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ID1106200200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/62 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 62. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. Februar 1988 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur schriftlichen Kritik des Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern vom 9. Februar 1988 an Vorhaben der Bundesregierung Dr. Vogel SPD 4263 B Dr. Schäuble, Bundesminister BK . . . 4264 B Schily GRÜNE 4266C, 4276B Gattermann FDP 4276 C Dr. Apel SPD 4268 D Dr. Langner CDU/CSU 4269 D Frau Simonis SPD 4271 A Dr. Faltlhauser CDU/CSU 4271D Stiegler SPD 4273 A Beckmann FDP 4273 D Lenzer CDU/CSU 4275 A Dr. Daniels (Bonn) CDU/CSU 4276 D Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jugendhilfe und Familie — die Entwicklung familienunterstützender Leistungen der Jugendhilfe und ihre Perspektiven — Siebter Jugendbericht —; Stellungnahme der Bundesregierung zum Siebten Jugendbericht (Drucksachen 10/6730, 11/1541) Frau Pack CDU/CSU 4278 A Dr. Böhme (Unna) SPD 4280 A Eimer (Fürth) FDP 4283 A Frau Krieger GRÜNE 4284 D Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 4286B Vizepräsident Cronenberg 4288 B Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, Dreßler, Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Chancen und Risiken der Anwendung neuer Methoden der künstlichen Befruchtung und bei Eingriffen in menschliche Keimzellen (Drucksache 11/ 1662) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Kabinettbericht zur künstlichen Befruchtung beim Menschen (Drucksache 11/1856) Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 4289 A Seesing CDU/CSU 4292 B Frau Schmitt-Bott GRÜNE . . . 4294A, 4307 B Funke FDP 4296 A Engelhard, Bundesminister BMJ 4297 D Frau Conrad SPD 4299 B Frau Männle CDU/CSU 4301 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 4302 B Catenhusen SPD 4304 B Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 4306 A Geis CDU/CSU 4308 A Nächste Sitzung 4309 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4310* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4310* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1988 4263 62. Sitzung Bonn, den 26. Februar 1988 Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amling 26. 2. Austermann 26. 2. Frau Beck-Oberdorf 26. 2. Becker (Nienberge) 26. 2. Egert 26. 2. Dr. Ehmke (Bonn) 26. 2. Dr. Glotz 26. 2. Dr. Geißler 26. 2. Genscher 26. 2. Dr. Götz 26. 2. Gröbl 26. 2. Dr. Häfele 26. 2. Frau Hämmerle 26. 2. Hasenfratz 26. 2. Frau Hasselfeldt 26. 2. Hauser (Esslingen) 26. 2. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 26. 2. Helmrich 26. 2. Frau Hensel 26. 2. Jansen 26. 2. Jaunich 26. 2. Jungmann 26. 2. Frau Kelly 26. 2. Klein (Dieburg) 26. 2. Klose 26. 2. Lowack 26. 2. Lüder 26. 2. Frau Dr. Martiny-Glotz 26. 2. Dr. Mechtersheimer 26. 2. Dr. Mertens (Bottrop) 26. 2. Michels 26. 2. Dr. Mitzscherling 26. 2. Möllemann 26. 2. Paintner 26. 2. Poß 26. 2. Dr. Probst 26. 2. Rappe (Hildesheim) 26. 2. Regenspurger 26. 2. Repnik 26. 2. Reuschenbach 26. 2. Frau Rust 26. 2. Frau Schilling 26. 2. Frau Schoppe 26. 2. Schröer (Mülheim) 26. 2. Dr. Spöri 26. 2. Stratmann 26. 2. Frau Trenz 26. 2. Frau Vennegerts 26. 2. Wartenberg (Berlin) 26. 2. Dr. Wernitz 26. 2. Wieczorek (Duisburg) 26. 2. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Wieczorek-Zeul 26. 2. Wissmann 26. 2. Wolfgramm (Göttingen) 26. 2. Frau Wollny 26. 2. Zeitlmann 26. 2. Dr. Zimmermann 26. 2. Zink 26. 2. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 5. Februar 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zu dem Internationalen Kakao-Übereinkommen von 1986 Gesetz zu dem Vertrag vom 19. Dezember 1984 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze Gesetz zu dem Vertrag vom 26. März 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze im Bereich der regulierten Grenzgewässer Breitenbach und Schwarzbach, Kreise Aachen und Malmedy Gesetz zu dem Abkommen vom 16. Mai 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen Gesetz zu dem Vertrag vom 23. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bolivien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz zu dem Vertrag vom 4. Mai 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Östlich des Uruguay über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz zu dem Vertrag vom 20. Oktober 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Nepal über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/138 Nr. 1.10, 1.28, 1.29 Drucksache 11/1181 Nr. 1.1 Drucksache 11/1656 Nr. 1.15, 1.16 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Haushaltsausschuß Drucksache 11/929 Nr. 2.6 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/929 Nr. 2.31
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Jochen Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß die Opposition die Regierung kritisiert, ist nichts Ungewöhnliches. Sie bietet dazu weiß Gott hinreichend und immer häufiger Anlaß.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Aber daß sich die Opposition dabei durch den Vorsitzenden einer Partei unterstützt sieht, die selbst fünf Mitglieder dieser Regierung stellt

