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ID1107207800

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    Plenarprotokoll 11/72 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 72. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. April 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Frau Teubner, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Transport gefährlicher Güter (Drucksache 11/996) Frau Brahmst-Rock GRÜNE 4861 A Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 4863 A Pauli SPD 4864 D Gries FDP 4866 B Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 4867 C Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Berufsbildungsbericht 1987 (Drucksachen 11/98, 11/522, 11/551, 11/1705) Oswald CDU/CSU 4869 B Frau Odendahl SPD 4871 B Neuhausen FDP 4873 A Frau Hillerich GRÜNE 4875B, 4882 C Möllemann, Bundesminister BMBW . . 4877 D Rixe SPD 4880 B Schemken CDU/CSU 4881 D Kuhlwein SPD 4884 A Tagesordnungspunkt 16: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Bachmaier, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Dr. Hauff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umweltkriminalität (Drucksachen 11/172, 11/1555) Bachmaier SPD 4886 D Eylmann CDU/CSU 4888 B Häfner GRÜNE 4889 D Kleinert (Hannover) FDP 4891 B Engelhard, Bundesminister BMJ 4892 A Schütz SPD 4893 B Sauter (Ichenhausen) CDU/CSU 4895 B Nächste Sitzung 4896 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 4897 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4897 C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. April 1988 4861 72. Sitzung Bonn, den 15. April 1988 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 15. 4. Frau Beck-Oberdorf 15. 4. Dr. Biedenkopf 15. 4. Böhm (Melsungen) * 15. 4. Brandt 15. 4. Bühler (Bruchsal) 15. 4. Büchner (Speyer) 15. 4. Dr. von Bülow 15. 4. Buschbom 15. 4. Dr. Dollinger 15. 4. Ebermann * * 15. 4. Erler * * 15. 4. Dr. Faltlhauser 15. 4. Frau Fischer * * 15. 4. Gattermann 15. 4. Frau Geiger * * 15. 4. Dr. Geißler 15. 4. Gröbl 15. 4. Frau Dr. Hartenstein * * 15. 4. Dr. Hauff 15. 4. Heimann 15. 4. Helmrich 15. 4. Hiller (Lübeck) 15. 4. Höpfinger 15. 4. Hörster 15. 4. Dr. Holtz * * 15. 4. Dr. Hüsch 15. 4. Ibrügger 15. 4. Irmer * * 15. 4. Jansen 15. 4. Jung (Limburg) 15. 4. Jungmann 15. 4. Kalb 15. 4. Kalisch 15. 4. Kiechle 15. 4. Kiehm 15. 4. Klein (München) 15. 4. Dr. Klejdzinski 15. 4. Kroll-Schlüter 15. 4. Dr.-Ing. Laermann 15. 4. Lüder 15. 4. Dr. Mechtersheimer 15. 4. Dr. Müller * 15. 4. Müller (Wadern) 15. 4. Niegel 15. 4. Rappe (Hildesheim) 15. 4. Reddemann * 15. 4. Reimann 15. 4. Reuschenbach 15. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union * * für die Teilnahme an der 79. Interparlamentarischen Konferenz Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Rühe 15. 4. Schäfer (Mainz) 15. 4. Frau Schilling 15. 4. Frau Schmidt (Nürnberg) 15. 4. Schulhoff 15. 4. Dr. Solms 15. 4. Spilker 15. 4. Dr. Sprung 15. 4. Dr. Stercken * * 15. 4. Stobbe 15. 4. Dr. Stoltenberg 15. 4. Dr. Todenhöfer 15. 4. Voigt (Frankfurt) 15. 4. Wartenberg (Berlin) 15. 4. Wischnewski 15. 4. Wissmann 15. 4. Würtz 15. 4. