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ID1103704700

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    Plenarprotokoll 11/37 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 37. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. November 1987 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 8: Aktuelle Stunde betr. Ergebnisse des Waldschadenberichts 1987 Dr. Knabe GRÜNE 2497B, 2486 C Sauter (Epfendorf) CDU/CSU 2480 B Lennartz SPD 2481 A Heinrich FDP 2481 D Vahlberg SPD 2482 D Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU 2483 D Baum FDP 2484 D Kiechle, Bundesminister BML 2485 C Bayha CDU/CSU 2487 A Stahl (Kempen) SPD 2487 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 2489 A Frau Dr. Hartenstein SPD 2490 C Schmidbauer CDU/CSU 2491 C Freiherr von Schorlemer CDU/CSU . . 2492 C Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Schmidt-Bott, Ebermann und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortiges Moratorium für die Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (Drucksache 11/695) Frau Schmidt-Bott GRÜNE 2493 D Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 2495 B Catenhusen SPD 2497 C Kohn FDP 2499 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2501 B Tagesordnungspunkt 22: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksache 11/118) und b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksache 11/860) und c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Männle, Frau Verhülsdonk, Frau Dempwolf, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion der FDP: Geschlechtsbezogene Formulierungen in Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften (Drucksache 11/1043) Frau Dr. Dobberthien SPD 2502 D Frau Männle CDU/CSU 2503 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 2504 D Richter FDP 2506 B Engelhard, Bundesminister BMJ 2507 C Helmrich CDU/CSU 2508 B Frau Becker-Inglau SPD 2509 A Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2510A Vizepräsident Cronenberg 2511 B Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung und des sexuellen Mißbrauchs in der Ehe (Drucksache 11/474) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. November 1987 Dr. de With SPD 2511 D Eylmann CDU/CSU 2513 C Frau Schoppe GRÜNE 2515 B Lüder FDP 2516B Engelhard, Bundesminister BMJ 2517 A Frau Bulmahn SPD 2517 D Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2519C Nächste Sitzung 2520 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2521* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2521* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. November 1987 2479 37. Sitzung Bonn, den 6. November 1987 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 6. 11. Frau Beck-Oberdorf 6. 11. Bernrath 6. 11. Frau Blunck 6. 11. Dr. Briefs 6. 11. Böhm (Melsungen) ** 6. 11. Brauer 6. 11. Frau Brahmst-Rock 6. 11. Clemens 6. 11. Conradi 6. 11. Dollinger 6. 11. Doss 6. 11. Dr. Ehmke (Bonn) 6. 11. Ewen 6. 11. Dr. Feldmann 6. 11. Dr. Fell 6. 11. Gattermann 6. 11. Geis 6. 11. Gerstein 6. 11. Dr. Götz 6. 11. Dr. Haack 6. 11. Haack (Extertal) 6. 11. Heistermann 6. 11. Frau Dr. Hellwig 6. 11. Dr. Jobst 6. 11. Dr. Klejdzinski * 6. 11. Kolbow 6. 11. Kretkowski 6. 11. Lenzer * 6. 11. Leonhart 6. 11. Linsmeier 6. 11. Louven 6. 