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ID1105601200

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    Plenarprotokoll 11/56 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 56. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Januar 1988 Inhalt: Nachruf auf den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Werner Nachmann 3895 A Tagesordnungspunkt 17: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 85/3/EWG über die Gewichte, Abmessungen und bestimmte andere technische Merkmale bestimmter Fahrzeuge des Güterkraftverkehrs (Drucksachen 11/929 Nr. 2.26, 11/1007) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Einführung gemeinsamer Regeln für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen (Drucksachen 11/439 Nr. 2.10, 11/1008) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Personenverkehr mit Kraftomnibussen innerhalb eines Mitgliedstaates, in dem sie nicht ansässig sind (Drucksachen 11/138 Nr. 3.150, 11/1016) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission an den Rat Ausschaltung der Verzerrungen der Wettbewerbsbedingungen im Güterkraftverkehr, Untersuchung über Kraftfahrzeugsteuern, Mineralölsteuern und Straßenbenutzungsgebühren (Drucksachen 11/138 Nr. 3.147, 11/1017) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung des Rates über den Zugang zum Markt im Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten (Drucksachen 11/138 Nr. 3.146, 11/1196) Straßmeir CDU/CSU 3896 A Daubertshäuser SPD 3897 C Gries FDP 3899 B Frau Brahmst-Rock GRÜNE 3901 B Dr. Warnke, Bundesminister BMV 3903 A Dr. Niese SPD 3904 D Haungs CDU/CSU 3906 C Antretter SPD 3907 C Dr. Jobst CDU/CSU 3909 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1988 Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Anwendung der Begriffe „bio", „biologisch", „öko" und „ökologisch" zur Kennzeichnung von Lebensmitteln im Handel (Biokennzeichnungsgesetz für Lebensmittel) (Drucksache 11/1039) Frau Saibold GRÜNE 3911B Kroll-Schlüter CDU/CSU 3912B Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 3913 A Heinrich FDP 3913 D Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Saibold und der Fraktion DIE GRÜNEN: Berufung eines Ernährungsrates (Drucksache 11/856) Frau Saibold GRÜNE 3914 D Dr. Hoffacker CDU/CSU 3915 D Frau Dr. Götte SPD 3917 A Frau Würfel FDP 3918A Pfeifer, Parl. Staatssekretär BMJFFG 3919B Tagesordnungspunkt 20: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen für die Jahre 1985 bis 1988 gemäß § 12 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. Juni 1967 (Elfter Subventionsbericht) (Drucksache 11/1338) Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF 3920 B Frau Simonis SPD 3921 D Roth (Gießen) CDU/CSU 3923 D Sellin GRÜNE 3925 A Beckmann FDP 3925 D Nächste Sitzung 3926 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3927* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3927* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1988 3895 56. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1988 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Beck-Oberdorf 22. 1. Dr. Bötsch 22. 1. Brandt 22. 1. Brück 22. 1. Büchner (Speyer) 22. 1. Carstens (Emstek) 22. 1. Clemens 22. 1. Daweke 22. 1. Dr. Dregger 22. 1. Ebermann 22. 1. Dr. Ehrenberg 22. 1. Frau Eid 22. 1. Francke (Hamburg) 22. 1. Gattermann 22. 1. Dr. Geißler 22. 1. Dr. Glotz 22. 1. Großmann 22. 1. Grünbeck 22. 1. Grüner 22. 1. Dr. Haack 22. 1. Dr. Haussmann 22. 1. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 22. 1. Frau Dr. Hellwig 22. 1. Dr. Hitschler 22. 1. Frau Hoffmann 22. 1. Ibrügger 22. 1. Kißlinger 22. 1. Klein 22. 1. Dr. Kohl 22. 1. Kolbow 22. 1. Kreuzeder 22. 1. Lowack 22. 1. Dr. Mahlo 22. 1. Meyer 22. 1. Dr. Möller 22. 1. Petersen 22. 1. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Reschke 22. 1. Reuschenbach 22. 1. Dr. Rose 22. 1. Schäfer 22. 1. Dr. Scheer 22. 1. Frau Schilling 22. 1. Frau Schmidt (Nürnberg) 22. 1. Dr. Schmude 22. 1. Dr. Schöfberger 22. 1. Freiherr von Schorlemer 22. 1. Schwarz 22. 1. Frau Seiler-Albring 22. 1. Dr. Spöri 22. 1. Dr. Stoltenberg 22. 1. Vahlberg 22. 1. Frau Dr. Vollmer 22. 1. Vosen 22. 1. Dr. Wernitz 22. 1. Frau Weyel 22. 1. Wieczorek (Duisburg) 22. 1. von der Wiesche 22. 1. Wischnewski 22. 1. Wissmann 22. 1. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/973 Nr. 2.13 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/253 Nr. 2.30 Drucksache 11/439 Nr. 2.13 Drucksache 11/779 Nr. 2.57
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rolf Niese


