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ID1103303200

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    Plenarprotokoll 11/33 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 33. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2157 A Tagesordnungspunkt 2: a) Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland und b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987 (Drucksache 11/11) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation (Drucksache 11/943) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Beziehungen zwischen dem Deutschen Bundestag und der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 11/950) Dr. Kohl, Bundeskanzler 2158B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (zur GO) . 2166A Seiters CDU/CSU (zur GO) 2166B Frau Vennegerts GRÜNE (zur GO) . . . 2166C Dr. Vogel SPD 2166D Lintner CDU/CSU 2172 C Frau Hensel GRÜNE 2175A Hoppe FDP 2178 B Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 2180 B Dr. Schmude SPD 2182D Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 2185 C Dr. Mitzscherling SPD 2188 D Dr. Czaja CDU/CSU 2190 B Dr. Knabe GRÜNE 2191 D Genscher, Bundesminister AA 2193 A Büchler (Hof) SPD 2194 A Namentliche Abstimmungen 2197 B Ergebnisse 2201C, 2203A, 2204 D Tagesordnungspunkt 3: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 25. März 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und St. Vincent und den Grenadinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/358, 11/854) 2206B Tagesordnungspunkt 4: Zweite Beratung und Schlußabstimmmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. April 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Bulgarien über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/359, 11/855) . . 2206 B Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 26. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 11/886) 2206 C Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 4. bis 8. Mai 1987 in Straßburg (Drucksache 11/478) 2206 D Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Sondersitzung der Versammlung der Westeuropäischen Union am 27. und 28. April 1987 in Luxemburg (Drucksache 11/552) 2206 D Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Unterrichtung durch die Delegation der Interparlamentarischen Gruppe der Bundesrepublik Deutschland über die 77. Interparlamentarische Konferenz vom 27. April bis 2. Mai 1987 in Managua/Nicaragua (Drucksache 11/607) 2206 D Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Plenarsitzung der Nordatlantischen Versammlung am 25. Mai 1987 in Quebec/Kanada (Drucksache 11/637) 2207 A Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1987 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung (einschließlich der Bemerkungen zur Jahresrechnung des Bundes 1985) (Drucksache 11/872) 2207 A Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung über den Beitrag der Genossenschaften zur Regionalentwicklung (Drucksache 11/705) . . . . 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Amtszeit der Jugendvertretungen in den Betrieben (Drucksache 11/948) 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausweitung der Rechte der Jugendvertretungen und zur Weiterentwicklung in Jugend- und Auszubildendenvertretungen (Drucksache 11/955) 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Strategie des Europäischen Parlaments im Hinblick auf die Gründung der Europäischen Union (Drucksache 11/594) 2207 B Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhanger (Drucksachen 11/138 Nr. 3.149, 11/495) 2207 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fünfte Richtlinie des Rates zur Anpassung des Anhangs III der Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel an den technischen Fortschritt — KOM (87) 156 endg. — (Drucksachen 11/339 Nr. 2.7, 11/959) 2207 C Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Sammelübersicht 24 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/907) 2207 D Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages (Drucksache 11/926) 2208 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung der Sammelübersicht 9 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/242) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung der Sammelübersicht 12 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/325) Frau Seuster SPD 2208 B Haungs CDU/CSU 2209 A Frau Nickels GRÜNE 2209 D Frau Dr. Segall FDP 2210B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstau, den 15. Oktober 1987 III Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung der Sammelübersicht 23 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache. 11/810) 2211A Zusatztagesordnungspunkt 12: Aktuelle Stunde betr. Auswirkungen der Beschlüsse der Koalition auf Steuergerechtigkeit, Staatsfinanzen und den Arbeitsmarkt sowie Äußerungen der SPD über die Steuerreform im Vergleich zu den getroffenen Finanzierungsentscheidungen Dr. Spöri SPD 2211B Dr. Solms FDP 2212A Kleinert (Marburg) GRÜNE 2213 A Glos CDU/CSU 2214B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2215B