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ID1103704300

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    Plenarprotokoll 11/37 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 37. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. November 1987 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 8: Aktuelle Stunde betr. Ergebnisse des Waldschadenberichts 1987 Dr. Knabe GRÜNE 2497B, 2486 C Sauter (Epfendorf) CDU/CSU 2480 B Lennartz SPD 2481 A Heinrich FDP 2481 D Vahlberg SPD 2482 D Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU 2483 D Baum FDP 2484 D Kiechle, Bundesminister BML 2485 C Bayha CDU/CSU 2487 A Stahl (Kempen) SPD 2487 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 2489 A Frau Dr. Hartenstein SPD 2490 C Schmidbauer CDU/CSU 2491 C Freiherr von Schorlemer CDU/CSU . . 2492 C Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Schmidt-Bott, Ebermann und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortiges Moratorium für die Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (Drucksache 11/695) Frau Schmidt-Bott GRÜNE 2493 D Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 2495 B Catenhusen SPD 2497 C Kohn FDP 2499 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2501 B Tagesordnungspunkt 22: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksache 11/118) und b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Geschlechtsneutrale Bezeichnungen (Drucksache 11/860) und c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Männle, Frau Verhülsdonk, Frau Dempwolf, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion der FDP: Geschlechtsbezogene Formulierungen in Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften (Drucksache 11/1043) Frau Dr. Dobberthien SPD 2502 D Frau Männle CDU/CSU 2503 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 2504 D Richter FDP 2506 B Engelhard, Bundesminister BMJ 2507 C Helmrich CDU/CSU 2508 B Frau Becker-Inglau SPD 2509 A Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2510A Vizepräsident Cronenberg 2511 B Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung und des sexuellen Mißbrauchs in der Ehe (Drucksache 11/474) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. November 1987 Dr. de With SPD 2511 D Eylmann CDU/CSU 2513 C Frau Schoppe GRÜNE 2515 B Lüder FDP 2516B Engelhard, Bundesminister BMJ 2517 A Frau Bulmahn SPD 2517 D Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2519C Nächste Sitzung 2520 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2521* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2521* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. November 1987 2479 37. Sitzung Bonn, den 6. November 1987 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 6. 11. Frau Beck-Oberdorf 6. 11. Bernrath 6. 11. Frau Blunck 6. 11. Dr. Briefs 6. 11. Böhm (Melsungen) ** 6. 11. Brauer 6. 11. Frau Brahmst-Rock 6. 11. Clemens 6. 11. Conradi 6. 11. Dollinger 6. 11. Doss 6. 11. Dr. Ehmke (Bonn) 6. 11. Ewen 6. 11. Dr. Feldmann 6. 11. Dr. Fell 6. 11. Gattermann 6. 11. Geis 6. 11. Gerstein 6. 11. Dr. Götz 6. 11. Dr. Haack 6. 11. Haack (Extertal) 6. 11. Heistermann 6. 11. Frau Dr. Hellwig 6. 11. Dr. Jobst 6. 11. Dr. Klejdzinski * 6. 11. Kolbow 6. 11. Kretkowski 6. 11. Lenzer * 6. 11. Leonhart 6. 11. Linsmeier 6. 11. Louven 6. 11. Lowack 6. 11. Frau Dr. Martiny 6. 11. Meyer 6. 11. Michels 6. 11. Mischnick 6. 11. Dr. Möller 6. 11. Müller (Schweinfurt) 6. 11. Frau Pack * 6. 11. Paintner 6. 11. Pfeifer 6. 11. Reuschenbach 6. 11. Frau Schilling 6. 11. Schmidt (München) * 6. 11. Schmidt (Salzgitter) 6. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schmitz (Baesweiler) 6. 11. Dr. Schmude 6. 11. Dr. Schneider 6. 11. Schroer 6. 11. Sielaff 6. 11. Dr. Sperling 6. 11. Schwarz 6. 11. Wieczorek (Duisburg) 6. 11. Wischnewski 6. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. Oktober 1987 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über den Schutz der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen (Halbleiterschutzgesetz) Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, daß sie ihren Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/803) zurückzieht. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 11/779 Nr. 2.1 Finanzausschuß Drucksache 11/779 Nummern 2.5, 2.6 Haushaltsausschuß Drucksache 11/883 Nummern 64, 68 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/253 Nummern 2.5, 2.6, 2.7, 2.8 Drucksache 11/339 Nummern 2.1, 2.2 Drucksache 11/439 Nummern 2.1, 2.2, 2.3, 2.4, 2.5 Drucksache 11/561 Nummern 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6 Drucksache 11/779 Nummern 2.8, 2.9, 2.10, 2.11, 2.12, 2.13, 2.14, 2.15, 2.16, 2.17, 2.18, 2.19, 2.22, 2.23 Drucksache 11/883 Nummern 73, 74, 75, 76, 77 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/253 Nr. 2.26 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/253 Nr. 2.29 Drucksache 11/883 Nr. 116 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/883 Nr. 120 Drucksache 11/883 Nr. 121 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/138 Nr. 3.159 Drucksache 11/138 Nr. 3.160 Drucksache 11/138 Nr. 3.161 Drucksache 11/561 Nr. 2.17
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Peter Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie unseriös der Antrag der GRÜNEN ist, macht sich zweifelsohne schon an der Verallgemeinerung zu Beginn Ihres Vortrages, Frau Schmidt-Bott, bemerkbar, wenn Sie davon sprechen, daß die Enquete-Kommission ein Moratorium über fünf Jahre gefordert hat, und Sie nicht den Mut haben, weil es dann für Sie nämlich problematisch wird, zwischen den verschiedenen Organismenstufen zu differenzieren, die es gibt. Sie haben zum Schluß versucht, noch einen kleinen Schlenker zu machen. Es gibt aber zweifelsohne sehr unterschiedliche Betrachtungsweisen für die einzelnen Organismusformen, die wir in der Kommission zu begründen versucht haben. Ich möchte auch jetzt versuchen, sie Ihnen als den Standpunkt der Union noch einmal ans Herz zu legen, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, das eine oder andere Verallgemeinernde zu korrigieren. Diese Verallgemeinerung aber dient ja letztlich Ihrem Szenario und macht für Sie den Wert dieser Diskussion aus, mit dem Sie einfach nur neue Angstperspektiven aufzeigen wollen.

