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ID1107506600

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    Plenarprotokoll 11/75 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 75. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. April 1988 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 5059 A Wahl des Abg. von der Wiesche zum Schriftführer als Nachfolger des Abg. Schreiner . 5075 D Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Auswirkungen der Vorhaben der Bundesregierung zur Strukturreform im Gesundheitswesen Hoss GRÜNE 5059 B Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 5060 C Dreßler SPD 5061 B Cronenberg (Arnsberg) FDP 5062 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 5063 C Heinemann, Minister des Landes NordrheinWestfalen 5065 C Seehofer CDU/CSU 5066 D Kirschner SPD 5067 D Dr. Thomae FDP 5068 D Frau Unruh GRÜNE 5069 D Günther CDU/CSU 5070 A Haack (Extertal) SPD 5071 A Frau Limbach CDU/CSU 5072 B Egert SPD 5073 A Wüppesahl fraktionslos 5074 B Kolb CDU/CSU 5074 D Tagesordnungspunkt 16: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Susset, Eigen, Michels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Paintner, Bredehorn, Heinrich, Frau Folz-Steinacker, Dr. Rumpf, Timm und der Fraktion der FDP zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD: Agrarbericht 1987 (11/536, 11/85, 11/86, 11/521, 11/1347) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Agrarbericht 1988 (Drucksachen 11/1760, 11/1761) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Flinner, Kreuzeder und der Fraktion DIE GRÜNEN: Flächengebundene Bestandsobergrenzen in der Tierhaltung zum Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft und der Umwelt (Drucksache 11/ 1986) d) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs einen Gesetzes über die Förderung der Sillegung landwirtschaftlicher Nutzflächen sowie der Extensivierung und Umstellung der Erzeugung (Extensivierungsgesetz) (Drucksache 11/2158) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Flinner, Kreuzeder und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einführung eines 50 %igen Beimischungszwangs von Getreide für die Mischfutterindustrie (Drucksachen 11/ 580, 11/1535 (neu) Kiechle, Bundesminister BML . . 5076C, 5105 B Oostergetelo SPD 5080 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. April 1988 Susset CDU/CSU 5083 B Frau Flinner GRÜNE 5086 A Paintner FDP 5088 B Jansen SPD 5090 B Eigen CDU/CSU 5093 A Kreuzeder GRÜNE 5095 A Bredehorn FDP 5097 A Kißlinger SPD 5099 C Niegel CDU/CSU 5101 C Frau Adler SPD 5103 B Pfuhl SPD 5104 C Zusatztagesordnungspunkt: Einspruch des Abgeordneten Thomas Wüppesahl gegen den am 21. April 1988 erteilten Ordnungsruf 5106 D Nächste Sitzung 5106 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5107* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5107* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. April 1988 5059 75. Sitzung Bonn, den 22. April 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 22. 4. Dr. Ahrens * 22. 4. Frau Beck-Oberdorf 22. 4. Dr. Biedenkopf 22. 4. Borchert 22. 4. Brandt 22. 4. Breuer 22. 4. Frau Bulmahn 22. 4. Carstens (Emstek) 22. 4. Daubertshäuser 22. 4. Dr. Dollinger 22. 4. Doss 22. 4. Ebermann 22. 4. Frau Fischer 22. 4. Gattermann 22. 4. Dr. Glotz 22. 4. Dr. Götz 22. 4. Gröbl 22. 4. Dr. Haack 22. 4. Frau Dr. Hamm-Brücher 22. 4. Dr. Hauff 22. 4. Haungs 22. 4. Heinrich 22. 4. Irmer 22. 4. Jaunich 22. 4. Kastning 22. 4. Dr. Klejdzinski 22. 4. Louven 22. 4. Neumann (Bremen) 22. 4. Regenspurger 22. 4. Reuschenbach 22. 4. Frau Schilling 22. 4. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Schmidt (Nürnberg) 22. 4. Dr. Schmude 22. 4. Dr. Schneider (Nürnberg) 22. 4. Schröer (Mülheim) 22. 4. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 22. 4. Frau Simonis 22. 4. Spilker 22. 4. Stratmann 22. 4. Frau Trenz 22. 4. Voigt (Frankfurt) 22. 4. Wartenberg (Berlin) 22. 4. Frau Wieczorek-Zeul 22. 4. Wilz 22. 4. Wischnewski 22. 4. Dr. Zimmermann 22. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/883 Nr. 26, 28 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Finanzausschuß Drucksache 11/1895 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1998 Nr. 2.1 bis 2.4 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1895 Nr. 2.36
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    Rede von Karl Eigen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Dann ist eben die Vereinbarung der Fraktionen falsch.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP — Beifall bei der SPD)

    — Ja, selbstverständlich.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was hier von den Kollegen Oostergetelo und Jansen gesagt worden ist, ist ja alles gar nicht so falsch. Die letzten Sätze vom Kollegen Jansen kann man nur unterstreichen.