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Ein Gespenst geht um in Europa: Liberalisierung ohne Harmonisierung." Ich glaube, treffender als die „Verkehrsrundschau" im November 1987 kann man es nicht zum Ausdruck bringen. Das Dilemma der EG-Verkehrspolitik liegt eben in der schrittweisen Vollziehung der Liberalisierung ohne gleichzeitige und gleichgewichtige Harmonisierung der Wettbewerbsverzerrungen. Dem Verkehrsminister ist es bislang nicht gelungen, Harmonisierung und Liberalisierung in Einklang zu bringen. Auch Ihre heutigen
    Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1988 3905
    Dr. Niese
    Ausführungen, Herr Bundesverkehrsminister, bewegen mich nicht dazu, diese Beurteilung abzuändern.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Deutsche Interessen werden einseitig auf dem europäischen Altar geopfert. Oder sollen wir es etwa als Fortschritt ansehen, daß sich der EG-Verkehrsministerrat in Sachen Regelung des Gemeinschaftskontingentes bis auf weiteres vertagt hat? Ist tatsächlich die Gefahr des Automatismus der jährlichen Aufstockung der Gemeinschaftskontingente um 40 % gebannt? Ich sage nein.
    Notwendig und wichtig ist aber, daß wir auch bei einem europäischen Binnenmarkt eine Kapazitätssteuerung haben, um ruinösen Wettbewerb zu verhindern.

    (Beifall bei der SPD)

    Bevor wir uns überhaupt einen freieren Marktzugang leisten können, muß die Bundesrepublik ihren europäischen Partnern erst noch Harmonisierungsschritte auf den Feldern Steuervorschriften, Sozialvorschriften und technische Vorschriften abringen. Die Kontrolle der Einhaltung dieser Vorschriften muß endlich vereinheitlicht werden. Verstöße, vor allem gegen die Sozialvorschriften, müssen, wenn wir deutschen Transportunternehmen nicht weiter Wettbewerbsnachteile auf dem europäischen Verkehrsmarkt zumuten wollen, einheitlich sanktioniert werden, Ich kann mir keinen funktionierenden Wettbewerb im europäischen Verkehrsmarkt vorstellen, wenn die deutsche Kfz-Steuer und die Steuer für Dieselkraftstoff weiterhin im europäischen Vergleich Spitzenreiter bleiben.
    Herr Verkehrsminister, auch Sie haben die unterschiedlichen Wegekostenbelastungen anerkannt. Warum ergreifen Sie dann aber nicht die Möglichkeiten, die Sie für nationale Politik haben?

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Greifen Sie unseren Vorschlag der Schwerverkehrsabgabe auf, und Sie beseitigen einen Teil der Wettbewerbsnachteile für die deutschen Transportunternehmen. Hier sind Sie gefordert.

    (Beifall bei der SPD)

    Gerade was diese Wettbewerbsverzerrungen anbetrifft, die ich eben geschildert habe, möchte ich als Hamburger Abgeordneter darauf hinweisen, daß auch hieraus erhebliche Nachteile für unsere deutschen Seehäfen entstehen.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    Es verwundert ja nicht, wenn bei diesen Wettbewerbsnachteilen die Waren ihren Weg über die sogenannten ARA-Häfen nehmen, also z. B. Rotterdam, und dann auch der Seehafenhinterlandverkehr dort von z. B. holländischen Verkehrsunternehmen bedient wird — zu Lasten unserer Verkehrsunternehmen.
    Ein weiterer Punkt sind die Sozialvorschriften. Zwar sind sie in Europa auf dem Papier vereinheitlicht, z. B. Lenk- und Ruhezeiten, aber die Anwendung dieser Vorschriften, die Überwachung und die Ahndung von Verstößen wird unterschiedlich streng
    gehandhabt. In keinem Staat der EG werden diese Vorschriften strenger überwacht — das muß zugegeben werden — als in der Bundesrepublik. Dies ermöglicht aber ausländischen Transportunternehmen, die teilweise einer weniger strengen Überwachung unterliegen, weitere Wettbewerbsvorteile. Endlich müssen unserer Auffassung nach die nationalen Überwachungsbehörden international koordiniert werden, damit eine Gleichbehandlung und damit auch Gleichbelastung der Transportunternehmen gewährleistet ist.
    Die strikte Anwendung der allgemein anerkannten Sozialvorschriften muß daher von allen EG-Staaten sichergestellt werden.
    Natürlich besteht weiterhin ein Harmonisierungsbedarf im Bereich der technischen Vorschriften. Die strenge Überwachung der Einhaltung der technischen Vorschriften und Standards, wie sie z. B. in der Bundesrepublik und in Belgien praktiziert wird, muß europaweit vereinheitlicht werden. Gleichwohl darf aus verkehrssicherheitstechnischen Erwägungen an den bundesdeutschen Vorschriften und Standards keine Abschwächung vorgenommen werden. Vielmehr müssen diese zur EG-Norm werden. Die Bundesregierung muß gerade bei einer deutschen EG-Präsidentschaft unsere Interessen im Verkehrsministerrat, was die Verkehrspolitik anbetrifft, mit besonderem Nachdruck vertreten.
    Ich glaube, die Unfallkatastrophe von Herborn, über die wir in der vergangen Woche diskutiert haben, hat jedermann vor Augen geführt, welchen Stellenwert technische Vorschriften z. B. in dem Bereich der Gefahrguttransporte haben. Die im Vergleich hohen deutschen Sicherheitsstandards müssen dennoch ständig weiterentwickelt und dann auch in verbindliches EG-Recht umgesetzt werden.

