Rede von
Dr.
Inge
Segall
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich finde es ein bißchen traurig, daß Herr Kirschner jetzt nicht da ist, daß wir diese Debatte, die wir nun wiederholen müssen, nicht in seiner Anwesenheit führen können.
— Das ist nett. Danke.
Ich bin so frech und nehme mal die Petition 12 vorweg. Da geht es um die Anrechnung des Kindergeldes auf die Sozialhilfe. Ich möchte dazu noch einmal ganz kurz ausführen: Daß auch Kindererziehungsgeld nicht auf die Sozialhilfe angerechnet wird, ist darin begründet, daß wir hierfür ausdrücklich eine Ausnahme durch das Gesetz geschaffen haben.
Dieses Kindererziehungsgeld hat keine Unterhaltsfunktion; es ist eher eine Anerkennung der Erziehungsleistung der Mutter. Es ist also kein Unterhaltsgeld für das Kind.
— Daß das alles häufig sehr schwierig ist, jemandem die ganze Sozialgesetzgebung zu erklären, wenn er gerade in Not ist, darüber bin ich mir auch völlig im klaren; aber wir können gewisse Rechtsnormen, die wir hier aufgestellt haben, nicht einfach wegen einer Petition durchbrechen.
Die Anrechnung des Kindergeldes ist Gesetzeslage, und das ist auch die Intention in der Sozialhilfe. Soweit also der Unterhalt des Kindes durch Kindergeld und Kindergeldzuschlag gesichert wird, muß der Unterhalt nicht nochmals durch Sozialhilfe gewährleistet werden. Meines Erachtens gibt es in diesem Bereich nur eine einzige offene Frage, und das ist die Frage, ob die derzeitige Mehrbedarfsregelung in der Sozialhilfe die Bedürfnisse von Familien mit Kindern ausreichend berücksichtigt. Hier könnte ich mir durchaus eine Verbesserung vorstellen, die dann eine systemgerechte Lösung darstellen würde.
Nun komme ich zu der anderen Petition. Auch da haben der Abgeordnete Kirschner und die SPD-Fraktion wieder einen Antrag zur Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses bestellt.
Während der Kollege Kirschner empfiehlt, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, lehnt der Ausschuß dies ab und beantragt, die Petition der Bundesregierung jeweils zur Kenntnis zu überweisen und im übrigen als erledigt anzusehen.
Worum geht es nun bei dem Anliegen des Petenten? Der Petent hält den in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bausparkassen vorgesehenen Berechnungsmodus für ungerecht. Im Kern sieht dieser Modus eine sogeannte nachträgliche Tilgungsrechnung vor. Gemeint ist damit, daß eine vom Darlehensnehmer geleistete Tilgung, unabhängig vom Einzahlungszeitpunkt, bei der Berechnung der Verzinsung der Restschuld erst nachträglich berücksichtigt wird. Hat der Darlehensnehmer z. B. ein Darlehen über 100 000 DM zu — sagen wir einmal — 51)/0 erhalten und leistet er auf diese Summe eine Tilgung, so wird diese Tilgung, die zu einer geringeren Zinsbelastung führen müßte, nicht sofort berücksichtigt, sondern erst zu einem von der Bank festgelegten Zeitpunkt. Dies halte ich wie der Petent und der Kollege Kirschner für ungerecht. Das ist eine Auffassung, die im übrigen auch vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen geteilt wird.
Seitdem wir uns allerdings mit dieser Petition beschäftigt haben, hat diese schuldrechtliche Problematik mehrfach ihren Niederschlag in der Rechtsprechung gefunden. Klagenden Darlehensnehmern wurde dabei recht gegeben. Die Unklarheit solcher Klauseln und die Praxis der nachträglichen Tilgungsverrechnung führte zu zusprechenden Urteilen.
Vor diesem Hintergrund möchte ich also die SPD-Fraktion bitten, einzusehen, daß doch eigentlich eine Kenntnisnahme durch die Bundesregierung ausreicht. Denn der Petent selber kann sich sein Recht vor den Gerichten holen. So kann er sich selbst besser und schneller helfen, als wir es auf dem langen Umweg über die Regierung machen könnten.