    (Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Aber nur die letzten!)

    Natürlich ist es so, daß wir alle gemeinsam für die
    Landwirtschaft in dieser schweren Krise Verantwortung tragen und daß wir uns gemeinsam bemühen müssen, daraus das allerbeste, was nur möglich ist, zu machen. Nur muß man dann aber auch glaubwürdig sein. Lieber Herr Kollege Jansen, erst einmal werden unsere Bürger und Bürgerinnen in Schleswig-Holstein entscheiden, wer nach dem 8. Mai die Regierung stellt. Ich würde heute noch nicht so selbstbewußt hier auftreten: Ich werde Minister. Warten Sie einmal ab. Das kann auch noch anders kommen, besonders dann, wenn zwischen Ihren Aussagen und denen Ihres Spitzenkandidaten außerordentliche Differenzen bestehen, wie Sie wissen, z. B. im Energiebereich.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: In jedem Bereich!)

    Glaubwürdigkeit vor allen Dingen auch in der Agrarpolitik wollen unsere Bauern haben. Wenn hier vom Kollegen Oostergetelo die Finanzpolitik Dr. Stoltenbergs in bezug auf seine zögerliche Hergabe von Millionenbeträgen bemängelt wird, dann will ich dazu einmal eine Aussage des „Agrarspitzenpolitikers" der SPD, unseres Kollegen Apel, in der „Süddeutschen Zeitung" vom März vortragen:
    Milliardenrausch zugunsten der Landwirte
    Wir wären in der Steuerpolitik sicherlich vorsichtiger gewesen, und insbesondere hätte es den Milliardenrausch zugunsten der Landwirtschaft nicht gegeben.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Das ist die ganze SPD, und die muß dabei auch einkalkuliert werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und dann die Rede von Jansen!)

    Ich erinnere daran, meine Damen und Herren, wie wir im vorigen Jahr um den Erhalt der Leistungsfähigkeit der BALM rangen. Weil die EG-Kommission nicht mehr in der Lage war, die Intervention zu finanzieren, hat sich uns die SPD verweigert, aus fadenscheinigen Gründen nach dem Haushaltsrecht.

    (Pfuhl [SPD]: Gar nicht wahr!)

    In der Entschließung der SPD-Fraktion, die in Teilbereichen gar nicht so schlecht ist, steht, daß man die Landwirtschaft bei Belastungen wegen öffentlicher Maßnahmen entschädigen solle. Bei der Abstimmung hier im Deutschen Bundestag zum Wasserhaushaltsgesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, als es darum ging, die Landwirte für Belastungen durch Auflagen im Bereich Grundwasser zu entschädigen, haben Sie uns Ihre Zustimmung verweigert. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das Entscheidende: daß so abgestimmt wird, daß den Landwirten geholfen ist.

    (Müller [Schweinfurt] [SPD]: Das ist falsch!)

    Die Frage von Entschädigungen für die Landwirtschaft wird in der weiteren Gesetzgebung eine entscheidende Rolle spielen, so daß das Verhalten damals beim Wasserhaushaltsgesetz ein Präjudiz war:



    Eigen
    bei uns zugunsten der Landwirtschaft war, bei Ihnen zum Schaden der Landwirtschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Weyel [SPD]: Wer hat denn die Mehrheit in diesem Bundestag?)

