten, und sie hätten langfristig eine Zukunft.

    (Kreuzeder [GRÜNE]: Sind Sie gegen Flächenstillegung?)

    Natürlich muß man das — das gebe ich offen zu — langfristig anpacken; das wird noch nicht im nächsten Jahr sein. Aber irgendwie muß der Weg überwunden werden. Nach dem früheren alten Verwaltungsgrundsatz kann man hier nicht mehr vorgehen, der heißt: Das haben wir noch nie gemacht; das machen wir nicht; da könnte ein jeder kommen. — Diese Hürde muß überwunden werden. Hier müssen neue Wege gegangen werden. Hier ist ein Appell an Politik, Verwaltung, Industrie und Forschung zu richten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Müller [Schweinfurt] [SPD]: Flächenstillegung!)




    Niegel
    Ich darf insbesondere noch die Industrie ansprechen. Bei diesen Wegen, die ich vorhin aufgezeigt habe — mit der Amylose, mit der Ölsäure, mit dem Flachs, mit der Leinfaser, mit dem Rapsöl — muß die Industrie mitmachen. Die deutsche Industrie profitiert von der Europäischen Gemeinschaft. 60 % ihrer Exporte gehen in die EG. Die Gegenleistung zur Landwirtschaft seitens der Industrie ist gleich null. Hier könnte sie einen Ausgleich bilden und sagen: Das gehört zur Vervollständigung des Jahrhundertvertrags oder zum Solidarbeitrag mit hinein, daß die Industrie, die von der EG profitiert, hier ihren Beitrag leistet, diese Produkte, die Non-Food-Produkte, für sich abnimmt und auch für die Treibstoffe usw. eine Möglichkeit findet. Das ist ein Weg, meine Damen und Herren, den man vorschlagen und den man gehen kann, gehen muß,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    der aber natürlich weiter erörtert werden muß.
    Ich habe in den letzten anderthalb Jahren einen halben Zentner Literatur gewälzt. Ich kann Ihnen sagen, auf dem Hof von Baron Rotenhahn in Ebelsbach bei Bamberg läuft dieser Schlepper, in Niederbayern wird das Umesterungsprogramm programmiert, und auch die Züchtung und Vermehrung der Euphorbia Lathy-ris muß unterstützt werden. Dann könnten wir unseren Bauern wieder eine Chance geben. Dann bräuchten wir nicht nur agrarpolitische Krisen zu verwalten.
    Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Adler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Brigitte Adler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte zum Agrarbericht gibt Gelegenheit, über die Situation der Landwirte in der Bundesrepublik zu sprechen. Die ökonomische Seite wird dabei sehr betont. Strukturen werden erkennbar, wenn man zwischen dem Gesagten genau hinhört, um die Zukunft der Bauernfamilien darin zu erkennen. Der Minister lobt natürlich seinen Bericht, während Kollegen der CDU/CSU wohl Probleme haben, zwischen Lob und Tadel gut abzuwägen; denn die letzten Verhandlungen in Brüssel haben gezeigt, daß Preissenkungen ins Haus stehen, ohne daß flankierende Maßnahmen vorgeschlagen werden, die dem Konzentrationsprozeß, der eben auch in der Landwirtschaft vorhanden ist, entgegenwirken.
    Ihr Flächenstillegungsprogramm wird ein Flop werden, da verbindliche Rahmenbedingungen bei den EG-Partnern nicht durchzusetzen waren. 160 Millionen Tonnen Getreide — mit links füllen die anderen die Lager voll, wenn deutsche Bauern aufgrund des Programms weniger liefern.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Richtig! So ist es!)

    Weniger — das neue Modewort — Produkte zu Marktordnungspreisen abliefern ist der Wunsch, das Wie wird hintangestellt.

    (Zuruf von der SPD: So ist das!)

    Unser Vorschlag, nicht den Weg der Intensivierung zu gehen, kommt in Ihrem Gesetzentwurf zum Glück auch vor. Weideland und Körnernutzung werden als Möglichkeiten genannt. Dabei wird den Linsen, den Wicken und vor allem den Kichererbsen der Vorzug gegeben.

    (Zuruf von der SPD: Kichererbsen, das ist gut!)

    Es wäre zum Kichern, wenn das Ganze nicht so ernst wäre. Extensivierung zu nutzen, um eine ökologisch verträgliche Landwirtschaft zu fördern — auf den Gedanken kommen Sie nicht. Die Verflechtung mit den Wirtschaftsinteressen der vorgehenden und nachfolgenden Industrien ist zu klar erkennbar.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Richtig!)