11. Lowack 6. 11. Frau Dr. Martiny 6. 11. Meyer 6. 11. Michels 6. 11. Mischnick 6. 11. Dr. Möller 6. 11. Müller (Schweinfurt) 6. 11. Frau Pack * 6. 11. Paintner 6. 11. Pfeifer 6. 11. Reuschenbach 6. 11. Frau Schilling 6. 11. Schmidt (München) * 6. 11. Schmidt (Salzgitter) 6. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schmitz (Baesweiler) 6. 11. Dr. Schmude 6. 11. Dr. Schneider 6. 11. Schroer 6. 11. Sielaff 6. 11. Dr. Sperling 6. 11. Schwarz 6. 11. Wieczorek (Duisburg) 6. 11. Wischnewski 6. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. Oktober 1987 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über den Schutz der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen (Halbleiterschutzgesetz) Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, daß sie ihren Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/803) zurückzieht. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 11/779 Nr. 2.1 Finanzausschuß Drucksache 11/779 Nummern 2.5, 2.6 Haushaltsausschuß Drucksache 11/883 Nummern 64, 68 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/253 Nummern 2.5, 2.6, 2.7, 2.8 Drucksache 11/339 Nummern 2.1, 2.2 Drucksache 11/439 Nummern 2.1, 2.2, 2.3, 2.4, 2.5 Drucksache 11/561 Nummern 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6 Drucksache 11/779 Nummern 2.8, 2.9, 2.10, 2.11, 2.12, 2.13, 2.14, 2.15, 2.16, 2.17, 2.18, 2.19, 2.22, 2.23 Drucksache 11/883 Nummern 73, 74, 75, 76, 77 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/253 Nr. 2.26 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/253 Nr. 2.29 Drucksache 11/883 Nr. 116 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/883 Nr. 120 Drucksache 11/883 Nr. 121 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/138 Nr. 3.159 Drucksache 11/138 Nr. 3.160 Drucksache 11/138 Nr. 3.161 Drucksache 11/561 Nr. 2.17
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    Rede von Roland Kohn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren hier über einen Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN für ein sofortiges Moratorium für die Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt. Damit soll sichergestellt werden, daß Viren, Mikroorganismen, Pflanzen und Tiere, die mittels gentechnischer Verfahren verändert wurden, nicht in die Umwelt freigesetzt werden. Dann heißt es dort weiter — ich zitiere — :
    Ebenso gilt das Moratorium für die Freisetzung von Organismen, die gezielt mit nichtgentechnischen Verfahren ... verändert wurden.
    Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, zeigt eindeutig, worum es der Fraktion DIE GRÜNEN geht: nicht um eine sachgemäße und anspruchsvolle Diskussion dieser schwierigen Thematik, sondern einfach darum, ein großes Horrorszenario aufzutun und die ganze Gentechnologie in Mißkredit zu bringen.
    Meine Damen und Herren, ich muß dazu sagen: Ich finde es, zum ersten, nicht akzeptabel, daß man den Versuch unternimmt, sich der Mühe des Begriffs zu entziehen.
    Ich muß außerdem sagen: Ich halte es für eine Mißachtung des Parlaments und der Arbeit der EnqueteKommission, wenn man Vorschläge unterbreitet, die in keiner Weise mit dem, was wir über 2 3/4 Jahre in dieser Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages beraten haben, in Einklang zu bringen sind.