    (Widerspruch bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Genau getroffen!)

    — Ich gebe zu: Das gefällt Ihnen zwar nicht, aber es ist so.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Ich hoffe, Sie haben auch Angst!)

    — Ich habe Furcht. Das ist etwas anderes, das ist nämlich eine gezielte Form der Angst, weil man mit der Ratio damit umgehen kann.

    (Lachen bei den GRÜNEN)

    — Sie haben nur Angst, irrationale Angst, die Sie befriedigt, Frau Unruh.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da ich Furcht habe und weiß, wie man damit umgehen kann, bin ich der Meinung, daß es durchaus differenzierte Formen der Betrachtung der Gentechnik gibt. Wenn ich mir anschaue, wie Sie während der Beratungen der Enquete-Kommission versucht haben, die Gentechnik völlig zu verdammen, dann interpretiere ich diesen Antrag, wo es darum geht, ein Moratorium zu empfehlen, so, daß es für die GRÜNEN irgendwo eine Wende aus dieser völlig ablehnenden Haltung heraus in den Einstieg in die Gentechnik gibt.
    Das ist Ihr Problem, das müssen Sie in Ihren eigenen Reihen austragen. Ich will mich da nicht einmischen. Ich habe den Eindruck, wenigstens aus den Beobachtungen der letzten Wochen, daß es bei Ihnen durchaus unterschiedliche Auffassungen gibt. Ich denke, daß man mit denjenigen, die mehr auf unserer Linie liegen, auch in Zukunft ins Gespräch kommen wird.
    Was hat die Enquete-Kommission „Chancen und Risiken der Gentechnologie" gemacht? Sie hat versucht, in einer Grundsatzentscheidung zu Beginn der Beratungen die Frage zu klären, ob man die Gentechnik bejaht oder nicht bejaht. Wir haben gesagt: Ja, aber mit Rahmenbedingungen. Ich glaube, das ist ein Punkt, über den wir auch in Zukunft diskutieren müssen und bei dem die Kommissionsmitglieder, die sich mit dieser sehr schwierigen Materie beschäftigt haben, auch sensibel sind.
    Wir haben gesagt, es gibt — in Abwägung der Chancen und Risiken — durchaus ein Überwiegen der Chancen, es gibt durchaus Möglichkeiten, sogar die Notwendigkeit, wenn Sie sich die medizinischen Anwendungen anschauen, diese Technik auch weiterhin zu bejahen. Wir haben aber auch gesagt, daß auf der anderen Seite Risiken vorhanden sind. Wir