    So werden dann die nachwachsenden Rohstoffe zum Rettungsanker Ihrer Politik. Jeder hier im Haus aber weiß, daß damit die Strukturprobleme nicht gelöst werden. Die nachwachsenden Rohstoffe als Allheilmittel scheiden aus. Dennoch bestünden Möglichkeiten einer naturbelassenen Rohstoffsicherung für die Industrie. Diesen Weg gilt es konsequent zu gehen, um Rohstoffe z. B. auf Erdölbasis abzulösen, damit auch Abhängigkeiten von Ausfuhren — für Sie sonst ein wichtiger Punkt — vermindert werden.
    Der Hauptgrund aber sind die Verarbeitungs-, Verbrauchs- und Beseitigungsmöglichkeiten, die weniger Gefahren für uns Menschen mit sich bringen. Die Tragtasche aus Bioplastik und nicht mehr aus Erdölprodukten, Schmieröle und Fette für landwirtschaftliche Geräte wären ebenfalls denkbar, ein Markt, der auf Hobbygärtner ausgedehnt werden könnte. Eine Anfrage von uns an die Bundesregierung will hier Aufklärung und auch Denkanstöße geben.
    Dabei spielt der Begriff der Biotechnik eine Rolle. Mit Hilfe der Wortwahl will man die Gentechnologie in der Pflanzen- und Tierzucht dahinter verschwinden lassen. Es ist richtig, daß der weitgefaßte Begriff Biotechnik erst einmal verschiedene Verfahren umfaßt, aber der Schritt hin zur Genmanipulation ist dann sehr klein.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Die Einsetzung von Arbeitsgruppen, die den Sicherheitsaspekt untersuchen sollen, ist begrüßenswert. Aber die entscheidende Frage, ob wir das alles tun sollen, was die Gentechnik an Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, wird damit aufgeworfen, aber leider nicht beantwortet.
    Der Wunsch nach Freilandversuchen mit genveränderten Mikroorganismen zeigt die Tragweite dieser Problematik. Einstimmig haben alle Fraktionen in der Enquetekommission ein Moratorium für solche Versuche vorgeschlagen. Haben die Mitglieder der CDU/ CSU-Fraktion solch ein kurzes Gedächtnis? Ich denke, daß wir hier noch einen unwahrscheinlichen Bedarf haben, miteinander zu sprechen, wie denn Gentechnik im Pflanzen- und Tierbereich aussehen kann, ob sie sich wirklich in der Weise vollziehen darf, herbizidresistente Pflanzen, Hybride und Chimären. Hier sollten wir sehr nachdenklich sein und unsere Positionen darlegen. Denn immer noch nicht bekannt sind die Auswirkungen auf die Ernährung und Ge-



    Frau Adler
    sundheit von Menschen, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Drittländer, die Folgen, die sich erst bei Anwendung in der Natur ergeben.
    Der Null-Null-Raps, eine konventionelle Züchtung auf Wunsch oder besser auf Druck der Industrie, ist das Paradebeispiel dafür. Die ökologische Vernetzung ist übersehen worden. Risikoforschung vorher hätte Aufschluß geben können. Nun sollen bestellte Gutachten die Unachtsamkeiten ausbügeln, wie ich meine, zu spät.
    2 Millionen ha in der EG beträgt die Anbaufläche für nachwachsende Rohstoffe. Biogene Rohstoffe hätten noch Zukunft auf den frei werdenden Ackerflächen. Nur, wie wird der Boden bestellt? So intensiv wie bisher? Oder läge in einer ökologisch ausgerichteten Anbauweise nicht eine Chance?
    Wie sieht es denn mit der Erhaltung der genetischen Vielfalt, um ein weiteres Stichwort des Berichtes aufzugreifen, aus? Der Bericht sagt:
    Die Erhaltung der genetischen Vielfalt insbesondere bei Pflanzen ist im Hinblick auf die dauerhafte Sicherung von Nahrungsmittelerzeugung und die Erschließung von Produktionsalternativen für die Landwirtschaft eine vordringliche langfristige Aufgabe, z. B. die Sammlung von biologischem Material und Langzeitkonservierung.
    Durch Schaden endlich klug zu werden ist hart. Müssen wir in Zukunft Biotope schaffen, um der Natur noch Spielraum und gleichzeitig Schutz zu bieten? Welch ein Widersinn! Ökonomische Interessen, Existenzsicherung stehen dagegen.
    Wie wird der Konflikt gelöst? Auf intensiv bearbeiteten gewerblichen Ackerflächen durch Marktordnungsprodukte? Der Rest wird unter Naturschutz gestellt und gepflegt oder — besser — konserviert?
    Die Wissenschaftsgläubigkeit und die ökonomischen Interessen, die Vorgaben der Industrie müssen aufgebrochen werden. Wir als Parlamentarier müssen den Mut haben, Weichen für eine ökologisch orientierte Landwirtschaft zu stellen, die dem bäuerlichen Familienbetrieb eine gesicherte Existenz verschafft. Der Teufelskreis von immer mehr Produktion mit Hilfe von Stickstoff und Agrarchemikalien muß durchbrochen werden. Genügend Anträge und Vorschläge liegen diesem Parlament vor. Aber die Grundlinie ist immer noch nicht richtig angelegt. Wursteln heißt die Devise. Sich von einer schlechten Maßnahme zur anderen hangeln ist in dieser Koalition angesagt.

    (Beifall bei der SPD) Ein weiteres Zitat aus dem Bericht:

    Land- und Forstwirtschaft sind neben ihren übrigen Aufgaben auch der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlage verpflichtet.
    Schön. Wie ernst nehmen Sie nur Ihre eigenen Worte? Oder wie steht es mit der intensiven Auseinandersetzung mit dem Sondergutachten „Umwelt in der Landwirtschaft"? Die Umsetzung fehlt bis heute. Dabei gibt es dringenden Regelungsbedarf beim Bundesnaturschutzgesetz, beim Pflanzenschutzgesetz, beim Wasserhaushaltsgesetz, beim Flurbereinigungsgesetz, bei
    der Produkthaftung, bei der Schadstoff- und Höchstmengenverordnung. Es ist also genug zu tun.
    Noch haben wir die Chance zu handeln, meine Damen und Herren. Setzen wir auf die Fähigkeit der Menschen, dies positiv zu regeln! Die Landwirte und die Verbraucher, also wir alle, werden es danken.

    (Beifall bei der SPD)