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    Plenarprotokoll 11/31 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 31. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Oktober 1987 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 8: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung in der Kohlerunde Dr. Hauff SPD 2071 B Dr. Lammert CDU/CSU 2072 A Stratmann GRÜNE 2073 B Beckmann FDP 2074 B Dr. Jochimsen, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 2075 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 2077 A Jung (Düsseldorf) SPD 2079 A Müller (Wadern) CDU/CSU 2080 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 2081 A Sellin GRÜNE 2083 A Kraus CDU/CSU 2083 B Menzel SPD 2084 B Dr. Göhner CDU/CSU 2085 B Roth SPD 2086 B Lattmann CDU/CSU 2087 B Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Wetzel und der Fraktion DIE GRÜNEN: Zivile und militärische Ziele bundesdeutscher Weltraumpolitik (Drucksachen 11/515 (neu), 11/797) Wetzel GRÜNE 2088 B Dr. Rüttgers CDU/CSU 2090 A Fischer (Homburg) SPD 2092 A Timm FDP 2093D Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 2095 D Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen: Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1984 — Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes (Jahresrechnung 1984) sowie zu der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1986 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung (einschließlich der Bemerkungen zur Jahresrechnung des Bundes 1984) (Drucksachen 10/4596, 10/6138, 11/831) Sieler (Amberg) SPD 2098 A Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . 2100 C Frau Vennegerts GRÜNE 2102B Zywietz FDP 2103 C Kühbacher SPD 2105 B Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF . . . 2106 C Deres CDU/CSU 2107 D Zusatztagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Abgeordneten Buschbom, Eylmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (Drucksache 11/898) Dr. Langner CDU/CSU 2108D Dr. de With SPD 2110 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Oktober 1987 Ebermann GRÜNE 2112 D Kleinert (Hannover) FDP 2113 D Nächste Sitzung 2115 D Anlage 1 Zu Protokoll gegebene Rede des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn zu Zusatztagesordnungspunkt 9: Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (Drucksache 11/898) 2117* A Anlage 2 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2117* D Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 2118* C Anlage 4 Verhinderung des Absinkens der Entwicklungshilfe der EG an nichtassoziierte Entwicklungsländer MdlAnfr 3 02.10.87 Drs 11/880 Brück SPD SchrAntw PStSekr Dr. Köhler BMZ . . . 2118* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Oktober 1987 2071 31. Sitzung Bonn, den 9. Oktober 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Parl. Staatssekretär Dr. Jahn (BMJ) hat seine Ausführungen zu Protokoll gegeben. Siehe Anlage 1. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Oktober 1987 2117* Anlage 1 Zu Protokoll gegebene Rede des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn zum Zusatztagesordnungspunkt 9: Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs: Hauptgrund für die besorgniserregende Geschäftslage in der Finanzgerichtsbarkeit ist das außerordentliche Ansteigen der Eingänge seit Beginn der 70er Jahre. Die Eingänge bei den Finanzgerichten sind seit 1970 von 13 525 auf 60 365 Verfahren im Jahre 1986 angestiegen und haben sich damit mehr als vervierfacht. Beim BFH sind die Eingänge von 2 233 Verfahren im Jahre 1970 auf 3 209 Verfahren im Jahre 1986 angestiegen. Obschon die Zahl der Richter, die Zahl der Erledigungen je Richter und entsprechend die Gesamtzahl der Erledigungen in diesen Jahren deutlich zugenommen haben, ist ein stetiges Anwachsen der Rückstände zu verzeichnen. Der Gesetzgeber hat auf die steigende Geschäftslast in der Finanzgerichtsbarkeit durch eine Reihe von Maßnahmen reagiert. Diese sind in dem hier zur Verlängerung anstehenden BFH-Entlastungsgesetz und in dem Gesetz zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit enthalten. Bei beiden Gesetzen hat sich der Gesetzgeber um einen ausgewogenen Kompromiß zwischen effektivem Rechtsschutz und dem Abbau der übermäßigen Belastung der Gerichte bemüht. Das zu verlängernde BFH-Entlastungsgesetz enthält acht vom Dauerrecht der FGO abweichende Regelungen, die zur Entlastung des Bundesfinanzhofs und zur Beschleunigung der Verfahren vor diesem Gericht zur Zeit unverzichtbar sind. Die bedeutsamste Regelung enthält Art. 1 Nr. 5 über die Aufhebung der Streitwertrevision in § 115 Abs. 1 FGO. Notwendig sind auch die Regelungen über die Einführung des Vertretungszwangs vor dem BFH sowie Verfahrensvereinfachungen bei Entscheidungen über Nichtzulassungsbeschwerden und unbegründete Revisionen. Die gesetzgeberischen Maßnahmen und personellen Verstärkungen hätten zu einer grundlegenden Entspannung der Lage in der Finanzgerichtsbarkeit geführt, wenn nicht die Eingänge bei den Finanzgerichten im Verhältnis zu anderen Gerichtszweigen weit überdurchschnittlich angestiegen wären. Die Zahl der Einsprüche von Bürgern, aber auch der Einspruchsentscheidungen der Finanzämter ist fortlaufend gewachsen, beispielsweise die Zahl der Einsprüche bei den Besitz- und Verkehrsteuern von ca. 1,5 Millionen im Jahre 1978 auf ca. 2,3 Millionen im Jahre 1986. Als sich herausstellte, daß die bisherigen prozeßrechtlichen und personellen Abhilfemaßnahmen nur begrenzte Wirkung entfalten konnten, hat Bundesminister Engelhard im November 1986 eine Bund/Länder-Expertenarbeitsgruppe eingesetzt. Die Arbeitsgruppe hat kürzlich ihren Abschlußbericht vorgelegt Anlagen zum Stenographischen Bericht und ein Bündel von schnell zu verwirklichenden Sofortmaßnahmen im Bereich des Prozeßrechts empfohlen. Wir haben diese Vorschläge ganz überwiegend aufgegriffen und einen Referentenentwurf erstellen lassen, dessen Veröffentlichung unmittelbar bevorsteht. Aus dem Bündel der Vorschläge sind zu nennen: 1. die Einführung der Zulassungsrevision, die bisher nur zeitlich befristet galt. 2. die Abschaffung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des