    (Gansel [SPD]: Wo sind die?)

    — die prügeln sich gerade wieder; deswegen sind sie nicht hier —

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    und für die Politik dieser Regierung die volle Mitverantwortung trägt, ist durchaus ungewöhnlich, ja nahezu einmalig. Und eben das tut Herr Strauß seit seinem Brief vom 9. Februar 1988, in dem er dem Bundeskanzler in origineller Weise bald per Du, bald per Sie die Leviten liest, nahezu täglich.
    So hat er den heutigen Zeitungen zufolge erst gestern seinen bisherigen originellen Vorwürfen in Richtung des Bundeskanzlers und seiner nächsten Umgebung die Vorwürfe des Dünkels, des Hochmuts und der unverschämten Flegelei hinzugefügt.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Das ist die Sprache der geistig-moralischen Erneuerung, die hier deutlich wird.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Ich will gar nicht auf die Einzelheiten der Straußschen Kritik eingehen. Er wiederholt in mehreren Punkten nur unsere Argumente, etwa unsere Argumente gegen die Abschaffung der Gewerbesteuer oder, wie er sich ausdrückt, gegen die Monstrositäten der Quellensteuer.
    Im Vordergrund steht etwas ganz anderes, nämlich die Tatsache, daß Herr Strauß, den der Bundeskanzler so lange als seinen Männerfreund bezeichnet und noch vor kurzem als seinen persönlichen Beauftragten auf Reisen geschickt hat, um ihn wenigstens für ein paar Tage los zu sein,

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Herrn Stoltenberg und Herrn Kohl in rüder Weise und in einer Sprache, die ihresgleichen sucht, in aller Öffentlichkeit demontiert, ja persönlich herabsetzt.
    In dieser Koalition, in dieser Regierung wisse die rechte Hand nicht, was die linke tue; der Bundeskanzler lasse einen erschreckenden Mangel an politischer Linie und politischer Führung erkennen, sagt Herr Strauß. Ich widerspreche ihm ja gar nicht; wo er recht hat, hat er recht. Wir sagen das ja auch.
    Aber, meine Damen und Herren, wie weit muß es eigentlich mit einer Regierung und einer Koalition gekommen sein, in der sich die angeblichen Partner derartiges ins Stammbuch schreiben?

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Stoltenberg — sagen Sie ihm schöne Grüße von uns —, sagt Herr Strauß weiter, arbeite schlampig. Er lege — in diesem Fall bei der Quellensteuer — Vorschläge vor, die im Gegensatz zu seinen bisherigen Erklärungen stünden; oder, im Originalton Strauß, er habe selbst nicht gewußt — Sie wissen es ja auch nicht, Herr Voss —, welche Konsequenzen seine Vorschläge hätten. Das heißt doch, in die deutsche Sprache übersetzt, daß Herr Strauß Herrn Stoltenberg für arglistig oder für beschränkt hält oder für beides.