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. März 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Erstes Gesetz zur Änderung des Europawahlgesetzes Gesetz zur Ausführung der EWG-Verordnung über die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV-Ausführungsgesetz) Gesetz zu dem Übereinkommen vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik Griechenland zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof in der Fassung des Übereinkommens über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 3. März 1988 mitgeteilt, daß sie ihren Antrag „Beendigung der Stufenregelung", Drucksache 11/1857, zurückzieht. Der Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/883 Nr. 125, 129, 132, 133 Drucksache 11/1107 Nr. 1.8 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Finanzausschuß Drucksache 11/883 Nr. 49 Haushaltsausschuß Drucksache 11/1707 Nr. 2 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1785 Nr. 2.1 Drucksache 11/1895 Nr. 2.3 bis 2.10 Drucksache 11/1938 Nr. 1 bis 6 4898* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. April 1988 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/929 Nr. 2.12 bis 2.25 Drucksache 11/1107 Nr. 2.8, 2.9 Drucksache 11/1365 Nr. 3.3 bis 3.25 Drucksache 11/1450 Nr. 2.7 Drucksache 11/1526 Nr. 3.1, 3.2 Drucksache 11/1656 Nr. 3.14 bis 3.19 Drucksache 11/1707 Nr. 14 bis 23, 25 bis 27 Drucksache 11/1785 Nr. 2.2 bis 2.18, 2.20 Drucksache 11/1785 Nr. 2.19 wurde von der EG-Kommission zurückgezogen Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1656 Nr. 3.33 Drucksache 11/1707 Nr. 28 Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Drucksache 11/1938 Nr. 10 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/929 Nr. 2.30 Drucksache 11/973 Nr. 2.14, 2.15 Drucksache 11/1107 Nr. 2.12, 2.13 Drucksache 11/1181 Nr. 2.1 Drucksache 11/1365 Nr. 3.26, 3.27 Drucksache 11/1526 Nr. 3.5 Drucksache 11/1785 Nr. 2.23 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/779 Nr. 2.54 Drucksache 11/1107 Nr. 2.14
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans A. Engelhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Praktische Erfahrungen und wissenschaftliche Erörterungen zeigen, daß das 1980 neu gestaltete Umweltstrafrecht in bestimmten Teilbereichen Probleme aufwirft und deshalb der Fortentwicklung und Ergänzung bedarf. Dieses Ergebnis zeichnet sich auch bei den Prüfungen der aus Vertretern des Bundesjustiz- und Bundesumweltministeriums gebildeten interministeriellen Arbeitsgruppe ab. Diese Prüfungen haben auf Grund der besonderen Schwierigkeit, aber auch des Umfangs der Materie mehr Zeit in Anspruch genommen, als dies ehedem absehbar war. Im Arbeitskreis Umweltstrafrecht der Arbeitsgruppe stehen die Arbeiten jetzt aber vor dem Abschluß. Das endgültige Ergebnis des Berichts kann ich nicht vorwegnehmen, aber wie teilweise bereits in Tendenzaussagen in der Beantwortung der Großen Anfrage deutlich geworden ist, kann man, was die Richtung der Ergebnisse angeht, an dieser Stelle doch schon einiges sagen.
    Seit Jahren ist eine steigende Zahl von Ermittlungsverfahren zu beobachten. So stieg die Anzahl der polizeilich registrierten Fälle von 2 321 im Jahre 1973 auf 14 853 im Jahre 1986. Dieser Anstieg ist ganz wesentlich auf intensivere Strafverfolgung und auf das gestiegene Umweltbewußtsein zurückzuführen, das verstärkt zu Anzeigen geführt hat. Überdurchschnittlich hoch ist allerdings die Zahl der Verfahrenseinstellungen. Auffallend ist auch — Herr Kollege Bachmaier, ich gebe Ihnen hier ganz recht —, daß im Regelfalle Geldstrafen verhängt werden und nur sehr beschränkt, in Ausnahmefällen, zu der Möglichkeit der Verhängung einer Freiheitsstrafe gegriffen wird.