    (Straßmeir [CDU/CSU]: So ist es!)

    Auf Grund unseres dichten Straßenverkehrsnetzes und der starken Frequentierung unserer Autobahnen und Straßen durch ausländische Lastkraftwagen ist die Festlegung, Durchführung und Kontrolle einheitlicher technischer Vorschriften auf EG-Ebene auch von höchster nationaler Priorität.
    Die Verwirklichung all dieser Harmonisierungsschritte auf steuerlichem, technischem und arbeitsschutzrechtlichem Gebiet halte ich für dringend geboten. Jedoch meine ich, daß jede Angleichung von Vorschriften unseren ureigensten Interessen nicht entgegenstehen darf.
    Jetzt möchte ich auf die mehrheitlich gefaßte Beschlußempfehlung des Verkehrsausschusses auf Drucksache 11/1007 eingehen. Wenn wir dieser Beschlußempfehlung folgten, die höchstzulässige Breite der Kühlfahrzeuge von 2,50 auf 2,60 Meter zu erhöhen, wäre eine solche Änderung nun gerade ein klassisches Beispiel dafür, welche Harmoniserungsschritte wir uns nicht vorstellen.
    Sie, Herr Verkehrsminister, haben auf der Ministerratstagung im Dezember Ihre Zustimmung in dieser Frage signalisiert. Wir können uns aber einer solchen Entscheidung nicht anschließen, weil wir sie weder für notwendig noch für verkehrspolitisch sinnvoll hal-



