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ID1106204100

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    Plenarprotokoll 11/62 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 62. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. Februar 1988 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur schriftlichen Kritik des Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern vom 9. Februar 1988 an Vorhaben der Bundesregierung Dr. Vogel SPD 4263 B Dr. Schäuble, Bundesminister BK . . . 4264 B Schily GRÜNE 4266C, 4276B Gattermann FDP 4276 C Dr. Apel SPD 4268 D Dr. Langner CDU/CSU 4269 D Frau Simonis SPD 4271 A Dr. Faltlhauser CDU/CSU 4271D Stiegler SPD 4273 A Beckmann FDP 4273 D Lenzer CDU/CSU 4275 A Dr. Daniels (Bonn) CDU/CSU 4276 D Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jugendhilfe und Familie — die Entwicklung familienunterstützender Leistungen der Jugendhilfe und ihre Perspektiven — Siebter Jugendbericht —; Stellungnahme der Bundesregierung zum Siebten Jugendbericht (Drucksachen 10/6730, 11/1541) Frau Pack CDU/CSU 4278 A Dr. Böhme (Unna) SPD 4280 A Eimer (Fürth) FDP 4283 A Frau Krieger GRÜNE 4284 D Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 4286B Vizepräsident Cronenberg 4288 B Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, Dreßler, Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Chancen und Risiken der Anwendung neuer Methoden der künstlichen Befruchtung und bei Eingriffen in menschliche Keimzellen (Drucksache 11/ 1662) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Kabinettbericht zur künstlichen Befruchtung beim Menschen (Drucksache 11/1856) Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 4289 A Seesing CDU/CSU 4292 B Frau Schmitt-Bott GRÜNE . . . 4294A, 4307 B Funke FDP 4296 A Engelhard, Bundesminister BMJ 4297 D Frau Conrad SPD 4299 B Frau Männle CDU/CSU 4301 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 4302 B Catenhusen SPD 4304 B Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 4306 A Geis CDU/CSU 4308 A Nächste Sitzung 4309 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4310* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4310* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1988 4263 62. Sitzung Bonn, den 26. Februar 1988 Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amling 26. 2. Austermann 26. 2. Frau Beck-Oberdorf 26. 2. Becker (Nienberge) 26. 2. Egert 26. 2. Dr. Ehmke (Bonn) 26. 2. Dr. Glotz 26. 2. Dr. Geißler 26. 2. Genscher 26. 2. Dr. Götz 26. 2. Gröbl 26. 2. Dr. Häfele 26. 2. Frau Hämmerle 26. 2. Hasenfratz 26. 2. Frau Hasselfeldt 26. 2. Hauser (Esslingen) 26. 2. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 26. 2. Helmrich 26. 2. Frau Hensel 26. 2. Jansen 26. 2. Jaunich 26. 2. Jungmann 26. 2. Frau Kelly 26. 2. Klein (Dieburg) 26. 2. Klose 26. 2. Lowack 26. 2. Lüder 26. 2. Frau Dr. Martiny-Glotz 26. 2. Dr. Mechtersheimer 26. 2. Dr. Mertens (Bottrop) 26. 2. Michels 26. 2. Dr. Mitzscherling 26. 2. Möllemann 26. 2. Paintner 26. 2. Poß 26. 2. Dr. Probst 26. 2. Rappe (Hildesheim) 26. 2. Regenspurger 26. 2. Repnik 26. 2. Reuschenbach 26. 2. Frau Rust 26. 2. Frau Schilling 26. 2. Frau Schoppe 26. 2. Schröer (Mülheim) 26. 2. Dr. Spöri 26. 2. Stratmann 26. 2. Frau Trenz 26. 2. Frau Vennegerts 26. 2. Wartenberg (Berlin) 26. 2. Dr. Wernitz 26. 2. Wieczorek (Duisburg) 26. 2. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Wieczorek-Zeul 26. 2. Wissmann 26. 2. Wolfgramm (Göttingen) 26. 2. Frau Wollny 26. 2. Zeitlmann 26. 2. Dr. Zimmermann 26. 2. Zink 26. 2. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 5. Februar 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zu dem Internationalen Kakao-Übereinkommen von 1986 Gesetz zu dem Vertrag vom 19. Dezember 1984 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze Gesetz zu dem Vertrag vom 26. März 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze im Bereich der regulierten Grenzgewässer Breitenbach und Schwarzbach, Kreise Aachen und Malmedy Gesetz zu dem Abkommen vom 16. Mai 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen Gesetz zu dem Vertrag vom 23. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bolivien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz zu dem Vertrag vom 4. Mai 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Östlich des Uruguay über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz zu dem Vertrag vom 20. Oktober 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Nepal über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/138 Nr. 1.10, 1.28, 1.29 Drucksache 11/1181 Nr. 1.1 Drucksache 11/1656 Nr. 1.15, 1.16 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Haushaltsausschuß Drucksache 11/929 Nr. 2.6 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/929 Nr. 2.31
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    Rede von Norbert Eimer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Kollegin, jeder kann meine Worte nachlesen, kann die Reden der SPD nachlesen. Hier wurde von beidem gesprochen. Ich