    Dr. Voigt (Northeim)

    wollen hier eine verantwortbare Technikfolgenabschätzung machen. Wir möchten Rahmenbedingungen, die wir festlegen wollen, gern so gestalten, daß es Grenzen gibt, daß wir uns aber wesentliche Dinge nicht verbauen. Ich glaube, gerade die medizinische Diskussion in den letzten Wochen und Jahren hat deutlich gemacht, daß wir bestimmte Dinge dringend brauchen: Medikamente, Impfstoffe, die wir ohne die Gentechnik nicht herstellen können.

    (Widerspruch bei den GRÜNEN)

    — Ich weiß, das gefällt Ihnen nicht. Aber hören Sie doch einmal zu.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: In den biologischen Sektor hinein!)

    — Ich weiß nicht, was Sie mit „biologischem Sektor" meinen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Ich schicke Ihnen das mal!)

    Aber lassen Sie uns doch auf die akute, aktuelle Frage kommen. Glauben Sie denn im ernst, daß wir eine Prophylaxe bei AIDS irgendwann ohne Gentechnik zustande bringen? Oder wollen Sie die Lebensbedingungen da so verändern, wie andere das wollen?

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Also, Frau Unruh, ich lade Sie gerne ein, dann schauen wir uns das einmal zusammen an. Ich kann Ihnen da schöne Bilderchen zeigen, die dann vielleicht auch Sie überzeugen.

    (Kohn [FDP]: Tun Sie sich das nicht an!)

    — Soll ich mir nicht antun? Gut, Herr Kohn, wenn Sie das meinen — Sie haben da vielleicht schon Erfahrungen — , dann lassen wir das lieber. —

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, kommen wir zu den wichtigen Punkten zurück, die wir aus der Sicht der Union sehen. Ich glaube, niemand kann den Mitgliedern der Enquete-Kommission vorwerfen, daß sie die unterschiedlichen Fragen, die da zu bedenken sind, nicht mit Ernsthaftigkeit geprüft haben. Das geht von der Frage der ethischen Belastbarkeit bis hin zu der Frage der Gefährlichkeit. Wir sind uns durchaus darüber im klaren, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß die Freisetzung von Mikroorganismen ein Problem darstellt,

    (Seesing [CDU/CSU]: Richtig!)

    das geregelt werden muß. Und ich nehme es gleich vorweg: Wir waren alle davon überzeugt, daß die Freisetzung von Mikroorganismen den bisher üblichen Kontrollverfahren und der Begrenzung durch die ZKBS zweifelsohne unterliegen muß.
    Wir sind uns aber auch darüber im klaren, daß wir das erweitern müssen, daß wir in die Regelung, so wie sie im Augenblick besteht, natürlich Mikroorganismen mit einbeziehen müssen, die zusätzliche Gene eingebaut bekommen haben, daß Regulationsgene mit einem ganzen Paket von zu regulierenden Genen dahinter einbezogen werden müssen, wenn sie verändert werden, daß neu synthetisierte Gene, die eingebaut werden, dazugehören und daß das Weglassen von Genen da ebenfalls hineingehört.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Dann stimmen Sie doch zu! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