    (Beifall bei der SPD)

    Läßt sich sowas eigentlich in Ton und Inhalt noch
    überbieten? Warum nimmt sich eigentlich Herr Strauß
    gerade in diesem Zeitpunkt Herrn Stoltenberg vor?



    Dr. Vogel
    Will er vielleicht einen schon Fallenden auch noch stoßen? Ist das die Motivation des Herrn Strauß?
    Die Sache hat noch eine andere Seite, nämlich die Tatsache, daß Herr Strauß und die Herren der CSU draußen lärmen, aber nicht den Mut aufbringen, das, was sie draußen verbreiten, hier in diesem Saal dem Bundeskanzler oder Herrn Stoltenberg ins Gesicht zu sagen. Warum wiederholen Sie, Sie Helden von der CSU, nicht hier in diesem Saal, was Ihr Meister in Passau und Schwabing und allerorten sagt?

    (Beifall bei der SPD)

    Dann könnten sich die Betroffenen wenigstens hier zur Wehr setzen gegen Ihre „geistreichen", Ihre „wohlartikulierten" Vorwürfe! Spüren Sie eigentlich gar nicht, meine Herren, daß Sie den Parlamentarismus in den Augen unseres Volkes zur Farce werden lassen mit diesem Doppelspiel?

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Ich frage mich, wie der Herr Bundeskanzler eigentlich mit einer solchen Mannschaft noch glaubwürdig die Regierungsverantwortung wahrnehmen will. Mit seiner Neigung zu etwas ausgefallenen Vergleichen, deren Auswirkungen er allerdings manchmal nicht ganz übersieht, hat er gesagt, die Karawane, also die Kamele hier, zögen weiter, wenn auch, so muß man wohl ergänzen, die Hunde, also Sie, am Rande bellen.
    Aber das kann doch wohl nicht die ganze Antwort eines Regierungschefs sein. Die Kamele ziehen ja auch gar nicht weiter, die Kamele kommen überhaupt nicht vom Fleck, weil sich die Kameltreiber unentwegt prügeln.
    Nein, so sind die Probleme, vor denen unser Volk steht, nicht zu bewältigen. Deshalb fordern wir den Bundeskanzler auf — Herr Schäuble, sagen Sie ihm einen schönen Gruß, wenn er gerade die Flegeleien bekämpft — : Bringen Sie Ihren Laden endlich in Ordnung. Sorgen Sie für ein Mindestmaß an Führung. Trennen Sie sich in Gottes Namen auch einmal von Leuten, die ständig querschießen.
    Die Probleme, vor denen unser Volk steht, erlauben das Durcheinander nicht, das bei Ihnen herrscht. Unser Volk hat etwas Besseres verdient.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Bötsch [CDU/ CSU]: Jawohl, Herr Lafontaine! — Dr. Faltlhauser [CDU/CSU]: Auch eine bessere Opposition!)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Vogel, das Thema, zu dem Ihre Fraktion den Antrag auf diese Aktuelle Stunde gestellt hat, lautet: Haltung der Bundesregierung zur schriftlichen Kritik des Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern vom 9. Februar 1988 an Vorhaben der Bundesregierung. Ich habe den Brief des bayerischen Ministerpräsidenten vom 9. Februar an den Bundeskanzler auch ohne Ihren Antrag aufmerksam gelesen. Briefe von Franz Josef Strauß werden vom Bundeskanzler und vom Kanzleramt immer mit aufgeschlossenem Interesse zur Kenntnis genommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das entspricht schon der Bedeutung von Franz Josef Strauß als Ministerpräsident eines Bundeslandes und als Vorsitzender der Christlich-Sozialen Union. Das ist ebenso begründet durch den sachlichen Gehalt seiner Aussagen