    (Frau Schmidt-Bott [GRÜNE]: Haben Sie sich bei Herrn Klingmüller beschwert?)

    Außerdem ist es auch, wie ich denke, eine Täuschung der Öffentlichkeit; denn es wird hier so getan, als gäbe es zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt keinen wirklichen Regelungsmechanismus.
    Ich darf aus den jetzt gültigen Richtlinien zum Schutz vor Gefahren durch in vitro neu kombinierte Nukleinsäuren zitieren:
    Folgende gentechnologische Experimente dürfen nicht durchgeführt werden .. .



    Kohn
    Dann kommt Verschiedenes, und unter c) heißt es dort:
    die Freisetzung gentechnologisch veränderter Organismen.
    Dies ist der Rechtszustand, der dann mit bestimmten Ausnahmetatbeständen versehen wird.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Eben!)

    Sie haben sich nicht der Mühe unterzogen, auch auf diese Dinge einzugehen.
    Im übrigen muß ich Ihnen sagen: Wenn gestern der Abgeordnete Wetzel von den GRÜNEN in einem anderen Zusammenhang erklärt hat, all das, was die Enquete-Kommission in 2 3/4 Jahren erarbeitet habe, sei ja schon längst überholt, sei ja im Grunde schon Makulatur, sollten Sie einmal anfangen, darüber nachzudenken, welche Sprachregelung Sie in Ihrer Fraktion eigentlich treffen wollen. Entweder berufen Sie sich auf dieses Ding, oder Sie sagen, es sei überholt und wir könnten es in den Papierkorb werfen.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zum Stand der Dinge einige Bemerkungen machen. Der erste Punkt: Seit September 1986 finden in Großbritannien Versuche unter dem Stichwort „Sicherheitsforschung" statt. Dabei geht es um die Freisetzung von Baculo-Viren, bei denen eine neue Gensequenz eingebaut wurde, allerdings nur zur Markierung. Das bedeutet: Diese Gensequenz ist nicht genetisch aktiv. Das ist der Sachverhalt.
    Zweitens. Seit April 1987 finden in Kalifornien Versuche mit sogenannten Eis-Minus-Bakterien statt. Dabei geht es darum, die Frostschadensgrenze bei Pflanzen abzusenken.
    Im Juni 1987 wurden in Montana, ebenfalls in den Vereinigten Staaten, gentechnisch veränderte Bakterien auf Ulmen freigesetzt, und zwar um eine weitverbreitete Ulmenkrankheit zu bekämpfen. Dies erfolgte ohne Genehmigung durch die amerikanischen Behörden. Aus diesem Grunde wurden diese Ulmen gefällt und anschließend verbrannt.
    Meine Damen und Herren, seit Mai 1987 findet im Rahmen eines EG-Forschungsprogramms bei uns in der Bundesrepublik unter dem Stichwort „Sicherheit in der Biotechnologie" in Bayreuth ein Versuch mit Knöllchenbakterien statt. Es wurde eine Parzelle auf einem Versuchsfeld entsprechend beimpft. Ziel dieses Versuches ist — neben dem Stichwort „Sicherheitsforschung" — die Stickstoff-Fixierung. Dabei allerdings wurde — das ist hier ja schon Gegenstand der Auseinandersetzung gewesen — nicht Gentechnologie im strengen Sinne des Wortes angewandt, sondern es kam zu einer Konjugation verschiedener Bakterien, wenn man so will, zu einer Paarung, aber nicht mit Hilfe der Gentechnologie.

    (Widerspruch bei den GRÜNEN)

    — Wenn Sie hier Zwischenrufe machen, empfehle ich Ihnen, einmal das Buch von Herrn Professor Winnakker zu lesen und die dort vorhandenen Definitionen der Begrifflichkeit in der Gentechnologie sehr sorgfältig aufzunehmen.

    (Clemens [CDU/CSU]: Der steht bei den GRÜNEN auf dem Index!)

    Allerdings habe ich bei den GRÜNEN manchmal den Eindruck, daß Sie nach der Methode handeln: Unkenntnis erhöht die Sicherheit des Urteils deutlich.

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Nichts schreckt sie mehr als Wissen!)