Dr. Apel SPD 2217 A Gattermann FDP 2218A Sellin GRÜNE 2219B Frau Will-Feld CDU/CSU 2219D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 2220 C Dr. Jens SPD 2222 B Scharrenbroich CDU/CSU 2223 A Huonker SPD 2224 B Uldall CDU/CSU 2225 B Dr. Neuling CDU/CSU 2226 A Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Haushaltspolitische Konsequenzen für den Bundeshaushalt 1987 — Ergänzung des Haushaltsentwurfs 1988 — Überarbeitung der Finanzplanung bis 1991 — (Drucksache 11/783) Frau Simonis SPD 2227 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 2229 B Frau Vennegerts GRÜNE 2232A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 2234 B Esters SPD 2235 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2236 D Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hauchler, Bindig, Bernrath, Brück, Großmann, Dr. Holtz, Frau Luuk, Frau Dr. Niehuis, Schluckebier, Schanz, Toetemeyer, Frau Matthäus-Maier, Dr. Mitzscherling, Oostergetelo, Dr. Wieczorek, Koschnick, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Zukunftsprogramm Dritte Welt (Drucksache 11/828) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Zukunftsprogramm Eine Welt (Drucksache 11/941) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU und der FDP: Ernährungssicherung in Hungerregionen (Drucksache 11/946) Dr. Hauchler SPD 2240 D Dr. Pinger CDU/CSU 2242 C Frau Eid GRÜNE 2243 D Frau Folz-Steinacker FDP 2245 D Bindig SPD 2248 A Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ . . 2249 C Dr. Wieczorek SPD 2252 D Schreiber CDU/CSU 2254 D Toetemeyer SPD 2256 A Repnik CDU/CSU 2257 C Tagesordnungspunkt 17: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Stückgutfracht 88 (Drucksache 11/785) und b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Beabsichtigte Auflösung von Tarifpunkten im Wagenladungsverkehr der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 11/857) Weiss (München) GRÜNE 2260 A Dr. Jobst CDU/CSU 2261 A Haar SPD 2261 D Kohn FDP 2262 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 2263 C Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Drucksache 11/917) und b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Drucksache 11/923) Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 2265 A Kretkowski SPD 2266 B Rauen CDU/CSU 2267 B Frau Brahmst-Rock GRÜNE 2268 B Richter FDP 2269 B IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 Zusatztagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: Menschenrechtsverletzungen in Tibet (Drucksache 11/953) Zur Geschäftsordnung: Bohl CDU/CSU 2270A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2270 B Frau Vennegerts GRÜNE 2270 C Becker (Nienberge) SPD 2270 C Fragestunde — Drucksache 11/933 vom 9. Oktober 1987 — Wertung des „Spiegel"-Berichts über den ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Barschel MdlAnfr 1, 2 09.10.87 Drs 11/933 Schily GRÜNE Antw StMin Dr. Stavenhagen BK . 2197D, 2198 D ZusFr Schily GRÜNE 2198A, 2198D ZusFr Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU 2198B, 2199B ZusFr Gansel SPD 2198B, 2199B ZusFr Heyenn SPD 2198 C ZusFr Kuhlwein SPD 2199 C ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 2199 C Überschreitung der Zahlungsziele bei Bauaufträgen an deutsche Firmen für die USStreitkräfte MdlAnfr 9, 10 09.10.87 Drs 11/933 Dr. de With SPD Antw StSekr von Loewenich BMBau . . . 2199D ZusFr Dr. de With SPD 2200 B Schily GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 2201 B Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 2201 C Nächste Sitzung 2270 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2271* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 2157 33. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 16. 10. Bahr 15. 10. Frau Beck-Oberdorf 16. 10. Bohlsen 16. 10. Brandt 16. 10. Brück 15. 10. Büchner (Speyer) * 16. 10. Dr. Dregger 15. 10. Echternach 16. 10. Dr. Ehmke (Bonn) 16. 10. Frau Fischer** 16. 10. Grüner 16. 10. Grunenberg 16. 10. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 15. 10. Heistermann 16. 10. Hillerich 16. 10. Frau Hoffmann (Soltau) 16. 10. Dr. Holtz ** 16. 10. Irmer** 16. 10. Jansen 16. 10. Jaunich 16. 10. Jung (Düsseldorf) 15. 10. Kittelmann * 16. 10. Koschnick 16. 10. *für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union **für die Teilnahme an der 78. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Krieger 16. 10. Lammert 16. 10. Frau Luuck 16. 10. Frau Dr. Martiny 16. 10. Frau Matthäus-Maier 16. 10. Dr. Müller ** 16. 10. Frau Olms** 16. 10. Paintner 16. 10. Paterna 16. 10. Petersen 16. 10. Reddemann * 16. 10. Reuschenbach 16. 10. Freiherr von Schorlemer ** 16. 10. Schröer (Mülheim) 16. 10. Frau Dr. Segall 16. 10. Dr. Soell ** 16. 10. Dr. Stercken** 16. 10. Stobbe 16. 10. Straßmeir 16. 10. Tietjen 16. 10. Frau Dr. Timm ** 16. 10. Dr. Unland 15. 10. Verheugen 16. 10. Dr. Warnke 15. 10. Dr. Warrikoff 15. 10. Weirich 16. 10. Wetzel 15. 10. Wischnewski 16. 10. Wüppesahl 16. 10. Frau Würfel 15. 10. Zywietz 16. 10.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herbert Czaja