    Dr. Niese
    ten. Wir teilen in dieser Frage die Auffassung des Bundesrates; denn wir befürchten, daß wir zu immer breiteren und größeren Kraftfahrzeugen kommen. Nun wird argumentiert, auf Grund technischer Gegebenheiten der Isolation und Luftzirkulation müßten diese Kühlfahrzeuge bei den genormten Paletten, die da sind, die Außenbreite von 2,60 Meter haben. Aber auch in anderen Bereichen des Warentransportes gibt es genormte Paletten, gibt es Container, und hier ist die Verkehrswirtschaft in der Lage, mit einer Innenbreite von 2,30 Meter auszukommen. Ich kann nicht begreifen, warum die Wirtschaft nicht auch in der Frage der Kühlfahrzeuge in der Lage ist, mit den jetzt höchstzulässigen Breiten auszukommen.
    Die Folge ist doch — und das ist das Entscheidende dabei —, daß unsere Straßen vor allem im kommunalen Bereich doch auf die jetzt höchstzulässigen Breiten ausgelegt sind. Wenn Sie jetzt also größere Fahrzeugbreiten zulassen, werden wir dort, um den Verkehrsfluß, aber vor allen Dingen auch die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, zu Ausbaumaßnahmen kommen, so daß diese Frage, die zunächst ziemlich unbedeutend scheint, doch erhebliche Auswirkungen auch auf unseren Verkehr haben wird. Wir sind der Meinung, daß wir diesen Trend auch an dieser Stelle stoppen sollten, immer breitere, immer größere Fahrzeuge zu bekommen.
    Nebenbei graben wir damit der Bundesbahn weiter das Wasser ab. Ihre Aussage, einen Gleichklang zwischen Schiene und Straße zu erreichen — wir, ich glaube, alle Fraktionen im Parlament, sagen sogar: mehr Güter auf die Schiene —, diese Aussage wird doch zur Farce, wenn wir durch andere Maßnahmen die Möglichkeit, Güter auf der Straße zu transportieren, ausweiten. Deswegen wollen wir an dieser Stelle nicht mitmachen. Auch die umweltpolitischen Belastungen, die durch größere, breitere Fahrzeuge auf unseren Straßen entstehen, müssen an dieser Stelle bedacht werden.
    Das angebliche Harmonisierungskonzept der Bundesregierung im Verkehrsbereich — das möchte ich zum Schluß zusammenfassend feststellen — stellt sich wie folgt dar. In den Bereichen, in denen eine Harmonisierung wirklich notwendig wäre — ich habe ein Beispiel angegeben, wo mit einer nationalen Maßnahme ein Harmoniserungseffekt erzielt werden kann —, werden kaum oder gar keine Anstrengungen unternommen. In den Bereichen aber, die vordergründig und kurzfristig keinerlei finanzielle und sonstige Konsequenzen erfordern — ich hatte das mit den Fahrzeugbreiten geschildert — , werden leichtfertig Zusagen auf EG-Ebene durch den Bundesverkehrsminister gemacht, die sich bei näherer Betrachtung leicht als Bumerang erweisen könnten. Die Bundesregierung und der Verkehrsminister haben kein langfristig tragbares Konzept zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit bundesdeutscher Transportunternehmen. Die betriebene Verkehrspolitik ist volkswirtschaftlich teilweise unsinnig, ökologisch aber sehr bedenklich.
    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Haungs.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rainer Haungs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der europäische Binnenmarkt bedeutet für den deutschen Verkehrsmarkt einen Umbruch. Es soll ein freier Markt ohne mengenmäßige Beschränkungen werden, wie wir dies in einer Marktwirtschaft auf vielen Gütermärkten kennen. Es wird Abschied genommen von Konzessionen, Kontingenten, Tarifen und Verordnungen; Deregulierung und Liberalisierung stehen auf der Tagesordnung.
    So ist es verständlich, daß im Verkehrsgewerbe Unruhe herrscht, da man sich auf eine neue Situation einstellen muß, die man aus dem betrieblichen Alltag gar nicht kennt. Freier Markt heißt, daß es keine quantitativen Beschränkungen geben wird und jeder Unternehmer Güterfernverkehr betreiben kann, der gewissen qualitativen Kriterien genügt. Die geschlossene Gesellschaft konzessionierter Unternehmer sollte in der Vergangenheit die Bahn schützen, was nicht gelang, und wird jetzt von Interessenverbänden — auch von Ihnen, von der SPD, Herr Daubertshäuser — mit dem Argument verteidigt, sie sei mittelstandspolitisch erforderlich. Das sehen viele bei uns, dies sehen vor allem unsere europäischen Nachbarn anders. Das politische Dilemma, meine Damen und Herren, besteht darin, daß die Bundesrepublik Deutschland, durch die Soziale Marktwirtschaft wohlhabend geworden, auf einem Teilmarkt wesentliche Elemente des Wettbewerbs, nämlich die freie Preisbildung und den Zugang zum Markt, in hohem Maße regulierte und verbürokratisierte.
    Ein Hindernis auf dem Weg zur Integration des europäischen Binnenmarktes ist bis heute — dies wurde in der Debatte mehrmals angesprochen — die mangelnde Harmonisierung unterschiedlicher nationaler Regelungen vor allem fiskalischer Art, aber auch bei der Kontrolle der Sozialvorschriften oder bei den technischen Vorschriften. Der hohe technische Standard unserer Fahrzeuge im Personen- und Güterverkehr kostet Geld. Wir wollen aber nicht, daß unsere EG-Nachbarn zu günstigeren Preisen fahren können, weil an Sicherheitsprüfungen gespart wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch ohne Rechtsverpflichtung ist es für uns — dies ist eine Selbstverständlichkeit — unverzichtbar, die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen schnell abzubauen. Wir müssen einen gemeinsamen europäischen Verkehrsmarkt schaffen und dabei — auch dies wurde mehrmals betont — Wettbewerbsbedingungen harmonisieren, um dem deutschen Verkehrsgewerbe eine faire Chance zu geben. Es kann also heute nicht mehr darum gehen, wie früher in der Diskussion öfter geäußert, vor allem mit unseren europäischen Nachbarn, die Existenz von Wettbewerbsverzerrungen erstmals zu leugnen. Wir haben die Untersuchungen der Kommission vorliegen, wir haben mehrere Gutachten, zuletzt von Prognos, über Ursachen, Ausmaß und Auswirkungen unterschiedlicher Wettbewerbsbedingungen im europäischen Binnenverkehr. Sie belegen eindeutig, daß die deutschen Fahrzeuge die höchste absolute wie relative Belastung durch staatliche Abgaben verzeichnen.