    — Moment, ich komme ja gleich darauf, ich komme gleich darauf zurück. Ich spreche von den Mikroorganismen. Sie haben ja gar nicht den Versuch gemacht, hier einen zustimmungsfähigen Antrag einzubringen, weil Sie die ganze Palette der Organismen, die wir nun einmal haben, einbezogen haben: von Tieren über Pflanzen bis hin zu den Viren. Genau das macht doch deutlich, daß Sie gar keine Zustimmung haben wollen,

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: So ist es!)

    sondern daß Sie im Grunde genommen nur die Diskussion wollen und sie in Ihrem Sinne ausschlachten wollen. Das ist doch das Ziel, nicht die ernsthafte Diskussion über das, worum es wirklich geht.

    (Widerspruch bei den GRÜNEN)

    — Ja, natürlich, lesen Sie es sich doch einmal durch, Herr Kleinert.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, gar keine Frage: Die Freisetzung von Mikroorganismen soll verhindert werden. Hier sind wir der Meinung, daß die ZKBS-Richtlinie auch auf Mikroorganismen ausgeweitet werden muß, die durch die herkömmlichen Methoden der Entwicklung von Mikroorganismen, die der Gentechnik nicht angepaßt sind, entstanden sind. Auch hier glauben wir, daß wir eine Zulassungsbeschränkung durch die ZKBS bzw. Anmeldeverpflichtungen brauchen und hierüber dann eine gewisse Kontrolle seitens der ZKBS ausüben müssen.
    Schauen wir uns die Viren an: Hier sind wir der Auffassung, daß gentechnisch veränderte Viren
    — ganz gleich, nach welchen Mechanismen — diesen Kontrollmechanismen ebenfalls unterstellt werden müssen, daß wir aber auch hier Ausnahmen brauchen. Es gibt überhaupt keinen Zweifel, daß es Viren mit einer so hohen, über Jahrzehnte erprobten Wirtsspezifität gibt, daß wir sie bei der Insektenbekämpfung in der Landwirtschaft durchaus nutzen können. Und hier sagen Sie, das ist ein Alibi. Aber wir sind der Meinung, daß das BMFT hierfür Forschungsprogramme auflegen muß, Forschungsprogramme, die uns dann bestätigen sollen, ob wir hier eine Ausnahme von den normalen Regeln des Verbots der Freisetzung manipulierter Viren machen können.

    (Geis [CDU/CSU]: Richtig, genau!)

    Wir sind aber auch hier der Auffassung — und da habe ich ja soeben schon Gelächter geerntet — , daß wir bei der Entwicklung von Impfstoffen — und die Anwendung von Impfstoffen ist, wenn Sie so wollen, ein Freilandversuch — ebenfalls Ausnahmen brauchen.

    (Geis [CDU/CSU]: Genau!)




    Dr. Voigt (Northeim)

    Unter den von mir schon aufgezeigten medizinischen Indikationen wird man das zweifelsohne vertreten können.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Nein!)

    — Sie sagen nein, ich sage ja; ein schönes Spiel. Ich jedenfalls meine, daß wir das Freilandexperiment hier brauchen

    (Schily [GRÜNE]: Frankenstein!)

    — das hat nichts mit Frankenstein zu tun — , weil wir die Weiterentwicklung vernünftiger Impfstoffe zweifelsohne nur über den Freilandversuch ermöglichen können.
    Lassen Sie mich eines nachtragen. Auch bei der Freisetzung von Mikroorganismen werden wir ja zweifelsohne die Bierproduktion nicht verbieten wollen. Oder ist das Ihr Ziel?

    (Zuruf der Abg. Frau Schmidt-Bott [GRÜNE])

    — Aber das gehört doch hier hinein — es tut mir leid — , wenn Sie konsequent Ihren Antrag beachten. Da sehen Sie, wie unseriös Ihr Antrag ist.

    (Dr. Knabe [GRÜNE]: „Genetisch manipulierte Organismen" steht da!)

