Rede von
Richard
Bayha
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse des Waldschadenberichts 1987 liegen uns vor. Ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, um den Forstleuten beim Bund und bei den Ländern herzlich zu danken. Ich weiß, daß in den Revieren zur Erstellung dieses Berichts viele Oberstunden, auch eine ganze Reihe unbezahlter Oberstunden, geleistet werden mußten.
Zur Gesamtsituation ist klarzustellen, daß 17 % unserer Waldbäume in die höheren Schadstufen eingruppiert worden sind. Das heißt, 17 % der Bäume sind wirklich bedroht. Ich finde, das ist schon eine erhebliche Zahl.
Nachdenklich stimmen muß auch, daß sich die Situation trotz wachstumsgünstiger Witterung in den letzten Jahren nicht nennenswert geändert hat. Hierauf möchte ich auch das Augenmerk der Bundesregierung lenken und zwei erforderliche Maßnahmen aufzeigen, die meines Erachtens flankiernd zu der Luftreinhaltepolitik am Wald direkt ansetzen sollten: ein Sofortprogramm zum Schutz der Waldböden und des Trinkwassers — viel Trinkwasser kommt ja aus unseren Wäldern — und die konsequente Fortführung des Programms zur Erhaltung der gentechnischen Vielfalt unserer Wälder.
Zum ersten Punkt: Der Säureeintrag aus der Luft wird trotz aller Bemühungen noch anhalten. Er führt zu einer besorgniserregenden Versauerung der Waldböden. Pflanzennährstoffe gehen verloren, an den Wurzeln der Waldbäume entstehen damit irreversible Schäden, und in Zukunft wird auch die Auswaschung von Schwermetallen und toxischen Stoffen ins Trinkwasser eine Folge sein.
Eine rasche Minderung dieser Schäden ist nur durch die Ausbringung mild wirkender Naturkalke, gegebenenfalls unter Zugabe fehlender Kernnährstoffe und Spurenelemente, an den gefährdeten Waldstandorten zu erreichen. Dies muß vor Ort speziell untersucht werden, und dem müssen Boden- und Blattuntersuchungen vorausgehen. Begleitende ökologische Versuchsprogramme haben zu gewährleisten, daß das Ökosystem Wald durch diese Maßnahmen nicht angegriffen wird. Ich rege hierzu an, daß zwischen Bund und Ländern sofort ein entsprechendes Konzept geplant und abgestimmt wird, damit die Folgeschäden begrenzt bleiben.
Zum zweiten Punkt: Wenn in bestimmten Lagen der Wald weiter sehr geschädigt bleibt und in manchen Höhenlagen — Gott sei Dank sind das bis jetzt nur wenige — sogar stirbt, werden wichtige Erbeigenschaften der Bäume, vielleicht sogar ganze Arten — ich denke hier an bestimmte Rassen der Tannen —, auf Dauer verschwinden. Daß dies zu einer genetischen Einengung der Waldbestände führen muß,
die dann nicht mehr in der Lage sein werden, auf
Umwelteinflüsse flexibel zu reagieren, ist von der
Wissenschaft erkannt und von der Bundesregierung auch schon als Programm angegangen worden.
Der Bundesrat hat diese Initiative 1985 einstimmig beschlossen.
Es muß sichergestellt werden, daß dieses Programm zur Erhaltung der gentechnischen Vielfalt durch Bereitstellung entsprechender Mittel in der Praxis und in der Forschung gemäß den Vorschlägen der hierzu eingesetzten Arbeitsgruppen umgesetzt werden kann.
Insgesamt glaube ich, daß wir mit Optimismus und Sachverstand unter Ausschaltung von Ideologien an die Probleme herangehen müssen, um unseren Wald und seine vielfältigen Funktionen für uns selbst und für unsere Nachkommen zu sichern. Ich halte die Bewahrung der Funktionsfähigkeit des Ökosystems Wald für die wichtigste Aufgabe unserer Zeit, und ich bin auch fest davon überzeugt: Wir sind auf dem richtigen Weg, sie zu lösen. Wir wären weiter, wenn früher mehr getan worden wäre.