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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/33 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 33. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2157 A Tagesordnungspunkt 2: a) Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland und b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987 (Drucksache 11/11) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation (Drucksache 11/943) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Beziehungen zwischen dem Deutschen Bundestag und der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 11/950) Dr. Kohl, Bundeskanzler 2158B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (zur GO) . 2166A Seiters CDU/CSU (zur GO) 2166B Frau Vennegerts GRÜNE (zur GO) . . . 2166C Dr. Vogel SPD 2166D Lintner CDU/CSU 2172 C Frau Hensel GRÜNE 2175A Hoppe FDP 2178 B Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 2180 B Dr. Schmude SPD 2182D Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 2185 C Dr. Mitzscherling SPD 2188 D Dr. Czaja CDU/CSU 2190 B Dr. Knabe GRÜNE 2191 D Genscher, Bundesminister AA 2193 A Büchler (Hof) SPD 2194 A Namentliche Abstimmungen 2197 B Ergebnisse 2201C, 2203A, 2204 D Tagesordnungspunkt 3: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 25. März 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und St. Vincent und den Grenadinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/358, 11/854) 2206B Tagesordnungspunkt 4: Zweite Beratung und Schlußabstimmmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. April 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Bulgarien über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/359, 11/855) . . 2206 B Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 26. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 11/886) 2206 C Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 4. bis 8. Mai 1987 in Straßburg (Drucksache 11/478) 2206 D Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Sondersitzung der Versammlung der Westeuropäischen Union am 27. und 28. April 1987 in Luxemburg (Drucksache 11/552) 2206 D Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Unterrichtung durch die Delegation der Interparlamentarischen Gruppe der Bundesrepublik Deutschland über die 77. Interparlamentarische Konferenz vom 27. April bis 2. Mai 1987 in Managua/Nicaragua (Drucksache 11/607) 2206 D Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Plenarsitzung der Nordatlantischen Versammlung am 25. Mai 1987 in Quebec/Kanada (Drucksache 11/637) 2207 A Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1987 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung (einschließlich der Bemerkungen zur Jahresrechnung des Bundes 1985) (Drucksache 11/872) 2207 A Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung über den Beitrag der Genossenschaften zur Regionalentwicklung (Drucksache 11/705) . . . . 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Amtszeit der Jugendvertretungen in den Betrieben (Drucksache 11/948) 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausweitung der Rechte der Jugendvertretungen und zur Weiterentwicklung in Jugend- und Auszubildendenvertretungen (Drucksache 11/955) 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Strategie des Europäischen Parlaments im Hinblick auf die Gründung der Europäischen Union (Drucksache 11/594) 2207 B Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhanger (Drucksachen 11/138 Nr. 3.149, 11/495) 2207 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fünfte Richtlinie des Rates zur Anpassung des Anhangs III der Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel an den technischen Fortschritt — KOM (87) 156 endg. — (Drucksachen 11/339 Nr. 2.7, 11/959) 2207 C Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Sammelübersicht 24 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/907) 2207 D Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages (Drucksache 11/926) 2208 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung der Sammelübersicht 9 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/242) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung der Sammelübersicht 12 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/325) Frau Seuster SPD 2208 B Haungs CDU/CSU 2209 A Frau Nickels GRÜNE 2209 D Frau Dr. Segall FDP 2210B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstau, den 15. Oktober 1987 III Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung der Sammelübersicht 23 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache. 11/810) 2211A Zusatztagesordnungspunkt 12: Aktuelle Stunde betr. Auswirkungen der Beschlüsse der Koalition auf Steuergerechtigkeit, Staatsfinanzen und den Arbeitsmarkt sowie Äußerungen der SPD über die Steuerreform im Vergleich zu den getroffenen Finanzierungsentscheidungen Dr. Spöri SPD 2211B Dr. Solms FDP 2212A Kleinert (Marburg) GRÜNE 2213 A Glos CDU/CSU 2214B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2215B Dr. Apel SPD 2217 A Gattermann FDP 2218A Sellin GRÜNE 2219B Frau Will-Feld CDU/CSU 2219D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 2220 C Dr. Jens SPD 2222 B Scharrenbroich CDU/CSU 2223 A Huonker SPD 2224 B Uldall CDU/CSU 2225 B Dr. Neuling CDU/CSU 2226 A Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Haushaltspolitische Konsequenzen für den Bundeshaushalt 1987 — Ergänzung des Haushaltsentwurfs 1988 — Überarbeitung der Finanzplanung bis 1991 — (Drucksache 11/783) Frau Simonis SPD 2227 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 2229 B Frau Vennegerts GRÜNE 2232A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 2234 B Esters SPD 2235 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2236 D Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hauchler, Bindig, Bernrath, Brück, Großmann, Dr. Holtz, Frau Luuk, Frau Dr. Niehuis, Schluckebier, Schanz, Toetemeyer, Frau Matthäus-Maier, Dr. Mitzscherling, Oostergetelo, Dr. Wieczorek, Koschnick, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Zukunftsprogramm Dritte Welt (Drucksache 11/828) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Zukunftsprogramm Eine Welt (Drucksache 11/941) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU und der FDP: Ernährungssicherung in Hungerregionen (Drucksache 11/946) Dr. Hauchler SPD 2240 D Dr. Pinger CDU/CSU 2242 C Frau Eid GRÜNE 2243 D Frau Folz-Steinacker FDP 2245 D Bindig SPD 2248 A Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ . . 2249 C Dr. Wieczorek SPD 2252 D Schreiber CDU/CSU 2254 D Toetemeyer SPD 2256 A Repnik CDU/CSU 2257 C Tagesordnungspunkt 17: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Stückgutfracht 88 (Drucksache 11/785) und b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Beabsichtigte Auflösung von Tarifpunkten im Wagenladungsverkehr der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 11/857) Weiss (München) GRÜNE 2260 A Dr. Jobst CDU/CSU 2261 A Haar SPD 2261 D Kohn FDP 2262 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 2263 C Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Drucksache 11/917) und b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Drucksache 11/923) Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 2265 A Kretkowski SPD 2266 B Rauen CDU/CSU 2267 B Frau Brahmst-Rock GRÜNE 2268 B Richter FDP 2269 B IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 Zusatztagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: Menschenrechtsverletzungen in Tibet (Drucksache 11/953) Zur Geschäftsordnung: Bohl CDU/CSU 2270A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2270 B Frau Vennegerts GRÜNE 2270 C Becker (Nienberge) SPD 2270 C Fragestunde — Drucksache 11/933 vom 9. Oktober 1987 — Wertung des „Spiegel"-Berichts über den ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Barschel MdlAnfr 1, 2 09.10.87 Drs 11/933 Schily GRÜNE Antw StMin Dr. Stavenhagen BK . 2197D, 2198 D ZusFr Schily GRÜNE 2198A, 2198D ZusFr Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU 2198B, 2199B ZusFr Gansel SPD 2198B, 2199B ZusFr Heyenn SPD 2198 C ZusFr Kuhlwein SPD 2199 C ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 2199 C Überschreitung der Zahlungsziele bei Bauaufträgen an deutsche Firmen für die USStreitkräfte MdlAnfr 9, 10 09.10.87 Drs 11/933 Dr. de With SPD Antw StSekr von Loewenich BMBau . . . 2199D ZusFr Dr. de With SPD 2200 B Schily GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 2201 B Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 2201 C Nächste Sitzung 2270 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2271* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 2157 33. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 16. 10. Bahr 15. 10. Frau Beck-Oberdorf 16. 10. Bohlsen 16. 10. Brandt 16. 10. Brück 15. 10. Büchner (Speyer) * 16. 10. Dr. Dregger 15. 10. Echternach 16. 10. Dr. Ehmke (Bonn) 16. 10. Frau Fischer** 16. 10. Grüner 16. 10. Grunenberg 16. 10. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 15. 10. Heistermann 16. 10. Hillerich 16. 10. Frau Hoffmann (Soltau) 16. 10. Dr. Holtz ** 16. 10. Irmer** 16. 10. Jansen 16. 10. Jaunich 16. 10. Jung (Düsseldorf) 15. 10. Kittelmann * 16. 10. Koschnick 16. 10. *für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union **für die Teilnahme an der 78. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Krieger 16. 10. Lammert 16. 10. Frau Luuck 16. 10. Frau Dr. Martiny 16. 10. Frau Matthäus-Maier 16. 10. Dr. Müller ** 16. 10. Frau Olms** 16. 10. Paintner 16. 10. Paterna 16. 10. Petersen 16. 10. Reddemann * 16. 10. Reuschenbach 16. 10. Freiherr von Schorlemer ** 16. 10. Schröer (Mülheim) 16. 10. Frau Dr. Segall 16. 10. Dr. Soell ** 16. 10. Dr. Stercken** 16. 10. Stobbe 16. 10. Straßmeir 16. 10. Tietjen 16. 10. Frau Dr. Timm ** 16. 10. Dr. Unland 15. 10. Verheugen 16. 10. Dr. Warnke 15. 10. Dr. Warrikoff 15. 10. Weirich 16. 10. Wetzel 15. 10. Wischnewski 16. 10. Wüppesahl 16. 10. Frau Würfel 15. 10. Zywietz 16. 10.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dorothee Wilms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der heutige Bericht des Bundeskanzlers macht deutlich, daß sich die Lage der Nation im geteilten Deutschland in letzter Zeit erkennbar verbessert hat. Die menschlichen Begegnungen sind häufiger und dichter geworden. Dazu haben vor allem die vermehrten Reisemöglichkeiten unserer Landsleute aus der DDR, insbesondere für jüngere Menschen, beigetragen. Wir erwarten, daß sich dieser positive Trend weiter fortsetzt und daß die DDR die dort nach wie vor vorhandenen Westkontaktverbote deutlich reduziert.
    Die bisherige Praxis der Reise- und Einreiseverbote führt zu viel menschlichem Leid, wie ich immer wieder aus Briefen erfahre. Die Bundesregierung wird sich deshalb auch künftig für einen freien Reiseverkehr ohne Verbote und Reglementierungen einsetzen.
    Ein dringendes Problem bleibt in diesem Sinne — ich wiederhole, was Kollegen vorher gesagt haben — die Zulassung von Übernachtungsmöglichkeiten bei Tagesbesuchen im Berliner Reise- und Besucherverkehr. Eine dahin gehende Regelung ist überfällig.
    Neue Perspektiven könnten sich eröffnen, wenn Tourismusreisen von Ost nach West geschaffen und von West nach Ost qualitativ verbessert werden. Die Bundesregierung schenkt diesem Thema besondere Aufmerksamkeit.
    Dies gilt vor allem aber auch für die Übersiedlungspraxis, die ohne zusätzliche Einschränkungen fortgesetzt werden muß.
    In diesem Zusammenhang wende ich mich auch an die Bürger unseres Landes mit der Bitte, die Besucher und Übersiedler aus der DDR bei uns herzlich willkommen zu heißen und sie unsere menschliche Verbundenheit als Landsleute spüren zu lassen. Mit der Erhöhung des Begrüßungsgeldes hat die Bundesregierung ein Zeichen der nationalen Solidarität gesetzt, doch entscheidend bleibt die millionenfache menschliche Solidarität zwischen den Angehörigen unseres Volkes.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Erfreuliche Entwicklungen zur Verstärkung der menschlichen Begegnungen gibt es auch durch die langsam wachsende Zahl von Städtepartnerschaften, die demnächst etwa 20 betragen wird. Angesichts der über 500 in meinem Ministerium registrierten Wünsche ist dies alles nur ein bescheidener Anfang. Aber auch er wäre vor wenigen Jahren noch unvorstellbar erschienen. Die Bundesregierung begrüßt diese Partnerschaften insbesondere dann — dies möchte ich unterstreichen — , wenn sie als eine weitere Möglichkeit der Kommunikation der Bürger und des bürgerschaftlichen Austausches gesehen und genutzt werden.
    Ich möchte ebenfalls die Fortschritte im Bereich der sportlichen Begegnungen und im Jugendaustausch erwähnen. Hier ist vor allem auch die Einbeziehung der Berliner in den Jugendtourismus hervorzuheben.
    Eine besonders positive Entwicklung weist die kulturelle Zusammenarbeit im geteilten Deutschland auf. Das im vergangenen Jahr abgeschlossene Kulturabkommen hat diesem Bereich spürbare Impulse gegeben und zu vielbeachteten Ausstellungen, Gastspielen und anderen kulturellen Ereignissen geführt. Mit Befriedigung können wir verzeichnen, daß sich



