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ID1107200400

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    Plenarprotokoll 11/72 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 72. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. April 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Frau Teubner, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Transport gefährlicher Güter (Drucksache 11/996) Frau Brahmst-Rock GRÜNE 4861 A Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 4863 A Pauli SPD 4864 D Gries FDP 4866 B Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 4867 C Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Berufsbildungsbericht 1987 (Drucksachen 11/98, 11/522, 11/551, 11/1705) Oswald CDU/CSU 4869 B Frau Odendahl SPD 4871 B Neuhausen FDP 4873 A Frau Hillerich GRÜNE 4875B, 4882 C Möllemann, Bundesminister BMBW . . 4877 D Rixe SPD 4880 B Schemken CDU/CSU 4881 D Kuhlwein SPD 4884 A Tagesordnungspunkt 16: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Bachmaier, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Dr. Hauff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umweltkriminalität (Drucksachen 11/172, 11/1555) Bachmaier SPD 4886 D Eylmann CDU/CSU 4888 B Häfner GRÜNE 4889 D Kleinert (Hannover) FDP 4891 B Engelhard, Bundesminister BMJ 4892 A Schütz SPD 4893 B Sauter (Ichenhausen) CDU/CSU 4895 B Nächste Sitzung 4896 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 4897 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4897 C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. April 1988 4861 72. Sitzung Bonn, den 15. April 1988 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 15. 4. Frau Beck-Oberdorf 15. 4. Dr. Biedenkopf 15. 4. Böhm (Melsungen) * 15. 4. Brandt 15. 4. Bühler (Bruchsal) 15. 4. Büchner (Speyer) 15. 4. Dr. von Bülow 15. 4. Buschbom 15. 4. Dr. Dollinger 15. 4. Ebermann * * 15. 4. Erler * * 15. 4. Dr. Faltlhauser 15. 4. Frau Fischer * * 15. 4. Gattermann 15. 4. Frau Geiger * * 15. 4. Dr. Geißler 15. 4. Gröbl 15. 4. Frau Dr. Hartenstein * * 15. 4. Dr. Hauff 15. 4. Heimann 15. 4. Helmrich 15. 4. Hiller (Lübeck) 15. 4. Höpfinger 15. 4. Hörster 15. 4. Dr. Holtz * * 15. 4. Dr. Hüsch 15. 4. Ibrügger 15. 4. Irmer * * 15. 4. Jansen 15. 4. Jung (Limburg) 15. 4. Jungmann 15. 4. Kalb 15. 4. Kalisch 15. 4. Kiechle 15. 4. Kiehm 15. 4. Klein (München) 15. 4. Dr. Klejdzinski 15. 4. Kroll-Schlüter 15. 4. Dr.-Ing. Laermann 15. 4. Lüder 15. 4. Dr. Mechtersheimer 15. 4. Dr. Müller * 15. 4. Müller (Wadern) 15. 4. Niegel 15. 4. Rappe (Hildesheim) 15. 4. Reddemann * 15. 4. Reimann 15. 4. Reuschenbach 15. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union * * für die Teilnahme an der 79. Interparlamentarischen Konferenz Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Rühe 15. 4. Schäfer (Mainz) 15. 4. Frau Schilling 15. 4. Frau Schmidt (Nürnberg) 15. 4. Schulhoff 15. 4. Dr. Solms 15. 4. Spilker 15. 4. Dr. Sprung 15. 4. Dr. Stercken * * 15. 4. Stobbe 15. 4. Dr. Stoltenberg 15. 4. Dr. Todenhöfer 15. 4. Voigt (Frankfurt) 15. 4. Wartenberg (Berlin) 15. 4. Wischnewski 15. 4. Wissmann 15. 4. Würtz 15. 4. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. März 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Erstes Gesetz zur Änderung des Europawahlgesetzes Gesetz zur Ausführung der EWG-Verordnung über die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV-Ausführungsgesetz) Gesetz zu dem Übereinkommen vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik Griechenland zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof in der Fassung des Übereinkommens über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 3. März 1988 mitgeteilt, daß sie ihren Antrag „Beendigung der Stufenregelung", Drucksache 11/1857, zurückzieht. Der Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/883 Nr. 125, 129, 132, 133 Drucksache 11/1107 