    Diese oft kritisierten Ergebnisse dürften allerdings nur teilweise auf Mängel des materiellen Strafrechts zurückzuführen sein. Soweit solche Mängel gleichwohl festzustellen sind, wird die Bundesregierung nicht zögern, zu ihrer Behebung die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.
    Ein erstes Ziel wird es sein, den strafrechtlichen Schutz von Wasser, Luft und Boden stärker anzugleichen. Die geringe Zahl von sieben bzw. zwölf Verurteilungen in den Jahren 1985 und 1986 läßt auf mangelnde Praktikabilität des Straftatbestandes der Luftverunreinigung und der Lärmverursachung schließen. Der Tatbestand ist wohl zu eng und bedarf daher der Erweiterung.
    Anzustreben ist auch eine Verbesserung des strafrechtlichen Bodenschutzes, die Schaffung eines neuen Tatbestandes gegen Bodenverunreinigung. Aus der Praxis sind mehrfach Fälle bekanntgeworden, in denen durch unsachgemäßen Umgang mit gefährlichen Stoffen der Boden erheblich verunreinigt wurde, Lücken des geltenden Rechts jedoch auch hier zur Einstellung der Verfahren geführt haben.
    Bei der näheren Ausgestaltung von Umweltstraftatbeständen ist künftig auf mehr Einheitlichkeit zu achten. Auf den engen Zusammenhang mit den Vorgaben des Umweltverwaltungsrechts, die sogenannte Verwaltungsakzessorietät, wird man dabei auch in Zukunft nicht verzichten können. Was das materielle Umweltverwaltungsrecht erlaubt, das kann ja schließlich das Strafrecht nicht verbieten. Verbesserungen haben also zunächst einmal das Umweltverwaltungsrecht zum Gegenstand der Bemühungen zu machen.
    Noch nicht voll ausdiskutiert ist das Problem der strafrechtlichen Erfassung von Amtsträgern. In dem interministeriellen Arbeitskreis Umweltstrafrecht wird vor allem daran Anstoß genommen, daß die Ausgestaltung von Tatbeständen als Allgemeindelikt oder aber als Sonderdelikt dann zur Ungleichbehandlung von Amtsträgern führt, die in verschiedenen Umweltbereichen tätig werden.
    Umstritten ist in diesem Zusammenhang ja auch die Einführung einer Anzeigepflicht von Umweltverwaltungsbehörden gegenüber den Strafverfolgungsbehörden. Die Erkenntnis, daß vielfach nur Fachbehörden in der Lage sind, Fehlverhalten von Anlagebetreibern zu erkennen und aufzuklären, hat in den letzten Jahren in verschiedenen Bundesländern zu entsprechenden Erlassen geführt. Ehe eine weitergehende gesetzliche Regelung mit strafrechtlichen Konsequenzen eingeführt wird, sollte zunächst einmal abgewartet werden, ob und inwieweit sich solche Regelungen bewährt haben.
    Wir werden in diesem Zusammenhang auch Hinweise von Fachleuten nicht unbeachtet lassen können, die uns, so etwa auch aus dem Bereich des Umweltministeriums, mit großer Sorge sagen, daß den Behörden manchmal durchaus etwas zur Kenntnis gebracht wird, so daß vielleicht ein Ansatz dafür besteht, als Behörde selbst etwas zu erkennen, das Ganze aber nicht aufgedeckt werden kann, weil die Karten nicht offen auf den Tisch gelegt werden.
    Die Frage ist, ob dann, wenn eine Anzeigepflicht besteht, das Strafverfahren damit vorprogrammiert vor der Tür steht, so manche Behörde das Wissen, das ihr heute erfreulicherweise zuteil wird, auch von dem, der sich fehlverhalten hat, weiterhin noch wird zur Kenntnis nehmen können. Dies alles muß sorgfältig überlegt und gegeneinander abgewogen werden.
    Meine Damen und Herren, Schwierigkeiten der Aufklärung von Umweltdelikten in Unternehmen beruhen nicht zuletzt auf deren Organisationsstruktur