    Meine Damen und Herren, schließlich findet — das ist ganz aktuell — in South-Carolina ein Versuch der Freisetzung von genetisch veränderten Mikroorganismen auf einem Feld mit Winterweizen statt. Da geht es um Schädlingsbekämpfung. Dieser Versuch ist von der amerikanischen Umweltschutzbehörde genehmigt worden.
    Außerdem müssen wir davon ausgehen — auch dies gehört zu einem vollständigen Bild des Sachverhalts — , daß es im nächsten Jahr erste Anträge auf Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen bei uns in der Bundesrepublik Deutschland geben wird.
    Vor diesem Hintergrund hat die Enquete-Kommission Gentechnologie ein differenziertes Bild der Probleme gezeichnet und in ihren zahlreichen Empfehlungen folgendes festgelegt:
    Wir haben erstens gesagt: Wir wollen, daß die Freisetzung von Viren grundsätzlich nicht akzeptiert wird — mit eng begrenzten Ausnahmen, die ich jetzt hier im Detail nicht vortragen will.
    Wir haben zweitens zum Thema der Mikroorganismen folgendes gesagt — das möchte ich zitieren — :
    Die gezielte Freisetzung von Mikroorganismen, in die gentechnisch fremde Gene eingefügt worden sind, ist in den Sicherheitsrichtlinien weiterhin zu untersagen. Nach einem Zeitraum von fünf Jahren muß unter Beteiligung des Bundestages entschieden werden, ob neue Erkenntnisse eine angemessene Abschätzung möglicher Folgen solcher Experimente ermöglichen und die Aufhebung dieses Verbots rechtfertigen.
    Meine Damen und Herren, ich sage ganz offen: Dies ist ein Punkt gewesen, über den wir sehr lange und sehr intensiv diskutiert haben. Auch mir ist die Zustimmung nicht leichtgefallen, aber ich habe auch in diesem Punkt die Auffassung vertreten, daß wir uns, wenn auch nur ein theoretisches Restrisiko besteht, bei der Formulierung unserer Empfehlungen auf die Seite der Sicherheit zu stellen haben.

    (Vorsitz: Vizepräsident Cronenberg)

    Was den Bereich der Pflanzen angeht, so haben wir Genehmigungsvorbehalte der Zentralen Kommission für biologische Sicherheit und eine Risikobewertung hinsichtlich der Umweltverträglichkeit und der Toxizität eingefordert.
    Schließlich zur Frage der durch Gentechnik veränderten Tiere. Hier haben wir gefordert, daß sichergestellt werden muß, daß die Ausbreitung der Tiere kontrollierbar bleibt. Das heißt auf gut deutsch: Die Rückholbarkeit muß sichergestellt werden.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese differenzierte Position ist in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit auf sehr viel Kritik gestoßen. Wir haben eine ganze Menge Prügel eingesteckt. Trotzdem glauben wir, daß es sinnvoll war, diese Entscheidungen so zu treffen, weil wir als Politiker dann, wenn



