Ich war mir ziemlich sicher, daß diese Frage kommt. Wenn wir uns hier gegenseitig vorhalten, wer wann in welchen Ausschüssen und im Plenum ist, können wir den Laden hier sofort dicht machen. Ich könnte diese Frage ebenfalls stellen. Im Rechtsausschuß gab es beispielsweise dieselbe Situation. Eine Mehrheit zusammen mit der SPD wäre möglich gewesen, aber es war überhaupt nicht möglich, SPD-Abgeordnete in den Ausschuß zu bekommen.
— In dieser Sitzung waren wir nicht da. Aber wir haben uns an anderen Diskussionen beteiligt. Deswegen werden meine Ausführungen hier aber nicht falscher.
Ich war bei der Umverteilung des Umsatzsteueraufkommens stehengeblieben. Es ist offensichtlich, daß sich die Situation zuungunsten der Länder und Kommunen entwickelt hat.
Ebenso ist auch ein größerer Anteil der Gemeinden an der Einkommensteuer notwendig, damit sie ihre
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Aufgaben, die notwendig sind, bei den Investitionen und im Sozialbereich vornehmen können und die kommunale Selbstverwaltung nicht zur Farce wird. Dies ist auch eine Forderung, die die Kollegen, auch die Kollegen Ihrer Partei, aus dem Deutschen Städtetag erhoben haben.
Aber nichts in dieser Richtung wird von der Regierung in Erwägung gezogen. Im Gegenteil: Durch die Steuerreform erleiden die Länder und Gemeinden Steuerverluste in Milliardenhöhe. Allein der Ausfall der Gemeinden in Höhe von über 6 Milliarden DM — diese Berechnungen sind erst kürzlich angestellt worden, es sind keine 5 Milliarden DM, sondern es sind über 6 Milliarden DM —
— es kann höchstens noch mehr werden — ist ungefähr zehnmal so hoch wie der Betrag, um den die Bundesregierung die Bundesergänzungszuweisungen zu erhöhen bereit ist.
Dieser gewollte Steuerausfall belastet die sowieso schon krisengeschüttelten Regionen weitaus stärker als die reichen Länder, da sie auf keine Mark mehr verzichten können. Da die Steuersenkungen zudem auch noch unsozial verteilt sind, entfällt auf die Krisenregionen mit extrem vielen Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern, die von einer Steuersenkung sowieso nicht profitieren, der weitaus kleinere Teil der sogenannten Stärkung des privaten Konsums.
Dies bewirkt wiederum, daß auch durch die Steuerpolitik die Disparitäten zwischen Nord und Süd noch verschärft werden und damit alles andere getan wird, als einheitliche Lebensverhältnisse herzustellen.
— Nein, ich werde auch dabei bleiben.
Meine Damen und Herren, der isolierte Vorschlag der Bundesregierung mit den von den CDU-Ländern ausgehandelten Änderungen ist unter den vorgenannten Punkten nichts weiter als der Versuch, den minimalsten Anforderungen der Verfassung gerecht zu werden. Mit Ansätzen von Strukturpolitik hat der Entwurf überhaupt nichts zu tun, da diese Regierung überhaupt keine Strukturpolitik machen will.
Mit unserem Gesetzentwurf erheben wir natürlich nicht den Anspruch, einen Vorschlag zu machen, der die Strukturprobleme im ganzen und auf einmal löst. Dazu sind viele Komponenten nötig, die wir aber an anderer Stelle schon genannt haben und die alle den Schwerpunkt haben, Arbeitsplätze in ökologischen und sozial verträglichen Bereichen zu schaffen, z. B. Investitionen zur Reinhaltung der Luft, in der Energieeinsparpolitik, im öffentlichen Nahverkehr, im Abfallbereich, die Schaffung von regionalen Entwicklungsfonds und auch direkte staatliche Maßnahmen gegen Massenentlassungen bei Stahl und Kohle.
