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ID1103707500

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    Plenarprotokoll 11/37 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 37. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. November 1987 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 8: Aktuelle Stunde betr. Ergebnisse des Waldschadenberichts 1987 Dr. Knabe GRÜNE 2497B, 2486 C Sauter (Epfendorf) CDU/CSU 2480 B Lennartz SPD 2481 A Heinrich FDP 2481 D Vahlberg SPD 2482 D Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU 2483 D Baum FDP 2484 D Kiechle, Bundesminister BML 2485 C Bayha CDU/CSU 2487 A Stahl (Kempen) SPD 2487 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 2489 A Frau Dr. Hartenstein SPD 2490 C Schmidbauer CDU/CSU 2491 C Freiherr von Schorlemer CDU/CSU . . 2492 C Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Schmidt-Bott, Ebermann und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortiges Moratorium für die Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (Drucksache 11/695) Frau Schmidt-Bott GRÜNE 2493 D Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 2495 B Catenhusen SPD 2497 C Kohn FDP 2499 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2501 B Tagesordnungspunkt 22: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksache 11/118) und b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksache 11/860) und c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Männle, Frau Verhülsdonk, Frau Dempwolf, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion der FDP: Geschlechtsbezogene Formulierungen in Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften (Drucksache 11/1043) Frau Dr. Dobberthien SPD 2502 D Frau Männle CDU/CSU 2503 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 2504 D Richter FDP 2506 B Engelhard, Bundesminister BMJ 2507 C Helmrich CDU/CSU 2508 B Frau Becker-Inglau SPD 2509 A Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2510A Vizepräsident Cronenberg 2511 B Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung und des sexuellen Mißbrauchs in der Ehe (Drucksache 11/474) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. November 1987 Dr. de With SPD 2511 D Eylmann CDU/CSU 2513 C Frau Schoppe GRÜNE 2515 B Lüder FDP 2516B Engelhard, Bundesminister BMJ 2517 A Frau Bulmahn SPD 2517 D Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2519C Nächste Sitzung 2520 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2521* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2521* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. November 1987 2479 37. Sitzung Bonn, den 6. November 1987 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 6. 11. Frau Beck-Oberdorf 6. 11. Bernrath 6. 11. Frau Blunck 6. 11. Dr. Briefs 6. 11. Böhm (Melsungen) ** 6. 11. Brauer 6. 11. Frau Brahmst-Rock 6. 11. Clemens 6. 11. Conradi 6. 11. Dollinger 6. 11. Doss 6. 11. Dr. Ehmke (Bonn) 6. 11. Ewen 6. 11. Dr. Feldmann 6. 11. Dr. Fell 6. 11. Gattermann 6. 11. Geis 6. 11. Gerstein 6. 11. Dr. Götz 6. 11. Dr. Haack 6. 11. Haack (Extertal) 6. 11. Heistermann 6. 11. Frau Dr. Hellwig 6. 11. Dr. Jobst 6. 11. Dr. Klejdzinski * 6. 11. Kolbow 6. 11. Kretkowski 6. 11. Lenzer * 6. 11. Leonhart 6. 11. Linsmeier 6. 11. Louven 6. 11. Lowack 6. 11. Frau Dr. Martiny 6. 11. Meyer 6. 11. Michels 6. 11. Mischnick 6. 11. Dr. Möller 6. 11. Müller (Schweinfurt) 6. 11. Frau Pack * 6. 11. Paintner 6. 11. Pfeifer 6. 11. Reuschenbach 6. 11. Frau Schilling 6. 11. Schmidt (München) * 6. 11. Schmidt (Salzgitter) 6. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schmitz (Baesweiler) 6. 11. Dr. Schmude 6. 11. Dr. Schneider 6. 11. Schroer 6. 11. Sielaff 6. 11. Dr. Sperling 6. 11. Schwarz 6. 11. Wieczorek (Duisburg) 6. 11. Wischnewski 6. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. Oktober 1987 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über den Schutz der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen (Halbleiterschutzgesetz) Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, daß sie ihren Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/803) zurückzieht. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 11/779 Nr. 2.1 Finanzausschuß Drucksache 11/779 Nummern 2.5, 2.6 Haushaltsausschuß Drucksache 11/883 Nummern 64, 68 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/253 Nummern 2.5, 2.6, 2.7, 2.8 Drucksache 11/339 Nummern 2.1, 2.2 Drucksache 11/439 Nummern 2.1, 2.2, 2.3, 2.4, 2.5 Drucksache 11/561 Nummern 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6 Drucksache 11/779 Nummern 2.8, 2.9, 2.10, 2.11, 2.12, 2.13, 2.14, 2.15, 2.16, 2.17, 2.18, 2.19, 2.22, 2.23 Drucksache 11/883 Nummern 73, 74, 75, 76, 77 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/253 Nr. 2.26 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/253 Nr. 2.29 Drucksache 11/883 Nr. 116 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/883 Nr. 120 Drucksache 11/883 Nr. 121 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/138 Nr. 3.159 Drucksache 11/138 Nr. 3.160 Drucksache 11/138 Nr. 3.161 Drucksache 11/561 Nr. 2.17
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    Rede von Dr. Hans de With