Nr. 1.8 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Finanzausschuß Drucksache 11/883 Nr. 49 Haushaltsausschuß Drucksache 11/1707 Nr. 2 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1785 Nr. 2.1 Drucksache 11/1895 Nr. 2.3 bis 2.10 Drucksache 11/1938 Nr. 1 bis 6 4898* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. April 1988 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/929 Nr. 2.12 bis 2.25 Drucksache 11/1107 Nr. 2.8, 2.9 Drucksache 11/1365 Nr. 3.3 bis 3.25 Drucksache 11/1450 Nr. 2.7 Drucksache 11/1526 Nr. 3.1, 3.2 Drucksache 11/1656 Nr. 3.14 bis 3.19 Drucksache 11/1707 Nr. 14 bis 23, 25 bis 27 Drucksache 11/1785 Nr. 2.2 bis 2.18, 2.20 Drucksache 11/1785 Nr. 2.19 wurde von der EG-Kommission zurückgezogen Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1656 Nr. 3.33 Drucksache 11/1707 Nr. 28 Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Drucksache 11/1938 Nr. 10 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/929 Nr. 2.30 Drucksache 11/973 Nr. 2.14, 2.15 Drucksache 11/1107 Nr. 2.12, 2.13 Drucksache 11/1181 Nr. 2.1 Drucksache 11/1365 Nr. 3.26, 3.27 Drucksache 11/1526 Nr. 3.5 Drucksache 11/1785 Nr. 2.23 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/779 Nr. 2.54 Drucksache 11/1107 Nr. 2.14
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Börnsen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Brahmst-Rock, es ehrt Sie, daß Sie zumindest für Ihre Fraktion heute anwesend sind. Ich könnte mir vorstellen, daß bei Teilen Ihrer Fraktion eine alternative Uhrzeit gilt.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sonst wären vielleicht mehr hier gewesen. Denn Sie haben die Debatte beantragt. Die Glaubwürdigkeit Ihres Beitrags leidet doch sehr unter der Nichtanwesenheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich glaube, wohltuend für uns alle war heute morgen die Koalition der Kollegialität der beiden Fraktionsgeschäftsführer, die wir auf den Plätzen der GRÜNEN gesehen haben.
    Meine Damen und Herren, nun komme ich zum Thema der Debatte. Gefahrguttransporte sind Risikotransporte. Ihre Anzahl nimmt bei uns und in den Nachbarländern von Jahr zu Jahr zu. Bei uns waren es vor zwei Jahren noch 377 Millionen Tonnen, im letzten Jahre bereits 385 Millionen Tonnen — ein Zuwachs um 5,2 %. Damit wächst die Gefahr für Mensch und Umwelt, wenn es uns nicht gelingt, das Sicherheitsniveau ständig zu steigern.
    Wir hier in der Bundesrepublik tragen eine besondere Verantwortung. Wir haben die größte Verkehrsdichte in Europa, wir sind das größte Transitland. Hier ist die Drehscheibe des grenzüberschreitenden europäischen Verkehrs. Der Rhein ist die meistbefahrene Wasserstraße der Welt. Die Bundesbahn übernimmt auf ihren Güterfernverkehrsstrecken fast 30 % der Gefahrgüter. Wir sind zu hohem Sicherheitsstandard verpflichtet. Deshalb begrüßen wir auch Debatten über den Stand der Sicherheit von Gefahrguttransporten, aber zum richtigen Zeitpunkt. Der Zeitpunkt am Vorabend der Anhörung sieht ein wenig nach Effekthascherei aus und nicht danach, daß man diese Materie glaubwürdig vertreten will.
    Es geht doch nicht darum, wer mehr für die Sicherheit von gefährlichen Gütern tut, sondern es geht um ein gemeinsames Vorgehen aller Verantwortlichen, dafür zu sorgen, daß wir zu einer optimalen Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande kommen, dafür, daß auch die Umwelt geschützt wird, dafür, daß der Schutz der Gesundheit sichergestellt wird, aber auch dafür, daß notwendige Wirtschaftsabläufe gewährleistet werden -- in dieser Reihenfolge und nicht anders.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wer jedoch die Sicherheitsmaßnahmen — wie es einige tun — der achtziger Jahre jetzt kritisiert, der darf nicht vergessen, daß ein Großteil dieser Maßnahmen auf den Konzepten der siebziger Jahre fußt. Damals haben andere die Verantwortung getragen.