    So ist die Wirklichkeit.
    Also bitte, meine herzliche Aufforderung: Handeln Sie auch so, wie Sie sprechen. Dann sind wir sehr wohl zur Kooperation bereit.
    Im Wirtschaftsjahr 1986/87, das dem Agrarbericht 1988 zugrunde liegt, hat die Landwirtschaft noch ein relativ gutes Jahr gehabt, wenn es auch real gegenüber 1975/76 schon zu einem Einbruch von rund 30 gekommen ist und wenn auch etwa 35 % der Landwirte trotz dieses relativ guten Ergebnisses schon Vermögensverluste gehabt haben. Zu der Statistik der Europäischen Gemeinschaft für 1987 — da spielt die Ernte 1987 nämlich schon die entscheidende Rolle — heißt es ganz nüchtern: Die Einkommen in der deutschen Landwirtschaft werden um 16,3 % zurückgehen. Andere Landwirte, z. B. in Irland, verzeichnen einen Zuwachs von 13,4 %. Hier gibt es ein Problem, das immer wieder zu Lasten der deutschen Landwirtschaft geht: daß wir noch keine Währungsunion haben. Wir dürfen die EG nicht schelten, daß wir auf den Binnenmarkt zugehen, sondern wir müssen im Gegenteil alles dazu tun, daß wir schneller zu einer weiTen Integration kommen, damit es eben keine Aufvertung mehr gibt. Ich sage hier in diesem Hohen Hause ganz deutlich: Weitere Aufwertungen der D-Mark innerhalb des Europäischen Währungssystems kann die deutsche Landwirtschaft nicht mehr verkraften. Es muß also politisch alles getan werden — und das ist meine Bitte an die Bundesregierung — , Aufwertungen zu vermeiden oder sicherzustellen, daß bei Aufwertungen die Probleme der Landwirtschaft sofort und erschöpfend berücksichtigt werden.

    (Müller [Schweinfurt] [SPD]: Dann müssen Sie eine andere Wirtschaftspolitik betreiben!)

    Es gibt überhaupt keinen Zweifel, meine Damen und Herren — Kollege Paintner hat das in der ihm eigenen freundlichen Art hier dargelegt — : Die Bundesregierung hat am 13. Februar um 1 Uhr nachts im Rahmen ihrer Präsidentschaft einen Beschluß in der Europäischen Gemeinschaft durchgesetzt, der eine Wende in der Agrarpolitik bedeutet. Wir sollten jetzt nicht daran herumklittern, ob das so oder so gemacht werden sollte. Helfen Sie uns mit Ihrem Sachverstand — alle Parteien — , damit wir die Regelungen für Flächenstillegungen, Produktionsaufgaberente usw. so fassen, daß sie für die Bauern vernünftig sind, daß sie aber vor allen Dingen gewährleisten, daß die Produktion in Zukunft 160 Millionen t Getreide und 4,5 Millionen t Raps nicht überschreitet, weil das weitere Preissenkungen brächte. Gleichzeitig sollten die Maßnahmen ökologisch wertvoll sein. Das kann man nämlich wohl miteinander kombinieren, wenn man es in der richtigen Weise durchführt.
    Wir Bauern sind doch die Umweltschützer Nummer eins, und wir wollen Flächenstillegungen, Umwidmungen natürlich in ökologisch vernünftiger Weise vornehmen.
    Ich stelle also hier in aller Deutlichkeit fest: Bundeskanzler Dr. Kohl, Bundesaußenminister Genscher, I wie ich gerne hinzufügen will, unser Finanzminister Dr. Stoltenberg, besonders aber Ernährungsminister Kiechle und sein Staatssekretär Kittel, denen die Vorbereitung oblag, haben zwischen dem schlechten Gipfel in Kopenhagen und dem besseren Gipfel in Brüssel — ich sage nicht „guten", weil auch er noch Verluste für die Landwirtschaft mit sich gebracht hat — Wesentliches, eine Wende in der Politik, erreicht. Sie haben erreicht, daß endlich der Weg der Vernunft beschritten wird, mit dem wir in der Lage sind, die Milchprobleme zu lösen und die Butterberge abzubauen. Einen Magermilchpulverberg gibt es überhaupt nicht mehr. Der Butterberg ist an der Grenze dessen, was wir noch für die Versorgung der Bevölkerung brauchen. Wir haben hier also Lösungen durchgesetzt. Jetzt sind wir auch bei Getreide und bei Raps auf dem Wege der Vernunft, dem Weg zu besseren Regelungen beim Ackerbau, beim Pflanzenbau.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, natürlich müssen diese Maßnahmen EG-weit durchgeführt werden. Meine Bitte an die Bundesregierung ist, in den Agrarverhandlungen sicherzustellen, daß alle Länder nicht nur Angebote, sondern differenzierte Angebote entsprechend der Ertragskraft der Böden machen müssen, damit die Bauern in den anderen Ländern diese Maßnahmen auch annehmen.
    Ich bin selbst dann für die Flächenstillegung — ich sage das hier etwas ungeschützt — , wenn es dazu kommen sollte, daß wir wegen der besseren Administration in Deutschland eher zu durchgreifenden Maßnahmen kämen und die anderen sozusagen erst durch uns in Zugzwang gerieten. Ich bin deshalb dafür, weil es zu diesen neuen Maßnahmen keine Alternative gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dabei darf nicht vergessen werden, meine Damen und Herren, daß auf dem Gipfel noch mehr beschlossen worden ist. Es ist nämlich auch beschlossen worden, daß sich die Kommission in den GATT-Beratungen um die Getreidesubstitute kümmern soll. Es ist beschlossen worden, daß mehr Getreide verfüttert werden soll. Es ist beschlossen worden, daß der Weg in Richtung auf nachwachsende Rohstoffe als zweiter Absatzweg geöffnet werden muß. Da befinden wir uns in entscheidendem Gegensatz zu der Fraktion der GRÜNEN, die diesen zweiten Absatzweg — nachwachsende Rohstoffe — nicht will. Ich sage in aller Deutlichkeit: Die einzige Zukunftsperspektive für unsere Landwirtschaft ist dieser zweite Absatzweg. Wir als Politiker haben die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, alles zu tun, um das, was in zehn, zwanzig Jahren sowieso kommen wird, zu beschleunigen, damit wir die Landwirtschaft schneller aus der Krise, in der sie steckt, herausführen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zu dieser Politik gibt es keine Alternative. Ich bin
    dankbar, daß wir schon im Mai im Ernährungsausschuß eine Anhörung haben werden, wie man Ver-