BFH, 3. die Möglichkeit der Fristsetzung für bestimmte Prozeßhandlungen, 4. die Zurückweisung verspäteten Vorbringens, 5. die Vereinfachung der Beiladung bei Massenverfahren, 6. die Einführung eines Gerichtsbescheides, 7. die Erweiterung der Befugnisse des vorbereitenden Richters, 8. die Erleichterung von Zwischenurteilen, 9. Erleichterungen bei der Begründung von Entscheidungen, 10. die erleichterte Zurückweisung der Streitsache an die Finanzbehörden. Unabhängig von diesen Maßnahmen werden wir uns längerfristig darüber Gedanken machen müssen, inwieweit die von der Arbeitsgruppe angestellten Überlegungen zur Schaffung einer weiteren Tatsacheninstanz aufzugreifen sind, um zu einer dauerhaften Entlastung der Finanzgerichtsbarkeit zu gelangen. Ferner wird die bisherige Ausgestaltung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens sorgsam auf ihre Filterwirkung zu untersuchen sein. Ein Streitfall, der im Verwaltungsverfahren gut aufbereitet worden ist, kann im gerichtlichen Verfahren leichter und schneller bearbeitet werden. Die Verabschiedung des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfs kann nach allem nur ein erster Schritt auf dem Wege zu einer Gesamtbereinigung der prekären Lage in der Finanzgerichtsbarkeit sein. Sie ist indes dringend erforderlich, um die Funktionsfähigkeit des Bundesfinanzhofes zu sichern. Anlage 2 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 9. 10. Antretter * 9. 10. Austermann 9. 10. Bauer 9. 10. Frau Beck-Oberdorf 9. 10. Böhm (Melsungen) '* 9. 10. Bühler (Bruchsal) * 9. 10. Carstensen (Nordstrand) 9. 10. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Conrad 9. 10. Dr. Daniels (Regensburg) 9. 10. Dr. Dollinger 9. 10. Egert 9. 10. Dr. Ehmke (Bonn) 9. 10. Dr. Ehrenberg 9. 10. Eylmann 9. 10. Frau Fischer ** 9. 10. Frau Geiger 9. 10. Gerstein 9. 10. Glos 9. 10. Dr. Glotz 9. 10. Dr. Götz 9. 10. Grüner 9. 10. Haar 9. 10. Hauser (Krefeld) 9. 10. Dr. Haussmann 9. 10. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 9. 10. Hiller (Lübeck) 9. 10. Dr. Holtz ** 9. 10. Dr. Hüsch 9. 10. Ibrügger 9. 10. Irmer ** 9. 10. Jansen 9. 10. Jaunich 9. 10. Kittelmann * 9. 10. Dr. Klejdzinski * 9. 10. Kolbow 9. 10. Kreuzeder 9. 10. Frau Krieger 9. 10. Lamers 9. 10. Linsmeier 9. 10. Dr. h. c. Lorenz 9. 10. Lüder 9. 10. Lummer 9. 10. Frau Matthäus-Maier 9. 10. Dr. Mertens (Bottrop) 9. 10. Dr. Müller ** 9. 10. Dr. Neuling 9. 10. Frau Oesterle-Schwerin 9. 10. Frau Olms 9. 10. Pesch 9. 10. Petersen 9. 10. Pfuhl 9. 10. Rawe 9. 10. Reschke 9. 10. Reuschenbach 9. 10. Ronneburger 9. 10. Frau Rust 9. 10. Dr. Scheer ' 9. 10. Schmidt (München) * 9. 10. Frau Schmidt (Nürnberg) 9. 10. Schmitz (Baesweiler) 9. 10. Dr. Schmude 9. 10. von Schmude 9. 10. Freiherr von Schorlemer ** 9. 10. Dr. Soell ** 9. 10. Dr. Sperling 9. 10. Dr. Stercken ** 9. 10. Stobbe 9. 10. Stücklen 9. 10. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Tietjen 9. 10. Frau Dr. Timm ** 9. 10. Frau Trenz 9. 10. Dr. Voigt (Northeim) 9. 10. Dr. Vondran 9. 10. Weisskirchen (Wiesloch) 9. 10. Westphal 9. 10. Frau Dr. Wisniewski 9. 10. Wissmann 9. 10. Frau Würfel 9. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der 78. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 16. September 1987 mitgeteilt, daß der Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung eines bundeseigenen Grundstücks in München-Neuhausen - Drucksache 11/252 - zurückgezogen wird. Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 17. September 1987 mitgeteilt, daß sie folgende Anträge zurückzieht: Vertragsabschluß mit der DDR über den Hochwasserschutz im Drömling (Drucksache 11/450) Sofortige Stillegung des THTR 300 und Exportverbot für Hochtemperaturreaktoren (Drucksache 11/598) Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 28. September 1987 gemäß § 32 Abs. 6 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 (BGBl. I S. 955) den Jahresabschluß der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1985 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Eine Ausfertigung des Jahresabschlusses liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus. Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Beratung der nachstehenden Vorlage abgesehen hat: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den jüngsten Beschlüssen der dänischen und irischen Regierung betreffend die Verringerung der Freibeträge für ihre Bürger, die die Gemeinschaftsgrenzen passieren, und weitere Einschränkungen ihrer Rechte (Drucksachen 11/464, 11/561 Nr. 1.5) Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Köhler auf die Frage des Abgeordneten Brück (SPD) (Drucksache 11/880 Frage 3): Wird sich die Bundesregierung bei den Haushaltsberatungen der Europäischen Gemeinschaft für das Jahr 1988 im Ministerrat dafür einsetzen, daß die Entwicklungshilfe für die nichtassoziierten Entwicklungsländer, die bereits von 1986 auf 1987 um 16 v. H. gesunken ist, nicht noch weiter sinken wird? Ich gehe davon aus, daß Sie von den Verpflichtungsermächtigungen sprechen, die den entwicklungspolitischen Spielraum für Zusagen neuer Vorhaben bestimmen. Hierzu kann ich Ihre Frage mit „Ja" beantworten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Manfred Langner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohe Steuerlast, komplizierte Gesetze, viele und lange Prozesse, Ärger für die Steuerpflichtigen und bei Finanzämtern und Finanzgerichten — wie kann man da Abhilfe schaffen?
    Im Jahre 1975 wurde der Versuch gestartet, mit Hilfe eines Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs die bereits damals vorhandene Prozeßflut beim höchsten deutschen Gericht in Steuersachen einzudämmen. Dieses Entlastungsgesetz, das anfänglich auf fünf Jahre befristet war, wurde seitdem zweimal zeitlich verlängert und läuft jetzt erneut zum Ende des Jahres aus. Eine routinemäßige Verlängerung der Geltungsdauer des BFH-Entlastungsgesetzes ist nun aber keineswegs von den Koalitionsfraktionen mit diesem Antrag beabsichtigt. Vielmehr soll dies die letzte Überbrückungsmaßnahme sein vor einer durchgreifenden Reform des finanzgerichtlichen Verfahrens.