    Einen Königsweg für einen verbesserten Transportschutz von Gefahrgütern gibt es nicht, da der überwiegende Teil des Transports im Nahverkehr auf der Straße erfolgt und Binnenschiffahrt und Schiene damit weitgehend ausfallen. Was im Fernverkehr von der Straße verlagerbar ist, sollte auf die beiden genannten Verkehrsträger verlagert werden.
    Doch auch die Bahn ist nicht um so vieles sicherer, wie viele meinen. Bei ihr hat es in den letzten Jahren ebenfalls eine Reihe von Unfällen mit Gefahrgütern gegeben. Auch wäre eine Massierung von Gefahrgütern in innerstädtischen Güterbahnhöfen ein Sprengsatz, den viele nicht haben wollen.
    Ich erkenne ausdrücklich an, daß die zahlreichen Vorschläge der SPD-Kollegen aus dem Verkehrsausschuß über die Bahnberücksichtigung hinausgehen. So kritisch-konstruktiv wie ihre Beiträge zur Gefahrgutsicherheit sind, so destruktiv, rechtsuntergrabend und ordnungswidrig — auch das muß ich sagen — haben sich Ihre Genossen in Schleswig-Holstein verhalten, als sie vor einigen Monaten Demonstranten und Blokkierer aktiv dabei unterstützten, den Transport von nuklearen Gefahrgütern rechtswidrig zu stoppen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Für den Protest Lübecker Bürger, geboren aus Angst und Besorgnis, habe ich Verständnis. Jedoch verurteile ich in aller Schärfe das Verhalten von kommunalen Mandatsträgern, Landtagsabgeordneten und an der Spitze Ihren Oppositionsführer Engholm. Wenn in Lübeck illegalem Widerstand aktiv der Rücken gestärkt wird, dann fällt man dabei dem Staat in den Rücken. Ein so wetterwendischer Ministerpräsidentenkandidat, der in diesem Fall das Gesetz mißachtet und die Glaubwürdigkeit der Demokratie untergräbt, hat das Ansehen und den Anspruch auf die Übernahme des von ihm angestrebten hohen Amtes verspielt.

    (Jahn [Marburg] [SPD]: Lassen Sie doch mal die Wahlkampfmätzchen und reden Sie zur Sache! — Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist der neue Stil der CDU!)




    Börnsen (Bönstrup)

    Das ist Ihnen unangenehm; aber ich denke, es muß deutlich gesagt werden, daß hier eine Rechtsuntergrabung stattgefunden hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Doch Lübeck ist nicht Bonn. Hier ist ein Sicherheitspaket geschnürt worden, das sich sehen lassen kann. Der Bundesverkehrsminister hat nach Herborn gehandelt, nicht halbherzig, sondern klar, kraftvoll und konsequent.

    (Frau Brahmst-Rock [GRÜNE]: Wo denn?)

    Zum Sicherheitspaket gehört die Verlagerung von zunächst 7 Millionen Tonnen besonders gefährlicher Güter von der Straße auf Bahn und Binnenschiffahrt. Fast jedes vierte gefährliche Gut im Fernverkehr wird in den kommenden drei Jahren einen neuen Transportweg nehmen müssen.
    Zum Sicherheitspaket gehört der zügige Ausbau der Verkehrswege. Bis 1990 werden 140 Ortsumgehungen fertiggestellt sein; weitere 140 neue Ortsumgehungen sind bereits in der Planung, bzw. mit deren Bau wird man beginnen. Das bedeutet, hier wird eine größere Sicherheit unter Einsatz von 5 Milliarden DM geschaffen.
    Wer ja sagt zu dieser Straßensicherheitsstrategie, der muß auch dazu ja sagen, daß dies vor Ort umgesetzt wird. Denn manch einer, der hier für den Menschen Sicherheit propagiert, vergißt, daß diese Maßnahmen vor Ort oft gegen Protest umgesetzt werden. Hier wären eine größere Durchsetzungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit sicher notwendig. Helfen Sie mit — auch Sie — , daß wir vor Ort zur Umsetzung dieses Straßensicherheitsprogramms kommen.