    Eigen
    packungsmaterial aus Erdöl durch Verpackungsmaterial aus Stärke ersetzen kann.
    Ich muß zum Schluß kommen. Ich möchte nur noch, weil natürlich die Beschlüsse von Brüssel und die klassische Landwirtschaft im Zentrum der Auseinandersetzung stehen, sagen, daß Gartenbau, Fischerei und Forstwirtschaft natürlich in unsere Arbeit, unsere Überlegungen, unsere Fürsorge eingeschlossen sind. Ich möchte zum Schluß eines noch einmal feststellen, daß wir bei dieser Debatte nicht vergessen dürfen: Unsere bäuerlichen Familien, unsere Landwirte, wollen mit ihrer fleißigen Arbeit ihr Einkommen verdienen, das mit dem Einkommen der Bürger anderer Berufszweige vergleichbar sein soll. Sie wollen keine Dauersubvention. Deswegen müssen diese neuen Maßnahmen in Brüssel dazu führen, daß die Märkte in Ordnung gebracht werden und damit wieder gewisse Preisverbesserungen möglich sind, damit bei einem besseren Preis-Kosten-Verhältnis wieder eine konstruktive, den bäuerlichen Menschen und den Menschen im ländlichen Raum dienende Agrarpolitik und Agrarwirtschaft möglich sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Kreuzeder.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Matthias Kreuzeder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Zuhörer! In zwei Dingen gebe ich Herrn Eigen recht: Es ist eine Schande für die Republik, wenn über Lebensgrundlagen, sprich: Landwirtschaft, Nahrung, Boden, im Parlament erst am auslaufenden Ende der Woche geredet wird.

    (Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Ihr habt doch die Aktuelle Stunde beantragt!)

    — Über Landwirtschaft müßten wir zur Zeit tagelang reden, nicht bloß drei Stunden.

    (Niegel [CDU/CSU]: Ihr habe doch die Aktuelle Stunde beantragt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ruhe auf den billigen Plätzen, jetzt rede ich. (Heiterkeit)

    Der zweite Punkt, in dem ich Herrn Eigen recht gebe: Es ist nach wie vor so, daß die SPD keine Ahnung von der Landwirtschaft hat. Die SPD hat einen historischen Fehler gemacht. Sie setzt sich nach wie vor dafür ein, daß die Arbeitszeit der Menschen in der Rüstungsproduktion bezahlt wird, in der Landwirtschaft dagegen will man staatliche Almosen. Da gebe ich Ihnen recht.
    Zum dritten Punkt, zur CDU/CSU. Jetzt seid ihr dran. Angeblich hat die CDU/CSU etwas vor, um die bäuerliche Landwirtschaft zu retten, wie sie es bei jeder Wahlversammlung kundtut. Ich denke da an Kohl und Kiechle: Die Erhaltung der bäuerlichen Landwirtschaft ist oberstes Gebot. — Gemessen daran, klingt das, was jetzt kommen soll, das sogenannte Extensivierungsprogramm, das Stillegungsprogramm, wie ein Faschingsscherz. Man kann freiweg sagen: Kiechle alaaf!