    (Lachen bei der SPD)

    wie durch die ja wohl unbestrittene Sachkompetenz von Franz Josef Strauß.
    Im übrigen, Herr Kollege Vogel, unterscheiden wir uns möglicherweise dadurch von Ihnen, daß wir kritische Anmerkungen und kritische Anregungen immer ernst nehmen und von dem Verdacht besserwisserischer Überheblichkeit befreit sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich kann mich — auch nach Ihrer Rede, Herr Kollege Vogel — allerdings nicht des Eindrucks erwehren, daß Sie den Brief von Franz Josef Strauß offensichtlich überhaupt nicht gelesen haben. Andernfalls ist die Formulierung Ihres Antrags nicht verständlich.
    Franz Josef Strauß kritisiert in seinem Brief zwar Äußerungen einzelner Mitglieder der Koalitionsparteien, und er macht auch kritische Anmerkungen zu Teilen des Referentenentwurfs zur Steuerreform, aber er kritisiert eben gerade nicht die Bundesregierung und nicht die von allen Parteien der Koalition der Mitte gemeinsam getragene Politik.

    (Lachen bei der SPD — Dr. Vogel [SPD]: Wie man sich täuschen kann!)

    An und für sich, Herr Kollege Vogel, zögere ich etwas, hier auf Einzelheiten des Schreibens von Franz Josef Strauß einzugehen, und zwar deshalb, weil er in seiner gestrigen Pressekonferenz in Bonn die Veröffentlichung seines Briefes ausdrücklich bedauert und gerügt hat.

    (Dr. Vogel [SPD]: Warum haben Sie ihn veröffentlicht?)

    Der Bundeskanzler teilt die Kritik an dieser Indiskretion.

    (Dr. Vogel [SPD]: Sie sind ein Flegel, hat er gesagt!)

    Indem wir in dieser Aktuellen Stunde über einen Brief zwischen den Vorsitzenden der beiden Unionsparteien diskutieren, dessen Veröffentlichung sowohl durch den Absender wie durch den Adressaten bedauert wird, prämiieren wir letztlich

    (Dr. Vogel [SPD]: Uui!)

    — Herr Kollege Vogel, Sie sind doch sonst so für die Kleiderordnung — diese Art von Indiskretionen, die Franz Josef Strauß gestern

    (Dr. Vogel [SPD]: Sagt man in Passau dasselbe? Schäuble nach Passau!)




    Bundesminister Dr. Schäuble
    — ausdrücklich als ausgemachte Flegelei bezeichnet hat.
    Ich will dennoch, Herr Präsident, aus Respekt vor dem Hohen Hause einige wenige Anmerkungen machen. Was die Diskussion über eine Abschaffung der Gewerbesteuer betrifft, so ist zunächst einmal völlig klar, daß die Bundesregierung und alle Teile der sie tragenden Koalition sich dafür entschieden haben, in dieser Legislaturperiode das Schwergewicht der Steuerpolitik auf die Reform unserer Lohn- und Einkommensteuer zu legen, die für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft wie für die leistungsgerechte Besteuerung der Einkommen aller Bürger, insbesondere der Arbeitnehmer, unverzichtbar ist. Ebenso unbestritten ist — die Bundesregierung hat dies gerade erst im Jahreswirtschaftsbericht 1988, den wir in der nächsten Woche debattieren werden, wieder festgestellt —, daß die Unternehmensbesteuerung langfristig reformiert werden muß.
    Im Zuge der Vollendung des Binnenmarktes in der Europäischen Gemeinschaft werden wir die Steuersysteme unausweichlich harmonisieren müssen. Dabei gilt, wie der Bundeskanzler wiederholt erklärt hat, daß die Reform der Gewerbesteuer eine angemessene Lösung voraussetzt, die von allen Beteiligten mitgetragen werden kann und die den Gemeinden einen entsprechenden finanziellen Ausgleich bei Wahrung ihrer finanziellen Selbstverantwortung sichert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch insoweit besteht mit Franz Josef Strauß vollständige Übereinstimmung.
    Zur Energiepolitik will ich mich auf den Hinweis beschränken, daß der Sprecher der Bundesregierung, Staatssekretär Friedhelm Ost, zuletzt am 10. Februar nach einer Sitzung der Bundesregierung erneut mitgeteilt hat, daß die Bundesregierung an ihrer Energiepolitik festhält, die neben der Steinkohle und Braunkohle als den heimischen Energieträgern die friedliche Nutzung der Kernenergie als eine wesentliche Grundlage der Energieversorgung in der Bundesrepublik Deutschland ansieht. Auch insoweit besteht eine vollständige Übereinstimmung mit dem bayerischen Ministerpräsidenten.