    Zum Sicherheitspaket des Verkehrsministers gehört die Steigerung der Fahrzeugzuverlässigkeit. Automatische Blockierverhinderer werden Pflicht, automatische Nachsteller der Bremsgestänge ebenso; Tankfahrzeuge werden gesichert; die Ausrüstung der Gefahrgutfahrzeuge mit Geschwindigkeitsbegrenzern wird internationaler Standard werden.
    Es ist gehandelt worden. Das gilt auch für das TOPAS-Programm. Dieses Programm muß zügig, gezielt und zeitlich übersehbar verwirklicht werden.
    Zum Sicherheitspaket gehört auch die Stabilisierung der Gefahrgutkette. Verlader, Spediteur, Verbraucher und Transporteur müssen ihrer Verantwortung noch stärker gerecht werden. Fast 90 % aller Unfälle bei Gefahrguttransporten gehen auf menschliches Fehlverhalten zurück. Hier hat der Ansatzpunkt zu sein, mit besonderem Schwerpunkt für eine Veränderung zu sorgen.
    Der Verkehrsminister will die Schulung und die Praxisorientierung verstärken, er will die Termine für die Wiederholungsprüfungen kürzer ansetzen.
    Das ist richtig. Es ist eine anerkennenswerte Verstärkung bisher getroffener Maßnahmen. Doch noch mehr tut not. Was für Busfahrer gilt, muß auch für Gefahrguttransportfahrer gelten. Es gilt, für die Ausbildung, für die Arbeitsbedingungen und auch für das
    Berufsfeld über solche Konsequenzen nachzudenken.
    Aber es gehört vorrangig auch dazu, den Zeitdruck von Gefahrguttransportfahrern zu minimieren. Ein rasendes 40-Tonnen-Tankfahrzeug ist eine mobile Bombe auf Straße und Autobahn. Eine Erhöhung der Bußgelder bei Verstößen und die Bestellung von Gefahrgutbeauftragten gehören gleichzeitig zum Paket des Verkehrsministers.
    Es ist richtig: Wir haben ein neues Sicherheitsniveau bei Gefahrguttransporten in der Perspektive. Daran ist auch in Zukunft weiterzuarbeiten.
    Mich beunruhigt nur, daß in Schleswig-Holstein, in Rheinland-Pfalz und in anderen Bundesländern im vergangenen Jahr immer noch jeder vierte oder fünfte Gefahrguttransporter wegen Mängeln angehalten werden mußte und Verstöße vorlagen. Hier muß ein neues Denken einsetzen. Wir brauchen eine Kampagne für mehr Sicherheit und für mehr Risikobegrenzung bei diesen Fahrzeugen.
    Wir brauchen eine internationale Kampagne für mehr Sicherheit bei Gefahrguttransporten. Das ist nicht nur ein nationales, sondern ein europäisches, ein Ost-West-Problem. Die Tankwagenunglücke gab es im gesamten Europa, ebenso die Schiffsunglücke.
    Es gilt, die mehr als 1 000 verschiedenen transportierten gefährlichen Stoffe in den Griff zu bekommen. Ich denke, daß wir in Europa zu einer internationalen Harmonisierung der Abfall- und Gefahrguttransportwirtschaft kommen müssen, zu mehr internationalen Vereinbarungen, zu mehr internationaler Kontrolle.
    Mir geht es auch darum, daß wir auf nationaler, eventuell sogar auf europäischer Ebene für eine Gefahrgutdatenbank sorgen, damit schnelle Informationen über gefährliche Stoffe gewährleistet sind.
    Gefährliche Güter lassen sich nicht aus der Welt schaffen. Aber die Risikoschwelle für Mensch und Umwelt läßt sich immer weiter herunterdrücken. Dazu werden wir von unserer Fraktion her aktiv, konstruktiv und kritisch beitragen.
    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Pauli.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Günter Pauli


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Drei Monate nach der Beratung unserer Anträge und eine Woche, bevor sich der Verkehrsausschuß mit der von unserer Fraktion initiierten Anhörung zu den Fragen des Transports gefährlicher Güter befaßt, zeigen der bisherige Ablauf und die heutige Debatte, daß das Parlament Druck ausüben muß, um endlich in der Sache wirkungsvoll voranzukommen.