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Es heißt: Zur Erhaltung der bäuerlichen Landwirtschaft wollen wir die Flächen stillegen. — Da lachen ja die Hühner.

    (Eigen [CDU/CSU]: Aber ein Extensivierungsprogramm würde doch genau Ihrer Politik entsprechen!)

    — Herr Eigen, verstehen Sie nicht die Dimension? Sie können doch nicht Lebensgrundlagen stillegen. Jede vierte Mark in dieser Republik wird für Lebensvernichtung, für Rüstung, ausgegeben, und Sie vernichten Arbeitsplätze mit einem Programm, um Lebensgrundlagen stillzulegen. Lassen wir also den Krampf.
    Selbst der Titel des sogenannten Extensivierungsprogramms ist ein Etikettenschwindel. Es gibt kein Extensivierungsprogramm. Es gibt auch kein Existenzerhaltungsprogramm. Was Sie wollen, ist ein Herauskaufprogramm für über zwei Milliarden DM, um den durchschnittlichen 17-Hektar-Betrieb der bäuerlichen Landwirtschaft zu ruinieren. Nichts anderes wollen Sie. Die sogenannte EG-Verordnung, die zu dem Extensivierungsgesetz führen sollte, die Verordnung 1760/87, hatte ursprünglich vor, die Bauernfamilien europaweit für flächendeckend weniger Produktion besser zu bezahlen, die Natur zu schützen, die Zahl der Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und die Intensität zurückzuführen. Und was machen Sie daraus? Warum machen Sie es nicht so wie Dänemark? Dänemark gibt in den nächsten Jahren über 20 Millionen Kronen pro Jahr für Umstellung auf biologischen Landbau aus.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Und was machen Sie? Sie wollen 20 % der Überkapazität durch Flächenstillegungen reduzieren.
    Neulich waren wir im Landwirtschaftsministerium. Da sagte der Referent: Amerika hat 18 Millionen ha stillgelegt, 6 Millionen ha mehr, als unser Land Agrarfläche hat. Den Erfolg dieses Programms kennen wir inzwischen: Amerika hat noch nie soviel Überschuß produziert wie zur Zeit, und wöchentlich werden 2 000 Farmen versteigert.

    (Glos [CDU/CSU]: So ein Schmarrn! — Dann wären schon alle versteigert!)

    Das schlimmste an dem Programm ist: Die bäuerlichen Vertreter — es ist ha wunderbar, daß der Herr Heereman wieder als bäuerlicher Vertreter dasitzt — treten natürlich außerdem dafür ein, daß die freiwerdenden Flächen von aufstockungswilligen Betrieben übernommen werden können.

    (Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Wer soll sie denn sonst übernehmen?)

    Wie wollen Sie Überschüsse reduzieren, wenn diese Flächen in die Produktion übernommen werden, wie denn?
    Herr Heereman, es gibt ein wunderbares Wortspiel, und da passen Sie wunderbar hinein: Cathmann, Pohlmann, Heereman, immer „Mann".

    (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

    Das sogenante Extensivierungsgesetz ist erstens nicht geeignet, die Überschüsse zu reduzieren, und zweitens schon gar nicht geeignet, die bäuerliche



    Kreuzeder
    Landwirtschaft zu retten. Sie wollen jährlich mit 790 Millionen DM neue Arbeitsplätze für 50 000 Arbeitslose schaffen. Die Bauern und Bäuerinnen sind aber — da sollten die Zuhörer besonders gut aufpassen — in Zukunft die neuen Arbeitslosen in dieser Gesellschaft.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Für den Jäger '90 habt ihr 20 Milliarden Mark übrig, für die Verkabelung der Gesellschaft wird das Geld hinausgeschmissen, aber für die Erhaltung der Lebensgrundlage ist nichts da.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Quatsch!)

    Es gibt einen Ausspruch von Georg Eisenberger, seines Zeichens Reichstagsabgeordneter von 1920 bis 1932, Bauer in Ruhpolding, in meiner Nachbargemeinde. Er hat damals schon gesagt: Die hohen Herren haben Milliarden übrig und schmeißen diese Milliarden in den Rachen des Militarismus. — Nach wie vor ist es in dieser Republik so.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Das ist doch dummes Zeug!)

    — Ich sage Ihnen, was das dumme Zeug ist. Es gibt in diesem Lande einen Begriff, der heißt „natürlicher Strukturwandel" . Natürlicher Strukturwandel, so nennt man das Abmurksen der Bauernfamilien.

    (Zuruf des Abg. Bohl [CDU/CSU])

    — Herr Seiters, seien Sie still, Sie haben sowieso keine Ahnung von der Landwirtschaft!