    Bundesminister Frau Dr. Wilms
    beide Seiten für die Jahre 1988 und 1989 auf etwa 100 Vorhaben verständigt haben, nahezu fünfmal soviel wie bisher. Wir sollten die identitätsstiftende Wirkung solcher kulturellen Austauschmaßnahmen für die deutsche Nation nicht unterschätzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Besuch von Generalsekretär Erich Honecker, der für viele in unserem Lande emotional schwierig zu bewältigen war, muß als Zwischenstufe auf einem langen Weg gesehen werden, der zu einem geregelten Miteinander im geteilten Deutschland führen soll, solange die Teilung selbst nicht überwunden werden kann. Der Arbeitsbesuch — das möchte ich noch einmal betonen — hat an den rechtlichen Grundlagen, den Bedingungen und Zielen unserer Deutschlandpolitik nichts verändert. Niemand hat dies unmißverständlicher klargestellt als Bundeskanzler Helmut Kohl in seiner bedeutenden Tischrede in der Redoute. Die Systemgegensätze, die unterschiedlichen nationalen Zielvorstellungen sowie die jeweiligen Bündnispflichten sind nicht verwischt oder ausgeklammert worden; sie sind öffentlich und offen dargestellt worden.
    Dies unterscheidet sich wohltuend von dem aus unserer Sicht verfehlten Ansatz des SPD/SED-Strategiepapiers zur gemeinsamen Sicherheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Honecker verwies auf das Bild von Feuer und Wasser. Wir nennen den Gegensatz zwischen freiheitlicher Demokratie und dem totalitären Herrschaftsanspruch des Kommunismus einen fundamentalen Werteunterschied, der in dem erwähnten SPD/SED-Papier verwischt wird.
    Die deutliche Markierung der unterschiedlichen Positionen dient der gegenseitigen Berechenbarkeit nach innen wie nach außen. Wir wissen: Die in der DDR Regierenden sind nicht demokratisch legitimiert, und sie sind verantwortlich für viele Verletzungen der Menschenrechte. Aber wir wissen auch, daß wir den Menschen im geteilten Deutschland nur dann wirksam helfen können, wenn wir mit denjenigen reden und verhandeln, die in der DDR die Verantwortung tragen. Ich denke, vor der Geschichte wird entscheidend sein, was wir trotz unterschiedlicher Grundpositionen und ohne Preisgabe unserer Prinzipien für unsere Nation in praktischer Hinsicht erreicht haben.