    Eimer (Fürth)

    habe zunächst von Ausbildungsplätzen gesprochen. Beide Aussagen von Ihnen stimmen nicht.
    Meine Damen, ich will ein Beispiel bringen, das ich, soviel ich weiß, schon einmal gebracht habe. Ein Jugendlicher ist jemand, der gerade aus dem Kinderzimmer ins Wohnzimmer geht. Die Aufgabe der Jugendpolitik ist es, den jungen Menschen über die Türschwelle zu helfen. Hier sind nicht nur die Familienmitglieder, die Eltern angesprochen, sondern auch die Freunde, die Jugendverbände usw. Natürlich kann diese Hilfe in einer pluralen Gesellschaft nicht die Familie allein geben. Es müssen welche da sein, die beiden helfen: denen, die über die Schwelle kommen, und denen, die über die Schwelle helfen sollen. Deswegen ist es völlig müßig, darüber zu streiten, ob Jugendhilfe eigenständig sein soll oder nicht. Das ist kein Streitpunkt. Ich glaube, diese Frage wird künstlich hochgezogen.
    Daß sich die Jugendlichen dabei in Jugendverbänden zusammenfinden und sich gegenseitig über diese Schwelle helfen, daß so etwas vom liberalen Ansatz her selbstverständlich und förderungswürdig ist und unterstützt werden muß, sollte klar und kein Streitpunkt sein. Auch die Union ist dieser Meinung. Insofern gibt es hier überhaupt keinen Gegensatz, den man künstlich hochpushen könnte.

