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ID1102808200

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    6. Häfner.: 1
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    Plenarprotokoll 11/28 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 28. Sitzung Bonn, Freitag, den 18. September 1987 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Medienkritik von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen den amtierenden Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Dr. Uwe Barschel Schily GRÜNE 1851 B Weirich CDU/CSU 1852 D Gansel SPD 1854 A Kleinert (Hannover) FDP 1855 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 1856A Dr. Olderog CDU/CSU 1857 C Duve SPD 1858 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF (Erklärung nach § 30 GO) 1859 D Dr. Bötsch CDU/CSU 1859D Tagesordnungspunkt 25: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/789) b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Zur Neuregelung des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/805) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Hüser und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/803) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 1861 A Diller SPD 1862 C Dr. Grünewald CDU/CSU 1865D Hüser GRÜNE 1868 B Rind FDP 1869B Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Hamm-Brücher, Frau Adler und weiterer Abgeordneter: Parlamentsreform/ Änderung der Geschäftsordnung (Drucksache 11/411 [neu]) Frau Nickels GRÜNE (zur GO) 1871 A Jahn (Marburg) SPD (zur GO) 1871 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 1871D, 1896C Porzner SPD 1874 B Bohl CDU/CSU 1875D, 1902A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 1877 C Frau Dr. Götte SPD 1879A Dr. Feldmann FDP 1879D Dr. Lammert CDU/CSU 1881 A Häfner GRÜNE 1884 B Frau Terborg SPD 1885 D Kleinert (Hannover) FDP 1886 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 1887 C Schwarz CDU/CSU 1889A, 1900D Reimann SPD 1891 C Irmer FDP 1892 C Lutz SPD 1893 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. September 1987 Frau Schilling GRÜNE 1894 D Frau Dr. Hartenstein SPD 1895D Müller (Pleisweiler) SPD 1897 D Frau Garbe GRÜNE 1898D Frau Adler SPD 1899 B Dr. Pick SPD 1900 A Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 1901 B Dr. Knabe GRÜNE 1903 A Bindig SPD 1903 B Nächste Sitzung 1904 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 1905 * A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. September 1987 1851 28. Sitzung Bonn, den 18. September 1987 Beginn: 8.31 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer 18. 9. Dr. Ahrens * 18. 9. Bahr 18. 9. Dr. Bangemann 18. 9. Frau Beck-Oberdorf 18. 9. Frau Becker-Inglau 18. 9. Frau Brahmst-Rock 18. 9. Brandt 18. 9. Frau Bulmahn 18. 9. Catenhusen 18. 9. Cronenberg 18. 9. Daubertshäuser 18. 9. Dr. Dollinger 18. 9. Dr. Ehmke (Bonn) 18. 9. Dr. Ehrenberg 18. 9. Frau Eid 18. 9. Engelsberger 18. 9. Erler 18. 9. Eylmann 18. 9. Feilcke 18. 9. Frau Fischer * 18. 9. Dr. Friedrich 18. 9. Frau Fuchs (Köln) 18. 9. Fuchtel 18. 9. Dr. Götz 18. 9. Dr. Häfele 18. 9. Frau Hämmerle 18. 9. Dr. Hauff 18. 9. Hauser (Esslingen) 18. 9. Dr. Haussmann 18. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Hellwig 18. 9. Frau Hensel 18. 9. Hiller (Lübeck) 18. 9. Ibrügger *** 18. 9. Irmer ** 18. 9. Dr. Jahn (Münster) 18. 9. Kalisch 18. 9. Kastning 18. 9. Kittelmann ** 18. 9. Dr. Klejdzinski ** 18. 9. Dr. Langner 18. 9. Lemmrich * 18. 9. Linsmeier 18. 9. Dr. Lippelt (Hannover) 18. 9. Dr. Mertens (Bottrop) 18. 9. Meyer 18. 9. Dr. Müller * 18. 9. Pesch 18. 9. Rawe 18. 9. Frau Renger 18. 9. Repnik 18. 9. Reuschenbach 18. 9. Frau Roitzsch (Quickborn) 18. 9. Frau Saibold 18. 9. Dr. Scheer 18. 9. Schreiner 18. 9. Dr. Schmude 18. 9. Sellin 18. 9. Dr. Sperling 18. 9. Dr. Stavenhagen 18. 9. Tietjen 18. 9. Toetemeyer 18. 9. Dr. Vogel 18. 9. Werner (Ulm) 18. 9. Weisskirchen (Wiesloch) 18. 9. Dr. Wieczorek 18. 9. Frau Wieczorek-Zeul 18. 9. Wissmann 18. 9. Frau Würfel 18. 9.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Lammert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Stratmann, Sie wissen, daß wir selten übereinstimmen. Das ist auch in diesem Punkt so. Der von Ihnen beklagte Zustand, den ich ebenfalls beklage, liegt nicht an der Geschäftsordnung, sondern an der Verfassung. Ich habe bereits in einer früheren Debatte zu diesem Gegenstand bemerkt, daß ich es tatsächlich für einen bedauerlichen Umstand halte, daß in unserer Verfassung, die ich ebenfalls nicht für total revisionsbedürftig halte, zwar die Regierung, nicht aber der einfache Abgeordnete vorgesehen ist. Das macht sich in der Tat auch auf manchen Debattenverlauf in diesem Plenum in unangenehmer Weise bemerkbar.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Da vorhin vom Plenum und der bekannten Präsenz die Rede war, will ich auch dazu eine Bemerkung machen.