    Dr. Langner
    Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat im Juli einen Bericht vorgelegt, der neben einer Analyse der Situation in der Finanzgerichtsbarkeit Vorschläge für eine neue Finanzgerichtsordnung enthält. Zur Zeit wird im Bundesjustizministerium, aber auch innerhalb der Koalitionsparteien intensiv an einer solch umfassenden Novelle gearbeitet.
    Dadurch, daß wir die Geltungsdauer des BFH-Entlastungsgesetzes nur noch um die kurze Zeitspanne von zwei Jahren verlängern, ist der Zeitrahmen für die Verabschiedung einer neuen Finanzgerichtsordnung gesetzt. Spätestens also zum 1. Januar 1990 muß eine neue Finanzgerichtsordnung in Kraft treten. Eine nochmalige Verlängerung des Entlastungsgesetzes ist jetzt allerdings geboten.
    Zwar ist das anfängliche Ziel, die Belastung des Bundesfinanzhofes abzubauen oder jedenfalls einzudämmen, nicht in dem erhofften Maße erreicht worden, doch wäre ohne die in dem Entlastungsgesetz getroffenen Maßnahmen der Geschäftsanfall beim Bundesfinanzhof noch besorgniserregender angestiegen, als dies ohnehin schon der Fall ist.
    Einige Zahlen hierzu: Die Neueingänge bei den Finanzgerichten stiegen von 13 525 im Jahre 1970 auf 60 365 im Jahre 1986. Das entspricht einer Steigerung um 346 %. Diese extreme Erhöhung wirkte sich zwangsläufig auch auf den Bundesfinanzhof aus. Beim Bundesfinanzhof stiegen im Vergleichszeitraum die Eingänge von 2 223 auf 3 209, d. h. um 44 %. Zur Zeit sind bei den Finanzgerichten cá. 100 000 und beim Bundesfinanzhof ca. 5 400 unerledigte Verfahren anhängig. Für die Erledigung der Klageverfahren benötigen sowohl die Finanzgerichte als Tatsacheninstanz als auch der Bundesfinanzhof als Revisionsinstanz durchschnittlich jeweils 30 Monate. Das heißt: Eine rechtskräftige Entscheidung gibt es oft erst nach fünf Jahren. Rechnet man dann noch die Vorlaufzeit im Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren hinzu, so dauert es viele Jahre bis zu einem rechtskräftigen Steuerbescheid. Das ist nicht nur für die Steuerbürger unzumutbar. Auch der Steuerfiskus hat einen Nachteil davon: Im Moment sind etwa 7 Milliarden DM im Streit, die vorerst nicht an den Fiskus gezahlt werden.
    Die Belastung der Finanzgerichte ist allerdings nicht mit einer weiteren Vermehrung der Richterstellen abzubauen. Das wäre der falsche Weg. Kein Land der Welt hat so viele Richter wie die Bundesrepublik Deutschland. Die Zahl der Richter an den Finanzgerichten stieg von 1970 bis 1986 von 252 auf 482; sie hat sich also fast verdoppelt. Ähnlich sieht es beim Bundesfinanzhof aus. Ihm gehörten 1970 42 Richter an; 1986 waren es schon 54. Und nachdem noch in diesem Jahr ein 10. Senat gebildet worden ist, sind gegenwärtig 60 Richter beim Bundesfinanzhof tätig.
    Der Abbau der Geschäftsbelastung muß woanders ansetzen. Es sagt meines Erachtens sehr viel über unser Steuersystem aus, daß 67 %, also rund zwei Drittel aller steuerrechtlichen Literatur auf der Welt in deutscher Sprache erscheint. Diese Spitzenstellung ist nicht Ausdruck besonderer wissenschaftlicher Kreativität. Wir haben uns diese Spitzenstellung — gerade wir Abgeordnete als Gesetzgeber sind hier angesprochen — mit komplizierten und kompliziertesten Steuergesetzen erobert.