    Bundesminister Engelhard
    mit Arbeitsteilung und Aufgabendelegation. Die Bundesregierung hatte hierzu schon 1983 Vorschläge für eine behutsame Ausweitung allgemeiner Regelungen vorgelegt. Der Gesetzgeber hat sie bisher nur zu einem geringen Teil übernommen. Die Justizministerkonferenz hat demgegenüber letztes Jahr eine Überprüfung insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Erleichterung des Nachweises der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bei Personen, Vereinigungen und juristischen Personen für erforderlich gehalten. Im Arbeitskreis sind die früheren Vorschläge in teilweise modifizierter Form wieder aufgegriffen worden. Sie bedürfen noch weiterer Konkretisierung und Erörterung.
    Zur Frage möglicher Strafverschärfung hat das Bundesministerium der Justiz letzten Monat in diesem Haus bereits näher Stellung genommen. Grundsätzlich hält die Bundesregierung das geltende Sanktionssystem für ausreichend, was allerdings — ich sage das sehr deutlich — Änderungen bei einzelnen Straftatbeständen nicht ausschließt.
    Große Bedeutung messe ich der Aktivierung der Vorschriften über die Abschöpfung von illegalen Vermögensvorteilen bei. Umweltdelikte dürfen sich nicht rentieren. Die Steuerzahler, die Millionen und abermillionen von Mark für den Umweltschutz aufzubringen haben, haben kein Verständnis dafür, daß Umweltstraftätern auch noch wirtschaftliche Vorteile aus ihren Taten verbleiben. Die bestehenden Vorschriften über Verfall und Einziehung im Strafgesetzbuch sind offenbar zu kompliziert, so daß sie in der Praxis bisher zu wenig angewandt werden. Auch wenn in der Rechtsprechung hier in jüngster Zeit ein gewisser Wandel zu beobachten ist, brauchen wir doch einfachere Regelungen. Es muß möglich sein, kriminelle Gewinne wirksamer abzuschöpfen, und zwar grundsätzlich zunächst auch ohne Rücksicht auf etwaige Ersatzansprüche von Geschädigten, denen die Gewinne dann in einem Nachverfahren zur Verfügung stehen. Die Reform ist dringlich, und sie wird sich nicht auf die Umweltdelikte beschränken.
    Zum Umweltstrafrecht selbst werden wir nach Vorlage des Berichtes und nach den einschlägigen Erörterungen auf dem Deutschen Juristentag im September dieses Jahres die rechtspolitischen Entscheidungen auch unter Berücksichtigung dieser Debatte konkretisieren. Eine Stärkung des Umweltschutzes auch durch eine verbesserte Bekämpfung der Umweltkriminalität bleibt weiterhin ein wichtiger Punkt auf der Tagesordnung dieser Bundesregierung.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schütz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dietmar Schütz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will auf die Anmerkungen von Herrn Eylmann und Herrn Kleinert eingehen, die gesagt haben, daß das Umweltstrafrecht natürlich nur eine flankierende Maßnahme und nicht Ultima ratio ist. Ich stimme dem selbstverständlich zu.