    Haungs
    Der Hinweis des deutschen Transportgewerbes auf eine überproportionale Belastung wird durch Prognos bestätigt. Das bemerkenswerte Ergebnis dieses Gutachtens ist, daß für das deutsche Gewerbe internationale Transporte im Durchschnitt unrentabel sind, daß sich allerdings die Wettbewerbssituation durch die Abgabenharmonisierung wesentlich verbessern würde.
    Daraus kann man folgern: Wenn die internationalen Transporte wegen niedriger Tarife einerseits und hoher Kosten des deutschen Standorts andererseits nicht kostendeckend zu betreiben sind, betreibt das deutsche Gewerbe heute eine Mischkalkulation mit den nationalen Transporten. Wenn wir jetzt beim Personen- und Güterverkehr Kabotage zulassen, d. h. daß nichtdeutsche EG-Unternehmen vorübergehend Transporte in der Bundesrepublik durchführen dürfen, so verschärft sich die Wettbewerbslage zu Lasten des deutschen Gewerbes.
    Die EG-Kommission hat zu Beginn des Jahres eine Richtlinie vorgelegt, die sowohl die Steuerbelastungen in den EG-Ländern harmonisieren als auch das Problem der Wegekostendeckung einer Lösung zuführen soll. Sie zieht damit die Konsequenz aus einer 1986 vorgelegten Untersuchung über den Komplex der Kraftfahrzeug- und der Mineralölsteuern und der Straßenbenutzungsgebühren. Sie zieht aus ihrer Untersuchung die eindeutige Folgerung, daß sich durch die Schaffung eines freien Verkehrsmarktes ohne mengenmäßige Beschränkung bis 1992 die jetzt bestehenden Verzerrungen erheblich verschärfen würden. Deshalb müssen — so die Kommission — in der Zwischenzeit Maßnahmen ergriffen werden.
    Genau dies ist unsere deutsche Position. Die Übergangszeit der nächsten Jahre darf nicht nur dadurch gekennzeichnet sein, daß mehr Kontingente verteilt werden, sondern durch nachprüfbare Harmonisierungsschritte müssen auf den im Orientierungsbeschluß der europäischen Verkehrsminister gemeinsam vereinbarten Feldern auch die entsprechenden Harmonisierungen durchgeführt werden.
    Die Kommission hält das bisherige Prinzip der Besteuerung von schweren Nutzfahrzeugen für unangebracht. Sie glaubt, daß so wie bisher weder die Wegekosten gerecht angelastet noch die Wettbewerbsbedingungen fair gestaltet werden können. Deshalb schlägt die Kommission vor, ab 1992 vom bisherigen Nationalitätsprinzip der Besteuerung zum Territorialitätsprinzip überzugehen. Dies bedarf — und damit müssen wir sofort beginnen — einer intensiven Beratung, weil man für einen solchen entscheidenden Übergangsschritt Jahre benötigt.

    (Daubertshäuser [SPD]: Richtig! Jawohl!)

    Wichtig und unverzichtbar ist es für uns aber, in der Übergangszeit durch europäisch abgestimmte nationale Regelungen die Bedingungen so zu gestalten, daß z. B. durch Senkung der Lkw-Steuer oder durch die Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr zur Abgeltung der Infrastrukturkosten Harmonisierungen möglich sind.

    (Daubertshäuser [SPD]: Zustimmung!)

    All dies muß in dieser Übergangszeit so geregelt werden, daß sich die Verzerrungen, die wir alle heute
    feststellen und die objektiv nachweisbar sind, nicht noch verstärken.

    (Dr. Niese [SPD]: Richtig! — Daubertshäuser [SPD]: Zustimmung!)

    Das politische Problem besteht darin, daß wir jetzt nicht nur über theoretische Prinzipien und politische Maßnahmen nach 1992 diskutieren dürfen, sondern auch alles dafür tun müssen, daß in der Übergangszeit die Anteile der deutschen Verkehrswirtschaft am europäischen grenzüberschreitenden Verkehr nicht deshalb zurückgehen, weil unsere Unternehmer durch hohe Steuern im Inland einerseits und durch Autobahngebühren im Ausland andererseits doppelt belastet werden, während der ausländische Lastkraftwagen bei uns nicht einmal 10 % der Wegekosten deckt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir stellen fest: In der Übergangszeit von 1988 bis 1992 wird über Erfolg oder Mißerfolg des dann zu gestaltenden europäischen Binnenmarktes entschieden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)