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    Plenarprotokoll 11/75 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 75. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. April 1988 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 5059 A Wahl des Abg. von der Wiesche zum Schriftführer als Nachfolger des Abg. Schreiner . 5075 D Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Auswirkungen der Vorhaben der Bundesregierung zur Strukturreform im Gesundheitswesen Hoss GRÜNE 5059 B Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 5060 C Dreßler SPD 5061 B Cronenberg (Arnsberg) FDP 5062 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 5063 C Heinemann, Minister des Landes NordrheinWestfalen 5065 C Seehofer CDU/CSU 5066 D Kirschner SPD 5067 D Dr. Thomae FDP 5068 D Frau Unruh GRÜNE 5069 D Günther CDU/CSU 5070 A Haack (Extertal) SPD 5071 A Frau Limbach CDU/CSU 5072 B Egert SPD 5073 A Wüppesahl fraktionslos 5074 B Kolb CDU/CSU 5074 D Tagesordnungspunkt 16: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Susset, Eigen, Michels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Paintner, Bredehorn, Heinrich, Frau Folz-Steinacker, Dr. Rumpf, Timm und der Fraktion der FDP zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD: Agrarbericht 1987 (11/536, 11/85, 11/86, 11/521, 11/1347) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Agrarbericht 1988 (Drucksachen 11/1760, 11/1761) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Flinner, Kreuzeder und der Fraktion DIE GRÜNEN: Flächengebundene Bestandsobergrenzen in der Tierhaltung zum Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft und der Umwelt (Drucksache 11/ 1986) d) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs einen Gesetzes über die Förderung der Sillegung landwirtschaftlicher Nutzflächen sowie der Extensivierung und Umstellung der Erzeugung (Extensivierungsgesetz) (Drucksache 11/2158) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Flinner, Kreuzeder und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einführung eines 50 %igen Beimischungszwangs von Getreide für die Mischfutterindustrie (Drucksachen 11/ 580, 11/1535 (neu) Kiechle, Bundesminister BML . . 5076C, 5105 B Oostergetelo SPD 5080 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. April 1988 Susset CDU/CSU 5083 B Frau Flinner GRÜNE 5086 A Paintner FDP 5088 B Jansen SPD 5090 B Eigen CDU/CSU 5093 A Kreuzeder GRÜNE 5095 A Bredehorn FDP 5097 A Kißlinger SPD 5099 C Niegel CDU/CSU 5101 C Frau Adler SPD 5103 B Pfuhl SPD 5104 C Zusatztagesordnungspunkt: Einspruch des Abgeordneten Thomas Wüppesahl gegen den am 21. April 1988 erteilten Ordnungsruf 5106 D Nächste Sitzung 5106 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5107* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5107* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. April 1988 5059 75. Sitzung Bonn, den 22. April 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 22. 4. Dr. Ahrens * 22. 4. Frau Beck-Oberdorf 22. 4. Dr. Biedenkopf 22. 4. Borchert 22. 4. Brandt 22. 4. Breuer 22. 4. Frau Bulmahn 22. 4. Carstens (Emstek) 22. 4. Daubertshäuser 22. 4. Dr. Dollinger 22. 4. Doss 22. 4. Ebermann 22. 4. Frau Fischer 22. 4. Gattermann 22. 4. Dr. Glotz 22. 4. Dr. Götz 22. 4. Gröbl 22. 4. Dr. Haack 22. 4. Frau Dr. Hamm-Brücher 22. 4. Dr. Hauff 22. 4. Haungs 22. 4. Heinrich 22. 4. Irmer 22. 4. Jaunich 22. 4. Kastning 22. 4. Dr. Klejdzinski 22. 4. Louven 22. 4. Neumann (Bremen) 22. 4. Regenspurger 22. 4. Reuschenbach 22. 4. Frau Schilling 22. 4. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Schmidt (Nürnberg) 22. 4. Dr. Schmude 22. 4. Dr. Schneider (Nürnberg) 22. 4. Schröer (Mülheim) 22. 4. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 22. 4. Frau Simonis 22. 4. Spilker 22. 4. Stratmann 22. 4. Frau Trenz 22. 4. Voigt (Frankfurt) 22. 4. Wartenberg (Berlin) 22. 4. Frau Wieczorek-Zeul 22. 4. Wilz 22. 4. Wischnewski 22. 4. Dr. Zimmermann 22. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/883 Nr. 26, 28 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Finanzausschuß Drucksache 11/1895 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1998 Nr. 2.1 bis 2.4 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1895 Nr. 2.36
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dieter-Julius Cronenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit Verlaub, ein so komplexes Thema wie die Strukturreform im Gesundheitswesen in Form einer Aktuellen Stunde abwickeln zu wollen halte ich für abenteuerlich. Im
    Grunde genommen kann man in Beiträgen von fünf Minuten nicht über strukturelle Veränderungen, die einen wesentlichen Teil unserer Gesellschaft betreffen, debattieren.
    Es handelt sich, verehrte Kolleginnen und Kollegen, immer um dieselbe Grundfrage, die wir gestern bei der Steuerreform und auch im Zusammenhang mit der Finanzierung der Arbeitslosenversicherung diskutiert haben,