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Debatte über die Strafbarkeit der Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung und des sexuellen Mißbrauchs in der Ehe, wie wir sie heute anläßlich der ersten Lesung unseres diesbezüglichen Gesetzentwurfs führen, haben wir bereits mehrfach im Deutschen Bundestag und in seinen Ausschüssen geführt. Es war im Jahre 1973, als ich im damaligen Sonderausschuß für die Strafrechtsreform den Antrag gestellt habe, die Strafbarkeit auch auf die Vergewaltigung in der Ehe auszudehnen. Ich unterlag. Es fehlte aber nur eine Stimme. Es war also eine knappe Sache. Immerhin aber wurde seinerzeit mit dem Dritten Gesetz zur Reform des Strafrechts nicht nur das einschlägige Kapitel im Strafgesetzbuch mit der Überschrift „ Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" versehen; es wurde auch die Mindeststrafe für Vergewaltigung von einem auf zwei Jahre angehoben.
    Das geschah damals in einer Zeit des Aufbruchs. 1969 war das Gesetz über die Stellung der nichtehelichen Kinder in Kraft getreten, das wie kaum ein anderes die gesellschaftliche Entwicklung beeinflußt hat. Ich gehe davon aus, daß der Vorschlag, über den wir gerade debattiert haben, auch große gesellschaftliche Auswirkungen haben wird. Ich meine, das, was wir _gerade debattiert haben, wird geraume Zeit in Anspruch nehmen. Es hat aber im Kern einen gewissen inneren Zusamenhang mit dem, worum es jetzt geht. Es lag damals außerdem schon der erste Entwurf für ein neues Eherecht vor, das endlich Mann und Frau in der Ehe gleichstellte.



