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ID1104007000

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    Plenarprotokoll 11/40 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 40. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. November 1987 Inhalt: Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde in der Sitzungswoche ab 23. November 1987 2655 A Erweiterung der Tagesordnung 2655 B Wahl des Abg. Dr. Hitschler als ordentliches Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates an Stelle des ausgeschiedenen Abg. Dr. Rumpf 2655 B Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für einen Beschluß des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Förderung der beruflichen Rehabilitation und der wirtschaftlichen Eingliederung der Behinderten Vorschlag für einen Beschluß des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Förderung der sozialen Eingliederung und einer eigenständigen Lebensführung der Behinderten KOM (87) 342 endg. — Ratsdok. Nr. 7999/87 (Drucksachen 11/973 — Nr. 2.12, 11/1176) 2655 B Tagesordnungspunkt 2: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Amtszeit der Jugendvertretungen in den Betrieben (Drucksachen 11/948, 11/1140) Müller (Wesseling) CDU/CSU 2655 D Andres SPD 2657 B Dr. Thomae FDP 2659 B Frau Krieger GRÜNE 2660 A Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 2661 A Hasenfratz SPD 2663 B Tagesordnungspunkt 17: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Drucksachen 11/917, 11/1142, 11/1178) und b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Drucksachen 11/923, 11/1143, 11/1179) Straßmeir CDU/CSU 2665 B Daubertshäuser SPD 2666 D Gries FDP 2668 C Frau Brahmst-Rock GRÜNE 2669 D Dr. Schulte, Parl. Staatssekretär BMV . 2671 C Haar SPD 2672 B Fischer (Hamburg) CDU/CSU 2674 D Antretter SPD 2677 A Rauen CDU/CSU 2679 A Vizepräsident Frau Renger 2680 C Tagesordnungspunkt 18: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur finanziellen Sicherung der Künstlersozialversicherung (Drucksachen 11/862, 11/1006, 11/1158, 11/1159) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1987 Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 2681 B Frau Weiler SPD 2682 A Heinrich FDP 2683 B Frau Unruh GRÜNE 2684 A Höpfinger, Parl. Staatssekretär BMA . . 2684 C Nächste Sitzung 2685 D Anlage i Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2687* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2687* C Anlage 3 Verstärkung der Förderprogramme zur Qualifizierung von Ausbildern in der Berufsbildung, insbesondere der Mitglieder in den Berufsbildungs- und -prüfungsausschüssen MdlAnfr 47, 48 06.11.87 Drs 11/1109 Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Frau Karwatzki BMBW 2687* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1987 2655 40. Sitzung Bonn, den 13. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 13. 11. Austermann 13. 11. Bachmaier 13. 11. Frau Beck-Oberdorf 13. 11. Bernrath 13. 11. Dr. Blens 13. 11. Böhm (Melsungen) * 13. 11. Börnsen (Ritterhude) 13. 11. Borchert 13. 11. Dr. Briefs 13. 11. Bühler (Bruchsal) 13. 11. Frau Bulmahn 13. 11. Dr. von Bülow 13. 11. Dr. Daniels 13. 11. Duve 13. 11. Ebermann 13. 11. Dr. Ehmke (Bonn) 13. 11. Ehrbar 13. 11. Dr. Faltlhauser 13. 11. Gattermann 13. 11. Dr. Geißler 13. 11. Genscher 13. 11. Gerstein 13. 11. Dr. Götz 13. 11. Dr. Grünewald 13. 11. Frau Hämmerle 13. 11. Dr. Hauff 13. 11. Frau Dr. Hellwig 13. 11. Freiherr Heeremann von Zydtwyck 13. 11. Dr. Hitschler 13. 11. Dr. Holtz 13. 11. Horn 13. 11. Dr. Hüsch 13. 11. Huonker 13. 11. Ibrügger 13. 11. Kiechle 13. 11. Kleinert (Marburg) 13. 11. Dr. Kohl 13. 11. Koschnick 13. 11. Kretkowski 13. 11. Lamers 13. 11. Leidinger 13. 11. Frau Luuk ' 13. 11. Frau Dr. Martiny 13. 11. Petersen 13. 11. Paintner 13. 11. Reschke 13. 11. Reuschenbach 13. 11. Rixe 13. 11. Ruf 13. 11. Schmidt (Salzgitter) 13. 11. Schröer (Mülheim) 13. 11. Dr. Spöri 13. 11. Spranger 13. 11. Dr. Stavenhagen 13. 11. Dr. Stoltenberg 13. 11. Dr. Unland 13. 11. Voigt (Frankfurt) 13. 11. Dr. Voigt (Northeim) 13. 11. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Vondran 13. 11. Dr. Waffenschmidt 13. 11. Dr. Warnke 13. 11. Wetzel 13. 11. Wieczorek 13. 11. von der Wiesche 13. 11. Wissmann 13. 11. Dr. Zimmermann 13. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 6. November 1987 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zu dem Vertrag vom 25. März 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und St. Vincent und den Grenadinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz zu dem Vertrag vom 12. April 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Bulgarien über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, daß sie ihren Antrag „Einsetzung von Ausschüssen" - Drucksache 11/56 - zurückzieht. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Haushaltsausschuß Drucksache 11/779 Nr. 2.7 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/839 Nr. 2, 4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/138 Nr. 3.162 Drucksache 11/439 Nr. 2.14 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Karwatzki auf die Fragen des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 11/1109 Fragen 47 und 48): Ist die Bundesregierung bereit - wie vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft mehrfach angekündigt - , die Förderprogramme zur Qualifizierung von Ausbildern in der beruflichen Bildung zu verstärken? Um welche Förderprogramme handelt es sich gegebenenfalls im einzelnen, und wird dazu auch - wie angekündigt - das Programm zur Weiterbildung von Mitgliedern in den Berufsbildungs- und Prüfungsausschüssen gehören? 2688' Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 40. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1987 Zu Frage 47: Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat von 1972 bis 1987 rund 59 Millionen DM für Maßnahmen zur Förderung des außerschulischen Personals in der beruflichen Bildung bewilligt. Damit konnten unter anderem ca. 10 000 Beauftragte in den Ausschüssen der beruflichen Bildung weiterqualifiziert werden und rund 1 500 Fachkräfte der beruflichen Bildung aus etwa 30 Ländern am internationalen Austauschprogramm teilnehmen. Die bereits laufenden Projekte des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft zur Qualifizierung von Ausbildern werden in den kommenden Jahren unter Berücksichtigung anderer Aufgaben in dem Rahmen fortgesetzt, in dem dies die Haushaltsansätze zulassen. Zu Frage 48: Zu diesen Maßnahmen gehören im einzelnen: — Die Weiterbildung von Mitgliedern in den Berufsbildungs- und Prüfungsausschüssen einschließlich der Ausbildungsberater und Lehrlingswarte, — Projekte zum Erwerb weiterer fachlicher und berufspädagogischer Kenntnisse und Fähigkeiten mit Blick auf die Einführung neuer Technologien und neuer Anforderungen durch die zunehmende Zahl von Abiturienten in der Berufsausbildung. Darüber hinaus das — Programm zum internationalen Erfahrungsaustausch von Fachkräften der beruflichen Bildung. Ferner ist eine ab 1988 bis voraussichtlich 1991 durchzuführende Maßnahme zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Ausbildern und Berufsschullehrern vorgesehen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Robert Antretter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, diese Debatte hat ihn erbracht: Alle jene haben recht, die sich in den letzten Wochen an uns Abgeordnete gewandt haben mit der Bitte, zu verhindern, daß da „der größte Unfug beschlossen wird" — wie beispielsweise die Stuttgarter Zeitung am 29. Oktober Ihre Änderungspläne genannt hat.
    Zu jenen gehört z. B. der VÖV Baden-Württemberg, wenn er sich mit der dringenden Bitte an uns wendet, „eine für die ÖPNV-Unternehmen im Bund wie auch im Land bedrohliche Entwicklung zu verhindern", und wenn er — der VÖV — verlangt: keine Plafondierung der GVFG-Mittel oder wenn er die Folgen Ihrer Politik so bezeichnet:
    Bauruinen, Verzicht auf längst fällige baureife ÖPNV-Vorhaben und Verzögerungen in der Fertigstellung bereits begonnener Vorhaben würden schwerwiegende Folgen haben
    — ich zitiere noch VÖV —
    und könnten den Bürgern, die auf den ÖPNV dringend angewiesen sind, nicht vermittelt werden. Die erfolgreichen Bemühungen der Unternehmen um neue Fahrgäste würden empfindlich beeinträchtigt.
    Meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion: Der Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel, CDU, hat doch recht, wenn er in seinem Schreiben vom 27. Oktober dieses Jahres an uns Abgeordnete die Regierung kritisiert