    (Hoss [GRÜNE]: Da haben Sie recht!)

    die Frage nämlich: Wie viele von den sauer verdienten Groschen der Bürger darf der Staat, darf die Sozialversicherung kassieren? Was sind die Aufgaben des einzelnen? Was muß der Staat, was muß die Solidargemeinschaft der Versicherten übernehmen? Da gibt es prinzipielle Unterschiede zwischen uns, die nicht zu leugnen sind.
    Wir wollen, daß die Bürger so wenig wie möglich an Beiträgen zahlen. Wir wollen, daß den Bürgern das Geld möglichst in der Tasche bleibt, weil wir überzeugt sind, daß es da besser aufgehoben ist als beim Finanzamt, bei der AOK oder bei anderen Institutionen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Steinhauer [SPD]: Oder bei der Pharmaindustrie!)

    Sie meinen, eine Steuerentlastung sei ein Geschenk des Staates an die Bürger. Wir meinen, der Staat, die Sozialversicherung, eine Pflichtversicherung, müssen sich immer bewußt sein, daß sie das sauer verdiente Geld der Bürger ausgeben. Das ist der große Unterschied.
    Es gibt noch eine weitere Paralelle zur gestrigen Diskussion: Alternativen haben Sie nicht. Sie versprechen, Sie wollten sie demnächst beschließen. Aber ernsthaft damit auseinandersetzen kann man sich nicht.
    Verehrter Kollege Dreßler, Herr AfA-Vorsitzender,

    (Dreßler [SPD]: Hier!)

    machen Sie sich einmal bewußt, daß von 54 000 DM Bruttojahresverdienst schon 20 000 DM — ohne Berufsgenossenschaftsbeiträge — an die Sozialversicherung abgeführt werden. Von 1 DM sauer verdientem Bruttolohn, die 1,80 Kosten im Unternehmen auslöst, bekommt der Arbeitnehmer nur 60 oder 62 Pfennig, je nach Steuerbelastung, ausgezahlt. Da beschweren Sie sich, daß wir zuviel entlasten wollen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dreßler [SPD]: Sie wollen ihnen noch mehr abnehmen!)

    Wir sagen ja zu einer Pflichtversicherung, aber wir definieren die Aufgaben neu. Wir möchten mehr Vorsorge durch die gesetzliche Krankenversicherung finanziert sehen, um Krankheiten zu vermeiden,

    (Dreßler [SPD]: Herr Kollege, das ist linke Tasche, rechte Tasche!)

    nicht reparieren, sondern heilen. Wenn Sie meinen,
    die Vorlage wäre keine Strukturreform, dann fragen
    Sie einmal diejenigen die sich mit der Problematik



    Cronenberg (Arnsberg)

    ernsthaft auseinandersetzen, z. B. dort wo Kostenerstattung eingeführt wird. Man mag die Kostenerstattung ja ablehnen, aber eine strukturelle Veränderung ist dies bestimmt. Wir definieren neu, was die Aufgabe der Versicherung ist, was sie bezahlen muß. Wir sagen mit den Festbeträgen nicht mehr und nicht weniger,

