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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/37 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 37. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. November 1987 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 8: Aktuelle Stunde betr. Ergebnisse des Waldschadenberichts 1987 Dr. Knabe GRÜNE 2497B, 2486 C Sauter (Epfendorf) CDU/CSU 2480 B Lennartz SPD 2481 A Heinrich FDP 2481 D Vahlberg SPD 2482 D Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU 2483 D Baum FDP 2484 D Kiechle, Bundesminister BML 2485 C Bayha CDU/CSU 2487 A Stahl (Kempen) SPD 2487 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 2489 A Frau Dr. Hartenstein SPD 2490 C Schmidbauer CDU/CSU 2491 C Freiherr von Schorlemer CDU/CSU . . 2492 C Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Schmidt-Bott, Ebermann und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortiges Moratorium für die Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (Drucksache 11/695) Frau Schmidt-Bott GRÜNE 2493 D Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 2495 B Catenhusen SPD 2497 C Kohn FDP 2499 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2501 B Tagesordnungspunkt 22: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksache 11/118) und b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksache 11/860) und c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Männle, Frau Verhülsdonk, Frau Dempwolf, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion der FDP: Geschlechtsbezogene Formulierungen in Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften (Drucksache 11/1043) Frau Dr. Dobberthien SPD 2502 D Frau Männle CDU/CSU 2503 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 2504 D Richter FDP 2506 B Engelhard, Bundesminister BMJ 2507 C Helmrich CDU/CSU 2508 B Frau Becker-Inglau SPD 2509 A Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2510A Vizepräsident Cronenberg 2511 B Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung und des sexuellen Mißbrauchs in der Ehe (Drucksache 11/474) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. November 1987 Dr. de With SPD 2511 D Eylmann CDU/CSU 2513 C Frau Schoppe GRÜNE 2515 B Lüder FDP 2516B Engelhard, Bundesminister BMJ 2517 A Frau Bulmahn SPD 2517 D Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2519C Nächste Sitzung 2520 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2521* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2521* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. November 1987 2479 37. Sitzung Bonn, den 6. November 1987 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 6. 11. Frau Beck-Oberdorf 6. 11. Bernrath 6. 11. Frau Blunck 6. 11. Dr. Briefs 6. 11. Böhm (Melsungen) ** 6. 11. Brauer 6. 11. Frau Brahmst-Rock 6. 11. Clemens 6. 11. Conradi 6. 11. Dollinger 6. 11. Doss 6. 11. Dr. Ehmke (Bonn) 6. 11. Ewen 6. 11. Dr. Feldmann 6. 11. Dr. Fell 6. 11. Gattermann 6. 11. Geis 6. 11. Gerstein 6. 11. Dr. Götz 6. 11. Dr. Haack 6. 11. Haack (Extertal) 6. 11. Heistermann 6. 11. Frau Dr. Hellwig 6. 11. Dr. Jobst 6. 11. Dr. Klejdzinski * 6. 11. Kolbow 6. 11. Kretkowski 6. 11. Lenzer * 6. 11. Leonhart 6. 11. Linsmeier 6. 11. Louven 6. 11. Lowack 6. 11. Frau Dr. Martiny 6. 11. Meyer 6. 11. Michels 6. 11. Mischnick 6. 11. Dr. Möller 6. 11. Müller (Schweinfurt) 6. 11. Frau Pack * 6. 11. Paintner 6. 11. Pfeifer 6. 11. Reuschenbach 6. 11. Frau Schilling 6. 11. Schmidt (München) * 6. 11. Schmidt (Salzgitter) 6. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schmitz (Baesweiler) 6. 11. Dr. Schmude 6. 11. Dr. Schneider 6. 11. Schroer 6. 11. Sielaff 6. 11. Dr. Sperling 6. 11. Schwarz 6. 11. Wieczorek (Duisburg) 6. 11. Wischnewski 6. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. Oktober 1987 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über den Schutz der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen (Halbleiterschutzgesetz) Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, daß sie ihren Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/803) zurückzieht. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 11/779 Nr. 2.1 Finanzausschuß Drucksache 11/779 Nummern 2.5, 2.6 Haushaltsausschuß Drucksache 11/883 Nummern 64, 68 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/253 Nummern 2.5, 2.6, 2.7, 2.8 Drucksache 11/339 Nummern 2.1, 2.2 Drucksache 11/439 Nummern 2.1, 2.2, 2.3, 2.4, 2.5 Drucksache 11/561 Nummern 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6 Drucksache 11/779 Nummern 2.8, 2.9, 2.10, 2.11, 2.12, 2.13, 2.14, 2.15, 2.16, 2.17, 2.18, 2.19, 2.22, 2.23 Drucksache 11/883 Nummern 73, 74, 75, 76, 77 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/253 Nr. 2.26 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/253 Nr. 2.29 Drucksache 11/883 Nr. 116 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/883 Nr. 120 Drucksache 11/883 Nr. 121 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/138 Nr. 3.159 Drucksache 11/138 Nr. 3.160 Drucksache 11/138 Nr. 3.161 Drucksache 11/561 Nr. 2.17
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, daß es nach dem Verlauf der bisherigen Diskussion den Anschein hat, als ob alle Fraktionen, die in diesem Hause vertreten sind, der Meinung sind, daß dieses Zweiklassenrecht, wie es bisher bestand, nicht mehr länger Bestand haben darf und daß eine Änderung dieses Zweiklassenrechts dringend notwendig geworden ist. Es ist auch, denke ich, nicht verständlich, warum eine Vergewaltigung außerhalb der Ehe bisher als Verbrechen und eine Vergewaltigung innerhalb der Ehe dagegen als Vergehen — mit einem entsprechend geringen Strafmaß