    (Straßmeir [CDU/CSU]: Da gab es unseren Kompromiß noch nicht!)

    und die von Ihnen als Plafondierung kaschierte Kürzung der Mittel für den ÖPNV als verkehrspolitisch nicht vertretbar bezeichnet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Deshalb haben wir etwas geändert, Herr Kollege! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Auf die „weiße Salbe", die Sie ansprechen, komme ich noch zurück.
    Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer hat doch recht, wenn er in seinem Schreiben vom 26. Oktober 1987 an die Mitglieder von sechs Bundestagsausschüssen von gravierenden negativen Auswirkungen für den ÖPNV spricht, die in keinem Verhältnis zu den damit zu erreichenden Einsparungseffekten stünden.
    Soweit Zitate nur eines Teils der Schreiben, die Ihnen ebenso wie uns zugegangen sind.
    Diese Debatte hat gezeigt: Sie schlagen alle diese Bedenken — ich bedaure, dies vor allem zu Ihnen, Herr Kollege Fischer, sagen zu müssen — , die Warnungen von verantwortlichen Kommunalpolitikern und Fachleuten in den Wind. Wohltuend hat sich da — sowohl im Ausschuß, wie im Plenum — der verantwortliche Beitrag des Kollegen Gries abgehoben.
    In Wirklichkeit wollen Sie dies: Sie unternehmen den unzulässigen Versuch, Ihre eigenen Finanzierungsschwierigkeiten auf Kosten der Gemeinden zu lösen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie behaupten, Sie wollten die Mittel des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes plafondieren. In Wirklichkeit jedoch kürzen Sie die Mittel, und zwar ganz erheblich. Diese Mittelkürzung trifft die Gemeinden zu einem Zeitpunkt, zu dem sie von Ihnen ohnehin gerupft werden durch die immer stärker wachsende Last der Sozialhilfe, die Sie schon auf die Kommunen abgewälzt haben. Dazu kommen noch die neuerlichen schweren Belastungen durch die geplante Steuerreform, bei der die Gemeinden für die Bundesregierung bluten müssen. In dieser Situation den Gemeinden noch die dringend benötigten Investitionsmittel zu kürzen ist nicht zu verantworten, weil die Gemeinden und auch die Länder auf Grund ihrer Finanzsituation ja überhaupt keine Chance haben, diese Mittelkürzungen auch nur ansatzweise auszugleichen, und deshalb nur durch radikale Baustopps bei vordringlichen Projekten mit den entsprechenden Arbeitsplatzverlusten in der Bauindustrie reagieren können.
    Herr Kollege Fischer, Sie haben beim Jahr 1981 aufgehört. Ich will mich um 1987 folgende kümmern. Wie war das denn damals? Der Bundesminister Hauff hat nie die Mitverantwortung des Bundes im öffentlichen Nahverkehr bestritten. Das Gegenteil ist der Fall: Er hat von einer hohen Verantwortlichkeit des Bundes gesprochen. Die Gemeinden und Länder aber müssen ebenfalls ihr Teil Verantwortung tragen. Wie könnte es denn sonst sein, daß Ihr Staatssekretär Schulte vorher die Leistungen des Bundes für den ÖPNV in den letzten 20 Jahren lobt? Damit schon sind Sie in dem widerlegt, was Sie dem Herrn Hauff andichten wollten.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, was hier auf die ohnehin geplagte Bauindustrie zukommt, ist schlimm. Sie leidet an Auftragsmangel. Es geht hier ja immerhin um den stattlichen Betrag von 3,5 Milliarden DM in den nächsten vier Jahren, wie der Städtetag errechnet hat; denn zu den 1,3 Milliarden DM gekürzter Bundesmit-