    — Ich bitte Sie: Was wird denn da tagtäglich gemacht? Ich will das nicht ausführen.
    Lassen Sie mich noch zu der Frage kommen, wie wir die Pflanzen behandeln sollen. Wir sind der Auffassung, daß die ZKBS zweifelsohne diese Experimente wissen muß, daß wir melden müssen, daß es Zustimmungen gibt, daß hier Risikoforschung betrieben werden muß, wie es sinnvoll ist, um eine vernünftige Technikfolgenabschätzung zu machen.
    Bei den Tieren sollte man bei den Regelungen bleiben, wie sie im Augenblick da sind. Je kleiner das Tier, um so stärker wird kontrolliert. Wo die Tiere nicht rückholbar sind, sind sicher ähnliche Bestimmungen anzuwenden, wie wir sie bei Mikroorganismen haben. Dagegen sind wir der Meinung, daß wir bei Tieren, die in der Gesellschaft des Menschen leben und daher eindeutig zu kontrollieren sind, andere Voraussetzungen als bei den kleineren Tieren aufzeigen sollen.
    Wer die Gentechnik als eine Chance bejaht, kann hier, wenn er vernünftig nachdenkt, wenn er verantwortlich handelt, wenn er alle Möglichkeiten der Umweltverträglichkeit in seine Überlegungen einbezieht, durchaus etwas Konstruktives und Verantwortliches tun. Er kann damit seine ethischen Vorstellungen vereinbaren. Er kann zweifellos auch für die Zukunft unserer Bundesrepublik gute Dinge tun. Aber ich bin sicher, daß nur einige das wollen.
    Auf der anderen Seite bin ich auch sehr überzeugt, daß die Bundesregierung in der Vergangenheit — die Aktivitäten der letzten Monate zeigen das — die Empfehlungen der Enquete-Kommission, gerade bezogen auf die Freilandexperimente sehr ernst nimmt. Ich fordere Sie noch mal nachhaltig auf, gerade unsere Forderungen möglichst schnell in die ZKBS-Richtlinien einzubauen und damit den Forderungen der Kommission gerecht zu werden.
    Ich bedanke mich, daß Sie so geduldig zugehört haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Catenhusen.

(Dr. Probst [CDU/CSU]: Herr Catenhusen, bleiben Sie heute ehrlich, ja? — Heiterkeit bei der CDU/CSU)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolf-Michael Catenhusen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das von einem Vertreter der CSU zu hören, überrascht mich denn doch etwas. Retourkutsche!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was soll denn das heißen?)

    — So etwas Ähnliches wie das, was er gesagt hat.
    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme einleitend zu ein paar Ausführungen von Frau Schmidt-Bott Stellung. Frau Schmidt-Bott, die Entwicklung der Gentechnologie pauschal als verheerende Entwicklung zu bezeichnen, wie Sie es getan haben, ich muß sagen, dafür habe ich überhaupt kein Verständnis. Spätestens im Bereich der medizinischen Forschung, wo es, wie Sie wissen, um zur Zeit vielleicht einzige Chancen geht, nicht nur den AIDSVirus aufzuklären, sondern neuartige Impfstoffe gegen Viruserkrankungen zu finden, von einer verheerenden Entwicklung zu sprechen: da bleibt mir die Spucke weg; das muß ich Ihnen ganz offen sagen.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Der zweite Punkt, die Frage des Experiments in Bayreuth. Auch ich habe es sehr kritisiert, daß wir, obwohl die Enquete-Kommission Gentechnologie das Bundesforschungsministerium gebeten hatte, uns den Stand der Zulassung und Genehmigung in diesem Bereich mitzuteilen, nicht über die Problematik dieses Experiments informiert worden sind. Das Problem dieses Experiments besteht in folgendem, Frau Schmidt-Bott. Da muß man, glaube ich, einmal ganz deutlich über Definitionsfragen reden. Gentechnologie ist eindeutig technisch definiert.