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In dieser Aussprache geht es auch um das ganze Deutschland. Ich verwende die Begriffe des Grundgesetzes: „Deutschland" und „das deutsche Volk". Dazu drei Fragen, soweit die kurze Zeit reicht:
    Erstens. Haben wir noch rechtliche, politische und geschichtliche Pflichten für ganz Deutschland in einer freien europäischen Einigung? Dr. Vogel beschwor hier vor kurzem die Beachtung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Steuerrecht. Mindestens gilt das gleiche für das ganze Deutschland. Vor frei vereinbarten vertraglichen Regelungen, unter Beachtung einer freien Selbstbestimmung, kann also niemand, keine Gruppe und kein einzelner, über die Teile Deutschlands verfügen. Wer es tut, der bricht das oft vergessene Wahrungsgebot und das Offenhaltegebot des Grundgesetzes, der verletzt Art. 7 des Deutschlandvertrages, geht willkürlich über den Wortlaut der Ostverträge hinaus und hält sich nicht an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts von 1973, 1975 und 1983.
    Kurt Schumacher vertrat bis zu seinem Tode die Auffassung: Die nationale Frage darf man nicht links liegen lassen, sonst gefährdet man jede große Volkspartei.
    Was noch Rechtens ist, das kann auch politisch und geschichtlich nicht überholt sein. Wie auch immer dies zu beurteilen ist, Egon Bahr bezeichnete eben erst die deutsche Selbstbestimmung fast als ein Naturrecht, meinte aber, die Wiedervereinigung käme erst nach dem Jahre 2 000.

    (Duve [SPD]: Das ist doch nicht mehr lange, Herr Dr. Czaja!)

    Herr Schmude, wir alle sind keine Geschichtspropheten. Geschichte ist nicht voraus berechenbar.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das ist gut!)

    Der Harmel-Bericht, die politische Leitlinie der NATO, und der Leitsatz des Bundesverfassungsgerichts, die Zukunft ganz Deutschlands nach innen stetig wachzuhalten und nach außen beharrlich zu vertreten, fordern ständige Bemühungen um ganz Deutschland. Wegen 12jähriger Grausamkeiten der Diktatur und mancher sonstiger deutscher und, ohne aufzurechnen, auch anderer Überheblichkeiten kann ein Jahrtausend der Geschichte unseres Volkes in der Mitte Europas im Guten und Bösen noch nicht erledigt sein! Denn schon vor 1870 gab es über Jahrhunderte hinweg ein gemeinsames staatliches Dach, manchmal auch über Jahrhunderte hinweg feste staatliche Fundamente.
    Alle unsere Nachbarn brauchen ein stabiles deutsches Mittelglied in einem gemeinsamen Europa.