    (Dr. de With [SPD]: Sie sind dabei, die Zahl dieser Gesetze zu vermehren!)

    — Da haben Sie ja während Ihrer Regierungszeit Großes geleistet, Herr de With.
    Schon Albert Einstein meinte vor Jahrzehnten, daß die Einkommensteuerberechnung für ihn als Mathematiker zu hoch sei; das könne er nicht, dazu müsse man Philosoph sein. Die Kompliziertheit folgt natürlich zum einen aus der richtigen Bemühung, möglichst gerechte Gesetze zu machen. Aber oft sind die Gesetze auch schlecht formuliert. So schreibt Professor Tipke in seinem Standardlehrbuch zum Steuerrecht z. B. über das Anrechnungsverfahren im Körperschaftsteuerrecht — ich zitiere — :
    Den Vorschriften über das Anrechnungsverfahren liegt zwar eine systematische Konzeption zugrunde, sie sind aber so kompliziert und in einer so ungelenken Sprache abgefaßt, daß sie aus sich selbst kaum verständlich sind. Wer sich einarbeiten will, ist auf außergesetzliche Informationsquellen angewiesen. Dem Gesetzestext selbst kann sich mit Erfolg nur zuwenden, wer sich diesen Inhalt bereits anderweitig angeeignet hat.
    Das war eine Reform des Jahres 1974.
    So ist denn auch nicht verwunderlich, daß es in Deutschland genausoviele finanzgerichtliche Verfahren gibt wie in den USA mit einer vierfach höheren Bevölkerungszahl. Und in Großbritannien mit der gleichen Bevölkerungszahl gibt es nur ein Viertel soviel.