    Antretter
    tel kommen ja noch die Komplementärmittel der Länder und Gemeinden und die ausbleibenden Folgemaßnahmen.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    Kommen wir auf die 100 Millionen DM! Herr Straßmeir, wenn Sie von der Änderung sprechen, die Sie jetzt in den Anträgen einbringen, dann will ich nur sagen: Mit diesen 100 Millionen DM bleiben Sie immer noch 200 Millionen DM unter dem Status quo.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Das heißt, es handelt sich doch definitiv um eine Kürzung des Betrages.
    Schlimm sind aber nicht nur die finanziellen Auswirkungen und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt; ebenso kritikwürdig ist, welch verkehrspolitischer Unverstand hinter diesem Gesetzentwurf steckt. Nach Ihrer Meinung ist nämlich der Finanzbedarf im kommunalen Straßenbau zurückgegangen. Ich frage mich, wie weit sich ein Bundesminister schon von der kommunalen Basis entfernt haben muß, um zu so einer falschen und fatalen Beurteilung zu kommen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Dieser Minister überhaupt nicht!)

    Damit ich nicht falsch verstanden werde: Es geht nicht darum, einem zügellosen Straßenbau oder der Verlängerung des Straßennetzes das Wort zu reden. Das Geld wird ja in den Kommunen nicht für solche Neubauten, sondern für einen menschengerechten, verkehrssicherheitsteigernden Umbau benötigt. Projekte wie Tunnel, Unterführungen, Lärmschutzanlagen und geschwindigkeitsdämpfende Maßnahmen werden von der Bevölkerung doch immer stärker gefordert und ziehen einen steigenden Finanzbedarf nach sich. Das ist auch der Unterschied zwischen uns und den GRÜNEN und unsere Kritik am Antrag der GRÜNEN, der wieder sehr viele vernünftige Elemente enthält,

    (Beifall der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    zu dem wir aber sagen: Diese radikale Vorstellung zu Lasten des kommunalen Straßenbaus, da, wo er im Interesse der Bürger in den Städten und Gemeinden notwendig ist — das müssen Sie verstehen — , können wir nicht unterstützen.

    (Frau Brahmst-Rock [GRÜNE]: Wo ist er denn radikal?)

    Meine Damen und Herren von der Koalition, nicht einmal Argumente, geschweige denn Fakten haben Sie dem Kollegen Haar entgegenzusetzen gehabt, als er sagte: Diese Änderung des GVFG, die Sie planen, ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die Umweltschutz im Straßenbau und Verbesserung in der Verkehrssicherheit ernst nehmen. Sie stehen ohne Antwort da, wenn der Kollege Daubertshäuser Ihnen nachweist, daß dieser Gesetzentwurf dem öffentlichen Personennahverkehr nicht nützt, sondern schadet.
    Während nämlich der ursprüngliche Änderungsentwurf eine Kürzung der Investitionen nur im Straßenbau zum Ziel hatte und deshalb eine Änderung des Aufteilungsschlüssels im GVFG zugunsten des ÖPNV vorsah, ist durch die Ablehnung des Bundesrates eine Änderung des Aufteilungsschlüssels überhaupt nicht mehr zu erwarten, so daß der ÖPNV die Kürzung im gleichen Maße mittragen müßte. Dies darf auf keinen Fall hingenommen werden, und deshalb muß es ein Ende haben mit dem ganzen Plafondierungsunsinn.
    Im Gegenteil: Wir sagen, es muß mehr Geld aus dem Mineralölsteueraufkommen für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zweckgebunden werden; denn die Bundesregierung will ja einen neuen Fördertatbestand einführen, nämlich die Erst- und Ersatzbeschaffung von Bussen. So richtig dieser Gedanke ist — wir begrüßen ihn ausdrücklich — , so notwendig ist es auch, vor allzu großen Erwartungen in diesem Zusammenhang zu warnen, daß damit die Probleme des ÖPNV insbesondere in der Fläche auch nur annähernd gelöst werden könnten. Gerade in der Fläche geht es nämlich nicht darum, bei dem anhaltenden Rückgang beim Fahrgastaufkommen mit zusätzlichen Bussen neue Linien einzurichten oder bestehende Linien zu verdichten, sondern es geht darum, daß nach Möglichkeit der vorhandene ÖPNV erhalten bleibt. Dieses ist nur über eine Steigerung der Attraktivität des Angebots, zu dem auch moderne Busse gehören, möglich. Daher wird für die Fläche im wesentlichen nur die Förderung der Ersatzbeschaffung von Bussen in Frage kommen.
    Zur Attraktivitätssteigerung in der Fläche gehören aber in gleichem Maße auch ein abgestimmtes Fahrplanangebot und ein gemeinsamer Tarif der Verkehrsunternehmen, also die Kooperation im ÖPNV. Diese Zusammenarbeit der Verkehrsunternehmen wird aber nicht zu einem zusätzlichen Bedarf an Bussen, sondern — wir wissen das durch Hohenlohe und andere Modelle — durch den Abbau von Parallelverkehren und durch die Abstimmung des Liniennetzes zu einer Einsparung von Bussen führen.
    Das eigentliche Problem des ÖPNV kann durch diese Novellierung des GVFG nicht gelöst werden. Das eigentliche Problem liegt nämlich im Rückgang der Nachfrage nach Verkehrsleistungen im ÖPNV, der durch rückläufige Schülerzahlen und durch die anwachsende Motorisierung verschärft wird. Dadurch wird die Frage der Kostendeckung des ÖPNV immer gravierender, und zwar nicht nur in der Fläche, sondern auch in den Verdichtungs- und Ballungsräumen.
    Wenn man dem ÖPNV tatsächlich wirksam helfen möchte, dann läßt sich dies nicht durch kosmetische Kunstgriffe bewerkstelligen, sondern in wirksamer Weise nur auf dem Wege der Wiedereinführung der Gasölbetriebsbeihilfe. Die vorgesehene Bushilfe kann jedenfalls keine Alternative zur Gasölbetriebsbeihilfe sein.
    Wir Sozialdemokraten lehnen die vorgesehene Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes ab, die die Bundesregierung mit der zurückgehenden Notwendigkeit von Straßenbauinvestitionen bei den Kommunen begründet, die dem ÖPNV nicht hilft und in Wahrheit nur zur Finanzierung der sogenannten Steuerreform dient.
    Wir bleiben dabei: Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz darf nicht gekürzt oder plafondiert, sondern es muß erhöht werden, damit eine angemessene