    Die SPD-Bundestagsfraktion hat bereits 1985 eine Kleine Anfrage mit insgesamt 60 Einzelfragen an die Bundesregierung gerichtet. Unsere Schlußfolgerungen aus der Antwort der Bundesregierung haben dann im November 1987 in insgesamt 18 Anträgen zu diesem Themenkomplex unseren Willen bekundet,



    Pauli
    den schweren Gefahren unverzüglich wirksam zu begegnen.
    Meine Damen und Herren, es besteht in diesem Hause Einigkeit darüber, daß wir mehr Sicherheit bei den Gefahrguttransporten benötigen — und dies dringend. Es besteht auch Einigkeit darüber, daß endgültige Konzepte, wie wir eine optimale Sicherung erreichen, nicht vorliegen. Die Bundesregierung hat erkennen lassen, daß sie bereit ist, mehr Sicherheit bei Gefahrguttransporten herbeizuführen. Allerdings ist die Zeit der verbalen Ankündigungen vorbei. Es ist höchste Zeit, endlich zu handeln.
    Meine Damen und Herren, 51 Verbände und Behörden wurden zu insgesamt 51 Fragen aus dem Problembereich des Gefahrguttransports befragt. Auf ca. 650 Seiten haben die Befragten Sach- und Fachbeiträge geleistet. Dies zeigt, daß sich das Problem in unzähligen Details darstellt. Schließlich kommt noch das Erschwernis hinzu, daß wir das Problem letztendlich nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft angehen müssen. Ich hoffe, daß die Bundesregierung ihre derzeitige EG-Präsidentschaft nutzt und entsprechende Impulse zur Problemlösung entwickelt.
    Meine Damen und Herren, schon bei der Debatte unserer Anträge am 14. Januar ist deutlich geworden, daß im Bereich der Gefahrguttransporte noch viel zu tun ist. Ich darf für meine Fraktion hier nachdrücklich erklären: Wir brauchen bessere Verkehrssicherheitseinrichtungen für Gefahrgut-Lkw. Die Bundesregierung soll die vorliegenden Entwicklungsergebnisse für das Fahrzeug TOPAS in verbindliche Bauvorschriften umsetzen. Wir wollen die Ausrüstung der Gefahrguttransportfahrzeuge mit einem Antiblokkiersystem und einem sicheren automatischen Geschwindigkeitsbegrenzer auf maximal 80 km/h. Wir wollen eine besondere Qualifikation für Fahrer von Transporten gefährlicher Güter. Sie sollen sich nach unserer Auffassung besonderen Gesundheitsuntersuchungen unterziehen. Wir wollen technische Vorkehrungen mit entsprechenden Vorschriften, so daß künftig Überladungen von Gefahrgut-Lkw ausgeschlossen werden können.
    Unternehmen, die gefährliche Güter transportieren, müssen in besonderer Weise zuverlässig sein. Deshalb ist eine besondere Konzession vorzusehen. Wir wollen, daß künftig die Verantwortlichkeit bei Gefahrguttransporten deutlich erkennbar wird. Wir meinen, daß ein sogenannter Gefahrgutbeauftragter diese Aufgaben erfüllen kann. Dieser Beauftragte soll jedoch den Unternehmensleitungen nicht dazu dienen, die Verantwortung von der Unternehmensleitung abzuwälzen. Der Beauftragte soll vielmehr für die Einhaltung der Vorschriften sorgen und die Unternehmensleitungen auf ihre Verantwortung immer wieder hinweisen. Wir wollen ein Informationssystem, über das sich die Transportunternehmen schnell und umfassend über die jeweils zu treffenden Maßnahmen unterrichten können. Wir wollen im Schadensfall eine unbeschränkte Haftung der Fahrzeughalter beim Transport gefährlicher Güter. Wir wollen, daß Wohngebiete und besonders unfallgefährdete Straßen für Gefahrguttransporte gesperrt werden. Die Erarbeitung eines Gefällstreckenatlasses durch den rheinland-pfälzischen Verkehrsminister Brüderle ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sinnvoll ist es aber vor allem, dafür Sorge zu tragen, daß die technischen Systeme, vor allem die Bremssysteme, so ausgestattet sind, daß ein Höchstmaß an Sicherheit eintritt.