    (Bohl [CDU/CSU]: Wer klagt denn bei uns am meisten?)

    In Zahlen heißt das etwa: im letzten Jahr rund 2 400 000 Einsprüche allein gegen Besitz- und Verkehrsteuern. Davon sind dann rund 53 000 Verfahren zu den Finanzgerichten gelangt.
    Wir müssen auf zwei Wegen zu einem Abebben dieser Prozeßflut kommen. Der erste ist eine neue Finanzgerichtsordnung und hierbei insbesondere eine Beschleunigung und Verbesserung des Verfahrens. Der zweite ist aber auch eine Vereinfachung des Steuersystems.
    Die Entlastungsvorschriften, die das jetzt letztmalig fortzuschreibende BFH-Entlastungsgesetz bereits enthält, sind bei einer FGO-Novelle in Dauerrecht zu überführen, soweit sie sich bewährt haben und den Rechtsschutz in Steuersachen nicht unverhältnismäßig einengen. Gleiches gilt für die Maßnahmen, die durch das Gesetz zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit eingeführt worden sind.
    Wir werden auch neue Beschleunigungsvorschriften prüfen. Ich glaube nicht, daß der Vorschlag des Deutschen Steuerberaterverbandes, die Kammern zu verkleinern, sehr viel bringt, zumal sehr viele Beförderungsstellen neu einzurichten wären. Ich fürchte auch, daß eine dreistufige Gerichtsbarkeit nicht einzuführen ist. Die Länder können das kaum finanzieren. Einen gewissen Charme hätte ein finanzge-



    Dr. Langner
    richtlicher Amtsrichter wegen seiner Bürgernähe sehr wohl. Aber er könnte heute kaum die umfassende Materie des Steuerrechts judiziell bewältigen. Es würde in der Praxis oftmals schon am letzten Stand der Literatur fehlen. Ich glaube, man kann auch in einer zweistufigen Finanzgerichtsbarkeit schneller ein rechtskräftiges Urteil erwarten, wenngleich mich ein kürzlich in der Literatur angeführtes Beispiel zur Milch-Garantiemengen-Verordnung nicht unbedingt überzeugt hat.
    Ich habe eine Abneigung gegen solche Entlastungsvorschläge, die zurückweisende Entscheidungen ohne Begründung oder z. B. mit der formelhaften Begründung „Aus den zutreffenden Gründen der ersten Instanz" vorsehen. Wenn sich ein Richter seine Entscheidung überlegt hat, dann kann er sie auch zu Papier bringen.

    (Kleinert [Hannover] [FDP]: Sehr richtig!)

    Der Bürger oder das Amt, dessen Rechtsmittel keinen Erfolg gehabt hat, möchte wissen, warum es keinen Erfolg gehabt hat.
    Die eigentliche Wurzel des Übels, über das wir heute reden, ist und bleibt die Kompliziertheit des Steuerrechts und die zu hohe Belastung der Steuerbürger. Finanzpsychologisch ruft die steuerliche Überbelastung Steuerwiderstand hervor. Und komplizierte, nicht verstehbare Steuergesetze provozieren Rechtsmittel.

    (Zuruf von der SPD: Dann fangen Sie mit der großen Steuerreform an!)

    Die seit 1982 durchgeführten Steuerrechtsänderungen sind Schritte zu einem gerechteren Steuersystem. Die Entlastung durch die Erhöhung der Kinderfreibeträge war z. B. ein erster richtiger Schritt. Zum 1. Januar 1988 folgt eine weitere Entlastung und zum 1. Januar 1990 die große Entlastung, die u. a. bewirken wird, daß 500 000 gering verdienende Mitbürger überhaupt nicht mehr steuerpflichtig sein werden. Die Entlastung im mittleren Bereich durch den sanft ansteigenden linearprogressiven Tarif wird darüber hinaus ein entscheidender Schritt zur Vereinfachung sein.
    Meine Damen und Herren, wir haben in diesen Tagen viele öffentliche Diskussionen über die Streichung oder Kürzung von Steuervergünstigungen geführt. Das erinnert mich an die Diskussion, die wir in der Agoniephase der sozialliberalen Koalition 1981/82 über die Grunderwerbsteuer hatten. Damals lag ein systematisch wirklich guter Reformvorschlag aller Länder vor, und die Lobby hier in Bonn versuchte, dies zu Fall zu bringen. Es ist gelungen, aus diesem Gesetzentwurf ein gutes Gesetz zu machen. Mit einer radikalen Steuersatzsenkung von 7 % auf 2%, also auf weniger als ein Drittel, auf der einen Seite und dem Streichen der unsystematischen Befreiungstatbestände auf der anderen Seite, wurde

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ein einfaches Gesetz!)