    Antretter
    Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs sowohl in der Fläche als auch in den Ballungsgebieten ermöglicht wird.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Rauen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Rauen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Haar hat davon gesprochen, der neue Vorschlag sei ein Schlag ins Gesicht des ÖPNV, er sprach von einem schwarzen Freitag. Frau Brahmst-Rock meinte, dieses Gesetz sei zum Nachteil des ÖPNV.

    (Frau Brahmst-Rock [GRÜNE]: Ist es doch wohl auch!)

    Ich kann nur sagen, alle diejenigen, die gewarnt haben, haben den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen offenbar nicht gelesen.

    (Frau Brahmst-Rock [GRÜNE]: Den kann man zehnmal lesen, davon wird er nicht besser!)

    Ich habe fast den Eindruck, Frau Brahmst-Rock, daß auch Sie ihn nicht gelesen haben.
    Herr Haar, man muß bei einer solchen Beurteilung von den Zahlen ausgehen. Es ist wahr, daß die Ausgaben für den ÖPNV zukünftig gekürzt werden. Das macht gegenüber dem Regierungsentwurf nur 250 000 DM jährlich aus. Sie müssen respektieren, daß durch eine größere Flexibilität, durch die Erhöhung der Umschichtungsmöglichkeit von 15 auf 30 % die Länder in eigener Verantwortung die Möglichkeit der Entscheidung haben, wo sie ihre Prioritäten setzen. Man muß deutlich machen, daß die Länder zukünftig die Möglichkeit haben, gegenüber dem Mittelansatz von 1987 in Höhe von 1,363 Milliarden DM und nach 30 % Umschichtung zum ÖPNV 630 000 DM mehr für den ÖPNV ausgeben können. Ich halte es für richtig, diese Klarstellung einfach mal zu bringen, damit keiner draußen auf die Idee kommt, es sei auch nur ein Stückchen Wahrheit an dem, was Sie, Herr Haar, und Sie, Frau Brahmst-Rock, hier im Parlament an Schwarzmalerei zum ÖPNV betrieben haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Daubertshäuser, ich bedaure aus grundsätzlichen Erwägungen selbst sehr, daß wir politisch immer zu schnell geneigt sind, zu Lasten von Investitionen zu sparen.