    (Zuruf von der SPD: Späte Einsicht, aber trotzdem richtig!)

    Im Vorfeld wie im Verlauf des Arbeitsbesuches von Generalsekretär Honecker sind die drei Abkommen über eine Zusammenarbeit auf den Gebieten Umwelt, Wissenschaft und Technik sowie Strahlenschutz unterschrieben worden. Wir hoffen, daß sie bald durch konkrete Projekte mit Leben erfüllt werden.
    Daß Berlin mit seinem gesamten Potential in all diese Vereinbarungen einbezogen ist, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Jede Deutschlandpolitik ist zugleich Berlin-Politik. Die Bundesregierung hat mit allem Nachdruck deutlich gemacht, daß sich die innerdeutschen Beziehungen nicht um Berlin herum entwickeln können und werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Deutschlandpolitik der Bundesregierung dient vorrangig den Menschen in Deutschland, aber auch dem Frieden in Europa. Es gilt, die Folgen der Teilung zu mildern, Spannungen abzubauen, Vertrauen aufzubauen und damit auch auf nichtmilitärische Weise den Frieden in Europa sicherer zu machen. Das umschließt auch die Verwirklichung der Menschenrechte. Wer sich zum Frieden bekennt, muß diesem Bekenntnis auch nach innen durch Fortschritte bei der Realisierung der Menschenrechte Glaubwürdigkeit verleihen.
    Diese Forderung hat allgemeine Gültigkeit. Sie gilt daher auch im Hinblick auf die Deutschen, die jenseits von Oder und Neiße, die in den Staaten Ost- und Südosteuropas leben. Ihre menschenrechtliche Lage ist besonders bedrückend. Denn sie haben nicht nur unter der Herrschaft des Kommunismus zu leiden, sondern ihnen werden darüber hinaus ihre international verbrieften Volksgruppenrechte verweigert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie sind auch vom Verlust ihrer Identität als Deutsche bedroht. Ihnen Hilfe und Beistand zu gewähren, ist deshalb ein selbstverständlicher Auftrag auch der Deutschlandpolitik der Bundesregierung und ein Gebot menschlicher Solidarität.

    (Zuruf von der CDU/CSU: In der SPD hört man davon nichts!)

    Wir streben ein Verhältnis der guten Nachbarschaft zur DDR an, in dem Bewußtsein, daß dort Deutsche leben wie hier und daß wir als Deutsche eine lange gemeinsame Geschichte hinter uns wissen, an der beide Seiten als Erben teilhaben. Das verleiht dem Verhältnis zwischen den beiden Staaten in Deutschland das Besondere, das zu leugnen sinnlos ist.
    Für Illusionen und Trugbilder bleibt jedoch kein Platz. Wir wissen, welch überragenden Stellenwert der sogenannte reale Sozialismus in der DDR für die Sowjetunion hat. Wir wissen aber auch, was wir selbst wollen, nämlich: in einem vereinten Europa in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollenden. Da steht Interesse gegen Interesse. Diese Konstellation läßt sich auch nicht einfach wegdiskutieren. Allerdings verurteilt sie auch nicht zur Immobilität. Die Interessen beider Staaten gewähren vielmehr die Möglichkeit zu einem vernünftigen Miteinander der beiden Staaten in Deutschland. Es geht darum, soviel Miteinander zum Wohle der Menschen und im Sinne der Einheit der Nation zu praktizieren, wie es die Unvereinbarkeit der Systeme zuläßt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich bin davon überzeugt, daß im langen geschichtlichen Prozeß Europas auch die staatliche Einheit der Deutschen wieder auf der Tagesordnung stehen wird. Diese Gewißheit zu bewahren und alle Entwicklungen zu fördern, die diesem Ziel dienen, ist Aufgabe der heutigen Politik. Das bedeutet Festhalten an den deutschen Rechtspositionen, Offenhalten der deutschen Frage und Förderung aller Schritte, die zur Überwindung der deutschen wie der europäischen Teilung im Geiste der Freiheit beitragen.
    Die Einheit Deutschlands in der Einheit Europas suchen, das ist eine realistische Perspektive, die, wie