In dieser Situation können wir nichts weniger gebrauchen als Steuergeschenke für die Wohlhabenden und Einnahmeverluste für die öffentliche Hand, die dann nicht mehr in der Lage ist, die nötigen Maßnahmen zu bezahlen.
Der Gesetzentwurf ist aber ein wichtiger Baustein, um dem verfassungsrechtlichen Postulat dieser Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse dadurch Rechnung zu tragen, daß einerseits der Bund finanziell stärker in die Pflicht genommen wird als bisher und andererseits der Ausgleich der Länder untereinander sich stärker an den objektiven Merkmalen der Strukturschwächen orientiert.
Im einzelnen fordern wir eine geänderte Umverteilung des Umsatzsteueraufkommens. Durch die 1988 in Kraft tretende Steuertarifänderung sind die Länder-und Gemeindehaushalte mit nahezu 8 Milliarden DM Mindereinnahmen betroffen gegenüber knapp 6 Milliarden DM beim Bund. Um die notwendige Finanzkraft der Länder und Gemeinden im Verhältnis zum Bund zumindest zu erhalten, ist eine Anhebung des Umsatzsteueranteils um einen Prozentpunkt nötig. Dies sind Mehreinnahmen von ungefähr 1,3 Milliarden DM für Länder und Gemeinden.
Bei dem Finanzausgleich der Länder untereinander betrifft unsere wichtigste Änderung die volle Berücksichtigung der Steuereinnahmen der Gemeinden zur Feststellung der Finanzkraft der Länder. Es ist offensichtlich, daß die Einnahmen der Gemeinden einen erheblichen Anteil an der Finanzkraft eines Landes haben. Dies spiegelt sich z. B. an dem daraus resultierenden notwendigen Umfang eines kommunalen Finanzausgleichs wider.
Der angesehene Grundgesetzkommentar MaunzDürig schreibt hierzu:
Die Steuereinnahmen der Gemeinden werden nach § 8 Abs. 5 Finanzausgleichsgesetz allerdings nur zur Hälfte angesetzt. Diese Regelung dürfte über den Ermessensspielraum hinausgehen, der durch die Forderung nach „Berücksichtigung" der Finanzkraft der Gemeinden eingeräumt wird. Sie begünstigt die ausgleichspflichtigen Länder, ohne daß ein sachlicher Grund dafür vorliegt. Aus dem Sinn und Zweck des Art. 107 Abs. 2 Satz 1 ergibt sich vielmehr, daß die Steuerkraft der Gemeinden voll in den horizontalen Finanzausgleich einbezogen werden muß.
Somit ist die Argumentation, eine volle Einbeziehung der Gemeindesteuern wäre verfassungswidrig, nicht stichhaltig. Es ist vielmehr eine politische Entscheidung, wie gerecht diese Vorschrift geregelt werden soll, und wir haben uns durch die volle Einbeziehung der Gemeindesteuern für die wohl gerechteste Lösung entschieden.
Ebenso schreibt der Art. 107 des Grundgesetzes ausdrücklich vor, daß neben der Finanzkraft auch der Finanzbedarf der Gemeinden zu berücksichtigen ist. So spiegeln die von den Kommunen kaum beeinflußbaren Sozialhilfeausgaben einen für alle Kommunen dem Grunde nach gleichen Finanzbedarf wider, der aber in der Höhe je nach Strukturschwäche der Region sehr unterschiedlich ist. Es ist nicht übertrieben, wenn wir davon sprechen, daß für viele Kommunen die Sozialhilfe zum Sprengsatz des Gemeindehaus-
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halts geworden ist. So sind z. B. in Duisburg die Sozialhilfeausgaben allein für die Unterstützung von Arbeitslosen zwischen 1982 und 1986 von 7 Millionen DM auf über 35 Millionen DM explodiert.
Dies führt zu einem finanziellen Teufelskreis. Was die Kommunen auf der einen Seite für die Folgen der Arbeitslosigkeit aufwenden müssen, fehlt ihnen auf der anderen Seite für soziale, ökologische und beschäftigungssichernde Investitionen.
An dieser Todesspirale dreht ja der Kruppkonzern aktuell wieder kräftig mit.