    (Zustimmung der Abg. Frau Dr. Vollmer [GRÜNE] — Zuruf von der CDU/CSU: Seiters ist doch gar nicht da! Sie kennen noch nicht einmal den Namen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Heißt er anders? Es ist auch nicht so wichtig, wie die Abgeordneten heißen. Wichtig ist, daß sie aufpassen, wenn sie endlich einmal etwas hören, was richtig ist.
    Es gibt also den Begriff „natürlicher bäuerlicher Strukturwandel". Das ist ungefähr so wie bei den Menschen, die in den letzten beiden Kriegen nach einem Bauchschuß fünf Stunden haben schreien müssen, bis sie sterben konnten. Da sagt man nicht, wie ich es tue, daß sie furchtbare Schmerzen gehabt haben, bis sie haben sterben können, sondern sagt, sie seien „gefallen" . Zu dem, was Sie mit den Bauernfamilien machen, zum Abmurksen von sicheren selbständigen Existenzen, sagt man „natürlicher Strukturwandel".

    (Zurufe von der CDU/CSU: Was Sie sagen, ist saudumm! — Unverschämt!)

    Das ist die Sprache dieser Regierung, die Sprache der Verharmlosung. Gehen Sie einmal hinaus auf die Dörfer, da werden Ihnen die Bauern etwas anderes erzählen.

    (Fellner [CDU/CSU]: Also, wir können uns da noch schauen lassen — im Gegensatz zu dir!)

    Noch etwas ist wichtig, und diese Dimension wird in der Agrarpolitik überhaupt nicht diskutiert. Herr Eigen, passen Sie auf:

    (Eigen [CDU/CSU]: Ich passe immer auf!)

    Was passiert, wenn das so weitergeht? 26 000 Betriebe voriges Jahr, heuer werden es 50 000 sein. Den Menschen, die jetzt aus der Landwirtschaft ausscheiden, werden eines Tages der Krupp und der Flick, werden Unilever und Nestlé einen Wecker stellen, wenn sie in der Früh' aufstehen. Noch sind sie in der Lage, selbständige Arbeit zu leisten, noch sind sie in der Lage, ihre eigene Produktionsgrundlage zu besitzen, und das ist eines der Fundamente von Demokratie,

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    daß ich bestimmen kann, wann, was und wo ich arbeite. Genau dies geht mit dieser Agrarpolitik flöten, und das sollten wir endlich begreifen.
    Was gibt es zu dem sogenannten Extensivierungsprogramm noch zu sagen?

    (Eigen [CDU/CSU]: Eigentlich nichts!)

    Vordergründig wird den Leuten weisgemacht, es wäre ein Schutz der Natur, wenn wir dieses Programm einführten.

    (Eigen [CDU/CSU]: Den kann man doch einbauen!)

    Es gibt einen Hubert Weinzierl, es gibt einen Hubert Weiger, das sind Spezialisten auf ökologischem Gebiet.

    (Eigen [CDU/CSU]: Meinen Sie! — Fellner [CDU/CSU]: Der eine beim Sandgrubenausbeuten!)

    Wenn die den Begriff „Flächenstillegung" hören, sagen sie: Es ist ein trojanisches Pferd für den Naturschutz, Flächen stillzulegen, nichts anderes.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN — Eigen [CDU/CSU]: Da sieht man, daß sie überhaupt keinen Sachverstand haben!)

    Nichts anderes!

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Und um Sie zu erinnern, damit Sie mich nicht als Chaoten einstufen, sondern als einen Menschen, der auf dem Boden des Gesetzes steht:

    (Fellner [CDU/CSU]: Nicht so direkt!)

    In Art. 153 der Verfassung des Freistaates Bayern heißt es:
    Der Aufstieg tüchtiger Kräfte aus nichtselbständiger Arbeit zu selbständigen Existenzen ist zu fördern.
    In demselben Artikel steht:
    Die selbständigen Kleinbetriebe und Mittelstandsbetriebe in Landwirtschaft ... sind in der Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und gegen Überlastung und Aufsaugung zu schützen.
    Und Sie wollen diese kleinen und mittleren Betriebe stillegen.



    Kreuzeder
    Wenn das passiert und wenn die Bauern und Bäuerinnen nicht merken, was für ein Wahnsinn die bundesdeutsche Agrarpolitik ist,

    (Eigen [CDU/CSU]: Stillegung?) dann Bfiadigod, armes Deutschland!