    ein einfaches Gesetz, ein gutes Gesetz, ein gerechtes Gesetz geschaffen, das akzeptiert worden ist und mit dem unterdessen in der Praxis alle einverstanden sind. Man kann die Vorgänge schneller und mit weniger Beamten abwickeln. Die Änderung ist neutral für das Steueraufkommen gewesen. So wird sich auch manches von dem, was heute als Dampf produziert wird, verflüchtigen, wenn die Bürger erst einmal merken,

    (Zuruf von den GRÜNEN: Wieviel sie zahlen müssen!)

    daß die Steuerreform sie im eigenen Portemonnaie entscheidend entlastet und daß das Steuerrecht sehr viel einfacher sein wird. Dann wird es im Zeitablauf so etwas wie eine ausgleichende Gerechtigkeit geben. Weil die Sozialdemokratische Partei in diesem Sommer durch sich überschlagende und demagogisch überzogene Beispiele gegen diese Steuerreform angekämpft hat, weiß der Bürger sehr gut, daß die Sozialdemokraten gegen die Reform sind. Wenn er am eigenen Portemonnaie in den nächsten Jahren — in einem ersten Schritt nach dem 1. Januar 1988 und stärker nach dem 1. Januar 1990 — spüren wird, daß dies eine gute Reform ist, dann wird er sich daran erinnern.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Hören Sie auf!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist die List der Geschichte: Demagogie hat immer einen Bumerangeffekt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. de With.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans de With


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zum eigentlichen Thema zurückkommen. Als der junge Goethe 1772 nach Wetzlar zum Reichskammergericht kam, fand er, sage und schreibe, 16 000 Rückstände vor, darunter Verfahren, die schon 100 Jahre währten. Er verließ, wie wir wissen, die Stätte mit Grausen, kritisierte oft und viel, und wir finden in „Auerbachs Keller" einen Spruch, der besagt:
    Dankt Gott mir jeden Morgen, daß ich nicht brauch' fürs Römische Reich zu sorgen!
    Wir lächeln und schmunzeln darüber. Wie sieht es heute aus? Der Volksmund sagt noch immer, spätes Recht sei halbes Recht.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Allerdings!)

    Das Bundesverfassungsgericht hat im Juni dieses Jahres gegenüber einem Land, nachdem die Hauptsache für erledigt erklärt war, entschieden, daß dieses Land die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, weil ein Finanzverfahren praktisch fünf Jahre in den Akten lag, ohne daß etwas getan worden ist. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat gesagt, daß bei einem Verfahren, das elf Jahre währt, nicht mehr davon gesprochen werden könne, daß Recht gewährt werde. Das sei Rechtsverweigerung.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Nach der Begründung des Entwurfs, den CDU/CSU und FDP vorlegen, dauerte 1986 beim Bundesfinanzhof in München ein Revisionsverfahren mit Sachentscheidung im Schnitt drei Jahre und zwei Monate. Rechnet man die Vorverfahren hinzu, dann ist ganz sicher, daß wir uns in manchen Verfahren nicht nur



    Dr. de With
    bedenklich jener Elfjahresgrenze nähern, sondern sie vielleicht überschritten haben.

    (Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Ich habe schon solche mit zwanzig Jahren erlebt!)

    Es bleibt nur abzuwarten, was passiert, wenn mehrere derartig betroffene Steuerbürger nach Straßburg gehen.
    Die Eingänge beim Bundesfinanzhof nehmen weiter zu, die Rückstände auch, wie wir wissen. Das haben Sie gesagt, Herr Langner. Wir wissen auch — das will ich kurz noch antippen — , daß eine weitere Lawine auf uns zukommt. Denn die Zahl der Einsprüche bei den Besitz- und Verkehrsteuern betrug 1978 bei den Finanzämtern noch 1 586 000. 1986 war die Zahl bereits auf knapp 2,4 Millionen gestiegen.

    (Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Weil sie jetzt nichts mehr kosten, die Einsprüche!)