    (Dreßler [SPD]: Es sind keine Festbeträge! Ein Zuschußmodell!)

    als daß die gesetzliche Krankenversicherung in Vertretung der Interessen der Versicherten und der Beitragszahler die Höhe dessen definiert, was die Kasse zu erstatten hat. Mir hat kein Mensch bisher klarmachen können, daß die Solidargemeinschaft der Versicherten bei vergleichbaren Produkten das teurere Produkt bezahlen muß, wenn sie es billiger haben kann. Das leuchtet mir bei Gott nicht ein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Deswegen habe ich gesagt: Überall da, wo die Produkte vergleichbar sind, hat die Versicherung nicht mehr zu bezahlen als das, was preiswert angeboten wird.

    (Egert [SPD]: Sagen Sie einmal etwas zu den Hörgeräten! Sie machen doch das Volk dumm!)

    — Ich mache nicht das Volk dumm, sondern Sie verdummen das Volk, Herr Kollege Egert. Das ist die Situation und der Unterschied.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Egert [SPD]: Sagen Sie einmal einen Satz zu den Hörgeräten!)

    Meine Damen und Herren, ich weiß und leugne nicht, daß manche der Maßnahmen unpopulär sind; das ist nicht zu bestreiten. Aber es kommt nicht darauf an, Populäres zu tun, sondern es kommt darauf an, Richtiges und Notwendiges zu tun.

    (Egert [SPD]: Sie machen Falsches!)

    Sie können sich darauf verlassen, daß wir uns bemühen werden, im Interesse der Versicherten, im Interesse eines freiheitlichen Gesundheitssystems mit freier Arztwahl und Therapiefreiheit und auch im Interesse derjenigen, die im Gesundheitswesen beschäftigt sind,

    (Dreßler [SPD]: Im Interesse der FDP!)

    eine Strukturreform vorzulegen, die die notwendigen Leistungen ermöglicht,

    (Bindig [SPD]: Im Interesse der Zahnärzte!)

    aber auch mit materiellen Anreizen vernünftige Verhaltensweisen sowohl bei den Versicherten wie bei denjenigen, die Leistungen in diesem System erbringen, bewirkt.
    Wir laden Sie ein, sich mit uns über diese Dinge sachlich auseinanderzusetzen. Aber ich habe auch die Bitte: Verzichten Sie auf üble Polemiken, wie wir sie in den letzten Tagen erleben mußten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Herr Dr. Blüm.

(Dreßler [SPD]: Der Verlierer! — Egert [SPD]: Verlierer! — Weiterer Zuruf von der SPD: Jetzt sind wir gespannt!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Oft angezweifelt, mehrfach in Frage gestellt, und jetzt kommt sie: die Gesundheitsreform.

    (Frau Steinhauer [SPD]: Ich lach mich kaputt!)

    Die Opposition staunt und schimpft, die Koalition handelt — das ist das Kontrastprogramm.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) „Abkassieren bei den Versicherten"?


    (Dreßler [SPD]: Das machen Sie!)

    Sagen Sie mir einmal, warum die Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Taxifahrer und Pharmaindustrie protestieren? „Die Oberen schonen" ? Sind die Pflegebedürftigen die Oberen? 6 Milliarden DM geben wir für die Ärmsten, für die Pflegebedürftigen aus.

    (Egert [SPD]: 800 Millionen!)

    Sind das die Oberen? Ist Ihre Optik schon so verdorben, daß Sie nicht merken, wem wir helfen?

    (Hoss [GRÜNE]: Sind Taxifahrer die Oberen?)