    Frau Bulmahn
    — gewertet worden ist. Diese Rechtslage hat eben zu diesem Zweiklassenrecht geführt,

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Richtig!)

    hat dazu geführt, daß es zwei Klassen von Frauen gab,

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Richtig!)

    hat auch dazu geführt, daß sich gewalttätige Ehemänner hierdurch geschützt fühlten.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Ich freue mich, daß dies nun offensichtlich geändert werden soll. Wir als Fraktion wehren uns allerdings gegen Überlegungen, die darauf abzielen, für verheiratete Frauen eventuell einen Sonderstraftatbestand zu schaffen, oder die darauf abzielen, eine drastische Herabsetzung des Strafmaßes herbeizuführen. Solche Überlegungen, denke ich, müssen wie ein Schlag ins Gesicht aller Frauen wirken. Die Einbeziehung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung auch dann, wenn diese innerhalb der Ehe geschehen, ist nicht ausschließlich eine Frage der Gleichstellung, sie ist auch gesellschaftspolitisch überfällig.
    Meine Vorrednerinnen und ebenfalls meine Vorredner haben darauf hingewiesen: Es gibt Zahlen über die Häufigkeit von Vergewaltigungen in der Ehe, die deutlich machen, daß es sich hierbei nicht um einen Einzelfall, sondern um ein alltägliches Verbrechen handelt. Untersuchungen belegen zudem, daß es sich nur in den seltensten Fällen um ein einmaliges Geschehen handelt. Meistens weiten sich Vergewaltigungen in einer Ehe zu einer strukturellen Unterwerfung und Demütigung der Frauen aus.
    Vergewaltigung und Gewalt in der Ehe und außerhalb der Ehe sind brutal. Wenn es dennoch selten zu Anzeigen der Betroffenen wegen Nötigung oder Körperverletzung kommt oder die Frauen ihre Männer oft erst nach jahrelangen Quälereien verlassen, so trägt hierzu zu einem nicht geringen Teil die immer noch weit verbreitete Meinung vieler Frauen bei, jederzeit zum sexuellen Verkehr mit dem Ehemann verpflichtet zu sein, während andererseits viele Männer — und dies ist das Entscheidende — noch immer auf dem Standpunkt stehen, die Frau unterstehe der Verfügungsgewalt des Mannes.
    Vorhin ist die Befragung durch das Bundesjustizministerium zitiert worden, laut der jeder vierte Verheiratete äußerte, daß Frauen eine Vergewaltigung als angenehmes Erlebnis empfinden, daß über 30 % ihnen eine Mitschuld zurechnen und jeder fünfte meinte, Frauen hätten beim gewaltsamen Sex ganz unerwartet große Lust. Diese frauenverachtenden und diskriminierenden Äußerungen bleiben dabei keineswegs auf männliche Stammtischrunden beschränkt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