    (Zuruf von der SPD: Das ist eine Überschätzung der Deutschen!)

    Für freiheitlich-demokratische Parteien ist es politischer, historischer und Verfassungsauftrag, ein Mindestmaß an Übereinstimmung zu finden, um Deutschland wieder handlungsfähig zu machen. Das Böse und die Gegensätze sind durch konstruktive Zusammenarbeit mit allen Nachbarn, in Achtung vor ihrer Würde und Existenz, aber auch in der Bejahung unseres gemeinsamen Vaterlandes aufzuarbeiten. Nicht wie von 1929 bis 1932 dürfen diesmal die radikalen Flügel Maß und Mitte erdrücken. Deshalb gilt es, nicht zu verurteilen, sondern argumentativ um die Mitte zu ringen.
    Beim ersten Besuch in Moskau fragte der Bundeskanzler öffentlich sowjetische Journalisten und Regierungsvertreter: Was wäre, wenn mitten durch Moskau eine Mauer liefe und der Verkehr zwischen Moskau und Kiew unter scharfen Kontrollen stünde? Es gab keinen Eklat. Statt unberechtigterweise von kommunistischen Einheitsparteien über die Endgültigkeit deutscher Grenzen ohne jede Kompetenz Erklärungen abzugeben, sollte man, so meine ich, auch in der Opposition so wie der Bundeskanzler handeln.
    Fazit: Wir haben rechtliche, politische und geschichtliche Pflichten, uns täglich um realisierbare Teilmaßnahmen auf dem Wege zur Zukunft Deutschlands zu bemühen. Dies ist wahrscheinlich in einer gesamteuropäischen freiheitlichen Ordnung nicht auf einen Schlag, sondern nur im schrittweisen friedlichen Wandel zu schaffen. Weil zu viele auf ein sofortiges Endergebnis setzen, oder darüber diskutiern, gibt



