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ID1102203400

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    Plenarprotokoll 11/22 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 22. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 2. September 1987 Inhalt: Nachruf auf die Abg. Frau Zutt 1423 A Glückwünsche zu den Geburtstagen des Abg. Bernrath, des Parlamentarischen Staatssekretärs Gallus, des Abg. Wischnewski, des Vizepräsidenten Stücklen, der Abg. Dr. Pohlmeier, Hinrichs und Ruf 1423 C Eintritt der Abg. Frau Dr. Dobberthien in den Deutschen Bundestag 1423 D Verzicht des Abg. Dr. Rumpf auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . 1423 D Eintritt des Abg. Dr. Hitschler in den Deutschen Bundestag 1423 D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Abschaffung der nuklearen Mittelstreckenraketen (Drucksache 11/732 [neu]) in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortiger Verzicht der Bundesrepublik Deutschland auf die 72 Pershing-I a- Raketen der Bundesluftwaffe (Drucksache 11/699 [neu]) in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Atomwaffenverzicht ins Grundgesetz (Drucksache 11/757) Dr. Vogel SPD 1424 A Dr. Kohl, Bundeskanzler 1427 B Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 1431D Dr. Dregger CDU/CSU 1434 A Dr. Scheer SPD 1437 C Mischnick FDP 1440 C Frau Beer GRÜNE 1443 B Biehle CDU/CSU 1445 A Genscher, Bundesminister AA 1447 D Bahr SPD 1450B Zur Geschäftsordnung Kleinert (Marburg) GRÜNE 1453 C Gansel SPD 1454 B Seiters CDU/CSU 1455 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 1456 D Nächste Sitzung 1457 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1458* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. September 1987 1423 22. Sitzung Bonn, den 2. September 1987 Beginn: 10.01 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Abelein 2. 9. Dr. Ahrens * 2. 9. Bamberg 2. 9. Frau Beck-Oberdorf 2. 9. Bernhard 2. 9. Catenhusen 2. 9. Dr. Daniels 2. 9. Eimer 2. 9. Frau Fischer 2. 9. Funke 2. 9. Frau Geiger 2. 9. Grünbeck 2. 9. Haack (Extertal) 2. 9. Dr. Holtz * 2. 9. BM Klein 2. 9. Dr. Klejdzinski * 2. 9. Klose 2. 9. Dr. Knabe 2. 9. Frau Krieger 2. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer * 2. 9. Menzel 2. 9. Dr. Meyer zu Bentrup 2. 9. Neumann (Bremen) 2. 9. Niegel 2. 9. Oostergetelo 2. 9. Frau Pack * 2. 9. Pfuhl 2. 9. Reschke 2. 9. Reuschenbach 2. 9. Prof. Dr. Rumpf * 2. 9. Schulhoff 2. 9. Dr. Sperling 2. 9. Spilker 2. 9. Spranger 2. 9. Dr. Stercken 2. 9. Stratmann 2. 9. Tietjen 2. 9. Dr. Unland * 2. 9. Frau Dr. Vollmer 2. 9. Volmer 2. 9. Dr. Warrikoff 2. 9. Dr. Wieczorek 2. 9. Wieczorek (Duisburg) 2. 9. Dr. de With 2. 9.
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    Rede von Angelika Beer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freundinnen und Freunde! Der Alptraum der Hardthöhen-Generäle und Regierungspolitiker ist also Wirklichkeit geworden. Das Bedrohungsbild, die Lüge vom schrecklichen Russen, der bei erstbester Gelegenheit in unser Land mit seinen Panzern einrolle, von denen er so viel mehr habe, und das Bild von der Sowjetunion, die deshalb ungleich mehr an Waffen, Panzern und Raketen habe und auch ungleich mehr aufrüste als die NATO; diese Bedrohungslüge wird von der Bevölkerung unseres Landes nicht mehr geglaubt. Sie mußte jahrelang dafür herhalten, daß ein immenses Aufrüstungsprogramm der NATO vollzogen werden konnte.
    Die Sowjetunion hat trotz der Verhinderungstaktik auf westlicher Seite konsequente Abrüstungsvorschläge wie Null oder Doppel-Null formuliert und aufrechterhalten sowie durch einseitige Verzichtleistungen — ich erinnere hier nur an den einseitigen Atomteststopp der Sowjetunion — Vertrauen auch in der
    westlichen Bevölkerung erzeugt und verdient. Es wird klar: Feindbildideologie und Abschreckungsideologie funktionieren nicht mehr. Weitere offene Aufrüstung würde auf den Widerstand der Bevölkerung stoßen, wenn sie nicht mit scheinbaren Abrüstungsvorschlägen und Abrüstungsbereitschaft garniert werden würde.
    Sie praktizieren Aufrüstung — darauf komme ich später noch zurück — und sind gezwungen, den Eindruck zu vermitteln, als wollten Sie abrüsten. Das Verhalten der Bundesregierung im Rahmen der ganzen Abrüstungsdebatte der letzten Monate bestand darin, einerseits mit immer neuen Vorwänden die Abrüstung zu blockieren und dann, wenn der Druck der USA auf die Regierung zu groß wurde und keine andere Wahl mehr ließ, klein beizugeben und dies in einer gigantischen Pseudoinszenierung als Abrüstungswille zu verkaufen.
    Sie müssen diese perfekte Darbietung nach außen vermitteln, müssen so tun, als wären Sie jetzt derjenige, der ein Abrüstungsabkommen möglich macht. Zu einem Zeitpunkt, wo nicht nur die Friedensbewegung, sondern auch die Mehrheit der Bevölkerung Abrüstung will und das auch klar und deutlich von den Regierungen verlangt, können Sie nicht allein der Sowjetunion dieses Abrüstungsimage überlassen. Immerhin hat „Der Spiegel" in dieser Woche in seiner Sympathieumfrage bei einem Vergleich von Gorbatschow und fünf anderen Politikern festgestellt, daß er weit an der Spitze steht.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Die anderen kommen gar nicht vor!)

