Rede von
Johannes
Singer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Stark hat mit Recht darauf hingewiesen, daß uns auch bei dem jetzt vorgeschlagenen Betrag unwohl ist, weil er uns als zu gering erscheint. Tatsächlich kann man sehr nachdenklich werden, wenn der immaterielle Schaden, den jemand durch eine 24stündige Inhaftierung erleidet, dem Staat nur 20 DM Entschädigung wert ist.
Daß wir uns aber im Rechtsausschuß zunächst mit diesem Betrag abgefunden haben, liegt daran, daß der Löwenanteil dieser Entschädigungen nicht vom Bund, sondern von den Ländern aufgebracht werden muß. Angesichts der zahlreichen Gesetze, die hier in den letzten Jahren verabschiedet worden sind, die sich kostenmäßig in erster Linie bei Ländern und Gemeinden ausgewirkt haben, sollte man zunächst die Entwicklung in den Ländern abwarten, um dann — so haben wir als SPD das im Rechtsausschuß beantragt — zu überprüfen, ob wir eine weitere Anhebung des Betrages empfehlen müssen. Ich bin dankbar dafür, daß der Rechtsausschuß dem Antrag der SPD auf Beobachtung der Entwicklung und Überprüfung in drei Jahren gefolgt ist.
Ich bin nicht so pessimistisch, daß wir nicht zu einer anderen Lösung kommen könnten; denn gerade im Bereich der strafrechtlichen Entschädigung haben sich in den letzten Jahren Entwicklungen ergeben, die zu einer finanziellen Entlastung führen könnten. Den Löwenanteil bei den Entschädigungsmaßnahmen machen — und ich möchte hier einfügen: Gott sei Dank — nicht Entschädigungen für Inhaftierungen aus, sondern für Sicherstellungen von Fahrerlaubnissen, Führerscheinen. Die Zahl der ungerechtfertigten Sicherstellungen ist in den letzten Jahren zurückgegangen, indem man bei der Polizei in verstärktem Maße von diesen Tütchen zu Digitalgeräten übergeht, die sorgfältiger arbeiten und so die Zahl der unge- rechtfertigten Beschlagnahmen zurückgehen lassen. Das setzt auch Mittel frei, die wir hier sinnvoller verwenden könnten.
Ich bin ganz dankbar, daß wir als nächsten Tagesordnungspunkt — das steht in einem gewissen Zusammenhang — über die Reform der Untersuchungshaft zu reden haben, die nach unserer Auffassung auch die Zahl der unberechtigten, ungerechtfertigten Inhaftierungen und Freiheitsentzügen zurückgehen lassen und uns, so hoffe ich, in die Lage versetzen wird, den eigentlich von allen als zu gering empfundenen Betrag, der hier in Rede steht, weiter anzuheben.
Auch die SPD wird dem Gesetzentwurf zustimmen, und ist dankbar dafür, daß die Beratungen so zügig und schnell erfolgen konnten.