    Keine Mark, die wir sparen, geht den Versicherten verloren. Entweder erhalten sie sie als Beitragszahler oder als Patienten zurück. Wir sparen und handeln für die Versicherten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Entweder erhalten sie das eingesparte Geld als Beitragssenkung, oder sie erhalten es als neue Leistung, nämlich für die Pflegebedürftigen, für die Vorsorge. Wir sparen nicht für uns, wir sparen nicht für den Staat; wir sparen für die Versicherten.
    Wir müssen sparen. Das Gesundheitssystem platzt aus allen Nähten. Dreimal so schnell wie die Löhne sind die Ausgaben der Krankenversicherung seit 1960 gestiegen. Wenn wir nicht haltmachen — 13 Jahre hatten Sie doch gar keinen Mut; Sie hätten doch haltmachen können —,

    (Widerspruch bei der SPD)

    würden die Beiträge die Löhne auffressen, die Arbeitsplätze vernichten. Insofern ist das, was wir machen, Lebensrettung für die Solidarität.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Egert [SPD]: Sprüchemacher!)

    Es stimmt auch nicht — auch das sei gegenüber der Öffentlichkeit gesagt — : Je mehr Geld ausgegeben wird, um so mehr Gesundheit. — Das ist, finde ich, eine banale Formel. 1960 haben wir 1 Milliarde DM für Arzneimittel ausgegeben, jetzt geben wir 19 Milliarden DM aus. Will jemand behaupten, die Gesundheit wäre um das Neunzehnfache gestiegen, weil wir 19mal mehr Geld für Arzneimittel ausgeben?

    (Egert [SPD]: Das ist ja nicht zu glauben!)




    Bundesminister Dr. Blüm
    1970 haben wir für Krankenfahrten 180 Millionen DM ausgegeben, heute geben wir 1,6 Milliarden DM aus. Will jemand behaupten, damals hätte es weniger Gehbehinderte oder mehr Autos als heute gegeben? Nein, wir sparen, weil es in diesem System Verschwendung und Überversorgung gibt. Wir bauen die Überversorgung ab, um Mangel zu beseitigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Unsere Krankenversicherung leidet an der Gefahr, daß sie zur großen Melkmaschine wird. Jeder bedient sich, nicht nur die Versicherten, auch die Anbieter. Jeder Preis kann gefordert werden, jeder wird bezahlt. Wir sind die Verwalter des Gemeinwohls. Das Geld, das ausgegeben wird, muß zweimal umgedreht werden, bevor es ausgegeben wird, damit wir das Geld für die wirklich Kranken haben. Denen muß geholfen werden. Ich versichere Ihnen: Wer krank ist, dem wird geholfen. Die Krankenversicherung ist für die Kranken da. Wir können der Ausuferung der Gesundheitswünsche nicht tatenlos zusehen, weil uns sonst das Geld fehlen würde, um das Notwendige zu bezahlen.

    (Zuruf von der SPD: Adam Riese, Herr Minister!)

    Insofern bin ich ganz ruhig: Viele Mitbürger haben das längst eingesehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dreßler noch nicht!)

    Man braucht überhaupt nicht zu glauben, die Funktionäre würden immer die Meinung des Volkes wiedergeben. Das halte ich für einen großen Irrtum. In diesen Tagen erhalte ich Tausende von Briefen, in denen es heißt: Standhalten! Laß dich nicht verrückt machen von den Lobbyisten und von den Funktionären! —

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Deswegen schreien Sie ja so. Die Bürger sind viel klüger als die Funktionäre und die Lobbyisten.

    (Hoss [GRÜNE]: Sind Sie Funktionär?)

    Und das Originellste, meine Damen und Herren — —

    (Zuruf von der SPD: Ist der Blüm!)

    — Ich bedanke mich für den Vorschuß. Wollen wir das zu Protokoll nehmen? — Meine Damen und Herren, das Originellste dieser Reform ist in der Tat der Festbetrag. Das ist neu.

    (Zuruf von der SPD: Das ist das Originellste! So hat noch keiner das gemacht!)