    Der Münsteraner Rechtswissenschaftler Hans Joachim
    Schneider wird im „Spiegel" mit den Worten zitiert:
    Die meisten Mädchen und Frauen wollen von
    Männern erobert werden. Sie möchten bewußt
    oder unbewußt zum Geschlechtsverkehr gezwungen werden, um einen scheinheiligen moralischen Anspruch zu wahren.
    Meine Damen und meine Herren, bei derartigen Ansichten und Äußerungen und dem daraus resultierenden frauenfeindlichen Verhalten vieler Männer kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Hier sind wir Politikerinnen und Politiker gefordert, einen Bewußtseinswandel zu fördern und zu beschleunigen. Dieser Bewußtseinswandel soll durch den von meiner Fraktion vorgelegten Gesetzentwurf erreicht werden, der die Vergewaltigung von Frauen grundsätzlich und ohne Wenn und Aber als Gewaltverbrechen wertet. Er dient der Aufklärung jener Frauen, die noch immer irrtümlich glauben, zu Intimität verpflichtet zu sein. Insbesondere zielt er auf jene Männer, die wie selbstverständlich davon ausgehen, ein Recht auf die jederzeitige sexuelle Verfügbarkeit ihrer Ehefrau zu haben.

    (Beifall der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Der Gesetzentwurf schafft eine klare und eindeutige Rechtslage. Er bestimmt unmißverständlich, was Recht und was Unrecht ist. Die Erlebnisse zahlreicher Frauen, die sich in ihrer Not an die Polizei wenden, dann aber keine Unterstützung erfahren, weil der Gewaltanwendende der eigene Ehemann ist, müssen endgültig der Vergangenheit angehören. Die Erfahrungen des Auslands zeigen eindeutig, daß klare rechtliche Bestimmungen durchaus ein Unrechtsbewußtsein schaffen können und zumindest auf einen Teil der Männer abschreckende Wirkung haben.
    Wir sind uns allerdings zugleich darüber im klaren, daß sich ein Bewußtseinswandel nicht vom einen auf den anderen Tag verordnen läßt, sondern daß sich derartige Prozesse über längere Zeiträume erstrekken. Auch wird eine eindeutige Strafbestimmung nicht automatisch zu einem Rückgang von Gewalt gegenüber Frauen in der Ehe führen. Es gilt jedoch, endlich einen entscheidenden Schritt in die richtige Richtung zu tun.
    Die Verankerung der Strafbarkeit eines Verbrechens im Strafgesetzbuch darf jedenfalls nicht davon abhängig gemacht werden, ob entsprechende Anzeigen und Verfahren zu erwarten sind. Hier ist vielmehr zu fragen, was die gepeinigten und gedemütigten Frauen davon abhält, eine Anzeige zu erstatten.
    Frau Schoppe, um auf Ihren Einwand von vorhin einzugehen: Unser Gesetzentwurf soll natürlich kein Freibrief dafür sein, daß Männer in der Ehe versuchen, auf ihre Frauen einen psychologischen Druck auszuüben, damit sie die Anzeige zurückziehen; auch nicht dafür, daß hier eine Strafmilderungsmöglichkeit gegeben sein sollte. Diese sollte nur dann gegeben sein, wenn eine Änderung in der Beziehung eingetreten ist und beide Partner bereit sind, weiter miteinander zu leben. Die vorgesehene Regelung soll — ich meine, das ist von uns deutlich gesagt worden und wird sicher auch in Zukunft immer deutlich gesagt werden — kein Mittel sein, mit rechtlichen Mitteln auf eine Versöhnung hinzuwirken.

    (Frau Schoppe [GRÜNE]: Auch wenn es nicht intendiert ist, könnte sie aber diese Wirkung haben; das wollte ich sagen!)