    (Frau Schmidt-Bott [GRÜNE]: Eindeutig?)

    — Eindeutig; ja! Es tut mir leid, Frau Schmidt-Bott; es ist leider so. Es ist eine bestimmte technische Methode zur Genmanipulation, Frau Schmidt-Bott. Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten. Auch Ihnen ist ja bekannt, daß zum Beispiel in Kläranlagen auf normalem Weg Antibiotikaresistenzen bei Bakterien entstehen können. Sie können doch nicht pauschal hier sagen: Jede Methode, die zur Entwicklung von Antibiotikaresistenzen bei Bakterien führt, ist deshalb — ich sage mal — verwerflich und abzulehnen. Wenn Sie diesen Standpunkt durchhalten und von der Methode der Gentechnik ablenken, wie Sie es hier getan haben, dann kommen Sie auch da, wo es um Regelungsmöglichkeiten geht, in ein absolut „schiefes" Fahrwasser.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Die Gentechnik ist natürlich — da sind wir uns wahrscheinlich einig — eine qualitativ neue Möglich-



    Catenhusen
    keit für uns, die Natur und uns Menschen als Teil der belebten Natur zu beeinflussen und damit auch zu gefährden. Wenn Michael Meyer-Abich davon spricht, daß wir „Frieden mit der Natur" schließen sollen, so gilt hier sicherlich für die Gentechnik insbesondere, daß wir mit unseren Handeln und Tun dazu beitragen müssen, daß Ökologische Kreisläufe erhalten bleiben bzw. wiederhergestellt werden. Es ist unsere Aufgabe auch als Politiker, dafür zu sorgen, daß die Artenvielfalt in unserer Natur, der genetische Reichtum nicht weiter verarmen darf und auch nicht etwa durch eine technisch erzeugte Natur ersetzt werden darf. Das, glaube ich, sind Anliegen, die uns alle verbinden. Diese Gefahren haben wir schon heute. Sie könnten durch die Gentechnologie in einer neuen Qualität verschärft werden.
    Die geplante Freisetzung gentechnisch veränderter Lebewesen in die Umwelt kann im Einzelfall natürlich durchaus einen erheblichen Eingriff in die Natur mit erheblichen ökologischen Risiken darstellen. Darüber besteht für mich überhaupt kein Zweifel. Wir dürfen nicht zulassen, daß Wissenschaftler nach dem Prinzip: Versuch's mal und lerne aus deinen Irrtümern
    — try and error — vorgehen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Machen die aber!)

    — Entschuldigen Sie, es gibt noch keine Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt. Wenn Sie sagen: Das machen die doch alle, dann würde ich Sie wirklich einmal bitten Frau Unruh, sich über den Stand der gentechnischen Forschung in unserem Enquete-Bericht etwas genauer zu informieren.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Probst [CDU/CSU]: Nichts erschreckt sie mehr als das!)