    Dr. Czaja
    es so viele Anklagen, Resignation und Verzicht. Dagegen gehören realisierbare Teilmaßnahmen zum Abbau der Teilung verstärkt auf die Tagesordnung internationaler Gespräche.
    Die erste, wichtigste Phase auf dem Wege zum Abbau der Teilung sind verwirklichte Menschenrechte. Dies mit Dr. Dregger von Portugal bis Polen zu fordern, scheint mir nicht utopisch zu sein. Menschenrechte sind allerdings mehr als menschliche Erleichterungen. Einzelheiten darüber kann ich aus Zeitmangel hier nicht anführen. Daß wir aber unser gesamtes wirtschaftliches, politisches und diplomatisches Gewicht in zähen Verhandlungen dafür in die Waagschale werfen, erwarten in ihrem Sehnen die unterdrückten Polen, die Tschechen, die Slowaken, die Serben, die Kroaten, die Balten, die Ungarn, viele andere und selbstverständlich auch viele Deutsche.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Damit kann man Unrecht der Vergangenheit aufarbeiten.
    Noch nie war die osteuropäische zentralistische Planwirtschaft im Fundament so erschüttert wie heute. Die Sowjetunion mit ihren Rohstoffen kann die Krise auf vielen Gebieten wirtschaftlich ertragen; aber unsere östlichen Nachbarn in Europa können sich ohne westliche Hilfe nicht mehr behaupten. Wir jedoch sollten nicht uferlos zum menschenrechtlichen Nulltarif helfen. Die 8 Milliarden DM an verlorenen Bürgschaften früherer Regierungen an die Volksrepublik Polen und weitere Verluste von Banken haben den Menschen im polnischen Machtbereich — Nichtdeutschen und Deutschen — nichts geholfen. Die tief resignierte polnische Jugend zum Beispiel, die unterdrückten Kreise der Intelligenz und viele Deutsche erwarten von den freien Deutschen, daß bei notwendigen Verhandlungen mit den Diktaturen neue Hilfen dann gegeben werden, wenn man Zug um Zug menschenwürdiger leben kann. Ich jedenfalls denke, mich dem zu widersetzen, das Wohl der Völker wieder zu übergehen.
    Später könnte bei der Unternehmenskooperation die personale Zusammenarbeit auf Zeit der Fachleute, der Manager, der Technologen und der Facharbeiter neue Ansätze zu personaler Begegnung geben.
    Die dritte, schwerste Phase wäre das diplomatische Ringen um eine freiheitliche und förderale Ordnung der Staaten, Völker und Volksgruppen in ganz Europa. Staaten und Deutschland wird es geben. Das schwerste Stück der Arbeit bleibt es, hüben und drüben vor notwendigen Grenzen, wo immer sie verlaufen mögen, eine umfassende europäisch gesicherte Selbstverwaltung der Völker und Volksgruppen zu gewährleisten.
    Der letzte Punkt betrifft unsere Pflichten gegenüber den Deutschen in den Gebieten östlich von Oder und Neiße und den weiteren über Deutschland hinausreichenden Siedlungsgebieten. Für deutsche Staatsangehörige gilt von Verfassungswegen die Schutzpflicht, auch wegen des rechtlichen Fortbestands Deutschlands. Dazu aus dem eben herausgekommenen Buch ein Zitat von Julian Bullard, dem amtierenden britischen Botschafter, nicht einem Revanchisten:
    In Ermangelung einer friedensvertraglichen Regelung ist die britische Sicht der Rechtslage
    — ich wiederhole: der Rechtslage —,
    daß Deutschland in Grenzen von 1937 fortbesteht, trotz der vielen wichtigen Entwicklungen seit 1945.
    Das ist keine Gebietsgarantie, aber Ausgangspunkt von Vertragsverhandlungen, wie sich das auch aus den gedruckten Ausführungen des Botschafters Eitel, des engsten Mitarbeiters von Herrn Egon Bahr bei den Ostverträgen, und aus Gromykos Erklärungen ergibt. Für andere Deutsche fremder Staatsangehörigkeit haben wir die menschenrechtliche Obhutspflicht.
    Meine Damen und Herren, die Hinweise des Bundeskanzlers auf Ungarn eröffnen Aussichten, daß sich für die 500 000 unerledigten Ausreiseanträge Deutscher, für die 300 000 aus dem polnischen Machtbereich, für die 50 000 bis 60 000 durch polnische Behörde getrennte Ehen — ein menschlicher Skandal vor unserer Tür — vielleicht ebenso wie für die Pflege der Identität daheim Möglichkeiten ergeben.
    Nach all dem nach Ergebnissen zu streben, halte ich zumindest nicht für ausgeschlossen.
    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Knabe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Knabe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich auf diesen Redebeitrag gefreut, gefreut, zur Lage der Nation zu sprechen, weil ich etwas von den Empfindungen meiner Generation ausdrücken kann, etwas von dem, was der Bundeskanzler nicht erwähnt hat. Gleichzeitig kann ich dabei auch auf Herrn Diepgens Aufruf zu mehr Nachdenken eingehen.
    Wir wurden lange vor dem Kriege als Deutsche geboren und erzogen und waren doch gleichzeitig Bayern, Preußen oder Sachsen, ohne daß das eine das andere gestört hätte. Nach dem furchtbaren Krieg und der Teilung schob sich eine neue Identität dazwischen — Bundes- oder DDR-Bürger — und lagerte sich eine vierte darüber, die des Europäers. Diese Identitäten und Loyalitäten schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern sind wie Schichten übereinander abgelagert, wobei sie sehr unterschiedlich stark sein können. Bei einem Bayern wird das landsmannschaftliche Bement immer ein etwas stärkeres Gewicht haben als bei einem Beamtenkind, das nirgends richtige Wurzeln schlagen konnte. Bei Umsiedlern schiebt sich notwendigerweise noch ein fünfter Lebensabschnitt oder Lebensring dazwischen.
    Ziel der Politik muß es sein, daß sich diese Loyalitäten nicht gegeneinander kehren, sondern miteinander fruchtbar werden. Das gilt auch für die deutsch-deutschen Beziehungen. Die verbliebene Restidentität der Deutschen erlaubt es den Mächtigen weniger, den einzelnen jeweils gegen den anderen Staat zu mobilisieren, ihn zum Kämpfer gegen einen Feind aufzubauen. Diese Identität wirkt system- und staatsübergreifend. Umgekehrt bewahrt die bewußte Identität