    Besonders gefährliche Güter, die sogenannten Listengüter, benötigen für den Transport bereits jetzt eine Beförderungserlaubnis. Wir wollen, daß diese Liste beispielsweise um Benzin erweitert wird. Wir sind weiter der Auffassung, daß es möglich sein muß, die Beförderung zu untersagen, wenn es zumutbar ist, Gefahrgut an dem Ort zu produzieren, an dem es benötigt wird.
    Wir wollen erreichen, daß Gefahrguttransporte aus unseren europäischen Nachbarländern denselben Standards unterworfen werden, die für deutsche Unternehmen gelten. Die Regelungen für mehr Sicherheit bei Gefahrguttransporten dürfen nicht nur auf zivile Beförderungen beschränkt bleiben; sie müssen auch Militärfahrzeuge einbeziehen.
    Die derzeitige Überwachung der Gefahrguttransporte ist völlig unzureichend. Wir wollen eine Verbesserung der Prüf- und Kontrollmöglichkeiten, beispielsweise durch den Einsatz von mobilen Labors, wie es in den USA bereits üblich ist. Wir wollen manipulationsfreie Fahrtenschreiber, und wir wollen, daß sichergestellt wird, daß die Kontrollen in den Betrieben verstärkt und die hierbei gewonnenen Informationen ohne Einschränkung zwischen den Behörden ausgetauscht werden.
    Meine Damen und Herren, unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Die Zielrichtung ist klar definiert: Wir werden als Parlament und Regierung nun gemeinsam daran gemessen, was an konkretem Handeln zur Steigerung der Sicherheit unserer Bürger erfolgt.
    Wir wollen eine verstärkte Verlagerung der Gefahrguttransporte von der Straße auf die Schiene. Wir wissen, daß die Unfallrate im Straßenverkehr im Vergleich zum Schienenverkehr wesentlich ungünstiger ist.
    Wir wollen, daß ein gewichtiger Anteil der rund 240 Millionen t gefährlicher Güter, die pro Jahr auf der Straße transportiert werden, zukünftig von der Deutschen Bundesbahn befördert werden. Die Absicht des Bundesverkehrsministers, in den nächsten drei Jahren nur 7 Millionen t auf die Schiene und auf das Binnenschiff zu verlagern, ist völlig unzureichend.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, die bereits vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen der Verbände und Behörden zeigen, daß sich insbesondere die betroffenen Interessenvereinigungen gegen die Verlagerung der Gefahrguttransporte von der Straße auf die Schiene sträuben. Die Argumente gegen diese Verlagerung sind nicht so ohne weiteres von der Hand zu weisen. Es gibt zur Zeit in der Tat gravierende Schwachstellen bei der Deutschen Bundesbahn. Natürlich wissen wir, daß den Verlagerungspotentialen von der gefährlichen Straße hin auf die weniger gefährlichen Schienen und Wasserstraßen Grenzen gesetzt sind. Doch es



    Pauli
    wäre tatsächlich dumm und töricht, würde man aus diesen Sachverhalten die Konsequenz ziehen, von einer Verlagerung Abstand zu nehmen.
    Durch intensive Maßnahmen bei der Deutschen Bundesbahn müssen die dort heute noch vorhandenen Schwachstellen tatsächlich ausgemerzt werden. Es dürfte doch jedem klar sein, daß die Schwierigkeiten bei der Bahn nicht im Grundsätzlichen, sondern in der Knappheit der finanziellen Möglichkeiten liegen.
    Mit Sorge betrachten wir zur Zeit die Stillegung von Güterbahnhöfen und die fortschreitende Stillegung von schienenversorgten Tanklägern. Wir müssen endlich darangehen, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, daß die Deutsche Bundesbahn mit der Straße konkurrieren kann. Daß ist heute notwendig und wird für die Zukunft, von der wir bereits heute wissen, daß der Verkehr insgesamt zunehmen wird, zwingend, wenn Mensch und Natur überleben wollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Den Hollywood-Traum, wonach die Freiheit auf der Straße zu Hause ist, müssen wir endlich zu Grabe tragen, damit unsere Bürger sicher leben können.

    (Beifall bei der SPD)