    (Frau Karwatzki [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Ich glaube auf der anderen Seite, daß in der Darstellung der Familienpolitik und der Jugendförderung Fehler gemacht werden. Wir haben ein Programm zur umfangreichen Förderung der Familie aufgestellt. Die erste Stufe der Steuerreform, die wir vorgezogen haben, beinhaltete den Familienlastenausgleich. Es ist nicht ganz redlich, wenn man sich aus diesen Dingen immer nur das heraussucht, was einem gerade ins Konzept paßt, und nicht das gesamte Konzept betrachtet. Das ist nicht redlich.
    Ich glaube aber — und das ist wohl der gravierende Gegensatz zwischen Koalition und Opposition — , daß sich der Staat und auch die Verbände bei der Setzung von Erziehungszielen zurückhalten müssen. Das ist einzig und allein das Recht der Eltern. Ich wiederhole: Jugendliche werden sehr schnell Erwachsene. Sie werden dann Verantwortung tragen und an der Gestaltung dieser Gesellschaft, dieses Staates mitarbeiten wie jeder andere Erwachsene auch. Deshalb muß man ihnen schnell über diese Schwelle helfen. Man darf nicht versucht sein, sie lange als Klientel der Betreuung zu behalten. Dieser Versuchung dürfen weder Eltern noch Jugendverbände erliegen. Das alte Jugendwohlfahrtsgesetz war ein Eingriffs- und Kontrollgesetz. Um im Bild zu bleiben, das ich gebraucht habe: Es sollte helfen, wenn das Kind gestolpert war, und erreichen, damit es möglichst nicht stolpert.
    Daß das nicht befriedigend ist, ist verständlich. So hat sich auch die Praxis immer mehr davon gelöst und in Richtung einer offensiven und präventiven Jugendhilfe orientiert. Das alte Gesetz trägt dem nicht Rechnung. Ein Gesetz zur Neuordnung des Jugendwohlfahrtsgesetzes befindet sich in Vorbereitung. Wir hätten das Ganze gerne etwas beschleunigt. So wie Jugendverbände ungeduldig sind, sind auch wir ungeduldig. Eine Fülle von Anregungen müssen im Gesetzentwurf berücksichtigt werden. — Die Zeit drängt; daher will ich sie nur ganz kurz aufzählen: strukturelle Veränderungen der Familie, hohe Scheidungsraten, Alleinerziehende, Bewußtseinsänderung der Frauen. Frau Kollegin, Sie haben das alles sehr ausführlich aufgezählt.
    Meßbar werden diese Ergebnisse des Jugendberichts aber erst dann, wenn die Novellierung des Jugendhilferechts vorliegt. Ich wiederhole: Es sollte schneller gehen. Das gilt vor allem für die Absprache mit den Ländern.
    Ich will zu dem Bild zurückkommen: Wir dürfen den Jugendlichen, die wir aus dem Kinderzimmer ins Eßzimmer führen, nicht nur sagen: Bedient euch mal schön!, sondern wir müssen ihnen auch sagen: Das ist erarbeitet worden, und jetzt müßt auch ihr dazu beitragen, auch ihr seid verantwortlich dafür. — Wenn wir das nicht tun, erwecken wir Hoffnungen, die sich dann im Leben als Erwachsener nicht realisieren lassen. Auch das ist eine Aufgabe der Jugendpolitik, für die wir Verantwortung tragen. Wenn wir diese Verantwortung gemeinsam tragen, dann können wir die Probleme besser lösen, als wenn wir versuchen, hier im Plenum Gegensätze aufzubauen. Ich habe mich bemüht, das nicht zu tun. Ich weiß, daß auch in der Opposition, vor allem in der SPD, Bestrebungen da sind, so zu verfahren. Das Angebot gilt. Ich hoffe, daß wir in Zukunft in dieser Weise besser zusammenarbeiten können, daß es in Zukunft vielleicht zu gemeinsamen Entschließungen kommt.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Böhme [Unna] [SPD]: Ein bißchen streiten muß man doch!)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Krieger.

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    Rede von Verena Krieger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Jugendbericht, von dem hier heute die Rede ist, ist in Wirklichkeit überhaupt kein richtiger Jugendbericht, denn er handelt eigentlich vielmehr von der Familie und davon, wie sie gestärkt werden kann. Das ist sicher kein Zufall, denn die Regierung hat sich genau einen solchen Bericht auch bestellt.
    In einer Zeit, wo es vorrangig wäre, das Jugendhilferecht grundlegend neuzugestalten und die Finanzierung von Jugendhilfe und Jugendarbeit auf bessere Füße zu stellen, kommt es natürlich einfach billiger, die Wichtigkeit der Familie für Kinder und Jugendliche zu betonen und obendrein — dreist genug ist es — an die Träger der Jugendhilfe zu appellieren, hier zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. Bei dieser Reduzierung des Blickwinkels auf die Familie geraten zwangsläufig die realen Probleme zahlreicher Jugendlicher aus dem Blickfeld, und das ist wohl auch beabsichtigt.