    (Zuruf von der SPD: Tun Sie was dagegen!)

    Aber ich muß Ihnen doch einmal vorhalten dürfen, vor welchem Hintergrund dies jetzt passiert und vor welchem Hintergrund Sie 1975 beim Haushaltsstrukturgesetz 10 % gekürzt haben. Herr Daubertshäuser, in dem gleichen Jahr 1975 hat man die Mineralölsteuer um 250 Millionen DM erhöht, man hat innerhalb des Haushaltsstrukturgesetzes die Sparförderung um 1 150 Millionen DM eingeschränkt, man hat den Aufwertungsausgleich für die Landwirtschaft um 205 Millionen DM abgebaut, und man hat die Einschränkung von Steuervergünstigungen im Kreditgewerbe um 38 Millionen DM eingeschränkt. Das heißt,
    Sie haben einmal Investitionen zurückgenommen und gleichzeitig dem Bürger Geld aus der Tasche gezogen, das er möglicherweise für Investitionen und damit für Arbeitsplätze zur Verfügung gehabt hätte. Hier wird auch etwas reduziert, aber gleichzeitig werden den Bürgern 50 Milliarden DM mehr über die Steuerreform zurückgegeben.

    (Frau Brahmst-Rock [GRÜNE]: Welchen Bürgern?)

    Sie haben in nur zwölf Jahren die Staatsquote, am Bruttosozialprodukt gemessen, von 37 auf 49 % erhöht und damit den Bürgern jährlich rund 200 Milliarden DM aus ihrer privaten Verantwortung entzogen. Jetzt gehen wir den umgekehrten Weg und ermöglichen natürlich auch dadurch Investitionen der Bürger.

    (Zuruf von der SPD: Im öffentlichen Personennahverkehr!)

    Es ist eher zu rechtfertigen, öffentliche Investitionen zu reduzieren, wenn man gleichzeitig die Möglichkeit privater Investitionen schafft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von den GRÜNEN: Wie sollen denn private Investitionen im ÖPNV erfolgen?)

    Die Gesetzesvorlage von CDU/CSU und FDP zum GVFG in Abänderung und Ergänzung zum Regierungsvorschlag ist, wie ich finde, gut durchdacht und trägt den besonderen Erfordernissen in den Ballungsräumen ebenso Rechnung wie den Notwendigkeiten zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden in der Fläche.

    (Zuruf von der SPD: Das ist unglaublich!)

    Ich möchte nochmals besonders auf die Vorteile des neuen Gesetzentwurfs für die Flächenländer, für den ländlichen Raum eingehen.

    (Frau Brahmst-Rock [GRÜNE]: Gibt es da welche?)

    — Frau Brahmst-Rock, nach Ihrem Gesetzentwurf findet der Straßenbau überhaupt nicht mehr statt.

    (Frau Brahmst-Rock [GRÜNE]: Sie haben unseren Entwurf offensichtlich nicht gelesen!)

    Mittel gibt es nur noch für Gehwege, für Radwege und für den Abbau von Straßen.

    (Frau Brahmst-Rock [GRÜNE]: Ist das kein Straßenbau?)

    Ich bitte Sie: Kommen Sie mal in meinen Wahlkreis! Bei 444 Gemeinden, 4 000 qkm Fläche, 100 km NordSüd-Ausdehnung, 40 km West-Ost-Ausdehnung gibt es dort keine Alternative zum Individualverkehr.

    (Frau Brahmst-Rock [GRÜNE]: Weil Sie es nicht wollen! — Zuruf von den GRÜNEN: Weil Sie das Geld nicht rausrücken!)