    Dr. de With
    Die zweite Initiative zur Änderung der Vergewaltigungsvorschrift des Strafgesetzbuches ergriff die damalige Justizsenatorin von Hamburg, Frau Eva Leithäuser, zehn Jahre später durch eine Vorlage im Bundesrat. Ihre Vorlage wurde seinerzeit — das darf man so formulieren — brüsk abgelehnt. Und es war 1983 — also im selben Jahr —, als die GRÜNEN und die SPD mit jeweils eigenen Anträgen im Bundestag initiativ wurden.
    FDP und CDU/CSU konterten vereint: Die Vorlagen zur Bestrafung der Vergewaltigung auch in der Ehe konnten nicht Gesetz werden. Das heißt: Wir hätten heute keine erneute erste Lesung, wenn es damals schon genug Luete von seiten der Koalitionsfraktionen gegeben hätte, die unseren Anträgen zugestimmt hätten — und das, obwohl im Gegensatz zum Jahre 1973 schon 1983 durch eine Vielzahl von Berichten aus den Frauenhäusern inzwischen sehr deutlich geworden war, daß Gewalt und sexuelle Gewalt in der Ehe weder seltene Erscheinungen noch etwa auf bestimmte Bevölkerungskreise beschränkt sind. Außerdem war schon damals ganz offenkundig, daß der Bestrafung der Vergewaltigung in der Ehe ein hoher Stellenwert für das Miteinander von Frau und Mann zukommen würde. Umfrageergebnisse belegten, daß noch in allzu vielen Köpfen die Meinung vorherrschte, der Mann habe ein Verfügungsrecht über die Frau in sexuellen Fragen. Weitere Umfrageergebnisse bestätigten, daß vielen der Tatbestand unbekannt war, wonach Vergewaltigung in der Ehe damals wie heute schon von Amts wegen als Nötigung bestraft werden muß.
    Inzwischen kennen wir die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens des Rechtsausschusses vom 26. Juni dieses Jahres. Die Sachverständigen und Verbandsvertreter haben sich mit übergroßer Mehrheit für eine Ausdehnung der Strafbarkeit auf die Vergewaltigung auch in der Ehe ausgesprochen. Dem haben sich nunmehr der Bundesminister der Justiz und — ich stelle es erfreut fest — die Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit angeschlossen. Das ist gut so, aber es gibt noch immer keinen entsprechenden Regierungsentwurf und noch keine klare Meinungsäußerung von seiten der CDU/CSU, wie es immerhin eine von seiten der FDP durch einen Parteitagsbeschluß gibt. Offenbar ist auch diese wichtige Frage — ich kann mich nicht enthalten, dies zu sagen — dem Meinungs- und Richtungsstreit in der Union zum Opfer gefallen — eine schlimme Sache.
    Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, heute und hier ein Ja sagen, so sind wir dankbar. Nur, dieses Ja ist nach dem bisherigen Gang der Ereignisse längst überfällig — deswegen meine lange Vorgeschichte. Ich glaube auch, ein Ruhmesblatt wird das für die Union im Buch der Geschichte sicher nicht sein.
    Dabei werden jetzt schon wieder Scharmützel für eine Beschneidung des neu zu formulierenden Vergewaltigungsparagraphen ausgetragen. Wir alle wissen, daß auch nach einer Vergewaltigung eine Versöhnung wieder mögich ist. Wir wollen nicht, daß eine Versöhnung durch ein Weiterbetreiben des Strafverfahrens zunichte gemacht wird. Soweit ich sehe, meint bisher der Bundesminister der Justiz, zu diesem
    Zweck sollte der Vergewaltigungsparagraph mit einem Antragsrecht versehen werden, um der vergewaltigten Frau die Verfügungsmacht über das Strafverfahren zu geben. Ich habe allerdings heute früh der „TAZ" entnommen, daß er diese Einrichtung wieder fallengelassen hat und bereit ist, diese durch eine andere zu ersetzen, die aber im Kern dasselbe bewirkt. Er plädiert für ein Vetorecht der Frauen.
    Wir Sozialdemokraten wollen demgegenüber denselben Zweck durch eine Klausel erreichen, die das Absehen von Strafe durch die Gerichtsbehörden ermöglicht. Der Staatsanwalt könnte ohnehin, falls das Verfahren noch nicht bis zum Gericht gediehen ist, nach § 153b der Strafprozeßordnung das Verfahren einstellen. Die Einfügung des Strafantragsrechts
    — übrigens mit all den Schwierigkeiten, die es bei einem Tatbestand des Verbrechens gibt — hat den Nachteil, daß die private Verfügungsgewalt über die Strafbarkeit sehr leicht zum Repressionsinstrument und Handelsobjekt werden kann. Zumindest kann es sehr nachteilig in der sicher lange währenden Debatte werden. Das will doch niemand.
    Was die Einzelheiten bei den Ausführungsformulierungen angeht, sind wir Sozialdemokraten offen. Uns geht es im Kern um die Grundsätze. Ich meine, wir können uns im Rechtsausschuß darüber klar werden, wie wir das ausgestalten. Ich weiß, daß die GRÜNEN inzwischen einen Antrag vorgelegt haben, der allerdings sehr viel weiter geht. Er betrifft auch die Männer, er betrifft die Strafprozeßordnung, und er bringt einiges, was bereits erledigt ist. Ich nehme an, daß wir das in den Debatten im Rechtsausschuß nicht nur einfließen lassen können, sondern dabei auch gleichzeitig behandeln.
    Uns liegt eine EMNID-Umfrage aus dein Jahre 1986 vor, die meiner Meinung nach ganz interessant im Hinblick auf das ist, was wir seit 1983 wissen. Danach meinen immerhin noch sage und schreibe 16 % der Befragten, daß der Mann im Falle der Vergewaltigung seiner Ehefrau strafrechtlich nicht verurteilt werden kann. 25 % der Befragten sind in dieser Frage unschlüssig. Das heißt, trotz der umfänglichen und langen Debatten seit 1983 gibt es noch immer einen nicht geringen Anteil der Bevölkerung, der glaubt — ich formuliere es so — , die Frau gehöre dem Mann.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Das war ja früher einmal so gesetzlich fixiert!)