    (Dr. Vogel [SPD]: Töpfer-Papier!)

    Zu den kritischen Äußerungen von Franz Josef Strauß zu Einzelheiten des Referentenentwurfs zur Steuerreform verweise ich auf die §§ 24 ff. der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien.

    (Lachen bei der SPD)

    — Herr Kollege Vogel, man muß sie Ihnen vorlesen.
    Danach können bei der Vorbereitung von Gesetzen die Vertretungen der beteiligten Fachkreise oder Verbände bzw. müssen die Vertretungen der Länder beim Bund unterrichtet und muß ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Auch Mitgliedern des Bundestages, der Presse oder anderer nicht amtlich beteiligter Stellen oder Personen können Entwürfe aus den Ministerien zugänglich gemacht werden, bevor die Bundesregierung sie verabschiedet hat.

    (Gansel [SPD]: Kriegt Stoltenberg ihn auch?)

    Bei der Unterrichtung ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß es sich um einen vom federführenden Minister und von der Bundesregierung noch nicht gebilligten unverbindlichen Referentenentwurf handelt.

    (Dr. Vogel [SPD]: Der kennt ihn gar nicht!)

    — Sie waren doch mal Mitglied der Bundesregierung, Sie müssen doch die Geschäftsordnung kennen.

    (Dr. Vogel [SPD]: So haben wir uns nicht aufgeführt wie Sie!)

    Ziel dieser Bestimmungen ist, schon vor der politischen Entscheidung der Bundesregierung Beteiligte oder Betroffene zu hören und ihre Argumente bei der Entscheidung mitzuberücksichtigen. Dadurch sollen Entscheidungen am grünen Tisch vermieden werden, und ich plädiere sehr dafür, den Sinn dieser Bestimmungen nicht in Frage zu stellen. Aber dieser von der Geschäftsordnung vorgesehene öffentliche Diskussionsprozeß vor der politischen Entscheidung der Bundesregierung, setzt eben die Bereitschaft zu kritischer Diskussion und gegebenenfalls zur Korrektur
    — übrigens auch zum Zuhören, Herr Kollege — voraus.

    (Duve [SPD]: Eine Regierungserklärung zur Geschäftsordnung!)

    Es setzt auch voraus, daß man bereit ist, die Ergebnisse einer solchen Diskussion am Ende bei der Entscheidung mitzuberücksichtigen. Wer dies zum Gegenstand politischer Angriffe macht, verbessert die Qualität politischer Entscheidungsprozesse nicht.

    (Lachen bei der SPD)

    Ich weiß, daß auch der vom federführenden Minister noch nicht politisch gebilligte Entwurf politische Bedeutung haben kann. Dem entspricht ja auch die Vorschrift des § 24 Abs. 2 der Geschäftsordnung, daß bei „Gesetzentwürfen von besonderer politischer Bedeutung" vor dieser Fühlungnahme die „Entscheidung des Bundeskanzlers einzuholen" ist. Dementsprechend war es auch notwendig und richtig, die Grundlinien eines so bedeutsamen Gesetzes wie der Steuerreform in der Koalition ausführlich zu erörtern. Dies aber ist gerade kein Widerspruch zur Bereitschaft zur Diskussion und gegebenenfalls auch zur Bereitschaft zur Korrektur einzelner Punkte vor der politischen Entscheidung der Bundesregierung.