    Deswegen sind sich alle Sachkundigen darüber einig — das ist auch die öffentliche Meinung — , daß es im Kern keine Gerichtsbarkeit gibt, die derart überlastet ist wie die Finanzgerichtsbarkeit. Was bedeutet das? Nicht nur Ärger für die Rechtsuchenden, sondern — auch darauf hat Herr Langner hingewiesen — auch verminderte Steuereinnahmen. Man kann darüber rechten, ob wegen der vielen Rechtsmittel sechs, sieben oder acht Milliarden DM hängen. Auf jeden Fall hängt eine übergroße Zahl. Ich frage mich schon jetzt, ob die Finanzminister und -senatoren nicht gut beraten wären, einen Teil des Geldes für eine Verstärkung der Mannschaft einzusetzen, ehe sie Jahr für Jahr auf die Rückläufe warten.
    Was soll nun mit der hier in Rede stehenden Vorlage wirklich Durchgreifendes geschehen? Die Koalitionsfraktionen schlagen schlicht und einfach vor, daß das Auslaufdatum um zwei Jahre verlängert wird. Sie tun das erst heute, obwohl der geschilderte Zustand seit langem bekannt ist. Die Bundesregierung bzw. der Bundesminister der Justiz kannte das Auslaufdatum ebenso wie wir alle. Trotzdem schieben sie dieses Gesetz jetzt hastig den Fraktionen zu. Warum? Einmal sehr wahrscheinlich, um den Anschlußtermin zum 1. Januar 1988 noch zu erreichen. Denn die Zeit drängt.

    (Kleinert [Hannover] [FDP]: Sehr gut beobachtet, glasklar verstanden!)

    Zum zweiten aber wohl, um dem Bundesrat zu entgehen. — Ich zitiere Sie auch noch, Herr Kleinert. — Denn der Bundesrat hatte beim letzten Mal folgende Entschließung gefaßt:
    Der Bundesrat hält es für dringend erforderlich, nunmehr von zeitlich begrenzten Entlastungsgesetzen abzugehen und eine umfassende und dauerhafte Neuordnung des Verfahrensrechts vorzunehmen.
    Was haben Sie, Herr Kollege Kleinert, erwähnt? Nicht
    nur Ihr Unbehagen darüber, daß nichts geschieht. Sie
    haben schlicht und einfach gesagt: Das nächste Mal sollte etwas Gescheiteres geschehen.

    (Kleinert [Hannover] [FDP]: Das ist eine gute Forderung! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Das kann man immer fordern!)

    Was liegt nun an Gescheiterem vor? Es ist, wie gesagt, bloß eine Verlängerung um zwei Jahre. Drei Jahre wurden verschenkt, und das, obwohl es seitdem eine intensive Fachdiskussion gab, der Rechtsausschuß 1984 einstimmig dazu aufgefordert hatte, die Übergangszeit von drei Jahren zu nutzen, und seit Juni dieses Jahres der Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Finanzgerichtsbarkeit" vorliegt, einer Arbeitsgruppe, die der Bundesminister der Justiz allerdings erst mit Schreiben vom 3. November letzten Jahres einberufen hatte.
    Das ist ein Trauerspiel für den Rechtsuchenden, ein Trauerspiel für die Staatsfinanzen und auch ein Trauerspiel für diesen Staat und erneut ein Verdikt über die Entscheidungsfähigkeit dieser Koalition.
    Wenn Herr Langner des langen und breiten darauf hinweist, daß der Kern des Ärgers in der Schwierigkeit unserer materiellen Gesetze liege, findet er überall Zustimmung.

    (Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Das war sehr prägnant und kurz!)

    Nur, Herr Langner, Sie wissen ebensogut wie ich, daß es bloße Illusion wäre, zu glauben, dies würden wir in zwei bis drei Jahren beseitigen, so daß man die Verfahrensbestimmungen nicht ändern müßte. Solange ich im Bundestag sitze, schon eine ganze Weile, sind die Vorschriften nicht einfacher, sondern komplizierter geworden. Ich sage frank und freimütig: bei allen Regierungen. Deswegen müssen wir uns ernsthaft überlegen, was zu tun ist.
    Auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion 1985 hatte die Bundesregierung noch herablassend erklärt:
    Die von der Bundesregierung für erforderlich gehaltenen Maßnahmen zur Entlastung der Gerichte sind in dem Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung enthalten, der dem Deutschen Bundestag vorliegt.
    Aber dieselbe Bundesregierung hat keinen Finger krummgemacht, um die Verwaltungsprozeßordnung auch nur einer ernsthaften Beratung zuzuführen.
    Natürlich wissen wir Sozialdemokraten auch, daß es nicht einfach ist, wirklich einschneidende strukturelle Änderungen zu bringen. Sie tun möglicherweise den Verbänden weh, und auf jeden Fall kostet es Geld. Bei allen Bemühungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat diese selbst eingesehen — das haben Sie nicht zitiert, Herr Langner — , daß durch bloße Änderung des Prozeßrechts auf die Dauer keine Abhilfe geschaffen werden kann.
    Ein Vorschlag hat allerdings Gewicht und sollte hier diskutiert werden, wenn er auch von der Arbeitsgruppe nicht zu einem konkreten „Wie " ausgestaltet wurde: Wenn 1986 30,6 % aller durch den Bundesfinanzhof erledigten Verfahren unzulässig waren und wenn — das ist noch wesentlicher — , bezogen auf die von den Steuerpflichtigen eingelegten Rechtsmittel, sogar mehr als 35 % als unzulässig verworfen werden