    Dr. Knabe
    als Bürger der Bundesrepublik oder der DDR den einzelnen davor, nationalistischen Wunschbildern nachzuhängen, etwa von einem neuen deutschen Reich zu träumen, um das sich die Völker Europas gruppieren sollen.
    Nein, wir Deutschen können die zwei deutschen Staaten auch als Chance begreifen, wenn sie sich nicht in Hochrüstung zähnefletschend gegenüberstehen, sondern als friedliche Partner mit offenen Grenzen die kulturelle Vielfalt erhöhen. Ein Wunschbild? Sicher, aber erreichbar und besser als der Gedanke an eine Verschmelzung der jetzigen Staatsgewalt in Ost und West, von Nationaler Volksarmee und Bundeswehr, von Verfassungsschutz und Staatssicherheitsdienst.
    Aber ich warne vor einer Illusion, der auch manche GRÜNE erliegen. Man kann die deutsche Frage nicht einfach durch einen Parteitagsbeschluß abschaffen oder die deutsche Nation durch eine kluge Rede beseitigen.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN sowie bei der SPD)

    Die Völker wollen das schon selber entscheiden.
    Machen wir uns nichts vor. Zwei aufgeputschte Nationalstaaten West- und Ostdeutschland an der Grenze der Systeme und Pakte, ohne daß die Menschen dazwischen noch etwas verbindet, könnten eine größere Gefahr für den Frieden bilden als der jetzige Schwebezustand.
    Die eben geschilderten gewachsenen Schichten unserer Person stehen im Gegensatz zu den Ansprüchen des Staates. Hier wie dort möchte der jeweilige Staat nicht nur anerkannt, er möchte geliebt werden, in der DDR so stark, daß jedes kritische Wort Gefahr läuft, als Boykotthetze ausgelegt und geahndet zu werden. Doch welche Möglichkeiten der Innovation verschenkt dieser Staat damit, welche Möglichkeiten der Korrektur, der Entfaltung neuer Fähigkeiten und Ideen?
    Aber auch bei uns verlangt man den selbstverständlichen Einsatz in der Bundeswehr und begegnet den Wehrdienstverweigerern oder gar den Totalverweigerern mit äußerstem Mißtrauen. Eine Eignung zum öffentlichen Dienst erscheint dann schon sehr, sehr fraglich. Auf diese Menschen ging der Bundeskanzler nicht ein.
    Ein zweites Defizit, außer daß Sie hier nicht zuhören,

    (Feilcke [CDU/CSU]: Leider hören wir zu! Wir hören nur nicht viel Gutes!)

    waren diese Materialien zur Lage der Nation. Da findet man nichts über die militärische Bedrohung, die angehäuften Waffenarsenale in beiden Staaten, nichts über erschreckte Mütter, deren Babys von Tieffliegern geschockt werden, und nichts von rollenden Panzern in Manövern. Nein, das kommt nicht vor — das letzte auch nicht — in der Rede des Kanzlers.
    Aber wir müssen etwas zur Erhaltung des Friedens tun — der Frieden soll ja von hier ausgehen, wie Sie sagen — , einen Schritt hin zum zivilen Europa. Deshalb haben wir GRÜNEN einen Entschließungsantrag zur sofortigen Verschrottung der Träger von Pershing I A vorgelegt. Nur der Beschluß einer sofortigen und unwiderruflichen Verschrottung der Abschußvorrichtungen und der Systeme kann den Abrüstungsbemühungen der Großmächte einen neuen entscheidenden Anstoß geben. Das tut not.