    Sie sagen, das wäre keine Gesundheitsreform. Wenn nicht auf den ausgetretenen Pfaden Ihrer alten Klamotten etwas vorgelegt wird, glauben Sie, es wäre keine Reform. Der Festbetrag ist originell, das ist neu, und es verbindet auf originelle Weise Solidarität und Wettbewerb, denn solidarisch wird das Notwendige abgesichert. Sie können ganz sicher sein, daß ein ungeheurer Wettbewerbsdruck durch die Festbeträge ausgelöst wird. Ich verwette mein bescheidenes Vermögen, daß sich die Anbieter ganz schnell in der Nähe der Festbeträge niederlassen werden. Ich frage die Versicherten, weshalb wir, wenn ein Medikament
    30 DM kostet und ein anderes 90 DM und beide gleich gut sind, mit unseren Pflichtbeiträgen das teurere Medikament bezahlen sollen. Wieso eigentlich? Wir bezahlen unter gleich guten Medikamenten das preiswerte.

    (Hoss [GRÜNE]: Das kann man auch über Positivlisten regeln!)

    Der Festbetrag hat jetzt zwei Jahre Vorsprung vor prozentualer Selbstbeteiligung. Wer keine prozentuale Selbstbeteiligung will, der muß sehen, daß in diesen zwei Jahren der Festbetrag möglichst weit kommt. Deshalb rufe ich die Selbstverwaltung auf: Wer mit mir prozentuale Selbstbeteiligung zurückdrängen will, der muß dafür sorgen, daß der Festbetrag in diesen zwei Jahren viel Gelände gewinnt. Mit gutem Willen kann die Selbstverwaltung in zwei Jahren mehr erreichen als in vier Jahren mit schlechtem Willen und Bequemlichkeit. Wir brauchen im übrigen eine energische Selbstverwaltung, denn wenn die Selbstverwaltung nicht handelt, dann darf sich niemand beschweren, wenn dann mehr Staat kommt.

    (Zuruf von der SPD: Seit wann ist die Selbstverwaltung für den Mist verantwortlich, den Sie machen?)

    Den Gedanken des Solidarbeitrags habe ich keinesfalls aufgegeben. Jubeln Sie doch nicht so früh. Aber der Solidarbeitrag ist ja keine Sache der Gesetzgebung. Wenn — was die Pharmaindustrie behauptet — unser Festbetrag bereits im ersten Schritt dreimal soviel spart, wie wir selber geschätzt haben, dann wäre der Solidarbeitrag überflüssig. Im übrigen gibt es ganz originelle Vorschläge aus der Pharmaindustrie, beispielsweise in Richtung auf Werbebeschränkungen, oder den Vorschlag, daß man auch über Pakkungsgrößen verhandelt, was wir ja tun wollen. Zum erstenmal sind wir einen Schritt weitergekommen.
    Aber, meine Damen und Herren von der SPD, wenn Sie sich in Sachen Solidarbeitrag üben wollen, dann üben Sie einmal in der eigenen Fraktion. Ihr angesehener Kollege Hermann Rappe — —

    (Zurufe von der SPD)

    — Mal langsam! Bevor Sie sich an mich wenden, schaffen Sie erst einmal Ordnung in Ihren eigenen Reihen. Ihr angesehener Kollege Hermann Rappe sagt, Preisstillhalteabkommen wären bereits ein Solidarbeitrag der Pharmaindustrie. Meine Damen und Herren, mehr kann man das Gemeinwohl eigentlich nicht im Stich lassen. Das ist der pure Egoismus, und Herr Rappe ist der Schutzpatron der Egoisten. Fangen Sie doch deshalb erst einmal bei sich an!

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Preisstillhalteabkommen! Meine Damen und Herren, wir haben keine Inflation. Was ist denn da ein Preisstillhalteabkommen für eine besondere Leistung? Was ist denn das eigentlich? Ich sage noch einmal: Wenn der Festbetrag dreimal so hoch ist — —

    (Egert [SPD]: Herr Minister, wir werden Sie nicht aus der Verantwortung lassen! — Weitere Zurufe von der SPD)




    Bundesminister Dr. Blüm
    — Sprechen Sie eigentlich jetzt? Frau Präsidentin, wer hat gerade das Wort? Wenn ich das Wort habe, wäre ich dankbar, wenn ich auch reden dürfte.