    (Gansel [SPD]: Und das nach Aschermittwoch!)

    Im übrigen will ich Ihnen auch sagen, meine Damen und Herren von der Opposition, die Sie offensichtlich überhaupt nicht zuhören wollen: Es führt kein Weg daran vorbei, daß jede strukturelle Änderung in unserem demokratischen Staat und in unserer pluralistischen Gesellschaft zwangsläufig vielfältige Diskussionen in Gang setzen muß. Die Pluralität von Interessen und Argumenten spiegelt sich notwendigerweise auch im Willensbildungsprozeß von Koalition und großen Volksparteien wider. Andernfalls würde



    Bundesminister Dr. Schäuble
    jede Sensibilität für die Empfindungen der Bürger verlorengehen.

    (Lachen bei der SPD)

    Wer solche Diskussionsprozesse fürchtet, wird am Ende wie Sie in 13 Jahren in jedem Einzelfalle auf notwendige strukturelle Anpassungen verzichten. Die Folgen einer solchen Politik, die die notwendigen Strukturentscheidungen wegen der Gefahr kritischer Auseinandersetzungen unterlassen hat, haben wir alle bis zum Herbst 1982 verspürt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die von Helmut Kohl geführte Bundesregierung arbeitet noch immer daran, die aufgestauten Ergebnisse dieser Versäumnisse Schritt um Schritt abzuarbeiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Wir sind dabei gut vorangekommen, und wir haben notwendige Auseinandersetzungen und Diskussionen nie gescheut. Aber die Ergebnisse dieser Politik lohnen die Anstrengungen. Ohne die Auseinandersetzungen etwa um den Vollzug des NATO-Doppelbeschlusses hätten wir heute nicht die erreichten Abrüstungsfortschritte erzielen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ohne das Ringen um die Einführung schadstoffarmer Autos in der Europäischen Gemeinschaft

    (Lachen bei der SPD)

    hätten wir keine Fortschritte in der Verringerung der Luftverschmutzung und bei der Bekämpfung des Waldsterbens erzielen können.

    (Gansel [SPD]: Das ist die Karawane, die der Fata Morgana entgegenzieht!)

    Ohne die Auseinandersetzungen um die Einführung von Erziehungszeiten und Erziehungsurlaub hätten wir die Fortschritte in der Familienpolitik nicht erreichen können.
    Meine Damen und Herren, wir haben diese und viele andere Reformen Schritt um Schritt durchgesetzt, ohne die zwangsläufigen Diskussionen in voller Würdigung der Argumente pro und contra zu fürchten. Der Erfolg gibt uns in jedem Einzelfall recht, und er dient den Bürgern unseres Landes.
    So werden wir auch die notwendigen Strukturentscheidungen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und damit der Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung und letztlich für die Gestaltung unserer Zukunft Schritt um Schritt durchsetzen, entschlossen, das Notwendige zu tun, aber auch offen für alle kritischen Einwände und Argumente. Wer glaubt, eine große Steuerreform oder eine Reform unseres Gesundheitswesens ohne öffentliche Auseinandersetzungen meistern zu können, hat von der politischen Wirklichkeit unseres Landes keine Ahnung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Bundesregierung und alle Teile der sie tragenden Koalition bleiben entschlossen, das für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes Notwendige zu tun, auch wenn wir um die Schwierigkeiten dieses Weges wissen. Die Bürger unseres Landes haben einen Anspruch auf politische Führung,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Beifall bei der SPD)

    die sich nicht vor kritischen Entscheidungen und Diskussionen scheut. Sie werden die Ergebnisse dieser Politik nicht an den zeitweiligen Irritationen durch solche Diskussionen messen, sondern an den sachlichen Erfolgen dieser Politik.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)