    — Das war außerdem ein Filmtitel, aber bitte schön.
    Wer sich konsequent für die Gleichberechtigung und für die Partnerschaft zwischen Mann und Frau einsetzt und wer gleichwohl bisher immer noch an der Wirkung einer Strafvorschrift gezweifelt hat, der hat jetzt gute Gelegenheit, einen Schritt nach vorn zu tun.
    — Ich spreche die Union an. Ich muß leider feststellen, daß dieser Teil des Saales äußerst dünn besetzt ist und nur ein geringer Teil wirklich zuhört; das gilt auch für den Vorsitzenden des Rechtsausschusses.
    Natürlich wird die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe derartige Handlungen nicht ausmerzen
    — das sei auch festgestellt — , aber mit einer solchen Strafvorschrift wäre die Möglichkeit geschaffen, auch die sehr hohe Dunkelziffer eindämmen zu helfen. Sprechen wir das einmal offen aus: Viele Frauen mei-



    Dr. de With
    den noch immer aus Scham den Schritt zur Polizei oder zum Staatsanwalt. Unser Vorschlag wird dazu beitragen — so hoffen wir wenigstens — , Denkprozesse in Bewegung zu setzen, die die Welt in der kleinsten Gemeinschaft, der zwischen Mann und Frau — ich hoffe, das ist nicht zu hoch gegriffen — , etwas gerechter, etwas partnerschaftlicher und — das sage ich auch — auf die Dauer vielleicht sogar etwas liebevoller machen können.

    (Beifall bei der SPD)

    Lassen Sie mich zum Schluß noch ein Wort zu den immer noch zahlreichen Hinweisen sagen, die Strafbarkeit in der Ehe gefährde das Zusammenleben zwischen Mann und Frau;

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Die Vergewaltigung in der Ehe gefährdet es!)