    (Vorsitz : Vizepräsident Cronenberg)

    Wenn es nämlich um die tatsächlichen Probleme von Jugendlichen, wie Zukunftsangst, Arbeitslosigkeit und finanzielle Abhängigkeit von den Eltern, ginge, dann müßte die Bundesregierung auch einmal



    Frau Krieger
    dazu Stellung nehmen, welche Maßnahmen sie gegen diese gesellschaftlichen Probleme ergriffen hat. Von der politischen Verantwortlichkeit der Regierung soll hier abgelenkt werden. Deswegen ist dieser ganze Bericht samt Stellungnahme ein einzigartiges politisches Ablenkungsmanöver.
    Weder im Jugendbericht noch in der Stellungnahme der Bundesregierung wird z. B. erwähnt, daß rechtsradikale und neofaschistische Gruppen immer mehr Zulauf von Jugendlichen bekommen, immer stärker und vor allen Dingen auch immer militanter werden. Vor wenigen Tagen erst haben rechtsradikale Skinheads ein autonomes Jugendzentrum in Mannheim überfallen und mit Tränengas gesprüht. Da war es gerade eine Woche her, daß in Hannover ebenfalls rechte Skins ein Jugendzentrum überfallen und einen jungen Mann fast totgeschlagen haben.
    So ist im Moment die Realität. Es ist auch kein Wunder, daß es so ist, denn der Lebensalltag wird für immer mehr Jugendliche immer aussichtsloser und immer härter. Welche Heimat, welche Perspektive sollen sie auch finden, als eben u. a. in solchen Gruppierungen, zu denen es in vielen Orten zudem kaum mehr attraktive Alternativen gibt. Außerdem ist das gesellschaftliche Klima in der Bundesrepublik der allerbeste Nährboden für solche Entwicklungen. Oder wie anders soll man es nennen, wenn in einem sogenannten Historikerstreit deutsche Professoren die Einmaligkeit des nationalsozialistischen Horrors öffentlich in Frage stellen können? Wie soll man es nennen, wenn in dieser Gesellschaft Entnazifizierung reibungslos funktioniert wie Wäschewaschen, wenn sogenannte hochgestellte Persönlichkeiten — in diesem unserem Lande — vom Ex-Ministerpräsidenten bis zum Ex-Bundespräsidenten — ihre schmutzigen Westen unter persilweißen Amtsgewändern verstecken können, wenn im Nachbarland ein Waldheim von seiner Pflicht herumschwadroniert, die er getan hätte, keiner Schuld bewußt, und wie sollen Jugendliche gegenüber Ausländerfeindlichkeit eigentlich sensibel werden, wenn ihnen die Bundesregierung diese Ausländerfeindlichkeit täglich aufs neue vorexerziert?

    (Beifall bei den GRÜNEN — Frau Karwatzki [CDU/CSU]: Das ist doch eine Frechheit!)

    Wer das Neonaziproblem in Angriff nehmen will, muß an die Ursachen heran. An allererster Stelle stehen bei den Ursachen u. a. nach wie vor die Ausbildungslosigkeit und Arbeitslosigkeit von Jugendlichen.

    (Frau Karwatzki [CDU/CSU]: Herr Präsident, das ist eine Frechheit!)

    Solange diese Probleme nicht gelöst sind, so lange wird Neofaschismus eine Gefahr für diese Gesellschaft sein.

    (Bohl [CDU/CSU]: Von welchem Punkt der Tagesordnung reden Sie eigentlich?)