    (Zuruf des Abg. Lutz [SPD])

    — Herr Kollege Lutz, der Kollege Schwarz hat vorhin schon nicht ganz zu Unrecht darauf hingewiesen, als der Präsident auf die Redezeit verwies, ich hätte bisher noch gar nicht geredet, sondern Fragen beantwortet. Ich will das jetzt auch nicht endlos lange dehnen; ich wollte nur noch auf zwei Gesichtspunkte aufmerksam machen.
    Es ist wahr, daß das Plenum selten voll ist. Wahr ist aber auch, daß die Parlamente in aller Regel nur in den Ländern voll sind, in denen sie nichts zu sagen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich empfinde das nun überhaupt nicht als den Versuch, mich über einen — wie wir alle wissen — nur schwer zu vermittelnden optischen Eindruck hinwegzuschleichen. Vielmehr gehört es eben zur notwendigen Aufklärung über die Arbeitsweise und Leistungsfähigkeit eines Parlaments, auch darauf hinzuweisen, daß sich die Tätigkeit eines Parlaments und seiner Mitglieder eben nicht nur in der Zahl und der Breite der Diskussionen erschöpft, die im Plenum abzuwikkeln sind.
    Mein letzter Punkt ist der Hinweis auf zwei Defizite, die ich tatsächlich — völlig unabhängig von der Geschäftsordnung — in der Arbeitsweise unseres Parla-



    Dr. Lammert
    mentes sehe. Erstens, denke ich, wird bei uns nach wie vor zuviel geredet und zuwenig debattiert. Zweitens haben wir uns — da schließe ich mich gerne dem an, was die Kollegin Götte vorhin gesagt hat —, jedenfalls von Zeit zu Zeit, möglicherweise einen Umgang miteinander angewöhnt, der weder der Strahlkraft unserer Argumente noch dem Ansehen des Parlaments und schon gar nicht dem Gemeinwohl dient.
    Ich habe im Urlaub — ich kann nicht wie der Kollege Feldmann zum Schluß mit einem Dichterfürsten dienen — von einem prominenten, großen Deutschen einige bemerkenswerte Beobachtungen über Parlamentarismus gefunden, von denen ich Ihnen zum Schluß gerne zwei Auszüge vortragen möchte:
    Die Überzeugung, daß der Gegner in allem, was er vornimmt, im besten Fall beschränkt, wahrscheinlich aber böswillig und gewissenlos ist, und die Abneigung, mit den eigenen Fraktionsgenossen zu dissertieren und zu brechen, beherrschen noch heute das Fraktionsleben. Damals waren die Überzeugungen, auf denen diese dem Staatsleben gefährlichen Erscheinungen beruhen, sehr viel lebhafter und ehrlicher, als sie heute sind. Die Gegner kannten sich damals wenig. Sie haben seitdem 40 Jahre lang Gelegenheit gehabt, sich kennenzulernen, da der Personalbestand der im Vordergrund stehenden Parteimänner sich nur langsam und wenig zu ändern pflegt.
    Das bezieht sich nicht auf die 40 Jahre Parlament, die wir jetzt fast hinter uns haben, sondern das ist eine Bemerkung, die Otto von Bismarck in seinen Erinnerungen über die Erfahrungen im Preußischen Landtag wiedergegeben hat.
    Er hat eine Bemerkung hinzugefügt, von der ich fürchte, daß sie leider auch heute noch nicht überholt ist:
    Welcher gebildete und wohlerzogene Deutsche würde versuchen, im gewöhnlichen Verkehr auch nur einen geringeren Teil der Grobheiten und Bosheiten zur Verwendung zu bringen, die er nicht ansteht, von der Rednertribüne vor hundert Zeugen seinem bürgerlich gleich achtbaren Gegner in einer schreienden, in keiner anständigen Gesellschaft üblichen Form ins Gesicht zu werfen? Sobald man aber vor dem eigenen Gewissen und vor der Fraktion sich damit decken kann, daß man im Parteiinteresse auftritt, so gilt jede Gemeinheit für erlaubt oder doch für entschuldbar.
    Hier, denke ich, liegt wirklich Veränderungsbedarf, der mit einer Totalrevision der Geschäftsordnung nicht zu decken ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Häfner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gerald Häfner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich stelle fest, daß die Bedeutung dieser Debatte, die ich sehr hoch ansetze, in einem umgekehrten Verhältnis zu der Anwesenheit unserer gewählten Volksvertreter steht.