    Frau Bulmahn
    Ich denke, daß wir hierzu — wir haben das deutlich gesagt — auch noch andere Regelungen einsetzen müssen.
    Wenn man danach fragt, was die gepeinigten und gedemütigten Frauen davon abhält, eine Anzeige zu erstatten — das ist ein Punkt, der in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen wird — , dann kann man feststellen, daß es ein ganzes Bündel von Motiven ist. Die Frauen hoffen, daß sich der Mann wieder bessert, und vergeben ihm, wobei jede erneute Vergewaltigung als Rückfall interpretiert wird. Sie nehmen Rücksicht auf die Kinder. Die mißhandelten Frauen sind in der Regel wirtschaftlich von den Männern abhängig. Sie glauben in der Regel, daß es sich um einen Einzelfall handelt. Sie sind häufig sozial isoliert. Sie glauben auch oft, daß das Verhalten des Mannes nicht strafbar ist. Ein ganz wesentlicher Punkt ist nach wie vor, daß sie Angst und Scham davor haben, ihr Intimleben vor der Öffentlichkeit darstellen zu müssen.
    An diesem Punkt gilt es anzusetzen, meine Damen und Herren. Wir müssen unsere Solidarität mit den betroffenen Frauen zeigen und den angegebenen Motiven entgegenwirken, nicht aber auf die Strafwürdigkeit des Verbrechens der Vergewaltigung in der Ehe verzichten. Die Einwirkung auf das Bewußtsein und die Aufklärung über die rechtliche und soziale Wirklichkeit ist dazu ein entscheidender Schritt.
    Unser Gesetzentwurf und die öffentliche Diskussion darüber können wesentlich dazu beitragen, die Frauen aus ihrer sozialen Isolierung und aus der Unkenntnis über die Strafbarkeit des männlichen Verhaltens zu befreien und auch aus ihrer Angst und Scham davor, ihr Intimleben vor der Öffentlichkeit darzustellen. Wir wollen durch diesen Gesetzentwurf deutlich machen, daß es sich hier nicht um Privatsache handelt. Gewalt gegen Frauen, Vergewaltigung von Frauen, das ist keine Privatsache. Es ist ein gesellschaftliches Problem.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wir dürfen hierbei allerdings nicht stehenbleiben, sondern wir müssen die strafrechtlichen Bestimmungen durch weitere Maßnahmen flankieren, um zu erreichen, daß die Gewalt in der Ehe weniger wird und die Frauen selbstbestimmter leben können. Hierzu zählen die eigenständige wirtschaftliche Sicherung von Frauen, eine Verbesserung des Opferschutzes vor Gericht und in der Öffentlichkeit. Hierzu zählt auch die finanzielle Absicherung von Beratungsstellen und vor allen Dingen der Frauenhäuser.
    Meine Herren und Damen, im Interesse der Frauen bitte ich Sie, hier eine andere Regelung zu treffen und den Antrag meiner Fraktion in den Ausschußberatungen zu unterstützen und ihm zuzustimmen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Auch bei Ihnen, Frau Abgeordnete, sind wir sehr großzügig verfahren, weil es Ihre erste Rede war. Ich würde Ihnen allerdings empfehlen, in Zukunft dem Präsidenten nicht zuviel
Schwierigkeiten zu machen und so etwas zur Gewohnheit werden zu lassen.
Das Wort hat nunmehr die Ministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, Frau Süssmuth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rita Süssmuth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fasse mich kurz, weil ich weiß, daß Sie nach Hause möchten. Ich hatte großes Verständnis für Frau Bulmahn. Ich war bei meiner ersten Rede weit nervöser als Sie. Ich kann mich nach dem, was gesagt worden ist, jetzt recht kurz fassen.
    Am Abschluß dieser Woche möchte ich folgendes sagen. Ich halte es für sehr gut, daß wir uns in dieser Woche nicht nur mit den Fragen der brutalen Gewalt, den Morden in Frankfurt, beschäftigen, sondern auch damit, Gewalt bis in den privatesten Bereich genauso ernst und so nachdrücklich ahnden zu wollen. Die Frage der Aufnahme der Vergewaltigung in der Ehe in das Strafrecht hat mit Schnüffeleien in der Ehe nichts zu tun,

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    sondern sie hat etwas damit zu tun, Unrechtsbewußtsein zu schärfen und Fortschritte zu machen: in einer menschlich entwickelten Sexualität in gegenseitigem Einverständnis, in der Rücksichtnahme der Partner aufeinander. Das führt unter uns Frauen sicherlich immer wieder einverständlich zu der Feststellung: Gewalt hängt in erster Linie davon ab, ob Menschen einer Handlung zustimmen oder nicht zustimmen können. Ich hoffe, daß wir hier eine Regelung finden.
    Ich denke, es ist noch sehr viel gravierender, ob dies in der Ehe oder außerhalb der Ehe geschieht; denn mit der Ehe ist so eine Tat noch weniger vereinbar und für den Betroffenen noch viel weniger nachvollziehbar.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Für die Betroffene!)