    Aber die Bundesregierung hat bis heute praktisch nichts gegen die Jugendarbeitslosigkeit unternommen, außer Sprechblasen zu produzieren und unseriöse Zahlenspielchen zu betreiben. Die Realität sieht jedenfalls so aus, daß nach wie vor etwa 460 000 Jugendliche unter 25 Jahren ohne Arbeit und mehr als die Hälfte von ihnen ohne Ausbildung sind.
    Am schlimmsten dran sind dabei die Mädchen und jungen Frauen. Ich frage mich: Warum ist von diesen Mädchen weder im Jugendbericht noch in der Stellungnahme der Regierung überhaupt groß die Rede? Man könnte meinen, es hätte nie einen Sechsten Jugendbericht gegeben, der schließlich so überdeutlich aufgezeigt hat, wie drastisch Mädchen in allen Bereichen der Gesellschaft benachteiligt sind. Offenbar gehen sie davon aus, daß mit diesem einen Bericht damals — der ohnehin folgenlos blieb — das Pflichtpensum in Sachen Mädchenprobleme für die nächsten Jahrzehnte abgehakt worden ist. Dieser Jugendbericht ist in Wirklichkeit jedenfalls ein Jungenbericht.
    Ein anderes gravierendes Mädchenproblem wird ebenfalls unter den Teppich gekehrt. Ich spreche von der sexuellen Gewalt gegen Mädchen; ein Thema, das immer noch ein gesellschaftliches Tabu ist. Der Jugendbericht hat ja qua Aufgabenstellung vor allem das Hohelied der heilen Familienidylle zu singen. Eine realistische Darstellung des Ausmaßes sexueller Gewalt gegen Mädchen in der Familie würde dieses heile Bild allerdings unweigerlich zerstören. 150 000 bis 300 000 Mädchen werden nach Schätzungen jährlich sexuell mißbraucht. Ein Viertel der Täter sind Väter und Stiefväter, weitere 11 % sind enge Freunde der Familie und Verwandte, wie Schwager, Großvater und Onkel.

    (Bohl [CDU/CSU]: Zu welchem Punkt der Tagesordnung reden Sie eigentlich?)

    Das bedeutet im Klartext: Mädchen müssen vor dem treusorgenden Familienvater und vor dem netten Nachbarn von nebenan im Grunde mindestens genausoviel Angst haben wie vor dem schwarzen Mann.
    Mich wundert es nicht, daß man hier nicht so gern darüber spricht, denn über sexuelle Gewalt gegen Mädchen zu sprechen, bedeutet, auch auszusprechen, daß die Familie keineswegs immer nur der Hort der Liebe und Geborgenheit ist,

    (Beifall bei den GRÜNEN — Bohl [CDU/ CSU]: Das wissen wir auch!)

    sondern für viele Mädchen schlicht der Ort täglicher Gewalt und fast völligen Ausgeliefertseins.

    (Bohl [CDU/CSU]: Das ist doch völliger Unfug! — Was wollen Sie denn? — Dr. Hoffakker [CDU/CSU]: Sie sind doch für den Sex mit Kindern!)

    Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der GRÜNEN zum sexuellen Mißbrauch von Mädchen in der letzten Leigislaturperiode hat mit brutaler Offenheit deutlich gemacht, wie die Regierung ihre Präferenzen setzt — ich zitiere

    (Bohl [CDU/CSU]: Ihr wollt doch Sex mit Kindern! — Graf von Waldburg-Zeil [CDU/ CSU]: Warum wollen Sie das im Strafrecht abschaffen? — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)




    Frau Krieger
    — hören Sie mal lieber zu; ich muß mir Ihre reaktionären Reden ja auch anhören —:

    (Beifall auf der Zuschauertribüne — Bohl [CDU/CSU]: Sind das die Claqueure von Ihnen, oder wer ist das?)

    Eine einseitige Parteinahme zugunsten der Kinder gegen gewalttätige Familienangehörige über die akute Krisensituation hinaus widerspräche dem Konzept einer längerfristigen therapeutischen Unterstützung des gesamten Familiensystems.
    Mit anderen Worten: Der Regierung ist es wichtiger, das — wie sie es nennt — „Familiensystem" zu retten, als für die betroffenen Mädchen Partei zu nehmen.
    Das ist Ihre Politik — der Vorrang der Familie um jeden Preis. Es ist kein Wunder, wenn dieser Familienvorrangpolitik die Mädchen und letztlich alle Jugendlichen zum Opfer fallen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Eimer [Fürth] [FDP]: Wo ist denn da die Wahrheit? — Bohl [CDU/CSU]: Unerträglich! Miesmacherin! — Zuruf von der CDU/CSU: Beschließen Sex mit Kindern, und dann hier so ein Zirkus!)