    (Zuruf von der SPD: Das ist doch viel!)

    Das macht mich etwas traurig.
    Die Initiative zu dieser Debatte und diese Debatte selbst halte ich persönlich für außerordentlich bedeutsam. Eigentlich ist es ja selbstverständlich — jedenfalls in den Kreisen, aus denen ich stamme, inzwischen aber auch überall in der Industrie, in jedem Betrieb, erst recht in Bürgerinitiativen — einfach weil man weiß, daß es nötig ist, nach Ablauf einer gewissen Zeit gemeinsam darüber zu reden, wie man miteinander umgeht, welche Strukturen man entwickelt hat, ob sie noch der Zeit entsprechen, ob sie wirklich effektiv und arbeitsfähig sind, ob sie dem Auftrag entsprechen oder ob sie vielleicht verändert werden müssen.
    Deshalb bin ich — das sage ich jetzt relativ pauschal, gerade auch zu Herrn Bohl, weil er im Moment nicht so ganz anwesend ist — auch traurig über all diejenigen Beiträge, die einen A- und einen B-Teil haben: A: Wir beklagen den Zustand; B: Wir lassen alles, wie es ist.
    Ich hoffe sehr, daß es möglich ist, hier nicht nur über eine Parlamentsreform zu sprechen, sondern tatsächlich auch zu einer umfassenden Parlamentsreform zu kommen. Ich glaube, daß die Initiative, die sich dankenswerterweise auf Veranlassung von Frau Dr. Hamm-Brücher gebildet hat, auch in ihrer Zusammensetzung ein Beispiel dafür ist, was eigentlich nötig wäre. Die Initiative wird von Abgeordneten aller Fraktionen unterstützt und getragen. Auch heute in der Debatte — das sei einmal positiv vermerkt — habe ich einen völlig anderen Geist bemerkt als in den meisten Debatten hier im Haus. Es gab z. B. Applaus für gute Argumente, unabhängig von der Partei- und Fraktionszugehörigkeit der Abgeordneten.

    (Sehr richtig! bei den GRÜNEN)

    Genau das wäre doch eigentlich selbstverständlich. Mich macht es immer traurig, wenn ich bei anderen Debatten sehe, wie stur dort nach Block applaudiert wird und daß eben gerade nicht das Argument zählt.

    (Frau Schoppe [GRÜNE]: Nein, nicht wahr! Wenn sie recht haben, haben sie recht! Dann klatschen wir!)

    — Wenn sie recht haben, haben sie recht. Ob sie recht haben, ist leider meistens eine Frage der Macht.

    (Bohl [CDU/CSU]: Jetzt haben Sie unrecht!)

    Was ich mir wünschen würde, wäre, daß auch in den Debatten wirklich das jeweilige Argument zählt und nicht nur die Parteizugehörigkeit — das gilt auch für Abstimmungen — , daß wir diese ganzen Rituale einmal herunterschrauben, ein bißchen offener, direkter, argumentativer und diskursiver miteinander umgehen. Ich denke, das würde auch das Bild, von dem vorher die Rede war — das Bild, das das Parlament nach draußen vermittelt — , verändern. Denn es ist ja das eigentlich Deprimierende — das Deprimierendste, denke ich — , daß die Menschen spüren, diejenigen, die hier reden, reden eigentlich gar nicht mehr in der Hoffnung, jemanden zu überzeugen, oder in der Hoffnung, daß sich in der Debatte aus These und Antithese vielleicht eine Synthese entwickelt. Vielmehr