    Kohn
    auch nur ein Risiko besteht, das man nicht abschließend beurteilen kann, die Verpflichtung haben, den Menschen und die Umwelt zu schützen und sicherzustellen, daß, soweit menschliches Vermögen überhaupt reicht, hier keine Schädigungen auftreten können.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus diesem Grund sind wir der Überzeugung, daß diese Vorschläge, die die Enquete-Kommission dem Deutschen Bundestag vorgelegt hat, den richtigen Rahmen für die weitere Behandlung dieser Thematik abgeben. Wir werden uns ja im Laufe der nächsten Monate und Jahre weiter intensiv mit diesen Fragen beschäftigen. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen: Ich finde, es ist für die Behandlung dieser Thematik von außerordentlicher Wichtigkeit, daß zumindest die klassischen Fraktionen dieses Hauses hier in den Grundlinien an einem Strick ziehen; denn wenn wir sicherstellen wollen, daß es in der Öffentlichkeit Verständnis für die Arbeiten der Gentechnologie gibt, dann müssen wir sicherstellen, daß optimale Information vorhanden ist und daß in der Öffentlichkeit ein Konsens über den verantwortungsbewußten Umgang mit dieser Technologie entstehen kann. Die Enquete-Kommission hat den Weg dazu gewiesen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Frau Bundesministerin Dr. Süssmuth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rita Süssmuth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über den Antrag auf ein sofortiges Moratorium für die Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt sind hier die wesentlichen Positionen heute morgen ausgetragen worden. Ich denke, daß uns dieser Antrag in der gestellten Form bei der Lösung der Probleme nicht weiterhilft.
    Es ist gewiß zutreffend — das teilen alle Fraktionen dieses Bundestages — , daß bei Genforschung und um so mehr bei der Gentechnologie äußerste Vorsichts- und Regulierungsmaßnahmen angezeigt sind. Das hat sich auch sehr deutlich in den Arbeiten der EnqueteKommission „Chancen und Risiken der Gentechnologie " niedergeschlagen.
    Zum Bayreuther Versuch ist zunächst zu sagen, daß dieses Experiment keiner Genehmigung nach den von der Bundesregierung zur Gentechnik erlassenen Sicherheitsrichtlinien bedurfte, weil die Veränderung der Bakterien nicht mit gentechnischen Methoden im Sinne der Genrichtlinien bewirkt war. Die Bayreuther Wissenschaftler hatten dennoch vor der Freisetzung das Bundesgesundheitsamt über ihr Vorhaben informiert. Das Bundesgesundheitsamt kam — wie übrigens auch die zuständige englische Behörde in einem parallelen Fall — zu dem Ergebnis, daß von dem Experiment keine Gefahren für den Menschen oder die Umwelt ausgehen.
    Bei Freisetzungsversuchen sind zunächst — das wissen wir — Risiken für die Umwelt und, wo immer dies möglich erscheint, für den Menchen sorgfältigst zu prüfen. Die Genrichtlinien — auch das ist soeben gesagt worden — verbieten in Nr. 19 Abs. c diese Freisetzung grundsätzlich, aber — und jetzt kommt das Problem, das wir in den nächsten Monaten zu bearbeiten haben — sie sagen bislang nichts über die Kriterien aus, nach denen das Bundesgesundheitsamt über Ausnahmegenehmigungen entscheiden soll. Das ist für die Forschung und die Labortätigkeit anders als für die Freisetzung. Sie beschreiben den Stand von Wissenschaft und Technik und sind damit allgemeinverbindlich, aber eine präventive Kontrolle ist nur für die vom Bund geförderte Forschung garantiert.
    Die Empfehlungen der Enquete-Kommission aufnehmend scheint es mir wichtig, daß die Beschränkung des Regelungsbereichs auf die Gentechnik daraufhin geprüft werden muß, ob sie auf die Dauer sachgerecht ist. Bisher haben sich die sachliche Autorität der Richtlinien und das Verantwortungsbewußtsein der Wissenschaftler gerade auch im Bayreuther Fall bewährt, aber auf Dauer muß die bestehende Richtlinie allgemein gültig und für alle verbindlich gemacht werden.
    Deswegen prüft die Bundesregierung zur Zeit sowohl Änderungen der Genrichtlinien als auch die Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen zur Gentechnik.
    Sie haben eben gesagt, dieses solle nicht eher in Maßnahmen, also in Veränderungen der Richtlinien, überführt werden, als die Ausschußberatungen abgeschlossen sind. Ich muß Ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt sagen: Ich hoffe und gehe davon aus, daß dieses zeitgleich erreicht werden kann. Denn wie eben zu Recht gesagt worden ist, hat es zwar bisher keine Anträge zur Freisetzung gegeben und damit auch keine Genehmigung — das möchte ich noch einmal ausdrücklich unterstreichen — , aber wir rechnen damit, daß im nächsten Jahr Anträge auf Genehmigungen erfolgen. Dafür brauchen wir die entsprechenden Richtlinien.

    (Seesing [CDU/CSU]: Dann müssen wir alle schwer arbeiten!)

    — Das ist in diesem Fall dringend geboten. — Von der Bundesregierung jedenfalls kann Ihnen der Versuch zugesagt werden, daß in den Ausschußberatungen zugleich auch mitberaten wird, was wir in diesem Bereich zu regeln haben.
    Ich möchte hinzufügen, daß bei der Zentralen Kommission für Biologiche Sicherheit, der ZKBS, und bei den Bundesoberbehörden Arbeitsgruppen eingerichtet worden sind mit der Aufgabe, sachgerechte Kriterien für die Genehmigungsentscheidungen zu entwickeln. Diese ZKBS hat bisher auch die Aufgabe, zu beraten, zu begutachten und Vorschläge für die Anpassung von Richtlinien zu erarbeiten.
    Ich möchte noch einmal unterstreichen, daß uns dabei die Aussagen der Enquete-Kommission wertvolle Orientierungshilfe sind. Sie zeigen, daß bei der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen große Vorsicht geboten ist. Sie zeigen aber auch, daß sich ein totales Freisetzungsverbot ohne Ausnahmemöglichkeit, wie es die GRÜNEN in ihrem Antrag for-dem, nicht begründen läßt. Generelle Aussagen über die Risiken, die sich aus der Freisetzung gentechnisch