    Mir scheint aber wichtig zu sein, daß wir in bezug auf das Unrechtsbewußtsein noch einmal klarmachen, daß über Jahrhunderte überhaupt eheliche Vergewaltigung nicht als Unrecht galt, weil der Mann in der Ehe die Vormundschaft und Herrschaft über seine Frau innehatte. Deshalb galt ein solcher Tatbestand in der Ehe als undenkbar.
    Ich möchte hier abschließend auch noch einmal betonen: Wir haben noch eine Menge damit zu tun, das Problem von Gewalt aus der Sexualität, aus dem Zusammenleben zwischen Ehepartnern und an Kindern zu überwinden. Wir haben es gegenwärtig nicht mit einer Abnahme, sondern, öffentlich gesehen, eher mit einer Zunahme zu tun. Meine Hoffnung richtet sich darauf, daß das, was öffentlich bekannt wird, früher in weit größerem Maße tabuisiert war und überhaupt keine Möglichkeiten des Eingriffs enthielt.
    Aus alldem folgt: Eine Ehefrau muß strafrechtlich genauso geschützt sein wie eine nicht verheiratete Frau. Deswegen setze ich mich dafür ein, daß die eheliche Vergewaltigung strafrechtlich nicht anders behandelt wird als die außereheliche. Sie soll nicht geringer strafbewehrt sein, und sie soll genauso von Amts wegen verfolgt werden. Nur sollte eine Rege-



    Bundesminister Frau Dr. Süssmuth
    lung gefunden werden, durch die verhindert werden kann, daß gegen den Willen der Ehefrau weiter ermittelt wird. Ich denke, wenn wir das Selbstbestimmungsrecht wirklich ernst nehmen, muß uns daran gelegen sein, Versöhnung nicht auszuschließen, sondern möglich zu machen. Daß hierin ein Risiko liegt, ist unbestritten. Aber wir müssen dort eine Güterabwägung vornehmen. Dies scheint mir für die nachfolgenden Beratungen und Auseinandersetzungen wichtig zu sein.
    Ich denke, daß der Justizminister und ich in allen diesen Punkten einig sind.
    Um Mißverständnissen vorzubeugen: Die Novellierung des § 177 des Strafgesetzbuchs hat nicht das Ziel, eine Kette von Strafverfahren gegen Ehemänner auszulösen. Dies ist auch nach allen internationalen Erfahrungen nicht zu erwarten. Ich denke, so, wie Ministerpräsident Wallmann in dieser Woche von der präventiven Funktion des Strafrechts gesprochen hat, gilt dies gerade auch für diesen Bereich, aber mit klarer Benennung des Unrechts und der Schwere des Delikts.
    Es handelt sich hier nicht um ein Kavaliersdelikt. Hier fehlt es oft noch am Unrechtsbewußtsein, wenn davon ausgegangen wird, es gehöre zur Pflicht der Ehefrau, jederzeit sexuell verfügbar zu sein. Es bedarf — ich wiederhole es — vielmehr der beiderseitigen Zustimmung. Die allgemeine Zustimmung bei Eheschließung deckt eben nicht jeden Einzelfall ab. Es geht darum, eine strafrechtliche Lücke zu schließen, die unserem heutigen Eheverständnis und Eherecht zuwiderläuft.
    Es geht aber auch darum, Hilfen anzubieten. Ich möchte unterstreichen, was hier gesagt worden ist: Nicht die Strafe verändert den Menschen. Hier geht es darum, durch Strafe etwas deutlich zu machen. Wenn in diesem Bereich Veränderungen erfolgen sollen, kommt es darauf an, Hilfen für langfristige Verhaltensänderungen anzubieten. Ich habe allerdings große Zweifel, ob zwangsweise Hilfen hier greifen. Auch das müssen wir beraten.
    In diesem Sinn werden wir alsbald einen Regierungsentwurf zuleiten, der eine umfassendere und damit befriedigendere Novellierung des § 177 des Strafgesetzbuchs vorsieht. Er soll weiter gehen als die jetzt vorgesehene Regelung des SPD-Entwurfs.