    (Beifall bei den GRÜNEN) Bitte nehmen Sie diesen Antrag an!

    Der SPD-Antrag ist hier zu blaß und zu banal. Die Bürger erwarten nicht nur das Begrüßen von Ankündigungen, sondern konkrete Taten.
    Das dritte Defizit des Berichtes: Die Lage der Umwelt kommt zu kurz. Was über Umweltschäden und Umweltschutz hier in dem Bericht der Regierung steht, ist ein hilfloses Gestammel, geprägt von totaler Ahnungslosigkeit und garniert mit einigen ordo-liberalen Phrasen der Selbstbeweihräucherung der Wirtschaft im Westen und einer vernichtenden Kritik der Unfähigkeit des östlichen Wirtschaftssystems.

    (Frau Hensel [GRÜNE]: Wie wahr!)

    Man möchte meinen, die Autoren haben keine einzige Seite des Umweltgutachtens des Sachverständigenrates gelesen, geschweige denn andere Literatur, vielleicht auch nur die Reden von Herrn Töpfer. Aber darauf baut Ihre Politik auf.
    In Wirklichkeit schreitet die Umweltzerstörung in beiden Staaten mit Riesenschritten voran, weil die Prozesse nicht gestoppt sind. Präventive Politikkonzepte, die das Entstehen der Umweltprobleme im voraus verhindern, sucht man hier wie dort vergebens.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Hüben wie drüben betreibt man eine Industrialisierung der Landwirtschaft mit all ihren schädlichen Folgen, eine Energiepolitik, die weiter auf Atomkraft und fossile Energien setzt, eine Chemiepolitik, die im Resultat hochgiftige Substanzen in die Umwelt bringt, eine Industriepolitik, deren primäres Ziel eben nur quantitatives Wachstum ist. „Umweltgerechte Landwirtschaft", „sanfte Chemie", „regenerative Energien" oder „ökologischer Umbau" sind Vokabeln, die im Repertoire der Regierungen hier wie dort nicht vorkommen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Hier sehen wir GRÜNEN den größten Handlungsbedarf. Wir brauchen ein Gesamtkonzept zum ökologischen Umbau der Industriegesellschaft, wenn wir überleben wollen. Aber dieses Konzept kann der Staat nicht allein entwickeln. Das geht nur mit Umweltschutz von unten. Warum fehlt dieser Punkt im Umweltabkommen mit der DDR? Warum benennt unsere Regierung Vertreter der Industrie, aber keine der Bürgerinitiativen für den Erfahrungsaustausch?
    Die GRÜNEN jedenfalls danken an dieser Stelle all den vielen Bürgerinitiativen in der Bundesrepublik, die mit viel Sachkenntnis, großem Einfallsreichtum und immer neuer Energie dafür gesorgt haben, daß unsere Umwelt nicht noch schlechter aussieht, daß manches bewahrt werden konnte.

    (Beifall bei den GRÜNEN)




    Dr. Knabe
    Und wir grüßen in großer Hochachtung umweltbewußte Bürger und Gruppen in der DDR, die durch ihre mutigen Eingaben und kritischen Fragen auch dort manches erreichen konnten. Sie haben damit auch uns geholfen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Jede Regierung, die auf solche Leute hört, ist gut beraten. Das gilt für beide deutsche Staaten.

    (Beifall bei den GRÜNEN)