    Bundesminister Frau Dr. Süssmuth
    veränderter Organismen für den Menschen und die Umwelt ergeben, sind zur Zeit nicht möglich. Das theoretische Wissen ist noch lückenhaft, die praktischen Erfahrungen sind international noch spärlich. Deshalb ist bei Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen größte Vorsicht geboten. In der Bundesrepublik Deutschland — ich wiederhole es — ist bisher noch keine solche Freisetzung genehmigt worden oder uns bekannt.
    Daß generelle Aussagen über Freisetzungsrisiken nicht möglich sind, schließt aber gesicherte Aussagen über Risiken im Einzelfall nicht aus. Das zeigen die im Ausland schon geprüften, genehmigten und durchgeführten Freisetzungsexperimente, von denen hier eben die Rede war, das zeigt auch das Bayreuther Beispiel. Es gibt also Fälle, in denen das Risiko einer Freisetzung sicher beurteilt und verantwortet werden kann. Nur in diesen Fällen darf eine Freisetzung vorgenommen werden. Ich denke, das ist der Rahmen, der für die Sicherheitsgewährleistung unbedingt gesteckt werden muß.
    Wir können nicht einfach sagen, daß wir auf Genforschung und Gentechnik verzichten könnten. Gerade auf dem Sektor der AIDS-Forschung — ich unterstreiche das noch einmal — wären wir ohne Forschung in diesem Bereich heute überhaupt nicht in der Lage, das zu tun, was wir bereits tun können. Deswegen hilft uns ein generelles Verbot nicht. Auch kann die Sicherheit nicht vergrößert werden, wenn in diesem Bereich nicht Sicherheit erforscht wird. Dann geben wir nur den Entwicklungen freie Hand, die dahin gehen, zu sagen: Dann wird es eben im Ausland gemacht, bei uns aber nicht. Deswegen möchte ich noch einmal unterstreichen, daß in der Bundesrepublik mit diesem Sachbereich sehr verantwortungsvoll umgegangen wird.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Woher wissen Sie das so genau, Frau Ministerin?)

    — Weil ich sagen kann, daß nach unseren bisherigen Bestimmungen und der bis jetzt für uns geltenden Praxis diese Aussage zu gewährleisten ist.
    Deswegen sage ich noch einmal: Ein totales Moratorium hilft uns hier in der Sache nicht weiter. Was notwendig ist, sind Entscheidungen, Differenzierungen, Abgrenzungen, die ein hohes Maß nicht nur an intellektueller Anstrengung, sondern an moralischer Verantwortung verlangen. Wir können uns aber dieser Arbeit nicht durch Flucht in Positionen enthalten, indem wir sagen: Da ist zunächst ein Moratorium mit totalem Verbot einzusetzen, und dann irgendwann, sondern diese Anstrengung gilt für jeden Tag, und für jeden Tag gilt es, Risiken abzuwehren. Deswegen möchte ich Sie auffordern, an den Ausschußberatungen zum Bericht der Enquete-Kommission intensiv mitzuarbeiten, damit wir dort das eben Genannte überprüfen, den Regelungsbedarf gemeinsam festlegen und damit den Risiken der Gentechnik mit den uns allen gebotenen Mitteln begegnen, ohne ihre Chancen zu verschütten.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSu und der FDP)