    Vor allem bei Bakterien und Viren sind Freisetzungsexperimente nicht korrigierbar. Wenn ein solches Experiment stattgefunden hat, kann das Ergebnis nicht rückgängig gemacht werden. Gerade bei einer solchen Gruppe von Experimenten fehlt uns noch weitgehend das Wissen, das uns eine zuverlässige Abschätzung möglicher Folgen ermöglicht. Die Natur darf nach meiner Überzeugung nicht zum beliebig verfügbaren Tummelplatz der gentechnologischen Forschung werden. Zur Verharmlosung der hier zu vermerkenden Risiken besteht wirklich kein Anlaß.
    Ich stimme Ihnen, Frau Schmidt-Bott, auch zu, wenn Sie sagen: Ich habe Angst vor den Angstlosen. Aber ich habe in der Politik auch gewisse Sorgen denjenigen gegenüber, die ihre Angst stolz vor sich hertragen und nicht bereit sind, rational zu überprüfen, was die Gründe für ihre Angst sind und diese rationalen Ursachen für ihre Sorgen im Dialog mit der Wissenschaft zu überprüfen und hinterfragen zu lassen.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Die Enquete-Kommission „Chancen und Risiken der Gentechnologie" war gerade der Versuch, daß die Sorgen und Ängste und die Kritik an der Gentechnologie in der Bevölkerung in einem kritischen Dialog mit der sachverständigen Wissenschaft erprobt werden sollten und daß auch die Antworten aus der Wissenschaft bei unseren politischen Regelungen bedacht werden sollten. Ich meine, Frau Schmidt-Bott, daß Ihr Antrag das eigentlich nicht geleistet hat.
    Ich muß ganz deutlich sagen: Ich bin in die Gentechnikdebatte mit der Vorstellung gegangen, daß wir ein allgemeines Moratorium im Bereich der Freisetzung gentechnologischer Organismen in die Natur brauchen. Ich habe diesen Standpunkt korrigiert. Wenn Sie so wollen: Ich habe dazugelernt. Ich will das an zwei Beispielen verdeutlichen.
    Nicht jede Form der Freisetzung von gentechnisch veränderten Lebewesen ist ein nicht korrigierbarer Eingriff in die Natur, vor allem wenn es um Pflanzen und Tiere geht. Ich will Ihnen ein einfaches Beispiel sagen. Wir verfügen heute über nicht vermehrungsfähiges Saatgut. Wenn Sie eine gentechnisch manipulierte Pflanze mit Hilfe eines nicht vermehrungsfähigen Saatgutes in die Umwelt bringen und wenn Sie wissen, daß von dieser Nutzpflanze — etwa bei Mais — bei uns keine Wildform existiert, dann können Sie absolut sicher sein, daß es hier keine unkontrollierbare Vermehrung dieser Pflanze geben kann und daß es auch nicht zu einem unkontrollierbaren Gentransfer, d. h. zu einer Übertragung solcher Gene in andere Organismen, kommen kann. Das muß man einfach feststellen.

    (Zuruf der Abg. Frau Schmidt-Bott [GRÜNE])

    — Ja, Frau Schmidt-Bott, dann würde ich Ihnen doch wirklich einmal raten, die Diskussion nicht nur mit solchen Wissenschaftlern zu führen, die sowieso Ihrer Überzeugung sind, sondern sich dem kritischen Dialog mit vielerlei Arten von Wissenschaft und Wissenschaftlern zu stellen.
    Punkt 2. Auch der Grad unseres Nichtwissens ist deshalb sehr unterschiedlich. Ökologische Risiken, die durch Aussaat einer gentechnisch manipulierten Getreidesorte entstehen können, sind sehr wohl abschätzbar. Sie liegen nicht in der unkontrollierbaren Verbreitung der Pflanze oder ihrer neuen Erbinformation, sondern hier geht es um ökologische Störungen, die wir schon heute infolge von Fehlentwicklungen der industrialisierten Landwirtschaft haben. Natürlich können auch gentechnisch erzeugte Pflanzen, wenn sie in Monokulturen angebaut werden, zu einer weiteren genetischen Verarmung beitragen.

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Auch zu einem Reichtum! Es steht nirgends geschrieben, daß das zu einer Verarmung führen muß!)

    Auch gentechnisch gewonnene neue Weizensorten können heimische Nutzpflanzen in der Dritten Welt verdrängen. Das sind aber keine neuen, spezifisch durch die Gentechnologie entstandenen Probleme. Sie sind auch nicht durch ein Verbot der Gentechnologie im Kern anzugehen. Da brauchen Sie eine neue Agrarpolitik. Darüber sind wir uns doch wieder einig.
    Es gibt also gute Gründe, hier differenziert vorzugehen.
    Für uns gilt: Wo es wirklich um nicht umkehrbare Eingriffe in die Natur geht, wo Risiken benennbar sind



    Catenhusen
    oder wo uns unser Nichtwissen keine vernünftige Abschätzung ökologischer Risiken erlaubt, wo die Gentechnologie mehr kann als bisherige Züchtungsmethoden, da wollen wir für die nächsten fünf Jahre ein Verbot jeglicher Freisetzungsexperimente. In dieser Zeit sollen die Wissenschaftler doch feststellen, ob sie uns auf Grund verstärkter Risikoforschung dann eine sichere Abschätzung der Risiken ermöglichen können.