    (Bohl [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Umweltstrafrecht kann nur flankierend sein. Die Aufgaben liegen anderswo. Aber die generalpräventive
    und erzieherische Kraft des Strafrechts mußte eingesetzt werden. Insofern war die Novelle von 1980 hilfreich, und sie war sicher ein entscheidender Schritt zum Umweltschutz. Ich glaube, das ist auch allgemein anerkannt.

    (Beifall bei der SPD)

    Dieses Strafrecht darf auch nicht zahnlos sein, sondern muß kräftig dorthin beißen, wo tatsächlich Umweltkriminalität ist. Insofern, Herr Eylmann, ist der Hinweis nicht richtig, daß wir in allen anderen Lebensbereichen von Strafe gar nichts halten und hier, im Umweltstrafrecht, plötzlich drakonisch werden wollen. Ich denke, wir müssen uns wohl einmal das Schutzgüter- und Sanktionensystem anschauen. Herr Pfeifer hat jüngst in einem Artikel im „Spiegel" darauf hingewiesen, daß wir an dieser Stelle umbauen müssen. Ich glaube, er hat recht. Wir sollten das tun.

    (Sauter [Ichenhausen] [CDU/CSU]: Der Artikel war ausnahmsweise nicht gut!)

    — Ich halte ihn an der Stelle für richtig.
    Wir sollten wirklich fragen, welche Richtung dieses Zubeißen und welchen Nachdruck das Zufassen haben soll. Wir könnten — Herr Bachmaier hat darauf schon hingewiesen — zum Thema „Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen" viele Beispiele geben. Wir alle wissen aber, daß weder die Staatsanwaltschaft noch die Richterschaft und erst recht nicht die Polizei ein Interesse daran haben, Umweltdelikte nicht nachhaltig zu ahnden.
    Gleichwohl weist die in der Antwort vorgelegte Statistik der Strafverfolgung und insbesondere der Verurteilungen aus, daß fast ausschließlich Geldstrafen verhängt werden und daß, wenn in seltenen Fällen Freiheitsstrafen ausgesprochen werden, diese zwangsläufig zur Bewährung ausgesetzt werden, weil es meistens Ersttäter sind.
    Auch die jetzt vorgelegten Zahlen bestätigen die Aussage einer empirischen Untersuchung zum alten Rechtszustand, wonach verfolgter Umweltkriminalität ganz überwiegend Bagatellcharakter zukommt. Diese Auffassung wird durch die in der Antwort der Bundesregierung vorgelegten Zahlen bestätigt. Auch nach dieser Statistik gibt es im Umweltstrafrecht überwiegend Kleinkriminalität, häufig nicht einmal in der Größenordnung des Ladendiebstahls.
    Gleichwohl ist die Bundesregierung der Auffassung
    — Sie haben das noch einmal bestätigt, Herr Minister —, daß das derzeitige Sanktionensystem für Umweltdelikte einen ausreichenden Strafrahmen bietet. Ich will mir die vordergründige Polemik ersparen, die Umweltkriminalität werde von der Bundesregierung durch dieses Festhalten am Sanktionensystem bagatellisiert. Dies stimmt zwar auch, aber nur eben teilweise.

    (Sauter [Ichenhausen] [CDU/CSU]: Also war es doch Polemik!)

    — Ein bißchen polemisch darf man ja werden.
    Es kommen für mich erkennbar zwei Faktoren zusammen, die den durch die Statistik zu untermauernden öffentlichen Eindruck der bei Umweltdelikten zahnlosen Polizei und Justiz erhärten. Einer wurde



    Schütz
    hier schon deutlicher ausgeführt: Es ist der Umstand, den auch Herr Pfeifer angesprochen hat, daß wir den Strafrahmen bei Umweltdelikten deutlich erhöhen müssen. Ich halte das für evident und will das hier nicht weiter ausführen.
    Ebenso wichtig für die Erhöhung der Wirksamkeit des Umweltstrafrechts ist es, so meine ich, daß wir uns mit der Frage beschäftigen, in welchem Umfang das Umweltstrafrecht akzessorisch zum Verwaltungsrecht sein muß. Wie weit sind Verwaltungsträger selbst für Umweltschäden verantwortlich, und inwieweit müssen sie verpflichtet werden, Umweltverstöße den Strafverfolgungsbehörden zu melden?
    Das Thema ,,Strafrecht und Verwaltung" hat dieses Parlament und die Ausschüsse schon 1980 im Zusammenhang mit den Beschlüssen der Umweltstrafrechtsnovelle nachhaltig beschäftigt. Mir scheint, daß es hier nach wie vor zahlreiche ungelöste Fragen gibt. Die jetzige Regelung der teilweise strengen Verwaltungsakzessorietät, der quasi Straffreiheit von Amtsträgern und der nur sehr begrenzten und tatsächlich zurückhaltend geübten Anzeigepflicht von Amtsträgern in der Verwaltung hat möglicherweise den skizzierten Bagatellisierungszustand, aber vor allem den öffentlichen Eindruck mitgeprägt, es werde nichts getan.
    An einem für mich entlarvenden Beispiel aus dem niedersächsischen Polizeialltag wird die Problematik, aber auch die unterschiedliche Haltung von Polizei und Verwaltungsbehörden besonders deutlich. Ich meine die Rücknahme des sogenannten Umweltkoffers für die Polizei zu dem Zeitpunkt, als sich herausstellte, daß die Polizei eine besonders wirksame Überwachung vor allem der Gewässer vornahm und sich ihr Vorgehen auch gegen Verwaltungsbehörden und Kommunalbehörden selbst richtete.