    Häfner
    sind die Machtverhältnisse vorher festgelegt. Das Ergebnis steht fest. Es sind Schaufensterdebatten, die hier geführt werden. Das bestimmt dann auch den Ton der Auseinandersetzung, der mehr für das Fernsehen, für die Presse gewählt ist als für eine wirklich sachdienliche Diskussion der ja häufig sehr ernsten Gesetzgebungsvorhaben, die hier zu besprechen sind.
    Worum geht es? Es geht um eine Parlamentsreform. Ich würde sagen: Ziel dieser Parlamentsreform kann eigentlich gar nicht eine wie auch geartete, andere Funktion des Parlaments sein, sondern eine Parlamentarisierung des Parlaments. Ich sehe hier sehr wenig von wirklichem Parlament im Sinne von Miteinander-Reden, auch im Sinne von erster Gewalt, Legislative.
    Wie stellt sich das Parlament dar? Eine der entscheidenden Grundsäulen der Demokratie, nämlich die Trennung von Legislative und Exekutive, wobei die Legislative nicht zu Unrecht als die erste Gewalt bezeichnet wird, findet sich eigentlich nur noch in Sozialkundebüchern und in der Unterrichtsgestaltung auf höheren Schulen. In der Realität — behaupte ich — ist sie nicht wirklich gegeben.
    Das Parlament versteht sich immer mehr als ein Bestätigungs- und Absegnungsorgan der Regierungspolitik — auch wegen der sehr problematischen häufigen Identität von Regierungspolitikern und Parlamentsmitgliedern. Die großen Fraktionen, die gemeinsam die Koalition bilden

    (Zuruf des Abg. Conradi [SPD])

    — auf dem Gang und sonstwo hört man manchmal, wie sie persönlich dazu stehen — , machen auch hier im Parlament immer wieder die oft erzwungene Übung, eine vorher schon festliegende Politik neu zu bestätigen. Das schadet der Demokratie.
    Ich will Ihnen ein Beispiel aus dem Ausschuß erzählen. Ich war, offen gestanden, ganz verdattert als neues Mitglied unseres Ausschusses, als wir auf einen Antrag hin eine Abstimmung hatten, fünf Mitglieder des Ausschusses dem Antrag zustimmten, ein Mitglied den Antrag ablehnte und der Vorsitzende des Ausschusses sagte: Hiermit ist der Antrag abgelehnt. Ich habe mich ganz irritiert zu Wort gemeldet und gesagt: Ich habe zwar nicht Mathematik studiert, aber nach Adam Riese — fünf dafür, einer dagegen — ist der Antrag angenommen. — Dann wurde ich mit großem Befremden gefragt, ob ich die Abstimmung anzweifeln würde. Ich sagte: Nein, eigentlich ist die Abstimmung doch gelaufen. Kritisiert habe ich nur die Interpretation des Ergebnisses. Schließlich wurde die Abstimmung wiederholt, und die Herren von der Koalition haben dann also auch den Arm gehoben. Praxis im Ausschuß scheint zu sein, daß es genügt, wenn einer den Arm hebt. Dann geht man davon aus, daß alle anderen genauso stimmen, als hätten wir unseren Kopf am Eingang des Parlaments abgegeben.

    (Bohl [CDU/CSU]: Das kann nur der Rechtsausschuß sein!)

    Vielleicht lassen Sie mich, weil meine Redezeit schon dem Ende zugeht, nur kurz noch dies sagen: Nicht alles ist durch eine Parlamentsreform zu lösen.
    Wir brauchen auch eine umfassende Demokratisierung unserer Gesellschaft. Wir brauchen auch eine Demokratisierung der Parteien. Ich möchte z. B. Herrn Kollegen Bohl vorschlagen, einfach einmal einen Teil seiner Ämter abzugeben.

    (Bohl [CDU/CSU]: Was soll ich abgeben?) Das wird Ihnen und dem Parlament guttun.

    Eine Parlamentsreform kann aber viel verbessern, z. B. dann, wenn der einzelne Abgeordnete sich frei zu Wort melden kann. Denn die Tatsache, daß ich das nicht kann, daß Sie alle das nicht können, sondern daß das immer über die Fraktionsgeschäftsführung gehen muß, führt dazu, daß die Botmäßigkeit schon vorab erzwungen wird. Der einzelne Abgeordnete — das sollte man auch den Bürgerinnen und Bürgern sagen — darf im Parlament keinen richtigen Antrag stellen, keinen Gesetzentwurf einreichen. Das einzige, was er darf, ist, eine Frage stellen, die er eine Woche vorher schriftlich einreichen muß und auf die dann ein Staatssekretär meistens absolut unkonkret und nebulös Antwort gibt.

    (Conradi [SPD]: Man muß auch fragen können, Herr Kollege!)

    Das kann nicht die Aufgabe des Abgeordneten im Deutschen Bundestag sein.
    Ich plädiere dafür, das Anliegen der Parlamentsreform zügig voranzutreiben. Es gibt hierzu eine Fülle von Vorschlägen, die debattiert und beschlossen werden müssen.

    (Beifall bei den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)