    Bundesminister Frau Dr. Wilms
    Alfred Dregger zu Recht sagt, nichts aufs Spiel setzt, weder den Frieden noch unsere Freiheit noch unsere Sicherheit. Ich füge hinzu: auch nicht unsere Glaubwürdigkeit. Diese Perspektive liegt im deutschen Interesse, heute wie in der Zukunft.
    Meine Damen und Herren, ich denke, es ist wichtig, diese Grundsätze, Bedingungen und Zielsetzungen im Bewußtsein der Menschen zu verankern, hierzulande wie im internationalen Bereich. Deshalb muß Deutschlandpolitik auch ganz bewußt als Aufgabe der politischen Bildung und Forschung verstanden werden. In diesem Sinne ist auch der umfassende Vergleich der Wirtschaftssysteme in den beiden Staaten in Deutschland zu sehen, der schon im April dem Deutschen Bundestag als Materialie zum heutigen Bericht zur Lage der Nation zugeleitet wurde.
    Die Bundesregierung hat damit eine Übung der Jahre 1971 bis 1974 wiederaufgenommen. Sie mißt solchen Beiträgen unabhängiger Wissenschaftler eine große Bedeutung bei, weil sie wertvolle Orientierungshilfen geben. Wir wollen dies auch künftig weiterführen und dem Deutschen Bundestag von Zeit zu Zeit wissenschaftlich aufbereitete Materialien zum Fakten- und Systemvergleich auch anderer wichtiger Lebensbereiche vorlegen.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung der Deutschlandforschung hervorheben. Neben der DDR-Forschung und dem innerdeutschen Vergleich ist der Ausbau derjenigen Forschungsbereiche unerläßlich, die sich mit den historischen, zeitgeschichtlichen, rechtlichen und europapolitischen Zusammenhängen der deutschen Frage befassen. Deutschlandforschung ist für die Zukunftsaussichten der freiheitlichen Demokratie in ganz Deutschland und in ganz Europa und für die Überwindung der Teilung lebenswichtig.
    Wir beabsichtigen, in angemessener Kooperation mit Vertretern von Forschung und Lehre deutschlandpolitisch relevante Fragen vermehrt zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung zu machen. Hier wie in der deutschlandpolitischen Bildungsarbeit geht es darum, Kenntnisse über die Sachverhalte und Probleme im geteilten Deutschland zu vermitteln und das Bewußtsein von der Zusammengehörigkeit der Deutschen wachzuhalten. Dies richtet sich insbesondere an die junge Generation, deren Fragen nach der deutschen Identität, nach der Rolle Deutschlands in Geschichte, Gegenwart und Zukunft wir beantworten müssen, damit sie nicht andere beantworten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese Bildungsaufgabe ist selbstverständlich nicht allein Sache des Bundes, sondern hauptsächlich der Länder. Wir sind hier zur Kooperation bereit und rechnen unsererseits auf die Kooperationsbereitschaft der Länder.
    Ein besonders effektives Mittel der deutschlandpolitischen Bildungsarbeit ist die eigene Anschauung. Deshalb fördert das Ministerium auch ganz gezielt Fahrten von Jugendlichen in die DDR und nach Ost-Berlin. Im vergangenen Jahr nahmen fast 68 000 junge Menschen an solchen Fahrten teil.
    Meine Damen und Herren, aber nicht nur nach innen, sondern ebenso nach außen muß deutschlandpolitische Bildungsarbeit geleistet werden. Die offene deutsche Frage, die Probleme der Teilung unseres Vaterlandes sind Themen der internationalen Politik und müssen es bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Gerade weil hin und wieder auch im westlichen Ausland eine gewisse Zurückhaltung gegenüber der deutschen Frage spürbar wird und Erkundigungen über deutschlandpolitische Absichten laut werden, sollten unsere deutschlandpolitische Konzeption und Handlungsweise im internationalen Bereich verstärkt thematisiert und erläutert werden.
    Mein Ministerium hat deshalb einen Schwerpunkt der Bildungsarbeit in der Information von Ausländern gesetzt. Das Angebot umfaßt beispielsweise deutschlandpolitische Bildungsveranstaltungen für Ausländer, Seminare für Betreuer ausländischer Besucher, fremdsprachliche Publikationen oder auch die deutschlandpolitische Information der bei uns akkreditierten Botschafter.
    Ich denke, wir sollten für diese wichtige Auslandsarbeit alle verfügbaren Einrichtungen und Möglichkeiten nutzen, selbstverständlich auch unsere Botschaften. Aber etwa auch unsere Goethe-Institute könnten sich dieser Thematik annehmen.
    Unsere Botschaft an das Ausland muß dabei klar und unmißverständlich sein: Isolierte Lösungen, deutsche Sonderwege, womöglich in den Neutralismus, stehen nicht zur Debatte. Wir streben eine politische Lösung der deutschen Frage im Rahmen eines gesamteuropäischen Prozesses gemeinsam mit unseren Nachbarn an. Der Weg zur deutschen Einheit geht über Freiheit und Selbstbestimmung. Dies sind klare Maßstäbe, die unsere Deutschlandpolitik berechenbar machen, nach innen wie nach außen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schmude.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Jürgen Schmude


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stimmen darin überein, Frau Minister Wilms: Die Lage der geteilten Nation hat sich verbessert. Und in diesem Rahmen ist der Besuch des Staatsratsvorsitzenden und Generalsekretärs Honecker in der Bundesrepublik mit vollem Recht als deutschlandpolitischer Erfolg zu werten.

    (Beifall bei der SPD)

    Er ist ein Erfolg, aber nicht nur der Bundesregierung, sondern vielleicht noch mehr derjenigen, die unter schwierigen Bedingungen die Grundlagen und Voraussetzungen dafür geschaffen haben. Auch für uns Sozialdemokraten nehmen wir deshalb diesen Erfolg in Anspruch und haben uns entsprechend verhalten, durch Unterstützung der Einladung und Befürwortung des Treffens ebenso wie durch unsere positiven Stellungnahmen zum Besuch und zu den Gesprächen selbst.
    Herausragende Ergebnisse in Form konkreter Vereinbarungen hat die Begegnung vom September nicht gebracht. Das war auch nicht nötig. Wichtig war der



    Dr. Schmude
    offene Meinungsaustausch, der sich jetzt in der Arbeit
    mit den veröffentlichten Redetexten fortsetzen kann.
    Wichtig war vor allem der symbolische Gehalt der Begegnung, der in dem Abspielen der Hymnen und in der Präsentation der Flaggen beider deutscher Staaten besonders augenfällig wurde. Diese Szenen werden im Gedächtnis aller Betrachter haften bleiben.
    Wir Sozialdemokraten haben sie uns nicht gewünscht; der Kampf der SPD gegen den außenpolitischen Kurs Konrad Adenauers in den 50er Jahren war ausdrücklich von dem Bestreben geleitet, eine verfestigte Teilung Deutschlands zu vermeiden.

    (Dr. Vogel [SPD]: So ist es!)

    Das Bemühen ist gescheitert. Zwei selbständige deutsche Staaten existieren. Nur wer das in Rechnung stellt, kann retten, was an Einheitlichkeit der Nation noch nicht verloren ist, und neue Verbindungen hinzugewinnen.
    Für alle, die diese Realitäten nicht wahrhaben wollen, die an ihnen vorbei politische Wege suchen, waren die protokollarischen Äußerlichkeiten der Begegnung notwendiges Erlebnis. Ob das alles sein mußte, ist in der CDU/CSU-Fraktion nach dem Treffen streitig diskutiert worden. Wir Sozialdemokraten sagen: es mußte sein; es gehört sich so, wenn man ordnungsgemäß miteinander umgehen will. Wir anerkennen ausdrücklich die Einsichten und Leistungen derjenigen in der Regierung, die diesmal — anders als bei den Besuchsvorbereitungen 1984 — gar nicht erst den Kampf gegen protokollarische Selbstverständlichkeiten aufgenommen haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Die kritische Auseinandersetzung mit dem Besuchsablauf in der CDU/CSU-Fraktion war in den letzten Wochen nicht der einzige Vorgang, bei dem sich erhebliche, ja sogar unüberbrückbare Gegensätze in der Beurteilung der Deutschlandpolitik durch die größere Koalitionsfraktion gezeigt haben. Mit der ausführlichen, kontroversen Fraktionsdebatte über Möglichkeiten einer deutschen Wiedervereinigung Anfang Oktober wurde den vielen deutschlandpolitischen Auseinandersetzungen innerhalb der Union nur ein weiteres Kapitel hinzugefügt.
    Das sind die Widersprüche und Risiken für Ihre Politik, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, die Sie bisher weder klären noch überwinden konnten. Sie mögen mit den Erfolgen jener Deutschlandpolitik, die Sie von uns übernommen und die Sie fortgeführt haben, noch so zufrieden sein; die weißen Flecken in der Geschichte Ihres Verhältnisses zu dieser Politik haben Sie nicht aufgearbeitet. Ihre früheren Widersprüche gegen das, was Sie jetzt selbst tun, holen Sie ein. Das Ausweichen in vollmundige Unklarheiten schafft keinen Ausweg, sondern verlängert den Streit und schafft Ansatzpunkte für neue Ausbrüche.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir wissen und sagen, daß in den Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten, in den Möglichkeiten für die freie Bewegung und Entfaltung der Menschen und auch zur Sicherung des Friedens in Mitteleuropa bei weitem noch nicht alles erreicht worden ist. Aber wir begrüßen die wichtigen Verbesserungen, die heute erlebbar sind. Wir Sozialdemokraten haben von vornherein auf diesen Zustand hingearbeitet, wir haben ihn gewollt, und wir bemühen uns um seine Weiterentwicklung.
    Sehr viel früher als andere haben wir begriffen, daß kein Weg zur Hilfe für die Menschen und zur Sicherung des Friedens an den Regierungen — vor allem an der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik — vorbeiführt. Von dieser Einsicht aus haben wir unsere Deutschlandpolitik entwickelt, deren Früchte auch die jetzige Bundesregierung zieht.
    Diese Politik, die wir betrieben haben, ist von Ihrer Seite, von Unionsseite, begleitet worden mit Ausdrükken wie: das Berlin-Abkommen sei beschämend, die Flaggen würden eingezogen, es habe ein Ausverkauf deutscher Positionen stattgefunden, diese Politik sei gescheitert. Wir fragen Sie: Wie stehen Sie heute zu diesen Bewertungen? Dieser Frage können Sie sich doch nicht dadurch entziehen, daß Sie in die Verträge und in diese Politik wie in eine Straßenbahn beim Fahrerwechsel einsteigen. Sie sehen das am besten daran, daß von Zeit zu Zeit die „Fahrgäste" aus Ihren eigenen Reihen rebellisch werden.
    Wir Sozialdemokraten haben kein Problem mit unserer deutschlandpolitischen Vergangenheit. Wir stehen zu ihr. Wir stehen zu der Feststellung Bundeskanzler Willy Brandts bei der Behandlung des Grundvertrages hier im Mai 1973. Er sagte:
    Ein Volk verweigert sich seiner Geschichte, wenn es meint, sie mit Wunschträumen fortschreiben zu können. Illusionen schaffen keine Zukunft. Die Ihnen vorliegenden Verträge sollen die geschichtliche Kontinuität unserer nationalen Existenz auf der Basis der jetzt gegebenen Bedingungen sichern helfen.

    (Beifall bei der SPD)

    Dieses Ziel wurde erreicht. So bleibt auch heute richtig, was Bundeskanzler Helmut Schmidt in seinem Bericht zur Lage der Nation am 20. März 1980 so formulierte:
    Zehn Jahre Deutschlandpolitik der sozialliberalen Koalition haben den Zusammenhalt der Menschen in beiden Staaten gefestigt. Ohne diesen menschlichen Zusammenhalt würde unser Bekenntnis zur deutschen Einheit seinen Sinn verlieren.
    Wir sehen unsere Aufgabe unverändert so, wie Herbert Wehner, an den dankenswerterweise auch Sie, Herr Hoppe, erinnert haben, sie Anfang Juni 1979 mit den Worten beschrieben hat:
    Was noch drin ist, ist, in den nächsten 20, 30 Jahren das erreichbare Maximum zu halten, daß das Volk hier und der Teil des Volkes drüben nicht gegeneinander wieder abgesperrt werden und daß wir das Bewußtsein, noch eine Nation zu sein, nicht unter dem Druck und Überdruck der realen Verhältnisse verlieren.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Meine Damen und Herren, wir sind Herbert Wehner
    dankbar für seinen unbeirrten deutschlandpolitischen



    Dr. Schmude
    Kurs, und wir würdigen und schätzen die hervorragenden Leistungen, die Egon Bahr zum Zustandekommen dieser Politik beigetragen hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie alle — und andere Sozialdemokraten — hatten damals nicht die Verdächtigung mangelnder nationaler Zuverlässigkeit verdient. Das sollte man wenigstens heute anerkennen. Denn sie haben als wirkliche Patrioten gehandelt, indem sie die Last und die Wirkung der Trennung gemindert und die Kraft der Zusammengehörigkeit in einer deutschen Nation gestärkt haben. Kurz gesagt: Ihr Weg war richtig. Sie hatten recht.

    (Beifall bei der SPD)

    Nicht recht hatten die damaligen Ankläger. Ihr Weg des Beschwörens juristischer Formeln als Ersatz für Politik war aussichtslos. Ihre Bekenntnisse zum Ziel der staatlichen Einheit Deutschlands, als sei sie alsbald erreichbar, waren illusionär. Das gilt auch heute für diejenigen, die mit Konzepten und Forderungen aufwarten, mit denen die Wiedervereinigung auf die politische Tagesordnung im In- und Ausland gesetzt werden soll.
    Wir Sozialdemokraten haben uns nicht in solche Irrwege verrannt und tun es heute nicht. Wir sind die Vorreiter in einer Richtung gewesen, in der auch die jetzige Regierung ihre Politik fortgesetzt hat, und wir bleiben Vorreiter, wie unsere weiterführenden Anstöße und Forderungen zeigen.
    Dafür sind wir kritisiert, verdächtigt und manchmal auch beschimpft worden. Auch heute ist das oft genug die Antwort auf unsere Vorschläge und Bemühungen. Wir halten das in der Gewißheit aus, daß wir es bald erleben werden, wie die Koalitionsfraktionen unsere Vorstellungen — vielleicht mit etwas geändertem Etikett — übernehmen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, für uns sind das Zusammengehörigkeitsgefühl mit den Deutschen in der DDR und das Empfinden der Mitverantwortlichkeit für ihr Ergehen — ohne jeden Vertretungsanspruch — reale und starke Triebkräfte unserer politischen Arbeit. Wir fühlen uns in Stralsund und Dresden nicht in der Fremde, sondern — unbeschadet der Zugehörigkeit der Städte zu einem anderen Staat — heimisch. Wir fühlen uns auch ohne familiäre oder andere besondere Beziehungen den Deutschen in der DDR als Angehörigen unserer Nation verbunden. Frau Hensel, das, was Sie als „Fossil" zu bezeichnen beliebten, ist höchst lebendig und wird immer lebendiger.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Zur Klarstellung, daß wir in der Bundesrepublik die Staatsbürgerschaft der DDR respektieren, raten wir Sozialdemokraten doch nicht mit dem Ziel einer Abgrenzung. Jeder weiß, daß wir Grundgesetz und Staatsangehörigkeitsgesetz bei uns nicht ändern wollen. Aber die eindeutige Bezeichnung einer Praxis, die längst gilt, kann praktische Verbesserungen bringen und Mängel beseitigen helfen.

    (Dr. Vogel [SPD]: So ist es!)

    Die Abschaffung der Zentralen Erfassungsstelle in Salzgitter fordern wir nicht, weil wir die Verletzung von Menschenrechten verharmlosen wollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir mißbilligen und verurteilen, daß Menschen in Deutschland in ihrer Entfaltungs- und Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, daß sie beim Grenzübertritt sogar in Gefahr gerieten, getötet zu werden und getötet worden sind.

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Warum soll sie dann abgeschafft werden?)

    Wir sagen gleichzeitg: Die Mauer ist ein Monstrum. Sie hat keine Zukunft und wird nicht Bestand behalten. Um ihre Reste mögen sich eines Tages die Denkmalschützer kümmern, und das wird dann auch alles sein.
    Aber zurück zu Salzgitter: Wir halten ein Verfahren für unzeitgemäß und ungeeignet, mit dem man Verbesserungen für die Menschen in Deutschland nicht politisch, sondern strafrechtlich bewirken will. Wer begriffen hat, daß sich politische Erfolge nicht wie bei einem Amtsgericht einklagen lassen, der sollte endlich einsehen, daß auch mit dem Staatsanwalt im Verhältnis zwischen beiden deutschen Staaten nichts auszurichten ist.

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: So argumentieren Sie gegenüber anderen Staaten aber nicht!)

    Meine Damen und Herren, Vertreter von SPD und SED haben an der Erklärung über den „Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit" nicht gearbeitet, um Unterschiede zwischen beiden Seiten einzuebnen oder um nicht vorhandene Gleichwertigkeit anzuerkennen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Eine peinliche Zusammenarbeit!)

    Wir wollen einen friedensgemäßen Umgang mit den weiter bestehenden Unterschieden, das Gespräch mit Andersdenkenden auch im jeweils eigenen Land ohne Zwang, nur im Wettbewerb der Überzeugungskraft und bei freiem Fluß der Informationen erreichen.
    Herr Lintner, Sie haben unrecht, wenn Sie uns sagen, wir dürften zu den Menschenrechten nichts erklären. Ausdrücklich steht in dem Papier: Kritik auch in scharfer Form an den Zuständen im anderen Land ist keine Einmischung. Lesen Sie es nach!

    (Beifall bei der SPD)

    Was wir damit erreichen wollen, wird von vielen Bürgern und zumal den Kirchen in der DDR bejaht. Sie schicken sich an, mit dem Papier zu arbeiten. Das müßten inzwischen doch auch die Kritiker hier in der Bundesrepublik erkennen, die sich mit verständnislosem Eifer über die bloße Tatsache der gemeinsamen Erklärung erregen, statt die vorwärtsweisende Kraft ihres Inhalts in den Blick zu nehmen.

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/CSU]: Da kommen einem bald die Tränen!)

    Meine Damen und Herren, unsere Wirkungsmöglichkeit zur weiteren Festigung des Zusammenhalts in



    Dr. Schmude
    der einen deutschen Nation hängt von der Bereitschaft zu Nutzung aller praktische Möglichkeiten ab. Durch illusionäre Konzepte und unrealistische Forderungen wird sie nicht beflügelt, sondern gestört. Eigentlich besteht auch allgemeine Übereinstimmung darin, daß die Möglichkeit einer staatlichen Vereinigung beider deutscher Staaten, von einer ausdrücklichen „Wiedervereinigung" ganz zu schweigen, auf absehbare Zeit nicht vorstellbar ist. Niemand weiß heute, ob irgendwann einmal diese oder auch ganz andere Lösung einen Endpunkt der Bemühungen um die Erhaltung der einheitlichen Nation bilden wird. Wenn wir uns demnach bereit finden, die Antwort auf diese Fragen einer fernen, unabsehbaren Zukunft zu überlassen, so schließt das für die Gegenwart zwei Haltungen gleichermaßen aus: die Festlegung auf die staatliche Einheit als einzig zulässige Lösung ebenso wie den Verzicht auf sie. Letzterer wird von uns weder erwartet, noch ist eine Gegenleistung dafür in Sicht.

    (Lintner [CDU/CSU]: Da ist aber aus dem Saulus ein Paulus geworden!)

    Also machen wir auch insoweit Ernst mit dem Selbstbestimmungsrecht und überlassen die Entscheidung denen, die sie einmal zu treffen haben werden!
    Aber dann sollten führende Unionspolitiker auch nicht so reden, als ginge es aktuell um die Wiedervereinigung; und das tun manche von Ihnen. Sie erwekken diesen Eindruck auch, wenn Sie so tun, als müßten Sie dieses Ziel gegen Sozialdemokraten und andere verteidigen. Wer so redet, trägt letztlich selbst die Verantwortung dafür,

    (Bohl [CDU/CSU]: Sie wollen das Grundgesetz ändern! Das müssen Sie gerade sagen!)

    daß Bürger und auch Abgeordnete zu dem Schluß kommen, nun müßten alsbald Taten erfolgen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sie wollen das Grundgesetz ändern! — Lintner [CDU/CSU]: Sagen Sie das Ihrem Kollegen Heimann!)

    Auch wir Sozialdemokraten widersprechen dem Kollegen Friedmann und seinen Meinungshelfern,

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Heimann!)

    weil wir seine Vorstellungen für illusionär und auch für gefährlich halten. Weit weniger können wir ihm aber widersprechen, wenn er sich auf seinen guten Glauben an die Aussagen des Bundeskanzlers selbst beruft und deren Einlösung, wie er sie versteht, anfordert. Da hat dann der Bundeskanzler mit seinem Wort vom blühenden Unsinn nur unterdrücken müssen, was er selbst zuvor provoziert hatte.
    Meine Damen und Herren, Herbert Wehner hat nach dem Treffen am Werbellinsee gesagt:
    Sozialdemokratische Deutschlandpolitik hat sich immer an der Notwendigkeit orientiert, die Deutschen in beiden Staaten in ihren Zusammengehörigkeitsgefühlen zu stärken, die trotz aller Erfolge der Vertrags- und Entspannungspolitik nach wie vor bestehenden Härten zu mildern und dafür zu arbeiten, daß von deutschem Boden niemals wieder Krieg ausgehen kann.
    Dabei bleiben wir; das setzen wir fort.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)