Unsere Konsequenz aus diesem Sachverhalt ist, daß wir die Sozialhilfeausgaben der Gemeinden als Finanzbedarf anerkennen und somit von den Steuereinnahmen der Gemeinden abziehen und damit eine für alle einheitliche Grundlage schaffen, die natürlich denen zugute kommt, die Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und als Folge davon auch mit hohen Sozialhilfeausgaben haben.
Einen Punkt im Rahmen der Bundesergänzungszuweisungen, der sich von der Regierungsvorlage unterscheidet, möchte ich am Schluß noch hervorheben. Die Regierungsvorlage sieht vor, nach Abzug von Vorabbeträgen die Bundesergänzungszuweisungen nur als Anpassung der allgemeinen Finanzkraft zu verwenden.
Wie schon vorher erläutert, spiegelt die Arbeitslosigkeit sehr genau die Strukturunterschiede der Länder wider. Die Arbeitslosigkeit ist auch ein Indikator dafür, daß überproportional Finanzmittel notwendig sind, um hier arbeitsplatzschaffende Maßnahmen zu tätigen. Von daher halten die GRÜNEN es für notwendig, einen erheblichen Teil der Bundesergänzungszuweisungen, nämlich 30 %, nach Maßgabe der Arbeitslosigkeit zu verteilen.
Meine Damen und Herren, Sie zu bitten, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen, werde ich mir verkneifen, da ich in den Vordiskussionen gemerkt habe, daß Sie gar nicht gewillt sind, sich mit den Ansätzen, die wir in die Diskussion gebracht haben, auseinanderzusetzen. Hier hätte ich auch diese Zwischenfrage eigentlich mehr erwartet.
Aber eines kann ich Ihnen versichern, meine Damen und Herren von der Koalition, mit Ihrer Politik treiben Sie die Lebensverhältnisse der Länder immer weiter auseinander, als sie auszugleichen. Ich bin sicher, die betroffenen Menschen werden dies nicht länger tatenlos hinnehmen. Die Unruhen im Ruhrgebiet sind nur ein erstes Anzeichen dafür.
Ausreichende Finanzmittel und eine gerechtere Verteilung bei den Ländern und Gemeinden sind natürlich nicht zwangsläufig Garantie dafür, daß diese Mittel auch sinnvoll eingesetzt werden.
Beispiele gibt es hier genug wie der Dollart-Hafen in Niedersachsen oder ökologisch schädliche und ökonomisch sinnlose Hafenerweiterungen und vieles mehr.
Ein paar Worte zu den SPD-Anträgen: Grundsätzlich finde ich es bedauerlich, daß Sie sich mit den Ansätzen in unserem Gesetzantrag überhaupt nicht befaßt haben, auch wenn ich im Hintergrund schon positive Stimmen dazu gehört habe, was die Berücksichtigung von Arbeitslosigkeit und auch Sozialhilfekomponenten betrifft.
Nun habe ich Verständnis dafür, daß Sie in der prekären Situation, in der sich die meisten SPD-regierten Länder befinden, versuchen, den Entwurf der Bundesregierung durch Änderungsanträge gerechter zu gestalten. Wir werden Ihren Anträgen auch zustimmen, da sie in sich gerechtfertigte Punkte enthalten, deren nochmalige Begründung ich mir hier erspare.
Auch wenn ich nochmal betone, daß die großen Strukturprobleme durch andere politische Mittel gelöst werden müssen und der Länderfinanzausgleich hier nur unterstützend wirken kann, so möchte ich nochmal darauf hinweisen, daß wir es für zwingend notwendig halten, daß zumindest in der Richtung, die unser Gesetzentwurf zeigt, weitere Diskussionen stattfinden. Der Entwurf der Bundesregierung mit den Kompromissen aus den Koalitionsländern wird mit Sicherheit keine Unterstützung darstellen, um diese Strukturprobleme zu lösen. Zu Einzelproblemen wird nachher meine Kollegin noch weitere Ausführungen machen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.