    denn sie schicke den Staatsanwalt in die Intimsphäre, zerre damit die Unzulänglichkeiten der Ehe und der ganzen Familie ins Rampenlicht und zerstöre so beides. Das ist die alte, hergebrachte Argumentation, die wir seit Jahrzehnten kennen.
    Margot von Renesse — sie ist sicher nicht so sehr bekannt — , eine Familienrichterin, hat hierzu in dem erwähnten Anhörungsverfahren folgendes — ich meine sehr deutlich, klar und mit treffenden Worten — ausgeführt. Ich zitiere:
    Der Mißbrauch ehelicher Sexualität, wo Machtergreifung und Unterwerfung wichtiger sind als das Zusammengehören und das Aufeinanderzuordnen von Sexualität, gefährdet deshalb den Bestand von Ehen, weil ja gerade die Sexualität ein wichtiger Kitt sein sollte. Und daß Frauen nicht an die Öffentlichkeit treten, liegt daran — worauf auch schon Frau Dr. Maeder hingewiesen hat —, daß sie sich für ihre Männer, aber auch um ihrer selbst willen schämen. Sie reden deshalb nicht, weil ihnen teils von ihren Männern, teils von der Gesellschaft eingeredet wird, daß eine Frau, die sich für ihren Mann nicht jederzeit zur Verfügung stellt, nicht den Normen entspricht, frigide ist und eigentlich nicht paßt. Dieses Problem könnte durch eine generalpräventive Wirkung des Strafrechts schon etwas behoben werden, wenn nämlich deutlich wird, daß die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft jedenfalls nicht die Verpflichtung zu jedem Sexualakt, der verlangt wird, einschließt. Freiwilligkeit gehört einfach dazu, wenn man nicht einer islamischen Beschneidung fast nahekommen will.
    Mag das, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch etwas drastisch ausgedrückt sein, es geht letztlich darum — das sage ich mit allem Ernst — , die Würde und die Welt der Frau etwas besser begreifen zu können, damit letztlich endlich auch in diesem Bereich Folgerungen gezogen werden.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Eylmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Horst Eylmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege de With, ich habe es immer als etwas billig empfunden, wenn sich die Fraktionen dieses Hauses die mangelnde Präsenz vorhalten. Wir sind allemal Sünder, und Sie wissen genauso wie ich, daß wir uns sehr schnell mit einer entsprechenden Bemerkung revanchieren könnten.
    Nun aber zur Sache: Die Diskussion der Frage, ob das Strafrecht die Vergewaltigung innerhalb und außerhalb der Ehe gleichstellen sollte, ist nicht immer leicht auf dem angemessenen Niveau zu führen. Das wissen Sie alle. Rührt schon der Konflikt zwischen Sexualität und Strafrecht an sehr tiefliegende Schichten, muß man in noch stärkerem Maße mit überkommenen Vorstellungen und auch irrationalen Verfestigungen rechnen, wenn in dieses Konfliktfeld noch die männliche oder die menschliche Aggression und die Ehe einbezogen werden.
    Dabei — das wissen wir alle oder sollten es wissen — verdient dieses Problem eine sehr ernsthafte und nüchterne Zuwendung. Täglich werden in der Bundesrepublik Ehefrauen von ihren Ehemännern vergewaltigt. Daran besteht kein Zweifel. Ich will die Situation nicht dramatisieren. Natürlich befinden sich die deutschen Ehefrauen nicht in ihrer Mehrzahl in den Händen brutaler Machos. Andererseits würden wir die Realität verdrängen, wenn wir die Zustände in den bundesdeutschen Schlafzimmern als rosarote Idylle malen würden. Auf Grund zahlreicher Fakten und aller bekannten Umfrageergebnisse steht fest, daß es bei uns einige zigtausend Ehefrauen gibt, die diese Prozedur von ihren Ehemännern haben erdulden müssen.
    Die weniger physischen als vielmehr psychischen Leiden der betroffenen Frauen verbieten es, sich dein Thema auf dem Niveau von Stammtischparolen oder mit schriller feministischer Agitation zu nähern.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun will ich gleich zu Beginn davor warnen, anzunehmen, die Gleichstellung der außerehelichen und ehelichen Vergewaltigung sei ein sicheres und durchschlagendes Mittel

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Wenn die Feministinnen nicht gewesen wären, würden Sie heute noch nicht darüber reden!)