    (Beifall bei der FDP)

    Dieses Beispiel zeigt, daß theoretisch wohl auch Amtsträger strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt sind. Praktisch spricht aber einiges dafür, daß sie nie in der Statistik auftauchen.
    Die uns vorliegende Antwort der Bundesregierung nennt drei Ermittlungsverfahren gegen Amtsträger, die alle eingestellt wurden. Das Beispiel zeigt aber auch, daß die Polizei gebremst werden muß und daß sie sich nicht selber bremst. Außerdem zeigt das Beispiel, daß der Tatbestand der Gewässerverunreinigung einer ist, den sie selbst auch ohne fremde Hilfe aufklären kann. Deswegen gibt es auch so viele Verfahren.
    Auch die starke Dominanz der Gewässerverunreinigung im Rahmen registrierter Kriminalität, die aus der Statistik in der uns vorgelegten Antwort erkennbar ist, deutet auf eine vor allem an Gesichtspunkte optischer Wahrnehmbarkeit gebundene Erfassungsstruktur hin. Das eben leistet Schutz- und Wasserschutzpolizei. Dort, wo man weitgehend auf technisch umfangreicher ausgerüstete Verwaltungsbehörden, insbesondere auf die Gewerbeaufsichtsämter angewiesen ist, liegt die Anzeigehäufigkeit deutlich niedriger.
    Nach einer mir vorliegenden Untersuchung erfolgte bei 6 267 Besichtigungen durch Gewerbeaufsichtsämter in Schleswig-Holstein in den Jahren 1981 und 1982, die zu 1 726 Beanstandungen führten, nur in 28 Fällen eine Anordnung, in drei Fällen eine Verwarnung ohne Bußgeld, und nur in drei Fällen erging ein Bußgeldbescheid.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Nach einer Studie von Frau Mayntz wird hieran deutlich, daß Verwaltungsbehörden eben verhandlungsorientierte Strategien dem Gebrauch verwaltungs- und strafrechtlicher Zwangsmaßnahmen vorziehen. Das erscheint mir — Herr Kleinert, Sie haben sich damit auch beschäftigt — im Grunde auch als ein plausibles Vorgehen, solange Straftaten nicht tatsächlich unangezeigt bleiben. Aber wo bleibt die Grenze?
    Die Anzeigepflicht — Herr Engelhard hat vorhin noch einmal darauf hingewiesen — wurde im Umweltbereich wegen der notwendigen gegenseitigen Kooperation zwischen Behörden und Anlagebetreibern, wegen der notwendigen gegenseitigen Information nicht ins Strafrecht eingeführt. Böse meinende Kritiker können schon aus der amtlichen Begründung leicht das Bild von Umweltsündern entnehmen, die unter einer Decke stecken.
    Das Problem des Verhältnisses von Verwaltungsrecht zu Umweltstrafrecht wird aber eben noch deutlicher durch das Prinzip der bedingungslosen Verwaltungsakzessorietät einiger umweltstrafrechtlicher Normen. Bei § 324 StGB, nämlich der Gewässerverunreinigung, ist es das Merkmal des „Unbefugten", das die Verwaltung ausfüllen muß. Bei § 325 StGB, der Luftverschmutzung, ist es die Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten, die grob pflichtwidrig sein muß. Dadurch werden die Straftatbestände verwaltungsrechtlich erst festgelegt. Während bei § 324 StGB alles, was verwaltungsrechtlich nicht erlaubt ist, auch strafrechtliche Relevanz bekommt, genügt das bei § 325 StGB nicht. Erst wenn die Verwaltung in Auflagen und Anordnungen die Pflichten eines etwaigen Betreibers unanfechtbar festgelegt hat und dieser dagegen grob verstößt, greift das Strafrecht ein.
    Es überrascht deshalb nicht, daß die vorgelegte Antwort im Bereich des § 325 StGB fast keinen Verstoß aufzeigt. Die Wirklichkeit des Verwaltungsverfahrens zeigt auch, daß sich Großemittenten in der Regel nicht strafbar machen, weil sie — von Störfällen abgesehen — die Umwelt im Rahmen der erforderlichen Erlaubnis benutzen. Im Ergebnis kann bei den einengenden Tatbestandsmerkmalen des § 325 StGB keiner mehr dagegen verstoßen.
    Es ist deshalb zu begrüßen, daß zumindest an dieser Stelle die Bundesregierung über eine Novellierung dieses Straftatbestandes nachdenkt. Sie will aber das Prinzip der Verwaltungsakzessorietät nicht aufgeben, weil nicht bestraft werden kann — wie Sie vorhin noch einmal gesagt haben —, wer sich an das materielle Umweltverwaltungsrecht hält. Ich will dem grundsätzlich nicht widersprechen. Ich halte aber eine weitere Diskussion in Wissenschaft und Praxis für unabdingbar, für erforderlich.
    Wir wissen alle, daß das Verwaltungsrecht als sogenanntes „soft law" ganz anderen Gestaltungsmaximen unterworfen ist als das Strafrecht. Auflagen und