    Alle Welt redet von Abrüstung und ich von Aufrüstung. Warum? Weil wir den Tatsachen ins Gesicht sehen müssen. Das näher rückende Abrüstungsabkommen, welches nicht Verdienst der harten Politik der NATO und ihrer Zustimmung zum sogenannten Nachrüstungsbeschluß ist, sondern Erfolg des neuen Denkens in der Sowjetunion und des beständigen Kampfes der Friedensbewegung für den sofortigen Abzug dieser atomaren Tötungspotentiale, wird gefährdet dadurch, daß in Wirklichkeit weiter aufgerüstet wird. Daß kräftig weiter aufgerüstet wird, ist keine Unterstellung. In den nachfolgenden Beispielen beziehe ich mich größtenteils schon heute auf Angaben in dem noch zu besprechenden vorliegenden Haushaltsentwurf.
    Er sieht Gelder vor für die FOFA-Konzeption der NATO, die den an der offensiven US-Doktrin Air Land Battle angelehnten Tiefschlag ins gegnerische Hinterland möglich machen soll. Sie stellen Gelder bereit für neue Munitionsbehälter für den Tornado, für das MARS-Raketenwerfersystem, Mittel für die Forschung, Entwicklung und zum Teil schon Produktion von Abstandswaffen.
    Mit den Geldern für die Beschaffung der PatriotRakete findet der stillschweigende Einstieg der Bundesrepublik in die taktische Raketenabwehr statt, natürlich ausbaufähig. Dieser Rüstungshaushalt verfolgt genauso auch das sogenannte Jagdflugzeug 90 weiter, ein würdiger Nachfolger für den Tornado, zumin-



    Frau Beer
    dest was die sinnlose Verschwendung immer größerer finanzieller Ressourcen betrifft.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Nicht Abrüstungswille, nicht einmal Signale des Willens zur Kontrolle der Aufrüstung kennzeichnen diesen Rüstungshaushalt, Herr Kohl, sondern der ungebrochene Wille zur militärischen Stärke. „Frieden schaffen mit immer weniger Waffen" ist das, was Sie sagen, Kriegsführungsfähigkeit schaffen mit immer mehr Waffen ist das, was Sie tun.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wie weit wir von einer wirklichen Friedens- und Abrüstungspolitik entfernt sind, zeigt sich auch in der folgenden Kurzbeschreibung der diesjährigen Manövertätigkeit. Da hat vorige Woche das sechswöchige Manöver Reforger 87/Certain Strike begonnen, an dem über 80 000 Soldaten aus mehreren Ländern teilnehmen. Spiel ohne bzw. um Grenzen?
    Bei diesem größten Manöver überhaupt in unserem Land sollen zum erstenmal alle Möglichkeiten von Truppentransporten unter voller Nutzung der zivilen Infrastruktur geprobt werden. Der Manöverteil Certain Strike enthält eine Reihe von offensiven, auf die Air-Land-Battle-Strategie ausgerichteten Elementen. Das 3. US-Corps soll im ganzen Übungsverlauf eine auf „Angriff ins Hinterland" gerichtete offensive Rolle spielen.
    Beim Manöver Accord Express übt die Allied Mobile Force, die schnelle Eingreiftruppe der NATO, mit 50 000 Mann in Dänemark die rasche Verlegung von Einheiten an die „Nordflanke".

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Das Telefonbuch von Neumünster ist interessanter!)

    Insgesamt sind bei diesen Manövern eine halbe Million Soldaten im Gelände.
    Besonders möchte ich neben den oben aufgeführten Manövern auf das deutsch-französische Manöver „Kecker Spatz " mit 80 000 Soldaten in Süddeutschland aufmerksam machen, das seine Bedeutung neben seiner Größe vor allem durch seine euromilitärische Stoßrichtung erlangt: die aktuell wieder aufgeflammte, halb offizielle Diskussion über eine französisch-deutsche Arbeitsteilung bei Nuklearwaffen, die Planungen für eine gemeinsame deutsch-französische Brigade und die für den 27. Oktober 1987 in Den Haag geplanten Wiederbelebungsversuche der längst totgesagten WEU usw.
    Diese Kriegsübungen, dieser Schlachtenlärm sind die Begleitmusik zu dem Regierungstheater, Herr Kohl, das Sie in der Frage der Pershing-Raketen hier aufführen.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Da hilft das Trommelfeuer aus Bayern, in der Öffentlichkeit das gewünschte Bild aufzubauen:

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    gute Bundesregierung — böse Bayern, Genscher gegen Strauß. Bei dem Bild, das Sie zu vermitteln versuchen, Friedens- und Abrüstungswillen bei der FDP, CDU und SPD, müßten Sie sich, wenn es denn stimmen würde, schon die Frage gefallen lassen, warum
    Sie nicht danach handeln. Nichts wäre einfacher, als hier und heute eine Abstimmung durchzuführen, und den Stationierungsbeschluß wieder aufzuheben. Wer abrüsten will, kann das auch tun.
    Was Sie uns aber vorführen, ist ein Spiel mit verteilten Rollen. Herrn Genschers Vorschlag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vorn 31. August, in diesem Prozeß scheinbarer Abrüstung zu einem neuen Konsens zwischen Teilen der CSU, CDU, Genscher und der SPD unter Ausschluß der GRÜNEN zu kommen, ist ein Altparteienkompromiß, den wir selbstverständlich auch ablehnen würden. Anläßlich unserer Bundestagsdebatte über die doppelte Null-Lösung am 4. Juni hatte ich Sie, Herr Genscher, aufgefordert, den Verzicht auf die Pershing I a auszusprechen. Die Antwort darauf liegt uns heute in Form einer Erklärung von Herrn Kohl vor: Er vertritt noch immer den Standpunkt, die Pershing I a sei nicht Verhandlungsgegenstand in Genf; eine Modernisierung werde nur dann unterlassen werden, wenn alle Atomraketen zwischen 500 und 5 000 Kilometer Reichweite abgeschafft worden seien. Alle die, die diese Erklärung unterstützen, auch Sie, meine Damen und Herren, haben in diesem Moment ihre Beharrlichkeit hinsichtlich des Hinweises auf das Drittstaatensystem aufgegeben und stellen sich hier in einen Konsens mit den Regierungsparteien. Nicht die Koalition hat sich bewegt, sondern Sie, die SPD, haben sich nach rechts bewegt, indem Sie darauf verzichten.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben? — Weitere Zurufe von der SPD)

    Genau die Frage, wem diese Sprengköpfe gehören, eine Frage, die der Leiter der Abrüstungsabteilung des sowjetischen Außenministeriums, Karpow, jetzt erneut in TASS aufgeworfen hat, ist nicht irgendeine, sondern trifft exakt den neuralgischen Punkt bundesdeutscher Rüstungs- und Außenpolitik. Für die Bundesregierung wäre die Anerkennung, über Drittstaatensysteme zu verfügen, ein spektakulärer diplomatischer und innenpolitischer Durchbruch auf dem Weg zum Mitbesitz und Alleinbesitz von Atomwaffen.

    (Beckmann [FDP]: Völliger Quatsch!)

    Um dies klarzustellen, haben wir den Antrag gestellt, den Verzicht, den wir fordern, in das Grundgesetz aufzunehmen. Ein solcher Schritt hätte auch Auswirkungen auf die Ängste in Ost und West vor dem Trauma einer deutschen Atombombe, vor dem auch Kissinger im April dieses Jahres bereits gewarnt hat; auch das wissen Sie sehr wohl, Herr Kohl.
    Zum Schluß möchte ich die Friedensbewegung auffordern und ermutigen, weiterzumachen, gerade in dieser Situation das Abrüstungsabkommen, das wir wollen, zwar auch zu fördern, aber deutlich zu machen, daß damit noch längst nicht alle Waffen, auch nicht die seegestützten oder luftgestützten atomaren Waffen, verschwunden sind.
    Ich mache darauf aufmerksam, was hier geplant wird: Bei der NATO-Ministerratstagung in Stavanger am 15. Mai verständigten sich die NATO-Verteidigungsminister darauf, mit anderen atomaren Waffen „nachzurüsten". Es soll also nicht nur die konventionelle Rüstung verstärkt werden. Hier könnten Sie



    Frau Beer
    CDU/CSU und FDP, doch anfangen, machen Sie doch einseitige Vorleistungen!

    (Lowack [CDU/CSU]: Sollen doch die Sowjets anfangen, fordern Sie doch die Sowjetunion auf! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie sehen ja, wie es funktioniert.


Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Abgeordnete, die für Sie gemeldete Redezeit ist abgelaufen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Angelika Beer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich bin gleich fertig, ich komme zum Schluß. — Wir werden deutlich machen, daß dieser Beschluß, atomare Mittelstreckenraketen, die abgebaut werden sollen, in anderen Bereichen zu kompensieren, uns nicht zu dem Frieden führt, den wir wollen. Wir wollen keinen Frieden mit Waffen, sondern ohne Waffen. Der einseitige Verzicht auf Pershing I a in diesem Moment ist das einzige, was das Vertrauen in Sie, das Sie verspielt haben, wiederherstellen kann.

    (Beifall bei den GRÜNEN)