    — bestätigen Sie bitte nicht das, was ich zu Anfang gesagt habe; ich habe den Eindruck, Sie tun das —,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Nun mal langsam!)

    die zumeist männliche Aggression im ehelichen Sexualverhalten zurückzudrängen. Wer hofft oder auch wer befürchtet, dann werde es in weitaus größerer Anzahl zu Strafanzeigen, strafrechtlichen Ermittlungen oder gar Verurteilungen kommen, irrt. Das Anzeigeverhalten der vergewaltigten Frauen wird sich allenfalls allmählich und nur in geringem Umfange ändern. Die Beweisschwierigkeiten bei Vergewaltigungen im Rahmen enger persönlicher Beziehungen bleiben. Es wird kaum mehr Verurteilungen geben als bisher. Deshalb können auch die abschreckenden und bessernden Wirkungen der Strafe — das, was wir unter Spezialprävention verstehen — hier kaum greifen. Bleibt die allgemeine Abschreckung, die negative Ge-



    Eylmann
    neralprävention. Auch sie sollte man nicht überschätzen.
    Dennoch, alle diese skeptischen Einsichten rechtfertigen eine Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Rechtszustandes nicht. Der Tatbestand der Vergewaltigung schützt das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der Frau. Darüber sind wir uns einig. Dieses Recht ist unteilbar. Es verliert nicht ein Gran seines Gewichtes, wenn eine Frau heiratet.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Gewiß verpflichtet die Ehe beide Partner zur Geschlechtsgemeinschaft, die im Wege partnerschaftlicher Rücksichtnahme und Einfühlung zu realisieren ist. Aber der Trauschein verpflichtet die Ehefrau nicht, dem Ehemann jederzeit, wenn dieser ein entsprechendes Verlangen spürt, zu Willen zu sein. Noch weniger gibt er dem Ehemann das Recht, sein Verlangen mit Gewalt durchzusetzen.
    In der Bundesrepublik leben über 1 Million Paare in außerehelicher Lebensgemeinschaft, die sie in den meisten Fällen als Vorstufe zur Ehe betrachten. Man kann dieses Faktum mit guten Gründen beklagen, es aber nicht ändern. Wer kann mir einen rechtfertigenden Grund dafür nennen, daß eine Notzucht innerhalb einer solchen Lebensgemeinschaft einen Tag vor der Hochzeit als Vergewaltigung nach § 177 StGB zu bestrafen ist, einen Tag nach der Hochzeit aber nur als Körperverletzung und Nötigung?

    (Zustimmung bei der SPD)

    Niemand; denn einen solchen Grund gibt es nicht.
    Ich will gleich hinzufügen: Es gibt auch keinen Grund, eine Vergewaltigung allein deshalb milder zu beurteilen, weil sie innerhalb einer Ehe geschehen ist. Vergessen wir nicht, daß sich in einer Ehe jeder Partner ein Stück weit in die Hand des anderen begibt, ihni Vertrauen schenkt. Werden diese Abhängikeit und dieses Vertrauen zu einem Notzuchtverbrechen mißbraucht, könnte man eher an einen schwereren als an einen müderen Fall denken.
    Ist es somit ein Gebot der materiellen Gerechtigkeit, die Privilegierung der ehelichen Vergewaltigung abzuschaffen, so wäre es andererseits falsch, damit auch unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Rechte des Opfers für unzulässig zu halten. Art. 6 des Grundgesetzes stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz staatlicher Ordnung. Das bedeutet einerseits, daß die Ehe vor ihrem Zerbrechen oder ihrer inneren Entleerung durch aggressives Verhalten eines Partners nicht geringer geschützt werden darf als eine außereheliche Lebensgemeinschaft. Andererseits heißt das aber auch, daß bei einer Strafverfolgung die gebotene Rücksicht auf die engen personalen Beziehungen zwischen den Ehepartnern zu nehmen ist. Gerade weil die Vergewaltigung innerhalb der Ehe weniger die Dimension eines gesellschaftlichen Konflikts hat, sondern sich im engen Raum der intimen Beziehungen der beiden Ehepartner abspielt, ist es nicht nur vertretbar, sondern geboten, eine Strafverfolgung nicht zuzulassen, wenn das Opfer widerspricht.