    Wenn Sie einen solchen Vorschlag bringen und gleichzeitig keinen Straßenbau mehr stattfinden lassen wollen, dann frage ich mich, wie Sie dies den Menschen im ländlichen Raum noch erklären wollen.
    Meine Damen und Herren, neben der Erhöhung des Plafondansatzes um 100 Millionen DM unter Beibe-



    Rauen
    haltung des Verteilungsschlüssels ÖPNV zum kommunalen Straßenbau von je 50 % ist es für die Flächenländer besonders wichtig, daß ab 1992 50 % ÖPNVMittel gemäß ihrer Quote am kommunalen Straßenbau abzüglich der für ÖPNV-Projekte verbrauchten Finanzmittel für Maßnahmen des kommunalen Straßenbaus umgeschichtet werden können. Dies war nach dem alten GVFG nicht möglich und hat dazu geführt, daß im Zeitraum von 1967 bis einschließlich 1985 von den Bundesländern, die keine Städte mit nennenswerten U- und S-Bahn-Bauten hatten, insgesamt 3 694 Millionen DM über den Anteil der Mineralölsteuer zur Finanzierung von ÖPNV-Projekten in den Ballungsräumen aufgebracht wurden. Herr Minister Warnke hat bei der ersten Lesung gesagt, daß 91 % aller ÖPNV-Mittel in den letzten 20 Jahren in den Ballungsräumen verbaut worden sind.
    Die zukünftige Umschichtungsmöglichkeit vom ÖPNV zum Straßenbau gibt den Ländern und den Kreisen mit ländlichen Strukturen endlich mehr Möglichkeiten, ihren hohen Bedarf beim kommunalen Straßenbau zu befriedigen. Es ist in Kauf zu nehmen, daß diese Regelung erst ab 1992 greifen kann. Ebenso hinzunehmen ist die Tatsache, daß bis dahin vorweg, vor Verteilung, 100 Millionen DM zur Finanzierung von ÖPNV-Projekten von dem Plafondansatz abgezogen werden. Dies hat seinen berechtigten Grund darin, daß begonnene und im Bau befindliche U- und S-Bahnprojekte ausfinanziert werden. Herr Daubertshäuser, die Systemruinen wird es nach dem wohldurchdachten Vorschlag der Koalitionsfraktionen eindeutig nicht geben.
    Wegen dieser zeitlichen Verzögerung war es deshalb für den Straßenbau in der Fläche ebenfalls wichtig, daß die Mittel hierfür durch den Koalitionsentwurf in den Jahren 1988 bis einschließlich 1991 um 175 Millionen DM jährlich — also um 16,5 % — gegenüber dem Regierungsentwurf erhöht wurden. Damit können die Bundesländer ihre notwendigen Straßenbauprogramme ohne größere Einschränkung auch bis 1991 fortführen.
    Die ursprüngliche Begründung für die Kürzung der Straßenbaumittel, daß der Bedarf beim kommunalen Straßenbau zurückgehe, war einfach falsch. Neben dem Bau von Straßen in der Fläche denke ich dabei besonders auch an den Ausbau von Ortsdurchfahrten, die oft erst die Voraussetzung dafür sind, daß Dorferneuerungs- und Stadtsanierungsmaßnahmen greifen können.
    In dem Zusammenhang begrüße ich besonders, daß gegenüber dem Regierungsentwurf 100 Millionen DM mehr für die Gemeindeverkehrsfinanzierung aufgewendet werden sollen. Diese 100 Millionen DM für Investitionen bedeuten in Verbindung mit den Komplementärmitteln, mit den öffentlichen Mitteln für nicht zuschußfähige Kosten und mit den Investitionen Dritter, von Privaten, die erst ausgelöst werden können, wenn die öffentlichen Investitionen erbracht sind, den Erhalt von jährlich etwa 400 Millionen DM für Bau-Investitionen. Für die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs in der Fläche ist es sehr zu begrüßen, daß der Gesetzentwurf zukünftig eine Förderung bei der Ersatzbeschaffung von Bussen, sofern diese zur Erhaltung oder zur Schaffung neuer Linien dienen, mit besonderer Förderpräferenz bei Verbesserung des ÖPNV in der Fläche vorsieht.
    Ich darf abschließend feststellen, daß es den Koalitionsfraktionen und ihren Verkehrspolitikern meiner Auffassung nach überzeugend gelungen ist, dem Parlament im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten, auf deren Grundlage es den Ländern zukünftig mehr als nach dem alten Gesetz möglich ist, in eigener Verantwortung und gemäß den von Land zu Land sehr unterschiedlichen Gegebenheiten und den daraus erwachsenden Notwendigkeiten individuell die Schwerpunkte zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden zu setzen.
    Ich bitte, dem Gesetz zuzustimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)