    (Beifall bei der SPD)

    Das befristete Freisetzungsverbot soll also für Viren, Kleinstlebewesen und Bakterien gelten, denen artfremde neue Gene eingefügt werden.
    Über diese Probleme werden ohnehin die Ausschüsse des Deutschen Bundestages wegen des Berichts der Enquete-Kommission zur Gentechnologie beraten. Ihr Antrag, Frau Schmidt-Bott, ist dafür wirklich nicht notwendig.
    Ich möchte aber an dieser Stelle an die Frau Ministerin Süssmuth, die seit einigen Monaten für die Regelungsfragen in der Gentechnologie zuständig ist, einen Appell richten: Das Parlament kann erwarten, daß bis zum Abschluß seiner Beratungen zum Bericht der Enquete-Kommission, die bis zur Mitte nächsten Jahres erfolgen sollen, die bestehenden Regelungen, die grundsätzlich die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen ausschließen, nicht durch eine Revision der Richtlinien oder durch Einzelfallgenehmigungen außer Kraft gesetzt werden. Ich meine, meine Damen und Herren, wenn sich das Parlament vorgenommen hat, diese Dinge gründlich und sorgfältig zu beraten, sollte eine Veränderung der Praxis in diesem Bereich, soweit sie mit Zustimmung des Parlaments sinnvoll ist, erst nach Ende der Parlamentsberatungen erfolgen.
    Lassen Sie mich zum Schluß aber noch einige grundsätzliche Bemerkungen zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN machen: Die vorgeschlagene, nahezu uferlose Ausweitung des Moratoriumsgedankens halte ich für sachlich nicht tragbar. Wir müssen uns natürlich über die Frage unterhalten, ob es nicht neben der Gentechnik auch andere Methoden gibt, die die gezielte Einschleusung artfremder Gene ermöglichen. Aber die schrankenlose Erweiterung auf alle Formen der Lebewesen und durch das „etc. " auf beliebige andere Methoden halte ich nicht für sachgerecht. Sie haben sich auch noch nicht einmal die Mühe gemacht, diese Veränderung in Ihrem Antrag zu begründen.
    Zum anderen dürfen Sie, Frau Schmidt-Bott, als erklärte Anhängerin eines totalen Verbots der gentechnischen Forschung selbst Ihre Schwierigkeiten mit diesem Antrag haben. Ich weise darauf hin, daß der grüne Europaabgeordnete Härlin mit Datum vom 30. Juni 1987 einen Antrag im Europäischen Parlament eingebracht hat. Darin hat er wieder eine eigene Version dessen, was dieses Moratorium sein soll. Er spricht in seinem Antrag von einem Moratorium für die Freisetzung gentechnisch manipulierter Organismen für fünf Jahre. Das heißt, die Erweiterung auf andere Methoden hält er offensichtlich nicht für notwendig.
    Ich denke, meine Damen und Herren, das ist ein Zeichen dafür, daß in Ihrer Fraktion das Nachdenken noch fortgesetzt werden muß, ob das fundamentalistische Nein zur Gentechnik wirklich zu verantworten ist. Moratorien können im Einzelfall sinnvoll sein. Wir im Bundestag müssen uns aber beeilen, Antworten auf die Frage zu geben, wo wir konkreten Anwendungen der Gentechnologie Grenzen setzen müssen.

    (Frau Schmidt-Bott [GRÜNE]: Sehen Sie nicht, daß Sie damit auch schon hinterherklappen?)

    Dieser Antrag, den Sie vorgelegt haben, ist meiner Ansicht nach in dieser Diskussion keine große Hilfe, wie auch die Mitarbeit der Vertreterin der GRÜNEN in der Enquete-Kommission in diesem Punkt keine große Hilfe war.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)