    Dr. de With
    mußten, wird deutlich, daß auch hier angesetzt werden muß.
    Das heißt mit anderen Worten, es muß ernsthaft geprüft werden — ich weiß, daß ich damit nicht überall Beifall finde —, ob die Zahl derer, die Rechtsmittel zum Bundesfinanzhof einlegen dürfen, derzeit etwa 90 000 Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, nicht einschneidend verringert werden sollte. Nur so kann ein Potential von Rechtsvertretern entstehen, die sachkundig genug sind, die Hürde der Zulässigkeit zu überspringen. Man muß sich auch vergegenwärtigen, was es für die Rechtsuchenden bedeutet, wenn ein rundes Drittel wegen Unzulässigkeit abgeschmettert wird. Das kostet Geld.

    (Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Und beschäftigt Anwälte!)

    Jene Arbeitsgruppe hat auch darin übereingestimmt, daß „eine Vermehrung der Richterzahl bei den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit notwendig ist, um die Geschäftslage in der Finanzgerichtsbarkeit zu normalisieren, insbesondere die Rückstände abzubauen und die Verfahrensdauer auf ein angemessenes Maß zu reduzieren" . Bedauerlich ist allerdings, daß sie keinen konkreten Entscheidungsvorschlag unterbreitet hat. Sie sagt nicht, wie das, was sie für richtig hält, aussehen soll.
    Es ist nun müßig, darüber zu spekulieren, warum sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe so zurückgehalten hat. Sie hat lediglich gemeint, eine dritte Instanz solle nicht eingeführt werden. Dennoch meine ich, wir kommen nicht darum herum, zu prüfen, ob es nicht doch richtig wäre, an eine wie auch immer geartete dritte Instanz heranzugehen. Ich erinnere daran, daß schon im ursprünglichen Entwurf der Finanzgerichtsordnung eine dritte Instanz eingebaut war, daß dieser Deutsche Bundestag die dritte Instanz beschlossen hatte und daß die dritte Instanz wohl erst auf Betreiben der Finanzminister und -senatoren im Vermittlungsausschuß gefallen ist.
    Im übrigen darf ich noch einmal sagen: Wo die dritte Instanz angesiedelt wird, beispielsweise als zweite Verwaltungsinstanz bei der Oberfinanzdirektion, in Form eines Amtsrichters oder bei den Finanzgerichten, die jetzt schon im Kern Oberverwaltungsgerichte sind,

    (Kleinert [Hannover] [FDP]: Jedenfalls besoldungsmäßig! )

    ist mir persönlich gleichgültig. Aber mir kann keiner einreden, daß eine dritte Instanz für den Bundesfinanzhof nicht entlastend wirken würde. Das lehrt alle Erfahrung aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

    (Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Viele Juristen beschäftigen!)

    Gefordert ist deswegen ein Druck auf die Finanzminister und -senatoren, nicht immer und überall die Feder zu führen. Das soll durchaus mit Ernst verstanden werden. Wenn ich heute höre, daß bei dem Verteidigungsminister im letzten Jahr so mir nichts, dir nichts 300 Millionen DM in den Sand gesetzt wurden — ich weiß natürlich, daß das nicht dasselbe Geld sein kann — , dann frage ich mich, ob es nicht vernünftiger wäre, in unseren Ländern noch ein paar Richter einzustellen, damit auf unterer Ebene besser gesiebt wird als bisher. Es ist doch ein Unding, daß man beim obersten Gericht demnächst im Durchschnitt dreieinhalb Jahre auf jede Entscheidung warten muß, und daß der Bürger zu fürchten hat, daß es in Zukunft vom ersten Verfahrensgang an bis zum Abschluß fast immer acht bis zehn Jahre dauern wird. Das ist unerträglich.
    Wir Sozialdemokraten werden uns am Ende der Verlängerung des Entlastungsgesetzes einer weiteren Verlängerung nicht verschließen, weil in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit einfach nichts anderes möglich ist.
    Ich mache hier aber ebenso unmißverständlich — und ich hoffe auch hier auf Zustimmung — eines klar: Wir werden einen Entschließungsantrag einbringen mit einer Fristsetzung, bis zu der durchgreifende strukturelle Änderungsvorschläge zur dauerhaften Entlastung der Finanzgerichtsbarkeit dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden müssen.
    Zum Schluß sage ich: Ich kann nur hoffen, daß sich die Bundesregierung nach Ablauf von zwei Jahren nicht wieder — ich zitiere gern, wie Sie wissen — Schillers Wort nachsagen lassen muß: Ich habe hierzu bloß ein Amt und keine Meinung.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)