Rede von
Klaus
Harries
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Hauff, ich habe zu Ihrer Bemerkung Stellung genommen, daß das Unglück im Bergwerksbereich, im oberen Bereich, in Gorleben jetzt bereits den Schluß zulasse, daß Gorleben als Endlager ausscheide und das sehe ich als — —
— Das haben Sie gesagt, daß Gorleben als Endlager nicht in Frage komme.
Meine Damen und Herren, im Grunde erwartet unser Volk auch heute noch von den staatstragenden Parteien in diesem Hause ein einvernehmliches Konzept für die Energieversorgung und für die Sicherstellung der Energieversorgung in den nächsten Jahren. Das erwartet nicht nur unser Volk, das erwarten auch unsere Wirtschaft und unsere Industrie. Gerade diese müssen wissen, wohin die Reise geht. Sie müssen langfristig planen und können ihre Entscheidung nicht von irgendwelchen ganz kurzfristigen gesellschaftspolitischen Strömungen, die heute mal dieses Ausmaß haben und morgen jenes Ausmaß haben, abhängig machen.
Meine Damen und Herren, von daher sind wir, wie ich meine, alle aufgerufen, auch in den nächsten Jahren — denn wir werden ja Zeit dazu haben, weil Ihr Gesetz hier sicher nicht angenommen wird — gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir den energiepolitischen Konsens in unserem Volk wiederherstellen und in diesem Hause auch nach außen hin erklären.
Meine Damen und Herren, ich möchte mit einigen Thesen und einigen Fakten, die ich gleich vortrage, den Versuch unternehmen, zu zeigen, daß es eigentlich schon heute Bereiche geben muß, die konsensfähig sein müßten. Dabei gehe ich im Prinzip davon aus — ich zitiere nun keine Wissenschaftler, wie Sie von der anderen Seite es getan haben; es hilft auch nicht weiter, wenn der eine jene Namen vorbringt, der andere diese — , daß die Wissenschaft ganz überwiegend nicht nur in der Bundesrepublik, sondern in der Welt der Auffassung ist,
daß Kernenergie machbar ist, daß insbesondere die Kernkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland sicher sind und daß ein katastrophales Unglück, wie wir es mit Tschernobyl erleben mußten, bei uns nicht zu erwarten ist.
Die erste Aussage, von der ich meine, daß sie eigentlich konsensfähig sein müßte oder daß sie wieder zu einem Konsens führen muß, ist, daß ein Abschalten der 18 deutschen Kernkraftwerke überhaupt nicht mehr Sicherheit bringt. Das sehen Sie, wenn Sie die Zahlen einander gegenüberstellen, nämlich die 18 Kernkraftwerke bei uns und die 180 Kernkraftwerke in der europäischen Umgebung und die mehreren hundert Kernkraftwerke in der Welt.
Herr Kollege Hauff, ich darf Sie — entschuldigen Sie — zum drittenmal zitieren. In einem Vorwort zu der Sicherheitsstudie, das Sie damals noch als Bundesforschungsminister geschrieben haben, haben Sie zum Ausdruck gebracht, daß natürlich die Gefahr nicht gebremst werden kann, daß radioaktive Wolken über die Grenzen hinweggehen. Es war vielleicht eine weise Vorhersicht dessen, was dann in Tschernobyl geschehen ist.
— Damit will ich sagen, daß das Abschalten der 18 deutschen Kernkraftwerke überhaupt nicht mehr Sicherheit bringt, weil, wie wir alle wissen, in der ganzen Welt Kernkraftwerke arbeiten und geplant sind.
Das leitet zu meiner zweiten These über, die ich für konsensfähig halte. Ihr neues Konzept, Ihr Signal, das Sie geben wollen, bedeutet überhaupt keine Verpflichtung für die anderen Länder, für die Welt, für Europa, für die Betreiber von Kernkraftwerken. Es wird sie nicht dazu bringen, dem zu folgen, was Sie hier für uns vorschlagen und dessen Realisierung Sie sicher weltweit anstreben. Woanders denkt man eben nicht daran, aus der Kernenergie auszusteigen. Es wäre ein deutscher Sonderweg.
Die dritte These, meine Damen und Herren, lautet: Der Ausstieg aus der Kernenergie bedeutet nicht nur eine neue Energiepolitik, sondern bedeutet auch eine neue Industriepolitik.
Sie verunsichern, wie ich gesagt habe, mögliche Investoren, die es sich überlegen werden, zukünftig mit ihren Investitionen noch in die Bundesrepublik zu kommen.