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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/33 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 33. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2157 A Tagesordnungspunkt 2: a) Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland und b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987 (Drucksache 11/11) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation (Drucksache 11/943) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Beziehungen zwischen dem Deutschen Bundestag und der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 11/950) Dr. Kohl, Bundeskanzler 2158B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (zur GO) . 2166A Seiters CDU/CSU (zur GO) 2166B Frau Vennegerts GRÜNE (zur GO) . . . 2166C Dr. Vogel SPD 2166D Lintner CDU/CSU 2172 C Frau Hensel GRÜNE 2175A Hoppe FDP 2178 B Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 2180 B Dr. Schmude SPD 2182D Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 2185 C Dr. Mitzscherling SPD 2188 D Dr. Czaja CDU/CSU 2190 B Dr. Knabe GRÜNE 2191 D Genscher, Bundesminister AA 2193 A Büchler (Hof) SPD 2194 A Namentliche Abstimmungen 2197 B Ergebnisse 2201C, 2203A, 2204 D Tagesordnungspunkt 3: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 25. März 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und St. Vincent und den Grenadinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/358, 11/854) 2206B Tagesordnungspunkt 4: Zweite Beratung und Schlußabstimmmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. April 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Bulgarien über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/359, 11/855) . . 2206 B Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 26. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 11/886) 2206 C Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 4. bis 8. Mai 1987 in Straßburg (Drucksache 11/478) 2206 D Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Sondersitzung der Versammlung der Westeuropäischen Union am 27. und 28. April 1987 in Luxemburg (Drucksache 11/552) 2206 D Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Unterrichtung durch die Delegation der Interparlamentarischen Gruppe der Bundesrepublik Deutschland über die 77. Interparlamentarische Konferenz vom 27. April bis 2. Mai 1987 in Managua/Nicaragua (Drucksache 11/607) 2206 D Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Plenarsitzung der Nordatlantischen Versammlung am 25. Mai 1987 in Quebec/Kanada (Drucksache 11/637) 2207 A Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1987 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung (einschließlich der Bemerkungen zur Jahresrechnung des Bundes 1985) (Drucksache 11/872) 2207 A Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung über den Beitrag der Genossenschaften zur Regionalentwicklung (Drucksache 11/705) . . . . 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Amtszeit der Jugendvertretungen in den Betrieben (Drucksache 11/948) 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausweitung der Rechte der Jugendvertretungen und zur Weiterentwicklung in Jugend- und Auszubildendenvertretungen (Drucksache 11/955) 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Strategie des Europäischen Parlaments im Hinblick auf die Gründung der Europäischen Union (Drucksache 11/594) 2207 B Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhanger (Drucksachen 11/138 Nr. 3.149, 11/495) 2207 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fünfte Richtlinie des Rates zur Anpassung des Anhangs III der Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel an den technischen Fortschritt — KOM (87) 156 endg. — (Drucksachen 11/339 Nr. 2.7, 11/959) 2207 C Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Sammelübersicht 24 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/907) 2207 D Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages (Drucksache 11/926) 2208 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung der Sammelübersicht 9 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/242) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung der Sammelübersicht 12 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/325) Frau Seuster SPD 2208 B Haungs CDU/CSU 2209 A Frau Nickels GRÜNE 2209 D Frau Dr. Segall FDP 2210B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstau, den 15. Oktober 1987 III Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung der Sammelübersicht 23 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache. 11/810) 2211A Zusatztagesordnungspunkt 12: Aktuelle Stunde betr. Auswirkungen der Beschlüsse der Koalition auf Steuergerechtigkeit, Staatsfinanzen und den Arbeitsmarkt sowie Äußerungen der SPD über die Steuerreform im Vergleich zu den getroffenen Finanzierungsentscheidungen Dr. Spöri SPD 2211B Dr. Solms FDP 2212A Kleinert (Marburg) GRÜNE 2213 A Glos CDU/CSU 2214B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2215B Dr. Apel SPD 2217 A Gattermann FDP 2218A Sellin GRÜNE 2219B Frau Will-Feld CDU/CSU 2219D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 2220 C Dr. Jens SPD 2222 B Scharrenbroich CDU/CSU 2223 A Huonker SPD 2224 B Uldall CDU/CSU 2225 B Dr. Neuling CDU/CSU 2226 A Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Haushaltspolitische Konsequenzen für den Bundeshaushalt 1987 — Ergänzung des Haushaltsentwurfs 1988 — Überarbeitung der Finanzplanung bis 1991 — (Drucksache 11/783) Frau Simonis SPD 2227 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 2229 B Frau Vennegerts GRÜNE 2232A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 2234 B Esters SPD 2235 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2236 D Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hauchler, Bindig, Bernrath, Brück, Großmann, Dr. Holtz, Frau Luuk, Frau Dr. Niehuis, Schluckebier, Schanz, Toetemeyer, Frau Matthäus-Maier, Dr. Mitzscherling, Oostergetelo, Dr. Wieczorek, Koschnick, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Zukunftsprogramm Dritte Welt (Drucksache 11/828) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Zukunftsprogramm Eine Welt (Drucksache 11/941) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU und der FDP: Ernährungssicherung in Hungerregionen (Drucksache 11/946) Dr. Hauchler SPD 2240 D Dr. Pinger CDU/CSU 2242 C Frau Eid GRÜNE 2243 D Frau Folz-Steinacker FDP 2245 D Bindig SPD 2248 A Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ . . 2249 C Dr. Wieczorek SPD 2252 D Schreiber CDU/CSU 2254 D Toetemeyer SPD 2256 A Repnik CDU/CSU 2257 C Tagesordnungspunkt 17: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Stückgutfracht 88 (Drucksache 11/785) und b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Beabsichtigte Auflösung von Tarifpunkten im Wagenladungsverkehr der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 11/857) Weiss (München) GRÜNE 2260 A Dr. Jobst CDU/CSU 2261 A Haar SPD 2261 D Kohn FDP 2262 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 2263 C Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Drucksache 11/917) und b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Drucksache 11/923) Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 2265 A Kretkowski SPD 2266 B Rauen CDU/CSU 2267 B Frau Brahmst-Rock GRÜNE 2268 B Richter FDP 2269 B IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 Zusatztagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: Menschenrechtsverletzungen in Tibet (Drucksache 11/953) Zur Geschäftsordnung: Bohl CDU/CSU 2270A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2270 B Frau Vennegerts GRÜNE 2270 C Becker (Nienberge) SPD 2270 C Fragestunde — Drucksache 11/933 vom 9. Oktober 1987 — Wertung des „Spiegel"-Berichts über den ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Barschel MdlAnfr 1, 2 09.10.87 Drs 11/933 Schily GRÜNE Antw StMin Dr. Stavenhagen BK . 2197D, 2198 D ZusFr Schily GRÜNE 2198A, 2198D ZusFr Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU 2198B, 2199B ZusFr Gansel SPD 2198B, 2199B ZusFr Heyenn SPD 2198 C ZusFr Kuhlwein SPD 2199 C ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 2199 C Überschreitung der Zahlungsziele bei Bauaufträgen an deutsche Firmen für die USStreitkräfte MdlAnfr 9, 10 09.10.87 Drs 11/933 Dr. de With SPD Antw StSekr von Loewenich BMBau . . . 2199D ZusFr Dr. de With SPD 2200 B Schily GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 2201 B Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 2201 C Nächste Sitzung 2270 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2271* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 2157 33. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 16. 10. Bahr 15. 10. Frau Beck-Oberdorf 16. 10. Bohlsen 16. 10. Brandt 16. 10. Brück 15. 10. Büchner (Speyer) * 16. 10. Dr. Dregger 15. 10. Echternach 16. 10. Dr. Ehmke (Bonn) 16. 10. Frau Fischer** 16. 10. Grüner 16. 10. Grunenberg 16. 10. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 15. 10. Heistermann 16. 10. Hillerich 16. 10. Frau Hoffmann (Soltau) 16. 10. Dr. Holtz ** 16. 10. Irmer** 16. 10. Jansen 16. 10. Jaunich 16. 10. Jung (Düsseldorf) 15. 10. Kittelmann * 16. 10. Koschnick 16. 10. *für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union **für die Teilnahme an der 78. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Krieger 16. 10. Lammert 16. 10. Frau Luuck 16. 10. Frau Dr. Martiny 16. 10. Frau Matthäus-Maier 16. 10. Dr. Müller ** 16. 10. Frau Olms** 16. 10. Paintner 16. 10. Paterna 16. 10. Petersen 16. 10. Reddemann * 16. 10. Reuschenbach 16. 10. Freiherr von Schorlemer ** 16. 10. Schröer (Mülheim) 16. 10. Frau Dr. Segall 16. 10. Dr. Soell ** 16. 10. Dr. Stercken** 16. 10. Stobbe 16. 10. Straßmeir 16. 10. Tietjen 16. 10. Frau Dr. Timm ** 16. 10. Dr. Unland 15. 10. Verheugen 16. 10. Dr. Warnke 15. 10. Dr. Warrikoff 15. 10. Weirich 16. 10. Wetzel 15. 10. Wischnewski 16. 10. Wüppesahl 16. 10. Frau Würfel 15. 10. Zywietz 16. 10.
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    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Regierungserklärung hat, so glaube ich, deutlich gemacht, daß Deutschlandpolitik wieder an Aktualität gewonnen hat — hüben und drüben. Ich hoffe, die Debatte des heutigen Vormittages wird das bestätigen.
    Herrn Kollegen Vogel ist leider zuzustimmen, wenn er selbstkritisch feststellt, daß unser parlamentarischdemokratisches System angesichts der bedrückenden Vorgänge in Schleswig-Holstein in dieser Stunde nicht gerade über besondere Strahlkraft verfügt.
    Meine Damen und Herren, dagegen ist das Thema Erfassungsstelle Salzgitter jedenfalls noch kein Thema für die Freien Demokraten. Wer Salzgitter beseitigen will, der soll erst den Schießbefehl aus der Welt bringen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, für die Lage der Nation war es dann ja wohl auch überfällig, den deutschdeutschen Dialog auf den so wichtigen Feldern Umweltschutz, Wissenschaft und Technologie und Strahlenschutz endlich zu aktivieren, wie es heute in der Regierungserklärung noch einmal präsentiert werden konnte. Im übrigen, so meinen wir, gibt uns der Dreiklang Friedenssicherung, menschliche Begegnungen und wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie stärkere Internationalisierung der deutschen Frage die Aufgaben vor, denen wir uns miteinander zu stellen haben.
    Im Dialog zwischen Ost und West unterstützen wir — über den sich abzeichnenden Vertrag über die Beseitigung der Mittelstreckenwaffen hinaus — alle Vereinbarungen, die unter Wahrung unserer Sicherheitsinteressen die militärischen Potentiale beiderseitig verringern. Ich frage aber die SPD, ob sie durch ihre Flut von Anträgen zu diesem Thema der Sache nun wirklich noch dient

    (Dr. Vogel [SPD] und Jungmann [SPD]: Es ist einer, Pershing!)

    oder ob sie, was ja auch verständlich ist, daraus nur politisches Kapital schlagen will, dabei dann aber letztlich doch die Interessen der Bundesrepublik im Bündnis aufs Spiel setzt.
    Meine Damen und Herren, was nun die Kontakte zur Volkskammer angeht, so ist die FDP-Fraktion schon seit langem dafür eingetreten,

    (Dr. Vogel [SPD]: Herr Lintner hinkt noch hinterher!)

    Beziehungen zwischen dem Bundestag und der Volkskammer in der Art aufzunehmen, wie es in der Interparlamentarischen Union üblich ist. Allerdings muß die DDR die gleichberechtigte Behandlung aller Mitglieder des Bundestages, also auch der Berliner, sicherstellen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Und da sich der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU zu diesem Thema in gleicher Weise geäußert hat, können wir, so hoffe ich, erwarten, daß der vorliegende Antrag im Ausschuß Übereinstimmung finden wird.
    Mit dem Antrag zum Thema „Gemischte Wirtschaftskommission" knüpft die SPD an ein gemeinsames Votum des Innerdeutschen Ausschusses an. Denn dort waren wir bereits vor einer Woche darüber einig,

    (Dr. Vogel [SPD]: Wir schon in Berlin!)

    daß eine gemischte Wirtschaftskommission auf der Grundlage des geltenden Rechts arbeiten muß und daß die Rolle Berlins mit der Treuhandstelle für den Interzonenhandel nicht geschmälert werden darf und Berlin Tagungsort bleiben muß.

    (Zuruf von der SPD: Okay!)

    Wenn uns von „grünen" Politikern die Anerkennung der deutschen Teilung als deutscher Friedensbeitrag angepriesen wird, dann ist das eine Lösung, die Deutschlandpolitik pervertieren würde.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Die Machthaber in der DDR und in der kommunistischen Welt würden frohlocken; die Menschen in Ost und West aber wären schockiert.

    (Beifall des Abg. Kittelmann [CDU/CSU])

    Wer das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen so mit Füßen tritt, wird keinen Frieden stiften, sondern nur schädliche Irritationen hervorrufen.

    (Beifall des Abg. Dr. Mechtersheimer [GRÜNE])

    Heute vor 20 Jahren, fast auf den Tag genau, nämlich am 13. Oktober 1967, erklärte Herbert Wehner im Anschluß an eine Regierungserklärung des damaligen Außenministers Willy Brandt: „Solange die Bundesregierung auf deutschem Boden die einzige Regierung ist, die frei, rechtmäßig und demokratisch gewählt ist, kann sie sich der Pflicht nicht entziehen,



    Hoppe
    auch für die Deutschen zu sprechen, die ihren eigenen Willen nicht frei geltend machen können". Gemeint war dabei nicht die Bevormundung unserer Landsleute. Vielmehr ging es darum, Deutschlandpolitik als Ausdruck der gesamtdeutschen Verantwortung zu verstehen.
    Heute nun, 20 Jahre später, meinen manche, mit dem Honecker-Besuch habe die Bundesregierung eben von dieser Verantwortung für alle Deutschen Abschied genommen; der Besuch habe die Teilung vertieft.
    Aber wir haben uns mit dem Besuch keineswegs von der gesamtdeutschen Verantwortung distanziert. Im Gegenteil. Es wurden in der praktischen Politik Möglichkeiten eröffnet, daß mehr Menschen in Deutschland zueinander kommen können und daß das Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen gestärkt wird.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Daß das mit dem Besuch verfolgte Ziel auch mit dem Gewinn an Status, Prestige und Stabilität der DDRFührung verbunden war, haben wir im Interesse der Menschen in beiden deutschen Staaten in Kauf genommen.
    Und so hat der Besuch die Chancen für die Fortsetzung des deutsch-deutschen Dialogs verbessert. Er ist ein Wechsel auf die Zukunft, den es jetzt einzulösen gilt.
    Der gute Wille der DDR steht auf dem Prüfstand. Sie hat jetzt den Vertrauensvorschuß zu rechtfertigen, den die Bundesregierung ihr entgegengebracht hat.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Aber der Honecker-Besuch hat auch wieder einmal gezeigt, in welchem Spannungsfeld Deutschlandpolitik heute und in absehbarer Zukunft gestaltet werden muß. Sie bleibt eingebettet in eine Politik zwischen Washington und Moskau. Sie bedarf, um erfolgreich zu sein, der Unterstützung durch unsere westlichen Freunde und auf seiten der DDR der Absicherung durch die Sowjetunion.
    Das Ziel unserer Deutschlandpolitik bleibt, wie Egon Bahr schon 1970 anläßlich der Unterzeichnung des Moskauer Vertrages mit großer Klarheit und Bestimmtheit formuliert hat, „unverändert die staatliche Einheit und die freie Selbstbestimmung". „Der Versöhnung mit den Völkern des Westens kann" — so Egon Bahr damals — „eine Aussöhnung mit den Völkern des Ostens nur folgen, wenn dem deutschen Volk das Ziel seiner Einheit nicht versperrt wird. Anders würde an die Stelle des alten Mißtrauens ein neues gesetzt."
    Meine Damen und Herren, nichts ist für unsere Deutschland- und Berlinpolitik wichtiger als Standfestigkeit, Glaubwürdigkeit und Berechenbarkeit. Reden und Handeln müssen übereinstimmen, wenn unsere Politik ihre Durchsetzungsfähigkeit und Oberzeugungskraft behalten will.
    So war es nach unserer Meinung wenig überzeugend, wenn wir einerseits von Berlin als dem Prüfstein unserer Deutschlandpolitik sprechen und es andererseits nicht durchsetzen, daß Berlin in die Fortschritte bei der Entwicklung der innerdeutschen Beziehungen einbezogen wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich denke hier besonders an die von der DDR zugesagte Zwei-Tage-Besuchsregelung für Berliner.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD — Kittelmann [CDU/CSU]: Zugesagte und nicht gehaltene!)

    Was die künftigen Kontakte zwischen dem Bundestag und der Volkskammer angeht, so wäre die DDR gut beraten, wenn sie die dem jetzigen Bundestagspräsidenten zugesagte Regelung der Einbeziehung Berlins auch erfüllen würde, damit sie gegenüber dem Parlamentspräsidenten nicht wortbrüchig ist.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU — Kittelmann [CDU/CSU]: Sehr wohl!)

    Meine Damen und Herren, der Honecker-Besuch, der als neue Öffnung in den deutsch-deutschen Beziehungen verstanden wird, wäre wahrlich auch Anlaß gewesen, die Rentner endgültig vom Zwangsumtausch zu befreien, der in der Abgrenzungsphase verhängt wurde und der mit 15 DM für die Rentner immer noch fortbesteht.
    Was gilt es nun klarzustellen, wenn wir Deutschlandpolitik aktiv gestalten wollen? Wohin wollen wir gehen? Deutschlandpolitik muß ihrem Anspruch, auch Menschenrechtspolitik für Deutsche in der DDR zu sein, gerecht werden. Dazu gehört, daß sie nicht nachläßt, den Zusammenhang zwischen Friedenssicherung und Verwirklichung der Menschenrechte darzustellen. Menschliche Begegnungen und Kontakte sowie spürbare Verbesserungen im Reiseverkehr bleiben für uns die zentralen Punkte der Beziehungen zur DDR.
    Die DDR ist aufgefordert, die im gemeinsamen Kommuniqué getroffenen Abreden gerade in diesem Bereich zügig umzusetzen.
    Aber auch die Bundesregierung muß gegenüber der DDR deutlich machen, wo unsere Prioritäten liegen und was es nunmehr zügig in Angriff zu nehmen gilt.
    Jubelposen aus innenpolitischen Gründen einzunehmen ist immer wieder verlockend. Aber nur, was der DDR konsequent abverlangt wird, ist an Zugeständnissen von ihr zu erreichen. Als fördernde Mitglieder unseres freiheitlichen Systems werden sich die Machthaber in Ost-Berlin nie verstehen.
    Deshalb verlangt unsere Durchsetzungskraft immer wieder nach jener Gemeinsamkeit, die wir im Jahre 1984 in so erfreulicher Weise zwischen SPD, CDU, CSU und FDP herstellen konnten.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Im Moment habe ich allerdings den Eindruck, als liefe die Opposition manchmal vor der SED einher. Dabei kommen dann Überholmanöver zustande, die



    Hoppe
    für die Deutschlandpolitik nicht immer bekömmlich sind.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/CSU)

    Um der Zementierung der Teilung erfolgreich entgegenzuwirken, müssen wir stärker als bisher die Europapolitik in unsere deutschlandpolitischen Überlegungen einbeziehen.

    (Beifall bei der FDP)

    Wenn wir die unnatürliche Teilung Deutschlands und Europas überwinden wollen, dann müssen wir die Elemente der gesamteuropäischen Zusammenarbeit wie den KSZE-Prozeß, die europäische Integration, Abrüstung und Rüstungskontrolle mit neuer Dynamik versehen.

    (Zustimmung bei der FDP)

    In diesem Sinne sollten wir bereit sein, unsere Deutschland- und Berlinpolitik gegenüber unseren westlichen Freunden und Verbündeten transparenter zu machen. Wir sollten ihre Ziele und Inhalte ihnen gegenüber, so meine ich, noch stärker verdeutlichen.
    Meine Damen und Herren, ich habe damit für die Freien Demokraten die Aufgaben, Bindungen und Chancen angesprochen. Das ist das ABC unserer Deutschlandpolitik. Wer es richtig buchstabiert, macht Deutschlandpolitik zur Friedenspolitik.

    (Beifall bei der FDP)

    Lassen Sie mich nun abschließend noch ein Wort zu Berlin sagen. Gerade für unsere Stadt hat das neue Denken, wie es Generalsekretär Gorbatschow proklamiert, nämlich die Wechselwirkung zwischen innen-und außenpolitischer Vertrauensbildung, eine besondere Bedeutung. Dabei bleibt es dann für uns besonders wichtig, was die Parteivorsitzenden von CDU/CSU, SPD und FDP am 19. Juni 1978 gemeinsam formuliert haben:
    Die Berlin-Frage ist untrennbar mit der deutschen Frage verknüpft. Bis zu deren Lösung bleibt Berlin Ausdruck und Sinnbild der als Folge des Zweiten Weltkrieges entstandenen Trennung der Deutschen und eine Aufforderung an alle politischen Kräfte, die Teilung auf friedlichem Wege zu überwinden.
    Meine Damen und Herren, wie lang dieser Weg sein wird, weiß niemand. Wir wissen aber, daß die deutsche Teilung wider den Sinn der Geschichte ist. Deshalb werden wir sie in einem friedlichen Europa überwinden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Bundesministerin für innerdeutsche Beziehungen, Frau Dr. Wilms.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dorothee Wilms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der heutige Bericht des Bundeskanzlers macht deutlich, daß sich die Lage der Nation im geteilten Deutschland in letzter Zeit erkennbar verbessert hat. Die menschlichen Begegnungen sind häufiger und dichter geworden. Dazu haben vor allem die vermehrten Reisemöglichkeiten unserer Landsleute aus der DDR, insbesondere für jüngere Menschen, beigetragen. Wir erwarten, daß sich dieser positive Trend weiter fortsetzt und daß die DDR die dort nach wie vor vorhandenen Westkontaktverbote deutlich reduziert.
    Die bisherige Praxis der Reise- und Einreiseverbote führt zu viel menschlichem Leid, wie ich immer wieder aus Briefen erfahre. Die Bundesregierung wird sich deshalb auch künftig für einen freien Reiseverkehr ohne Verbote und Reglementierungen einsetzen.
    Ein dringendes Problem bleibt in diesem Sinne — ich wiederhole, was Kollegen vorher gesagt haben — die Zulassung von Übernachtungsmöglichkeiten bei Tagesbesuchen im Berliner Reise- und Besucherverkehr. Eine dahin gehende Regelung ist überfällig.
    Neue Perspektiven könnten sich eröffnen, wenn Tourismusreisen von Ost nach West geschaffen und von West nach Ost qualitativ verbessert werden. Die Bundesregierung schenkt diesem Thema besondere Aufmerksamkeit.
    Dies gilt vor allem aber auch für die Übersiedlungspraxis, die ohne zusätzliche Einschränkungen fortgesetzt werden muß.
    In diesem Zusammenhang wende ich mich auch an die Bürger unseres Landes mit der Bitte, die Besucher und Übersiedler aus der DDR bei uns herzlich willkommen zu heißen und sie unsere menschliche Verbundenheit als Landsleute spüren zu lassen. Mit der Erhöhung des Begrüßungsgeldes hat die Bundesregierung ein Zeichen der nationalen Solidarität gesetzt, doch entscheidend bleibt die millionenfache menschliche Solidarität zwischen den Angehörigen unseres Volkes.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Erfreuliche Entwicklungen zur Verstärkung der menschlichen Begegnungen gibt es auch durch die langsam wachsende Zahl von Städtepartnerschaften, die demnächst etwa 20 betragen wird. Angesichts der über 500 in meinem Ministerium registrierten Wünsche ist dies alles nur ein bescheidener Anfang. Aber auch er wäre vor wenigen Jahren noch unvorstellbar erschienen. Die Bundesregierung begrüßt diese Partnerschaften insbesondere dann — dies möchte ich unterstreichen — , wenn sie als eine weitere Möglichkeit der Kommunikation der Bürger und des bürgerschaftlichen Austausches gesehen und genutzt werden.
    Ich möchte ebenfalls die Fortschritte im Bereich der sportlichen Begegnungen und im Jugendaustausch erwähnen. Hier ist vor allem auch die Einbeziehung der Berliner in den Jugendtourismus hervorzuheben.
    Eine besonders positive Entwicklung weist die kulturelle Zusammenarbeit im geteilten Deutschland auf. Das im vergangenen Jahr abgeschlossene Kulturabkommen hat diesem Bereich spürbare Impulse gegeben und zu vielbeachteten Ausstellungen, Gastspielen und anderen kulturellen Ereignissen geführt. Mit Befriedigung können wir verzeichnen, daß sich



    Bundesminister Frau Dr. Wilms
    beide Seiten für die Jahre 1988 und 1989 auf etwa 100 Vorhaben verständigt haben, nahezu fünfmal soviel wie bisher. Wir sollten die identitätsstiftende Wirkung solcher kulturellen Austauschmaßnahmen für die deutsche Nation nicht unterschätzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Besuch von Generalsekretär Erich Honecker, der für viele in unserem Lande emotional schwierig zu bewältigen war, muß als Zwischenstufe auf einem langen Weg gesehen werden, der zu einem geregelten Miteinander im geteilten Deutschland führen soll, solange die Teilung selbst nicht überwunden werden kann. Der Arbeitsbesuch — das möchte ich noch einmal betonen — hat an den rechtlichen Grundlagen, den Bedingungen und Zielen unserer Deutschlandpolitik nichts verändert. Niemand hat dies unmißverständlicher klargestellt als Bundeskanzler Helmut Kohl in seiner bedeutenden Tischrede in der Redoute. Die Systemgegensätze, die unterschiedlichen nationalen Zielvorstellungen sowie die jeweiligen Bündnispflichten sind nicht verwischt oder ausgeklammert worden; sie sind öffentlich und offen dargestellt worden.
    Dies unterscheidet sich wohltuend von dem aus unserer Sicht verfehlten Ansatz des SPD/SED-Strategiepapiers zur gemeinsamen Sicherheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Honecker verwies auf das Bild von Feuer und Wasser. Wir nennen den Gegensatz zwischen freiheitlicher Demokratie und dem totalitären Herrschaftsanspruch des Kommunismus einen fundamentalen Werteunterschied, der in dem erwähnten SPD/SED-Papier verwischt wird.
    Die deutliche Markierung der unterschiedlichen Positionen dient der gegenseitigen Berechenbarkeit nach innen wie nach außen. Wir wissen: Die in der DDR Regierenden sind nicht demokratisch legitimiert, und sie sind verantwortlich für viele Verletzungen der Menschenrechte. Aber wir wissen auch, daß wir den Menschen im geteilten Deutschland nur dann wirksam helfen können, wenn wir mit denjenigen reden und verhandeln, die in der DDR die Verantwortung tragen. Ich denke, vor der Geschichte wird entscheidend sein, was wir trotz unterschiedlicher Grundpositionen und ohne Preisgabe unserer Prinzipien für unsere Nation in praktischer Hinsicht erreicht haben.

    (Zuruf von der SPD: Späte Einsicht, aber trotzdem richtig!)

    Im Vorfeld wie im Verlauf des Arbeitsbesuches von Generalsekretär Honecker sind die drei Abkommen über eine Zusammenarbeit auf den Gebieten Umwelt, Wissenschaft und Technik sowie Strahlenschutz unterschrieben worden. Wir hoffen, daß sie bald durch konkrete Projekte mit Leben erfüllt werden.
    Daß Berlin mit seinem gesamten Potential in all diese Vereinbarungen einbezogen ist, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Jede Deutschlandpolitik ist zugleich Berlin-Politik. Die Bundesregierung hat mit allem Nachdruck deutlich gemacht, daß sich die innerdeutschen Beziehungen nicht um Berlin herum entwickeln können und werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Deutschlandpolitik der Bundesregierung dient vorrangig den Menschen in Deutschland, aber auch dem Frieden in Europa. Es gilt, die Folgen der Teilung zu mildern, Spannungen abzubauen, Vertrauen aufzubauen und damit auch auf nichtmilitärische Weise den Frieden in Europa sicherer zu machen. Das umschließt auch die Verwirklichung der Menschenrechte. Wer sich zum Frieden bekennt, muß diesem Bekenntnis auch nach innen durch Fortschritte bei der Realisierung der Menschenrechte Glaubwürdigkeit verleihen.
    Diese Forderung hat allgemeine Gültigkeit. Sie gilt daher auch im Hinblick auf die Deutschen, die jenseits von Oder und Neiße, die in den Staaten Ost- und Südosteuropas leben. Ihre menschenrechtliche Lage ist besonders bedrückend. Denn sie haben nicht nur unter der Herrschaft des Kommunismus zu leiden, sondern ihnen werden darüber hinaus ihre international verbrieften Volksgruppenrechte verweigert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie sind auch vom Verlust ihrer Identität als Deutsche bedroht. Ihnen Hilfe und Beistand zu gewähren, ist deshalb ein selbstverständlicher Auftrag auch der Deutschlandpolitik der Bundesregierung und ein Gebot menschlicher Solidarität.

    (Zuruf von der CDU/CSU: In der SPD hört man davon nichts!)

    Wir streben ein Verhältnis der guten Nachbarschaft zur DDR an, in dem Bewußtsein, daß dort Deutsche leben wie hier und daß wir als Deutsche eine lange gemeinsame Geschichte hinter uns wissen, an der beide Seiten als Erben teilhaben. Das verleiht dem Verhältnis zwischen den beiden Staaten in Deutschland das Besondere, das zu leugnen sinnlos ist.
    Für Illusionen und Trugbilder bleibt jedoch kein Platz. Wir wissen, welch überragenden Stellenwert der sogenannte reale Sozialismus in der DDR für die Sowjetunion hat. Wir wissen aber auch, was wir selbst wollen, nämlich: in einem vereinten Europa in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollenden. Da steht Interesse gegen Interesse. Diese Konstellation läßt sich auch nicht einfach wegdiskutieren. Allerdings verurteilt sie auch nicht zur Immobilität. Die Interessen beider Staaten gewähren vielmehr die Möglichkeit zu einem vernünftigen Miteinander der beiden Staaten in Deutschland. Es geht darum, soviel Miteinander zum Wohle der Menschen und im Sinne der Einheit der Nation zu praktizieren, wie es die Unvereinbarkeit der Systeme zuläßt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich bin davon überzeugt, daß im langen geschichtlichen Prozeß Europas auch die staatliche Einheit der Deutschen wieder auf der Tagesordnung stehen wird. Diese Gewißheit zu bewahren und alle Entwicklungen zu fördern, die diesem Ziel dienen, ist Aufgabe der heutigen Politik. Das bedeutet Festhalten an den deutschen Rechtspositionen, Offenhalten der deutschen Frage und Förderung aller Schritte, die zur Überwindung der deutschen wie der europäischen Teilung im Geiste der Freiheit beitragen.
    Die Einheit Deutschlands in der Einheit Europas suchen, das ist eine realistische Perspektive, die, wie



    Bundesminister Frau Dr. Wilms
    Alfred Dregger zu Recht sagt, nichts aufs Spiel setzt, weder den Frieden noch unsere Freiheit noch unsere Sicherheit. Ich füge hinzu: auch nicht unsere Glaubwürdigkeit. Diese Perspektive liegt im deutschen Interesse, heute wie in der Zukunft.
    Meine Damen und Herren, ich denke, es ist wichtig, diese Grundsätze, Bedingungen und Zielsetzungen im Bewußtsein der Menschen zu verankern, hierzulande wie im internationalen Bereich. Deshalb muß Deutschlandpolitik auch ganz bewußt als Aufgabe der politischen Bildung und Forschung verstanden werden. In diesem Sinne ist auch der umfassende Vergleich der Wirtschaftssysteme in den beiden Staaten in Deutschland zu sehen, der schon im April dem Deutschen Bundestag als Materialie zum heutigen Bericht zur Lage der Nation zugeleitet wurde.
    Die Bundesregierung hat damit eine Übung der Jahre 1971 bis 1974 wiederaufgenommen. Sie mißt solchen Beiträgen unabhängiger Wissenschaftler eine große Bedeutung bei, weil sie wertvolle Orientierungshilfen geben. Wir wollen dies auch künftig weiterführen und dem Deutschen Bundestag von Zeit zu Zeit wissenschaftlich aufbereitete Materialien zum Fakten- und Systemvergleich auch anderer wichtiger Lebensbereiche vorlegen.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung der Deutschlandforschung hervorheben. Neben der DDR-Forschung und dem innerdeutschen Vergleich ist der Ausbau derjenigen Forschungsbereiche unerläßlich, die sich mit den historischen, zeitgeschichtlichen, rechtlichen und europapolitischen Zusammenhängen der deutschen Frage befassen. Deutschlandforschung ist für die Zukunftsaussichten der freiheitlichen Demokratie in ganz Deutschland und in ganz Europa und für die Überwindung der Teilung lebenswichtig.
    Wir beabsichtigen, in angemessener Kooperation mit Vertretern von Forschung und Lehre deutschlandpolitisch relevante Fragen vermehrt zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung zu machen. Hier wie in der deutschlandpolitischen Bildungsarbeit geht es darum, Kenntnisse über die Sachverhalte und Probleme im geteilten Deutschland zu vermitteln und das Bewußtsein von der Zusammengehörigkeit der Deutschen wachzuhalten. Dies richtet sich insbesondere an die junge Generation, deren Fragen nach der deutschen Identität, nach der Rolle Deutschlands in Geschichte, Gegenwart und Zukunft wir beantworten müssen, damit sie nicht andere beantworten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese Bildungsaufgabe ist selbstverständlich nicht allein Sache des Bundes, sondern hauptsächlich der Länder. Wir sind hier zur Kooperation bereit und rechnen unsererseits auf die Kooperationsbereitschaft der Länder.
    Ein besonders effektives Mittel der deutschlandpolitischen Bildungsarbeit ist die eigene Anschauung. Deshalb fördert das Ministerium auch ganz gezielt Fahrten von Jugendlichen in die DDR und nach Ost-Berlin. Im vergangenen Jahr nahmen fast 68 000 junge Menschen an solchen Fahrten teil.
    Meine Damen und Herren, aber nicht nur nach innen, sondern ebenso nach außen muß deutschlandpolitische Bildungsarbeit geleistet werden. Die offene deutsche Frage, die Probleme der Teilung unseres Vaterlandes sind Themen der internationalen Politik und müssen es bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Gerade weil hin und wieder auch im westlichen Ausland eine gewisse Zurückhaltung gegenüber der deutschen Frage spürbar wird und Erkundigungen über deutschlandpolitische Absichten laut werden, sollten unsere deutschlandpolitische Konzeption und Handlungsweise im internationalen Bereich verstärkt thematisiert und erläutert werden.
    Mein Ministerium hat deshalb einen Schwerpunkt der Bildungsarbeit in der Information von Ausländern gesetzt. Das Angebot umfaßt beispielsweise deutschlandpolitische Bildungsveranstaltungen für Ausländer, Seminare für Betreuer ausländischer Besucher, fremdsprachliche Publikationen oder auch die deutschlandpolitische Information der bei uns akkreditierten Botschafter.
    Ich denke, wir sollten für diese wichtige Auslandsarbeit alle verfügbaren Einrichtungen und Möglichkeiten nutzen, selbstverständlich auch unsere Botschaften. Aber etwa auch unsere Goethe-Institute könnten sich dieser Thematik annehmen.
    Unsere Botschaft an das Ausland muß dabei klar und unmißverständlich sein: Isolierte Lösungen, deutsche Sonderwege, womöglich in den Neutralismus, stehen nicht zur Debatte. Wir streben eine politische Lösung der deutschen Frage im Rahmen eines gesamteuropäischen Prozesses gemeinsam mit unseren Nachbarn an. Der Weg zur deutschen Einheit geht über Freiheit und Selbstbestimmung. Dies sind klare Maßstäbe, die unsere Deutschlandpolitik berechenbar machen, nach innen wie nach außen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)