Rede von
Egon
Lutz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Gnädige Frau, da kann ich Ihnen nicht folgen. Ich verfolge die „Elefantenrunde" immer sehr aufmerksam, um einen originären Beitrag des Redners im Manuskript zu entdecken.
Unsere Geschäftsordnung hat die Gefahr längst erkannt. Nach ihr ist die 15-Minuten-Rede die Norm. Diese Norm wird aber prompt immer dann außer Kraft gesetzt, wenn Gefahr droht. Wir können das ändern, wir sollten es ändern. Es wäre ein Stück politischer Lebensqualität und ein Stück parlamentarischer Emanzipation.
Tucholsky würde empfehlen, alles überflüssige Pathos wegzulassen. Die Eingangsfloskel zum Beispiel, daß der verehrte Vorredner wieder einmal von Sachkenntnis nicht getrübt gewesen sei, ist weder originell, noch ist sie intelligent.
— Ja, schön, aber dann würde ich mir aus Gründen der Höflichkeit eine andere Bemerkung erlauben.
Wenn man dann noch darauf verzichten würde, die eigene Position als das Gelbe vom Ei, die Meinung des gegnerischen Lagers aber als dumm, töricht und verwerflich hinzustellen, dann wäre schon wieder viel Zeit für Sachdebatten gewonnen. Das allerdings kann man in keiner Geschäftsordnung beschließen. Dazu bedarf es der Einsicht, daß der Bürger bei derlei Leerformeln ohnehin die Ohren auf Durchzug schaltet.
Eines kann und sollte man aber schleunigst ändern, die Festlegung nämlich, daß Erklärungen von Abgeordneten zur Abstimmung erst nach der Abstimmung abgegeben werden dürfen. Das ist die Perversion des Parlamentarismus. Selbst wenn Mißbräuche entstanden sind, muß man sie, meine ich, im Interesse der Sache hinnehmen.
Ich bedanke mich, daß Sie mir die Überschreitung der Redezeit um zehn Sekunden gestattet haben.