    Schütz
    Bedingungen in Verwaltungsbescheiden werden häufig ausgehandelt; Herr Kleinert hat vorhin darauf hingewiesen. Die Gestaltungsmacht eines potenten Anlagebetreibers ist dabei evident. Auf Grund der Akzessorietät des Strafrechts hat er dabei im Grunde häufig auch über den Umfang seiner eigenen Strafbarkeit mit zu verhandeln, weil nämlich das auch den Strafrahmen ausfüllt. Die beiden sich widersprechenden Prinzipien des Verwaltungsrechts einerseits und des Strafrechts andererseits lassen sich häufig nicht vereinen. Die Frage ist: In welchem Umfang kann das Strafrecht im Verwaltungsrecht abgekoppelt werden? Wie kann dem Strafrecht ein selbständigerer Schutzbereich zugewiesen werden? Die Bundesregierung sieht für eine Änderung ihrer kriminalpolitischen Haltung in dieser Frage keine Veranlassung.
    Aber angesichts der eben kurz skizzierten Ungereimtheiten, auch angesichts der unbefriedigenden Verwaltungspraxis, wo in den Verwaltungsbehörden in den verschiedenen Ländern, aber auch in verschiedenen Behörden, sehr unterschiedliche Verfahrensweisen entwickelt wurden, die auch zu unterschiedlichen Strafrechtspraxen führen, ist die Antwort der Bundesregierung hierzu nicht zufriedenstellend. Ich meine, die Arbeitsgruppe muß darüber weiter nachdenken.
    Auch die Anzeigepraxis ist in der Regel so, daß die strafwürdigen Fälle nach den Merkmalen der Hartnäckigkeit bei Verhandlungen über Auflagen und nach dem Merkmal der wiederholten Umweltschädigung herausgefiltert werden. Erst dann wird angezeigt. Dies ist auch für Verwaltungsbeamte selbst problematisch, die manchmal durchaus viel eher das Strafrecht bemühen wollen oder anderen Anforderungen ausgesetzt sein möchten.
    Ich gestehe, daß ich selber keine befriedigende Lösung zu diesem Problem kenne. Mir scheint aber, daß die vorhandenen Regelungen, nicht nur im § 325, geändert werden müssen, daß nicht nur das Bodenrecht ergänzt werden muß, sondern daß die Bundesregierung auch im Sanktionenbereich durch die Einführung eines Verbrechenstatbestandes und in der systematischen Frage des Verhältnisses zum Verwaltungsrecht in absehbarer Zeit tätig werden müßte.

    (Beifall bei der SPD)

    Der häufig geäußerte öffentliche Eindruck im Zusammenhang mit dem Umweltstrafrecht: „Die Großen läßt man laufen" und „Die stecken alle unter einer Decke", muß uns auffordern, an diesen Stellen zu handeln.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD)