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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/33 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 33. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2157 A Tagesordnungspunkt 2: a) Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland und b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987 (Drucksache 11/11) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation (Drucksache 11/943) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Beziehungen zwischen dem Deutschen Bundestag und der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 11/950) Dr. Kohl, Bundeskanzler 2158B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (zur GO) . 2166A Seiters CDU/CSU (zur GO) 2166B Frau Vennegerts GRÜNE (zur GO) . . . 2166C Dr. Vogel SPD 2166D Lintner CDU/CSU 2172 C Frau Hensel GRÜNE 2175A Hoppe FDP 2178 B Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 2180 B Dr. Schmude SPD 2182D Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 2185 C Dr. Mitzscherling SPD 2188 D Dr. Czaja CDU/CSU 2190 B Dr. Knabe GRÜNE 2191 D Genscher, Bundesminister AA 2193 A Büchler (Hof) SPD 2194 A Namentliche Abstimmungen 2197 B Ergebnisse 2201C, 2203A, 2204 D Tagesordnungspunkt 3: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 25. März 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und St. Vincent und den Grenadinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/358, 11/854) 2206B Tagesordnungspunkt 4: Zweite Beratung und Schlußabstimmmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. April 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Bulgarien über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/359, 11/855) . . 2206 B Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 26. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 11/886) 2206 C Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 4. bis 8. Mai 1987 in Straßburg (Drucksache 11/478) 2206 D Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Sondersitzung der Versammlung der Westeuropäischen Union am 27. und 28. April 1987 in Luxemburg (Drucksache 11/552) 2206 D Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Unterrichtung durch die Delegation der Interparlamentarischen Gruppe der Bundesrepublik Deutschland über die 77. Interparlamentarische Konferenz vom 27. April bis 2. Mai 1987 in Managua/Nicaragua (Drucksache 11/607) 2206 D Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Plenarsitzung der Nordatlantischen Versammlung am 25. Mai 1987 in Quebec/Kanada (Drucksache 11/637) 2207 A Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1987 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung (einschließlich der Bemerkungen zur Jahresrechnung des Bundes 1985) (Drucksache 11/872) 2207 A Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung über den Beitrag der Genossenschaften zur Regionalentwicklung (Drucksache 11/705) . . . . 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Amtszeit der Jugendvertretungen in den Betrieben (Drucksache 11/948) 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausweitung der Rechte der Jugendvertretungen und zur Weiterentwicklung in Jugend- und Auszubildendenvertretungen (Drucksache 11/955) 2207 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Strategie des Europäischen Parlaments im Hinblick auf die Gründung der Europäischen Union (Drucksache 11/594) 2207 B Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhanger (Drucksachen 11/138 Nr. 3.149, 11/495) 2207 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fünfte Richtlinie des Rates zur Anpassung des Anhangs III der Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel an den technischen Fortschritt — KOM (87) 156 endg. — (Drucksachen 11/339 Nr. 2.7, 11/959) 2207 C Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Sammelübersicht 24 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/907) 2207 D Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages (Drucksache 11/926) 2208 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung der Sammelübersicht 9 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/242) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung der Sammelübersicht 12 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/325) Frau Seuster SPD 2208 B Haungs CDU/CSU 2209 A Frau Nickels GRÜNE 2209 D Frau Dr. Segall FDP 2210B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstau, den 15. Oktober 1987 III Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung der Sammelübersicht 23 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache. 11/810) 2211A Zusatztagesordnungspunkt 12: Aktuelle Stunde betr. Auswirkungen der Beschlüsse der Koalition auf Steuergerechtigkeit, Staatsfinanzen und den Arbeitsmarkt sowie Äußerungen der SPD über die Steuerreform im Vergleich zu den getroffenen Finanzierungsentscheidungen Dr. Spöri SPD 2211B Dr. Solms FDP 2212A Kleinert (Marburg) GRÜNE 2213 A Glos CDU/CSU 2214B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2215B Dr. Apel SPD 2217 A Gattermann FDP 2218A Sellin GRÜNE 2219B Frau Will-Feld CDU/CSU 2219D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 2220 C Dr. Jens SPD 2222 B Scharrenbroich CDU/CSU 2223 A Huonker SPD 2224 B Uldall CDU/CSU 2225 B Dr. Neuling CDU/CSU 2226 A Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Haushaltspolitische Konsequenzen für den Bundeshaushalt 1987 — Ergänzung des Haushaltsentwurfs 1988 — Überarbeitung der Finanzplanung bis 1991 — (Drucksache 11/783) Frau Simonis SPD 2227 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 2229 B Frau Vennegerts GRÜNE 2232A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 2234 B Esters SPD 2235 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2236 D Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hauchler, Bindig, Bernrath, Brück, Großmann, Dr. Holtz, Frau Luuk, Frau Dr. Niehuis, Schluckebier, Schanz, Toetemeyer, Frau Matthäus-Maier, Dr. Mitzscherling, Oostergetelo, Dr. Wieczorek, Koschnick, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Zukunftsprogramm Dritte Welt (Drucksache 11/828) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Zukunftsprogramm Eine Welt (Drucksache 11/941) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU und der FDP: Ernährungssicherung in Hungerregionen (Drucksache 11/946) Dr. Hauchler SPD 2240 D Dr. Pinger CDU/CSU 2242 C Frau Eid GRÜNE 2243 D Frau Folz-Steinacker FDP 2245 D Bindig SPD 2248 A Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ . . 2249 C Dr. Wieczorek SPD 2252 D Schreiber CDU/CSU 2254 D Toetemeyer SPD 2256 A Repnik CDU/CSU 2257 C Tagesordnungspunkt 17: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Stückgutfracht 88 (Drucksache 11/785) und b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Beabsichtigte Auflösung von Tarifpunkten im Wagenladungsverkehr der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 11/857) Weiss (München) GRÜNE 2260 A Dr. Jobst CDU/CSU 2261 A Haar SPD 2261 D Kohn FDP 2262 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 2263 C Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Drucksache 11/917) und b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Drucksache 11/923) Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 2265 A Kretkowski SPD 2266 B Rauen CDU/CSU 2267 B Frau Brahmst-Rock GRÜNE 2268 B Richter FDP 2269 B IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 Zusatztagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: Menschenrechtsverletzungen in Tibet (Drucksache 11/953) Zur Geschäftsordnung: Bohl CDU/CSU 2270A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2270 B Frau Vennegerts GRÜNE 2270 C Becker (Nienberge) SPD 2270 C Fragestunde — Drucksache 11/933 vom 9. Oktober 1987 — Wertung des „Spiegel"-Berichts über den ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Barschel MdlAnfr 1, 2 09.10.87 Drs 11/933 Schily GRÜNE Antw StMin Dr. Stavenhagen BK . 2197D, 2198 D ZusFr Schily GRÜNE 2198A, 2198D ZusFr Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU 2198B, 2199B ZusFr Gansel SPD 2198B, 2199B ZusFr Heyenn SPD 2198 C ZusFr Kuhlwein SPD 2199 C ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 2199 C Überschreitung der Zahlungsziele bei Bauaufträgen an deutsche Firmen für die USStreitkräfte MdlAnfr 9, 10 09.10.87 Drs 11/933 Dr. de With SPD Antw StSekr von Loewenich BMBau . . . 2199D ZusFr Dr. de With SPD 2200 B Schily GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 2201 B Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 2201 C Nächste Sitzung 2270 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2271* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1987 2157 33. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 16. 10. Bahr 15. 10. Frau Beck-Oberdorf 16. 10. Bohlsen 16. 10. Brandt 16. 10. Brück 15. 10. Büchner (Speyer) * 16. 10. Dr. Dregger 15. 10. Echternach 16. 10. Dr. Ehmke (Bonn) 16. 10. Frau Fischer** 16. 10. Grüner 16. 10. Grunenberg 16. 10. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 15. 10. Heistermann 16. 10. Hillerich 16. 10. Frau Hoffmann (Soltau) 16. 10. Dr. Holtz ** 16. 10. Irmer** 16. 10. Jansen 16. 10. Jaunich 16. 10. Jung (Düsseldorf) 15. 10. Kittelmann * 16. 10. Koschnick 16. 10. *für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union **für die Teilnahme an der 78. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Krieger 16. 10. Lammert 16. 10. Frau Luuck 16. 10. Frau Dr. Martiny 16. 10. Frau Matthäus-Maier 16. 10. Dr. Müller ** 16. 10. Frau Olms** 16. 10. Paintner 16. 10. Paterna 16. 10. Petersen 16. 10. Reddemann * 16. 10. Reuschenbach 16. 10. Freiherr von Schorlemer ** 16. 10. Schröer (Mülheim) 16. 10. Frau Dr. Segall 16. 10. Dr. Soell ** 16. 10. Dr. Stercken** 16. 10. Stobbe 16. 10. Straßmeir 16. 10. Tietjen 16. 10. Frau Dr. Timm ** 16. 10. Dr. Unland 15. 10. Verheugen 16. 10. Dr. Warnke 15. 10. Dr. Warrikoff 15. 10. Weirich 16. 10. Wetzel 15. 10. Wischnewski 16. 10. Wüppesahl 16. 10. Frau Würfel 15. 10. Zywietz 16. 10.
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    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Jahr erstattet die Bundesregierung ihren Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland vor dem Hintergrund zweier herausragender Ereignisse, die die Menschen in Deutschland besonders bewegt haben. Dies waren der Arbeitsbesuch von Generalsekretär Honecker in der Bundesrepublik Deutschland und die grundsätzliche Verständigung zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion über die weltweite Beseitigung ihrer nuklearen Mittelstreckenflugkörper.
    Nicht zufällig treffen beide Ereignisse zeitlich zusammen: In ihnen kommt der gegenwärtige Stand der West-Ost-Beziehungen, die gerade für uns Deutsche so wichtig sind, ganz besonders deutlich zum Ausdruck.
    Diese Beziehungen, meine Damen und Herren, haben mittlerweile eine Dynamik entwickelt, die noch vor wenigen Jahren viele als Utopie abgetan haben. Heute erwarten wir mit gutem Grund, daß die gegenwärtige Entwicklung zum Besseren auch in Zukunft anhalten wird — zum Wohl der Deutschen, zum Wohl der Europäer, zum Wohl aller Menschen.
    Die Bundesregierung kann sich zugute halten, dazu ganz maßgeblich beigetragen zu haben: durch eine klare und berechenbare Außen- und Deutschlandpolitik, durch ihr eindeutiges Bekenntnis zur Wertegemeinschaft des Westens, durch Geschlossenheit und engste Abstimmung im Bündnis, durch Standfestigkeit bei der Durchführung seiner Beschlüsse und durch ihre Bereitschaft, auf der Grundlage gesicherter Verteidigungsfähigkeit Dialog und Zusammenarbeit mit unseren östlichen und südöstlichen Nachbarn auf allen Feldern der Politik auszubauen.
    Nicht Willfährigkeit, falsche Nachgiebigkeit und Kurzatmigkeit bestimmen unseren Kurs. Vielmehr vertreten wir nüchtern und zielstrebig deutsche und auch gesamtwestliche Interessen. Dies ist eine auch von der anderen Seite anerkannte Voraussetzung für dauerhafte Zusammenarbeit zum gemeinsamen Vorteil.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wir verschleiern nicht die politischen Gegensätze zwischen Ost und West, und wir spielen sie auch nicht herunter. Wo die Standpunkte unvereinbar sind, sagen wir das ohne Umschweife. Dies gilt für unsere Position zur offenen deutschen Frage; dies gilt ebenso für unser Bekenntnis zur unantastbaren Würde jedes Menschen und zum unveräußerlichen Recht aller Völker auf Selbstbestimmung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Bundesregierung bekräftigt erneut hier vor dem Deutschen Bundestag die geschichtlichen, rechtlichen und politischen Grundlagen ihrer Deutschlandpolitik, die sie in ihren früheren Berichten zur Lage der Nation im geteilten Deutschland sowie in den Regierungserklärungen vom 4. Mai 1983 und vom 18. März 1987 erläutert hat.
    Erstens. Unsere Deutschlandpolitik ist Dienst an der Einheit der Nation und an der Freiheit ihrer Menschen. Die Einheit der Nation soll und muß sich zuallererst in der Freiheit ihrer Menschen erfüllen. Das Grundgesetz fordert das gesamte deutsche Volk auf, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. An diesem Auftrag halten wir selbstverständlich fest,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    weil er unserer Überzeugung, weil er dem Wunsch und Willen der Menschen in Deutschland entspricht. Dabei ist Freiheit Bedingung der Einheit; sie kann nicht ihr Preis sein.
    Das Verlangen nach Freiheit und Selbstbestimmung ist unzerstörbar. Es verbindet die deutsche Nation mit allen Völkern Europas und der Welt. Denn es ist Teil der menschlichen Natur.
    Zweitens. Wegweisend für unsere Deutschlandpolitik sind Achtung und Schutz der Menschenrechte. Sie sind — wie Art. 1 unseres Grundgesetzes feststellt —„Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt".
    Im vergangenen Monat feierten unsere amerikanischen Freunde das 200jährige Jubiläum ihrer Verfassung. In Europa wirkte dieses Dokument, zusammen mit der Unabhängigkeitserklärung von 1776, als Initialzündung für die Ausbreitung demokratischer Ideen. Es ist kein Zufall, daß wir bereits in zwei Jahren



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    auch das 200. Jubiläum der Französischen Revolution begehen können. Die Ideale, die der amerikanischen Verfassung zugrunde lagen, veränderten das Gesicht Europas und über Europa das Gesicht der Welt.
    Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß der Siegeszug der Freiheit — trotz aller Rückschläge — weitergehen wird. Es ist der Siegeszug einer Idee, deren unwiderstehliche Macht eben nicht auf Waffengewalt beruht, sondern auf einer tiefverwurzelten Sehnsucht aller Menschen.
    Uns liegen die Menschen- und Freiheitsrechte unserer Landsleute in Mittel-, Ost- und Südosteuropa in ganz besonderem Maße am Herzen. Ich habe dies in der Regierungserklärung vom 18. März dieses Jahres unterstrichen und hinzugefügt: „Unser Kriterium für echte Fortschritte in den West-Ost-Beziehungen ist und bleibt die Lage der Menschen in unserem geteilten Volk und auf unserem Kontinent."
    Dabei bleibt es: Auch künftig werden wir uns für die elementaren Rechte der Deutschen und Deutschstämmigen einsetzen, für ihr Recht, ihre kulturelle und sprachliche Identität zu wahren und — wenn sie dies wünschen — ungehindert zu uns auszureisen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Unsere jüngst getroffenen Vereinbarungen mit Ungarn dürfen kein Einzelfall bleiben. Wir begrüßen besonders, daß aus der Sowjetunion in diesem Jahr bisher mehr Menschen deutscher Nationalität zu uns ausreisen konnten, als dies in früheren Jahren der Fall war.
    Drittens. Unsere Deutschlandpolitik ist Bekenntnis zur Kontinuität unserer langen, wechselvollen und eben auch fortdauernden Geschichte. Wir haben die Zuversicht, daß die deutsche Frage, wann immer dies sein wird, wieder auf die Tagesordnung der Weltgeschichte kommen wird. Die deutsche Frage bleibt historisch, aber auch rechtlich und politisch offen.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir achten die bestehenden Grenzen, aber die Teilung Deutschlands und Europas wollen wir überwinden: auf dem Weg friedlicher Verständigung und in Freiheit sowie im Einvernehmen mit allen unseren Nachbarn.
    Viertens. Unsere Deutschlandpolitik ist Dienst am Zusammenhalt aller Deutschen. Die gegenwärtige Lage der Nation kann und wird auch deshalb keinen Bestand haben, weil sich die Menschen in Deutschland mit der Trennung nicht abfinden werden. Sie leiden an einer Mauer, die ihnen buchstäblich im Wege steht und die sie abstößt. Sie wollen zueinanderkommen können, weil sie zusammengehören.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Auch durch die Deutschlandpolitik der von mir geführten Bundesregierung ist dieses Zusammengehörigkeitsgefühl — nicht zuletzt in den vergangenen Wochen und Monaten — gestärkt worden.
    Viele hatten dem Besuch von Generalsekretär Honecker mit zwiespältigen Gefühlen entgegengesehen. Das war verständlich und wurde besonders stark in jenem Augenblick empfunden, in dem ich Generalsekretär Honecker in Bonn begrüßte. Viele spürten tiefes Unbehagen, ja es schmerzte sie.
    Viele fragten sich, ob der Besuch nicht die Teilung unseres Vaterlandes verliefen werde, aber sie waren auch irritiert durch jene Stimmen, die uns scheinbar wohlmeinend davon abrieten, Themen wie Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl offen anzusprechen.
    Zugleich empfanden sie neue Hoffnung: Hoffnung auf Fortschritte zum Wohle der Menschen, auf Fortschritte in der politischen Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten in Deutschland, auf Fortschritte im West-Ost-Dialog insgesamt.
    Heute, meine Damen und Herren, wissen wir, daß die Hoffnungen nicht getrogen haben und daß — das glaube ich — die Sorgen unbegründet gewesen sind. Für Millionen von Deutschen, die am Abend des 7. September die Tischreden in der Bad Godesberger Redoute am Bildschirm mitverfolgen konnten, ist offensichtlich geworden: Begegnungen wie die zwischen Generalsekretär Honecker und mir in meiner Eigenschaft als Bundeskanzler sind etwas fundamental anderes als Begegnungen zwischen Vertretern verschiedener Nationen. Dieser Besuch hatte eine besondere menschliche und politische Dimension.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Künftige Generationen der Deutschen werden uns danach beurteilen, wie wir unter schwierigen Gegebenheiten mit den praktischen und den moralischen Aufgaben fertiggeworden sind, die uns die Teilung und die Sorge um den Frieden stellen. Wir dürfen keine Chance auslassen, die Zusammengehörigkeit der Deutschen zu stärken.
    Bei unseren Landsleuten in der DDR — wir wissen dies — sind neue Hoffnungen entstanden, und sie erwarten von den Verantwortlichen in der DDR, daß sie diese Hoffnungen nicht enttäuschen.
    Ich denke hier vor allem an die immer noch steigende Zahl der Besuche aus der DDR. 1987 könnten es nach den Angaben der DDR insgesamt 5 Millionen sein, darunter über 1 Million Reisen in dringenden Familienangelegenheiten, also von Besuchern unterhalb des Rentenalters. Das ist im Vergleich zu den 50 000 Reisenden in Familienangelegenheiten, die 1982 zu uns kommen durften, ein gewaltiger Schritt nach vorn.
    Für mich, meine Damen und Herren, ist diese Entwicklung der bisher wichtigste Erfolg unserer Deutschlandpolitik:

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie entspricht dem ungebrochenen Verlangen der Deutschen, zueinanderzukommen. Damit öffnet sie das Tor zu mehr menschlichem Miteinander in Deutschland und stiftet auch von Mensch zu Mensch ein Stück Frieden. Sie macht ganz konkret erfahrbar, daß wir Deutschen zueinandergehören, und damit stärkt sie das Bewußtsein für die Einheit der Nation.
    Die meisten von uns haben persönliche Erfahrungen mit Landsleuten sammeln können, die aus der DDR zu uns kommen. Oft sind es Jüngere, die sich zum erstenmal in ihrem Leben bei uns aufhalten. Ich



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    selbst weiß aus zahlreichen Gesprächen, wieviel das für die Menschen in Deutschland bedeutet.
    Es geht diesen Landsleuten vor allem auch um die Chance, zusammen mit uns Gemeinsamkeit zu erleben: eine Gemeinsamkeit, die aus den nie versiegenden Quellen von Sprache, Kultur und Geschichte schöpft.
    Das Zusammengehörigkeitsgefühl wird aber nicht nur gestärkt bei den Landsleuten, die uns besuchen. Wer Berichte aus der DDR darüber erhalten kann — aus Familien, aus Kirchengemeinden, aus Betrieben oder aus anderen Lebensbereichen — , der weiß: Die Besucher vermitteln dieses Gefühl und ihre Eindrücke weiter an jene, die nicht — oder noch nicht — zu uns kommen können.
    Wir streben weitere Fortschritte zum Wohle der Menschen an, ohne in grundsätzlichen Fragen Abstriche zu machen. Beides ist richtig und notwendig. Nur indem wir beides miteinander verbinden, dienen wir gleichermaßen der Einheit der Nation wie auch den Menschen in Deutschland.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Herr Präsident, meine Damen und Herren, Voraussetzung für erfolgversprechende Deutschlandpolitik ist die feste Verankerung unserer Bundesrepublik Deutschland in der Wertegemeinschaft des Westens. Unser Bekenntnis zu Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit steht außer jedem Zweifel. Daher hat die Stimme der Bundesrepublik Deutschland Gewicht in Ost und West.
    Wir unterscheiden klar zwischen der Zusammenarbeit von Staaten und der Suche nach Gemeinsamkeit auf der Ebene von Grundwerten. Wir wollen praktische Zusammenarbeit zum beiderseitigen Vorteil und zum Wohle der Menschen. Aber eine Gemeinsamkeit im Geiste mit den Gegnern von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit lehnen wir entschieden ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Generalsekretär Honecker hat in seiner Tischrede vom 7. September hier in Bonn betont — ich zitiere —, „daß Sozialismus und Kapitalismus sich ebensowenig vereinigen lassen wie Feuer und Wasser."
    Ich kann dieser Feststellung nur zustimmen. Freiheitliche Demokratie und kommunistische Diktatur sind in der Tat unvereinbar.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Für uns gilt nach wie vor, was Konrad Adenauer am 5. Mai 1955, dem Tag der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland, erklärt hat:
    Es gibt für uns in der Welt nur einen Platz: an der Seite der freien Völker. Unser Ziel: in einem freien und geeinten Europa ein freies und geeintes Deutschland.
    Meine Damen und Herren, deshalb treten wir entschieden allen Illusionen entgegen, wir könnten unser nationales Problem unabhängig vom West-Ost-Konflikt lösen. Wir wenden uns auch gegen jene modischen Gedankenexperimente um eine Sonderstellung Mitteleuropas, die in die gleiche Richtung gehen. Bei allem, was die Völker im mitteleuropäischen Raum historisch und kulturell verbinden mag, darf aus diesem Begriff — wie Joseph Rovan es treffend formuliert hat — keine „gefährliche Sprengladung gegen die politische Integration des Europas der Freiheit" werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Porzner [SPD])

    Die Freiheit der Deutschen — derjenigen, die sie schon haben, und derjenigen, die sie noch nicht haben — ist der westlichen Wertegemeinschaft anvertraut, und wie wir uns auf die Solidarität der freien Völker verlassen, so können diese auch uns vertrauen.
    Mit den Pariser Verträgen haben wir unser Bekenntnis zur Gemeinschaft des Westens auf Dauer festgeschrieben. Umgekehrt haben sich aber auch die Drei Mächte, unsere wichtigsten Bündnispartner, auf das Ziel der Einheit Deutschlands in Freiheit verpflichtet.
    Diese wechselseitige Solidarität ist die Frucht geschichtlicher Erfahrung und eines gemeinsamen Werteverständnisses, aber auch ein Gebot wohlverstandenen Eigeninteresses aller beteiligten Partner. Wer die deutsche Frage wie ein lästiges Problem beiseite schieben will, der muß wissen: Es stehen andere bereit, sich dieses Themas zu bemächtigen — zu Lasten westlicher Interessen, zu Lasten von Freiheit und Selbstbestimmung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es bleibt das Ziel der Politik des Westens, den Ost-West-Konflikt in einer dauerhaften, übergreifenden europäischen Friedensordnung aufzuheben, einer Friedensordnung, in der die Grundfreiheiten für alle Völker Europas, auch für die deutsche Nation, ungeteilt und ungeschmälert verwirklicht sind. Wir wollen, daß alle Europäer und alle Deutschen in Freiheit zueinander finden. Dafür wollen wir besonders auch die Chancen des KSZE-Prozesses nutzen.
    Eine frühe Verpflichtung auf das Ziel der europäischen Einheit in Freiheit stammt von unseren Heimatvertriebenen und Flüchtlingen. Die Stuttgarter Charta der Vertriebenen — 1950 beschlossen — mit ihrem feierlichen Bekenntnis zur Idee eines freien und geeinten Europa, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können, wird auch heute noch viel zuwenig in ihrer historischen Tragweite gewürdigt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Gerade die Vertriebenen und Flüchtlinge verdienen unser aller Dank und Anerkennung. Ihre großen Verdienste beim Aufbau der Bundesrepublik Deutschland bleiben uns gegenwärtig. Wir betrachten es als unsere nationale Aufgabe, ihr kulturelles Erbe zu erhalten und zu pflegen.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Grundfreiheiten des Menschen sind unveräußerliche Rechte. Sie werden nicht erst durch einen jederzeit widerruflichen Akt staatlichen Ermessens begründet.



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    Wir sind uns bewußt, daß menschliche Erleichterungen und Menschenrechte nicht dasselbe sind.
    Es wäre jedoch verantwortungslos, menschliche Erleichterungen geringzuachten. Solange die Deutschen voneinander getrennt sind, ist es Aufgabe unserer Politik, die schmerzlichen Folgen der Teilung unseres Vaterlandes zu lindern, das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit aller Deutschen zu stärken, Verbindendes zu erhalten und neue Gemeinsamkeiten zwischen ihnen zu stiften. Im Mittelpunkt steht dabei unser Bemühen, Begegnungen in wachsender Zahl und Intensität zwischen den Menschen in beiden Staaten in Deutschland zu ermöglichen.
    Ich habe bereits erwähnt, daß ich die Entwicklung bei den Besuchen aus der DDR, namentlich mit Blick auf Reisende unterhalb des Rentenalters, für den bisher größten Erfolg unserer Deutschlandpolitik halte. Wir können hier von einem Durchbruch sprechen.
    Auch auf anderen Gebieten ist es uns gelungen, die innerdeutsche Grenze durchlässiger zu machen. Doch werden wir uns im Interesse der Menschen mit dem Erreichten nicht zufriedengeben: Es bleibt das Ziel der Bundesregierung, daß alle Deutschen frei und ungehindert reisen können. Deutsche sollen einander begegnen können, wann und wo immer sie es wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD sowie des Abg. Dr. Knabe [GRÜNE])

    Die Bundesregierung hat das Ihre zur Erleichterung des innerdeutschen Reiseverkehrs getan. Die Verkehrsminister beider Staaten in Deutschland haben vereinbart, die Eisenbahntarife für Reisen zwischen beiden Staaten und im Transitverkehr von und nach Berlin zu ermäßigen. Rentner und Reisende in dringenden Familienangelegenheiten aus der DDR sowie Inhaber von Senioren- und Familienpässen aus der Bundesrepublik Deutschland zahlen ab 1. November dieses Jahres nur noch 50 % des Normaltarifs.
    Außerdem hat die Bundesregierung für Besucher aus der DDR das Begrüßungsgeld auf 100 DM jährliich erhöht und damit ein Zeichen der Solidarität mit unseren Landsleuten gesetzt. Dieser Beschluß kommt auch den Gastgebern in der Bundesrepublik zugute, die abseits jeglicher Öffentlichkeit einen ganz wichtigen Beitrag zu mehr menschlichem Miteinander in Deutschland leisten. Wir sollten unseren Mitbürgern dafür ein herzliches Wort des Dankes sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Wir alle sind aufgerufen, unsere Landsleute aus der DDR weiterhin mit offenen Armen und in mitmenschlicher Verbundenheit willkommen zu heißen.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, in humanitären Angelegenheiten hat die Bundesregierung ihre Bemühungen diskret, aber intensiv weitergeführt. Ich habe mit Generalsekretär Honecker über die anstehenden Fragen eingehend und auch eindringlich gesprochen. Wir waren uns einig, daß die Bemühungen in diesem Bereich konstruktiv fortgesetzt werden sollen.
    Im Berliner Reise- und Besucherverkehr konnten ebenfalls Erleichterungen erreicht werden. Leider hat sich die DDR dem Wunsch der Berliner nach Möglichkeiten zu einem Zweitagesaufenthalt bisher versagt. Die Bundesregierung wird sich hierfür weiterhin mit großem Nachdruck einsetzen.
    Beim Tourismus, meine Damen und Herren, haben wir noch einen erheblichen Nachholbedarf. Zwischen Generalsekretär Honecker und mir bestand Einvernehmen, daß wir die Möglichkeiten für eine allmähliche Entwicklung des touristischen Reiseverkehrs zwischen beiden Staaten schaffen sollten, daß wir sie möglichst rasch verbessern sollten. Es gibt dafür bereits konkrete Ansätze.
    Wir haben mit großem Nachdruck Generalsekretär Honecker und seine Begleitung aufgefordert, die fortbestehenden Beschränkungen und Hindernisse im innerdeutschen Reiseverkehr abzubauen. Ich nenne hier vor allem den Mindestumtausch sowie die Einreise- und Kontaktverbote.
    Die Bundesregierung begrüßt, meine Damen und Herren, daß in den letzten Monaten immer mehr innerdeutsche Städtepartnerschaften zustande gekommen sind oder angebahnt werden konnten. Hier darf und wird es keinen Stillstand geben. Es ist unser Wunsch, daß die DDR künftig auch Partnerschaften von Landkreisen und von kleineren Gemeinden ermöglicht.
    Ganz besonders am Herzen liegt uns der Jugendaustausch. 1986 fuhren 70 000 Jugendliche aus der Bundesrepublik in die DDR, und 4 000 kamen von dort zu uns. Erfreulich ist die kürzlich getroffene Vereinbarung, die jetzt auch Berliner Jugendliche in den Jugendaustausch einbezieht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Insgesamt kann und muß der Jugendaustausch noch erheblich ausgeweitet werden, und zwar in beiden Richtungen. Gerade auch die junge Generation in Deutschland muß jene Gemeinsamkeit ganz konkret erfahren können, die der Eltern- und Großelterngeneration durch eigenes Erleben noch selbstverständlich ist.
    Die Bundesregierung hat stets die Bemühungen der Sportverbände um möglichst viele Sportbegegnungen unterstützt. Wir streben vielfältige sportliche Kontakte vom Leistungs- bis zum Breitensport an. Das gilt auch für den grenznahen Bereich.
    Die Bundesrepublik begrüßt, daß die DDR ihre Einfuhrbestimmungen bei der Mitnahme im Reiseverkehr und beim Geschenkpaketverkehr zum 1. November dieses Jahres lockern wird. Absender und Empfänger von Geschenkpaketen in die DDR erwarten von dieser Maßnahme, daß die Zahl der Zurückweisungen von Paketen deutlich zurückgeht.
    Leider lehnt es die DDR immer noch ab, meine Damen und Herren, die Einfuhr politischer Zeitungen und Zeitschriften zu gestatten. Was in einer offenen Gesellschaft wie der unseren selbstverständlich ist, stößt in der DDR auf ängstliche Vorbehalte. Nach unserer Überzeugung ist jedoch der freie Austausch von Informationen und Meinungen ein ganz wesentlicher Bestandteil normaler gutnachbarlicher Beziehungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




    Bundeskanzler Dr. Kohl
    Ein solcher Austausch darf selbstverständlich politische Publikationen nicht ausklammern. Wir werden dieses Thema immer wieder auf die Tagesordnung setzen.
    Ein wichtiges Ergebnis des Besuchs von Generalsekretär Honecker war die Übereinstimmung, weitere Verbesserungen der Verkehrsverbindungen von und nach Berlin vor allem auf dem Gebiet des Eisenbahnverkehrs anzustreben und darüber Gespräche mit dem Ziel deutlich kürzerer Reisezeiten und höherer Zugfrequenzen aufzunehmen. Die Gespräche werden gegenwärtig intensiv vorbereitet.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, es bleibt eine wesentliche Aufgabe unserer Deutschlandpolitik, die Freiheit und Lebensfähigkeit Berlins zu bewahren und seine Anziehungs- und Ausstrahlungskraft zu fördern — in wirtschaftlicher, politischer und kultureller Hinsicht. Das freie Berlin gehört mit der Bundesrepublik Deutschland unwiderruflich zur Gemeinschaft des Westens.
    Berlin, meine Damen und Herren, steht für die Faszination der Freiheit und für den Dialog im Dienste des Friedens. Es hat in ganz besonderem Maße unter den Folgen der Teilung unseres Vaterlandes zu leiden und ist auch insofern Brennpunkt der offenen deutschen Frage und Gradmesser für den Stand der Ost-West-Beziehungen.
    Für die Berliner ist unser Verhältnis zu den Drei Mächten von existentieller Bedeutung. Der Lebensmut dieser Menschen und ihr Freiheitswille haben Berlin seit 1945 die Freiheit deshalb bewahren können, weil die Westalliierten stets zu ihren Schutzgarantien standen. Beides gehört zusammen. Auch weiterhin werden Lebensfähigkeit und Ausstrahlungskraft der Stadt mit davon abhängen, daß Berlin selbst sich seiner Verantwortung für die Sache der Freiheit stellt.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    In diesem Jahr blickt Berlin auf eine 750jährige Geschichte zurück. Die Drei Mächte haben durch Besuche von Staatsoberhäuptern und Regierungschefs ihre Garantien bekräftigt. Königin Elisabeth II., Präsident Reagan, Staatspräsident Mitterrand und Premierminister Chirac wurden von den Berlinern mit großer Herzlichkeit empfangen. Der Solidarität unserer amerikanischen, britischen und französischen Freunde haben wir es vor allem zu verdanken, daß — wie Präsident Reagan es bei seinem Besuch formulierte — Berlin heute seiner Freiheit sicher sein kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir danken Präsident Reagan für seine Berlin-Initiative.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Jahn [Marburg] [SPD]: Moin, moin!)

    Zugleich möchte ich betonen: Wer einer Erosion der westlichen Wertegemeinschaft Vorschub leistet, wer auf Distanz namentlich zu den Vereinigten Staaten von Amerika geht, der handelt ganz besonders verantwortungslos gegenüber den Menschen in Berlin.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Deutschlandpolitik ist immer auch Verpflichtung für diese europäische Metropole der Freiheit. Der Ausbau der bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Staaten in Deutschland ist nur so weit möglich, wie Berlin in diese Zusammenarbeit einbezogen ist. Eine Deutschlandpolitik unter Umgehung Berlins ist für uns gänzlich ausgeschlossen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Berlin muß in die Entwicklung der bilateralen Beziehungen voll einbezogen werden. Konkrete Schwierigkeiten müssen wir durch pragmatische Lösungen zu überwinden versuchen. Wir begrüßen es, daß die Verantwortlichen der DDR darin grundsätzlich mit uns übereinstimmen.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Bundesrepublik Deutschland und die DDR können und wollen durch Zusammenarbeit bei der Lösung praktischer Fragen einen Beitrag zum Miteinander und damit zum Frieden leisten.
    Eine beispielhafte Kooperation wollen wir vor allem bei der Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Die Unterzeichnung der Abkommen zum Umweltschutz und über einen Informations- und Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des Strahlenschutzes am 8. September dieses Jahres hat uns hierbei einen großen Schritt vorangebracht. Wir nehmen damit auch eine gemeinsame Verantwortung für die nachwachsende Generation in Deutschland wahr. Außerdem wurden die Kontakte zur DDR mit Blick auf einzelne Umweltprobleme weitergeführt.
    Das Abkommen über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit schafft die Voraussetzungen, um in eine intensive wissenschaftliche und technische Kooperation einzutreten. Auch im Bereich des Gesundheitswesens wurde eine Erweiterung und Vertiefung der Zusammenarbeit vereinbart.
    Nach dem Abschluß des Kulturabkommens im Mai 1986 hat der kulturelle Austausch, wie jedermann erkennen kann, spürbar zugenommen. Es hat vielbeachtete Ausstellungen, Gastspiele, Lesungen und Begegnungen von Künstlern und Wissenschaftlern bei uns und in der DDR gegeben. Wir fühlen uns bestärkt in unserer Absicht, mit dem Kulturabkommen die Menschen in Deutschland zusammenzubringen.
    Bei den Vorhaben für die Jahre 1988 und 1989 ist es gelungen, auch in einigen besonders schwierigen Bereichen Türen zu öffnen. So werden beispielsweise erstmals Hochschulen partnerschaftlich zusammenarbeiten können; im Schulwesen treffen sich Experten; ein Austausch von Nachwuchswissenschaftlern und Studierenden wird begonnen.
    Nach der Einigung vor knapp einem Jahr konnten viele wertvolle, kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter zurückgeführt werden: So kehrte beispielsweise vor wenigen Wochen der kostbare Flügelaltar von St. Severin aus Thüringen nach Köln zurück.
    Beim Besuch von Generalsekretär Honecker haben beide Seiten ihr Interesse bekundet, die wirtschaftliche Zusammenarbeit kontinuierlich auszubauen. Die Struktur des innerdeutschen Handels soll verbessert werden, insbesondere durch verstärkte Käufe von In-



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    vestitionsgütern. Gespräche über die Bildung einer Gemischten Kommission sollen aufgenommen werden. Kommerzielle Verhandlungen über einen Stromverbund unter Einbeziehung von Berlin (West) haben gute Erfolgsaussichten.
    Unser wichtigstes Ziel, meine Damen und Herren, bleibt jedoch, mehr Freizügigkeit in Deutschland zu erreichen. Je mehr die Menschen voneinander wissen, desto schwerer ist es, sie durch Feindbilder zu manipulieren.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Wer ernsthaft Frieden will, der darf den Menschen nicht als bloßes Mittel zu politischen Zwecken mißbrauchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Friede beginnt mit der Achtung der unbedingten und absoluten Würde jedes einzelnen Menschen in allen Bereichen seines Lebens.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Deshalb werden wir uns auch nie damit abfinden, daß an der innerdeutschen Grenze Gewalt gegen Wehrlose verübt wird,

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    durch Schußwaffen, aber auch durch Sperranlagen, die Menschen ihrer Freiheit berauben. Gerade Gewalt, die den Wehrlosen trifft, schädigt den Frieden.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Wer ernsthaft Frieden will, darf nicht zum Haß erziehen. Waffen sind willenlose Werkzeuge. Erst die Bereitschaft des Menschen, sie zur Vernichtung anderer einzusetzen, macht sie zur Gefahr.
    Auf deutschem Boden lagern nukleare und konventionelle Waffen in hoher Dichte. Wir wollen hier wie überall weniger Waffenarsenale und mehr Sicherheit. Doch ein gerechter und damit sicherer Frieden wird nie allein das Ergebnis von Rüstungskontrolle und Abrüstung sein.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, unsere Verantwortung für die Lage der Nation schließt auch und gerade deren Sicherheit ein. Deutschlandpolitik und Sicherheitspolitik lassen sich auf gar keinen Fall voneinander trennen. Oberstes Ziel der Sicherheitspolitik der Bundesregierung ist und bleibt, den Frieden in Freiheit zu bewahren. Wir wollen jeden Krieg verhindern, auch einen konventionellen. Dies ist in den vergangenen 42 Jahren gelungen. Wir verdanken das unserem Bündnis mit den freiheitlichen Demokratien des Westens und insbesondere mit den Vereinigten Staaten von Amerika, deren Partnerschaft und Freundschaft für uns von existentieller Bedeutung bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Daß wir in Westeuropa heute auf dem Weg zur sicherheitspolitischen Einigung gut vorankommen und daß damit der europäische Pfeiler des Bündnisses gestärkt wird, verzeichnen wir mit großer Genugtuung. Die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit
    Frankreich ist für uns dabei ein Kernstück. Gerade hier haben wir in jüngster Zeit wichtige Fortschritte erzielt, und ich bin sicher, wir werden in allernächster Zeit noch bedeutendere Fortschritte erzielen können.
    Wir sind unverändert bereit, zusammen mit unseren Verbündeten auf der Grundlage gesicherter Verteidigungsfähigkeit mit den Staaten des Warschauer Paktes umfassend zusammenzuarbeiten. Dies gilt insbesondere für das Feld der Abrüstung und Rüstungskontrolle. Wir wollen Frieden schaffen mit weniger Waffen und wir wollen unsere Sicherheit stärker auf ein Miteinander gründen.
    Die grundsätzliche Verständigung der beiden Weltmächte über die weltweite Beseitigung nuklearer Mittelstreckenflugkörper bedeutet — trotz aller noch zu lösenden schwierigen Fragen — einen beispiellosen Durchbruch. Erstmals soll durch Vertrag eine ganze Kategorie von Waffen weltweit abgeschafft werden.
    Auf diese Einigung hat auch die Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt im Oktober 1982 durch konsequente Politik hingearbeitet. An entscheidenden Weichenstellungen der Verhandlungen hat sie in engster Konsultation mit den USA ihren Beitrag geleistet. Wir haben dabei immer auch aus unserer nationalen Verantwortung heraus gehandelt.
    Die Regierungen und die Menschen in West und Ost, insbesondere im geteilten Deutschland, haben die berechtigte Hoffnung, daß dieser erste Abrüstungsvertrag noch in diesem Jahr durch ein Gipfeltreffen zwischen beiden Weltmächten besiegelt wird. Er kann und wird das Gesamtklima zwischen West und Ost zum Besseren wenden und einen langfristigen Prozeß der Vertrauensbildung einleiten.
    Gerade deshalb, meine Damen und Herren, darf aber verantwortliche Politik nicht bei einem ersten Vertrag stehenbleiben, sonst wären die Opfer und die Anstrengungen langer Jahre schlecht genutzt. Es gilt vielmehr, die einzelnen Anstrengungen in bilateralen und multilateralen Verhandlungen in einen umfassenden Abrüstungsprozeß einzubetten, der sich auf alle Waffensysteme erstreckt und zu weiteren substantiellen Abrüstungsschritten führt.
    Die Bundesregierung hat deshalb mit großer Befriedigung das Ergebnis der Gespräche der Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion begrüßt. Danach wird über die 50%ige Reduzierung der strategischen Offensivpotentiale beider Seiten mit erhöhter Anstrengung weiterverhandelt. Dabei lautet das Ziel, ein Abkommen in naher Zukunft fertigzustellen.
    Es sollen unverzüglich Verifikationsverfahren für Nukleartests ausgehandelt werden, die die Ratifikation der sogenannten Schwellenverträge von 1974 und 1976 erlauben. Schon seit langem setze ich mich dafür ein, daß diese unerläßlichen Voraussetzungen für ein umfassendes Testverbot geschaffen werden.
    In der multilateralen Genfer Abrüstungskonferenz werden die Bemühungen um ein Abkommen über die weltweite Beseitigung chemischer Waffen energisch vorangetrieben. Auch zu diesen Verhandlungen wird



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    die Bundesregierung mit ihren Verbündeten wie bisher beitragen; ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die westlichen Überprüfungsvorschläge.
    Doch gerade wir Deutschen dürfen auch hier nicht innehalten, denn mit der Beseitigung nuklearer Mittelstreckenwaffen tritt das konventionelle Übergewicht zugunsten des Warschauer Paktes um so stärker hervor. Dies ist und bleibt für uns eine zentrale Frage.
    Wir fordern deshalb, daß die sowjetische Führung entsprechend ihrer Ankündigung Übergewichte abbaut. In Wien engagieren wir uns mit größtem Nachdruck für den Erfolg der Gespräche über ein Verhandlungsmandat für ein umfassendes, stabiles und nachprüfbares konventionelles Kräfteverhältnis auf niedrigerer Ebene in ganz Europa, vom Atlantik bis zum Ural.
    Mit ebenfalls großer Dringlichkeit stellt sich für uns Deutsche das Problem der sowjetischen Überlegenheit bei den nuklearen Kurzstreckensystemen. Ich habe deshalb meine Erklärung vom 26. August dieses Jahres mit dem Appell an die Sowjetunion verknüpft, mit einer Geste des guten Willens zu antworten: ohne jede Gegenforderung den Abbau der einseitigen Bedrohung durch ihre Raketen vom Typ SCUD-B einzuleiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, für diese Forderung erwarten wir die Unterstützung der Staaten, in denen solche Raketen stationiert sind, insbesondere auch der DDR. Gerade in dieser Frage muß sich „neues Denken " durch „neues Handeln" beweisen. Ich erinnere daran, daß der Westen mit dem einseitigen Abbau von 2 400 Sprengköpfen zwischen 1980 und 1988 mit gutem Beispiel vorangegangen ist.
    Aber auch in diesem Bereich erstreben wir gesonderte vertragliche Regelungen. Gemäß dem in Reykjavik erteilten Auftrag der NATO-Außenminister erarbeitet unser Bündnis zur Zeit ein umfassendes Abrüstungskonzept. Im Zusammenhang mit der Herstellung eines konventionellen Gleichgewichts und der weltweiten Beseitigung chemischer Waffen geht es darum, auch amerikanische und sowjetische bodengestützte Nuklearflugkörper kürzerer Reichweite deutlich und überprüfbar zu reduzieren — mit dem Ziel gleicher Obergrenzen. Hier wie allgemein gilt der Grundsatz: Abrüstung muß am Ende mehr und nicht weniger Sicherheit verbürgen.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir sind überzeugt, daß alle diese Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle zum Erfolg führen werden, wenn wir die Erfahrungen seit dem NATO-Doppelbeschluß von 1979 beherzigen:
    Erstens. Konsequente Vertretung eigener Sicherheitsinteressen ist die beste Grundlage für faire Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen aller Beteiligten.
    Zweitens. Solidarität, Zusammenhalt und engste Konsultation im Bündnis sind unverzichtbar.
    Drittens. Geduld und Festigkeit am Verhandlungstisch, auch gegenüber propagandistischen Beeinflussungsversuchen, begründen — das zeigt sich jetzt wieder — Achtung und Kompromißbereitschaft des Partners, insbesondere die Bereitschaft, konstruktive und weiterführende Vorschläge, wie die vorn Westen seit 1981 vorgeschlagene Null-Lösung mit weltweiter Geltung, am Ende zu akzeptieren.
    Meine Damen und Herren, die günstige internationale Entwicklung der letzten Jahre, die Fortschritte von einem Gipfeltreffen zum nächsten lassen sich auch dadurch erklären, daß zwei ganz wichtige Grundsätze beachtet wurden:
    Beziehungen zwischen West und Ost können und dürfen zum einen nicht auf Abrüstung und Rüstungskontrolle verengt werden, sondern es gilt — so lautet der Schlüsselsatz des Genfer Gipfelkommuniqués —, die Beziehungen in ihrer ganzen Breite zu verbessern: im breitgefächerten politischen Dialog wie in der Wirtschaft, in Wissenschaft und Technik, in Kultur und Sport und — nicht zuletzt — auch im Bereich der humanitären Zusammenarbeit.
    West-Ost-Beziehungen sind zum anderen nicht nur Angelegenheit der beiden Weltmächte. Sie müssen von allen Staaten beider Bündnisse sowie von den Neutralen und Ungebundenen in Europa aus eigener Verantwortung und mit eigenen Beiträgen bestmöglich mitgestaltet werden.
    Dafür — wie für die Deutschlandpolitik — sind Dialog und Zusammenarbeit mit unseren östlichen und südöstlichen Nachbarn so wichtig. Grundlage bleiben die Verträge und Dokumente, nach deren Buchstaben und Geist wir selbstverständlich unsere Poliltik gestalten. Unser Ziel ist gute Nachbarschaft, wenn irgend möglich mit allen, und Fortschritte im innerdeutschen Verhältnis sollen allen zugute kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir wollen einem umfassenden Austausch in Handel und Wirtschaft den Weg ebnen. Wir bieten kontinuierliche zukunftsorientierte Zusammenarbeit auch in neuen Formen der Kooperation. Dies ist der Kerngedanke meines Vorschlags, im KSZE-Rahmen eine West-Ost-Wirtschaftskonferenz einzuberufen.
    In meiner Regierungserklärung vom 18. März dieses Jahrs habe ich betont: Unsere Beziehungen zur Sowjetunion sind für uns von zentraler Bedeutung. Das damals von mir umrissene Programm der Zusammenarbeit ist schon auf gutem Wege: Ein Höhepunkt im politischen Dialog war der Staatsbesuch des Herrn Bundespräsidenten. Ich selbst werde in nicht allzu ferner Zukunft mit Generalsekretär Gorbatschow zusammentreffen; darüber wird beim bevorstehenden Besuch des sowjetischen Außenministers in Bonn gesprochen werden. Das Abkommen über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit — und unter seinem Dach drei Ressortabkommen — sind in Kraft. Ein Umweltabkommen ist fast fertig ausgehandelt. Wir können den Weg für verstärkten kulturellen Austausch eröffnen. Unseren Wunsch, in Moskau ein Kulturinstitut zu eröffnen, werden wir weiter mit Entschiedenheit verfolgen.
    Mit Polen, meine Damen und Herren, verbindet uns eine oft leidvolle Geschichte. Wir werden uns weiter für Verständigung der Regierungen und Versöhnung der Völker einsetzen. Von den Kirchen und anderen



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    gesellschaftlichen Gruppen erwarten wir dabei auch künftig bedeutende eigene Beiträge.
    Mit Ungarn haben wir während des Besuchs von Ministerpräsident Grosz richtungsweisende Vereinbarungen getroffen. Wir stehen Ungarn in einer gesamtwirtschaftlich nicht einfachen Lage tatkräftig zur Seite. Abkommen über Schutz und Förderung von Investitionen sowie über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit werden auch der industriellen Kooperation zugute kommen.
    Durch Austausch von Kulturinstituten werden wir das Verständnis für die kulturelle Leistung des jeweiligen Partners vertiefen. Die Ungarn-Deutschen, meine Damen und Herren, erhalten noch bessere Möglichkeiten, in ihrer angestammten Heimat ihre kulturelle und sprachliche Tradition zu pflegen. Die neue Vereinbarung über die Förderung und Unterstützung der Kulturarbeit der deutschen Minderheit in Ungarn sowie ihrer Sprache ist Ausdruck europäischer Gesinnung und nach unserer Meinung ein Vorbild für andere. Wir hoffen, daß andere ihm folgen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Die vorbildliche Entscheidung Ungarns, daß ab 1. Januar 1988 jeder Bürger nach eigenem Ermessen ins Ausland reisen kann, honorieren wir mit Sichtvermerkserleichterungen und -befreiungen. Damit leisten beide Seiten einen Beitrag, Grenzen durchlässiger zu machen und ihnen den trennenden Charakter zu nehmen.
    Gerade den Binnenstaaten Ungarn und Tschechoslowakei gilt unser Angebot, durch Abkommen den Weg über unsere Wasserstraßen, einschließlich des Main-Donau-Kanals, zu den Nordseehäfen zu öffnen.
    Mit der CSSR als unserem unmittelbaren Nachbarn verbindet uns auch eine grenzüberschreitende Verantwortung für die natürlichen Lebensgrundlagen. Mit dem neuen Umweltabkommen werden wir ihr gerecht.
    Auf Einladung der Prager Führung werde ich Anfang 1988 die CSSR offiziell besuchen. Dabei wird die weitere Gestaltung der Zusammenarbeit auf der Tagesordnung stehen.
    Meine Damen und Herren, mit Rumänien werden wir in hochrangigem Dialog weiterhin nach Wegen suchen, für unsere dort lebenden Landsleute die Wahrung ihrer kulturellen und sprachlichen Identität sowie ihrer wirtschaftlichen Lebensgrundlagen zu sichern oder aber, wenn sie dies wünschen, ihnen die Ausreise zu uns zu ermöglichen. Hier gilt, was auch für Polen gilt: daß der Nachholbedarf auf diesem Gebiet besonders groß ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Aus Bulgarien konnte ich im Sommer dieses Jahres den Staatsratsvorsitzenden Schiwkow hier als meinen Gast begrüßen. Abkommen über Schutz und Förderung von Investitionen sowie über die Vermeidung der Doppelbesteuerung legen auch im Verhältnis zu Bulgarien den Grund für eine breitere wirtschaftliche Zusammenarbeit.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, mit unserem Angebot von Dialog und Zusammenarbeit setzen wir auch auf die Prozesse wirtschaftlicher Reform und gesellschaftlicher Öffnung, die eine Reihe unserer östlichen und südöstlichen Nachbarn sich vorgenommen haben. Wenn sie bereit sind, damit den Weg für insgesamt breitere Kooperation zwischen allen Ländern West- und Osteuropas zu öffnen, werden wir dies partnerschaftlich nutzen. Wir verfallen dabei nicht in Überschwang, sondern bleiben auf dem Boden der Tatsachen. Wir verkennen nicht die Schwierigkeiten und Widerstände. Gerade Ministerpräsident Grosz hat sie mir für sein Land plastisch geschildert. Aber im Interesse der Menschen wünschen wir ihnen Erfolg. Dies liegt im langfristig besten Interesse aller Beteiligten in West und Ost.
    Zugleich aber, meine Damen und Herren, wissen wir aus der Zeit des eigenen Wiederaufbaus hier in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Krieg: Nur wenn sich die Menschen persönlich einsetzen, wenn sie sich Mühe geben, wenn sie ihre Kräfte mobilisieren, wenn sie durch Teilhabe in Wirtschaft und Gesellschaft motiviert sind und vor allem auch dadurch, daß sie die Früchte ihrer Arbeit ernten können: nur dann wird ein Land dauerhaften Fortschritt erzielen.
    Jeder von uns spürt, daß wir gegenwärtig in einer Phase wichtiger Entscheidungen und Entwicklungen stehen, die in den kommenden Jahrzehnten das Gesicht Europas und damit auch seine Stellung in der Welt verändern könnten. Ich denke hier vor allem auch an die für 1992 vorgesehene Vollendung des europäischen Binnenmarktes.
    Die Europäische Gemeinschaft ist jedoch ebensowenig das ganze Europa, wie die Bundesrepublik Deutschland unser ganzes Vaterland ist. Als Europäer im freien Teil unseres Kontinents und als Deutsche im freien Teil unseres Vaterlandes haben wir aber die Chance, ein Modell zu gestalten, ein Modell für das, was in ganz Europa möglich wäre, wenn unser Kontinent in Frieden und Freiheit ohne Teilung leben könnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir in der Bundesrepublik Deutschland können uns dabei in besonderem Maße ermutigt fühlen durch jene Sätze, die der Philosoph Karl Popper mir kürzlich schrieb — ich zitiere — :
    Ich glaube, daß trotz aller Kritik — oder vielleicht gerade wegen der Kritik — die deutsche Demokratie im Augenblick die lebendigste in Europa ist.
    Die Teilung unseres Kontinents fesselt in weiten Bereichen das schöpferische Potential Europas, die Kräfte des wissenschaftlich-technischen, des wirtschaftlichen und des sozialen Fortschritts. Wenn ganz Europa ein Kontinent des schöpferischen Miteinanders werden soll, dann müssen alle seine Menschen zueinander kommen können, dann müssen alle seine Völker frei und gleichberechtigt sein.
    Selbstbestimmung und zukunftsweisende Weiterentwicklung gehören zusammen. Das ist unsere Vision für ein geeintes, ein freies und friedliches Europa,



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    in dem auch wir Deutschen in Freiheit vereint sein können.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Bevor ich die Aussprache eröffne, darf ich mitteilen, daß der Ältestenrat vorschlägt, für die gesamte Beratung dieser Tagesordnungspunkte einschließlich der Zeit für die Regierungserklärung vier Stunden vorzusehen. Was nun die Gestaltung der Zeit für die Aussprache anbetrifft, so hat die Abgeordnete Frau Dr. Hamm-Brücher einen Antrag zur Geschäftsordnung angekündigt. Ich darf Ihnen, Frau Kollegin Hamm-Brücher, das Wort zur Geschäftsordnung erteilen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hildegard Hamm-Brücher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Namen zahlreicher Unterzeichner der überfraktionellen Initiative Parlamentsreform möchte ich beantragen, im Rahmen dieser vierstündigen Gesamtdebatte kurze, freie Wortbeiträge zuzulassen, falls das gewünscht wird.
    So haben wir das bereits vor über zwei Jahren in der Ad-hoc-Kommission Parlamentsreform vereinbart, und so hat es der Bundestagspräsident auch wieder in seinen Vorschlägen aufgenommen. Dies ist die erste Gelegenheit, nun einmal in unserer Debatte eine neue Form, einen neuen Stil zu erproben. Wir werden sehen, wer sich daran beteiligt. Ich persönlich weiß noch gar nicht, ob ich es tun werde. Aber ich glaube, daß das sehr wichtig ist. Wann wäre eine bessere Gelegenheit, das zu erproben, als bei einer Debatte über die Lage der Nation?

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der GRÜNEN)