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    Plenarprotokoll 11/12 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 12. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. Mai 1987 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Absturzes einer polnischen Verkehrsmaschine . . . 687 A Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Weyel 687 B Erweiterung der Tagesordnung 687 B TOP 2: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Apel, Roth, Bahr, Frau Blunck, Börnsen (Ritterhude), Dreßler, Duve, Dr. Ehrenberg, Ewen, Frau Faße, Gansel, Graf, Grunenberg, Dr. Hauchler, Heyenn, Hiller (Lübeck), Jansen, Dr. Jens, Jungmann, Klose, Koschnick, Kuhlwein, Dr. Niese, Paterna, Schutz, Frau Simonis, Frau Terborg, Tietjen, Waltemathe, Würtz, Zumkley, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Erhaltung der Arbeitsplätze bei den deutschen Werften (Drucksache 11/228) in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherung von Werftarbeitsplätzen und -standorten (Drucksache 11/296) in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Lage der deutschen Schiffbauindustrie (Drucksache 11/298) Frau Simonis SPD 687 D Bohlsen CDU/CSU 690 B Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 691 C Richter FDP 692 C Koschnick SPD 693 C Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 695 D Hinrichs CDU/CSU 698 A Namentliche Abstimmungen 699B, C Ergebnisse 704B; 705D; 707A TOP 3: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz 1988) (Drucksache 11/285) in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Für eine gerechte und beschäftigungswirksame Steuerpolitik (Drucksache 11/16) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 699D Dr. Spöri SPD 708 C Gattermann FDP 711 C Hüser GRÜNE 713D Uldall CDU/CSU 716B Poß SPD 719 C Dr. Faltlhauser CDU/CSU 721 A Frau Matthäus-Maier SPD 723 C Nächste Sitzung 725 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 726* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 12. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Mai 1987 687 12. Sitzung Bonn, den 20. Mai 1987 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein ** 22. 5. Dr. Ahrens * 21. 5. Amling 22. 5. Beckmann ** 22. 5. Frau Beer ** 22. 5. Dr. Biedenkopf 20. 5. Biehle ** 22. 5. Frau Brahmst-Rock 28. 5. Büchner (Speyer) * 21. 5. Bühler (Bruchsal) * 20. 5. Dr. von Bülow 21. 5. Buschfort 22. 5. Dr. Dollinger 22. 5. Duve 20. 5. Eimer (Fürth) 22. 5. Francke (Hamburg) ** 22. 5. Graf 21. 5. Dr. Häfele 22. 5. Frau Dr. Hartenstein 22. 5. Horn ** 22. 5. Ibrügger ** 22. 5. Dr.-Ing. Kansy ** 22. 5. Kiechle 22. 5. Klose 20. 5. Kolbow 22. 5. Koschnick ** 22. 5. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kunz (Weiden) ** 22. 5. Dr. Graf Lambsdorff 22. 5. Lattmann ** 22. 5. Dr. Mechtersheimer ** 22. 5. Dr. Müller * 20. 5. Niegel ** 22. 5. Pesch 22. 5. Petersen ** 22. 5. Reschke 21. 5. Reuschenbach 22. 5. Ronneburger ** 22. 5. Sauer (Salzgitter) ** 22. 5. Schanz 20. 5. Dr. Scheer ' 20. 5. Schmidt (München) 22. 5. von Schmude 22. 5. Schreiner ** 22. 5. Dr. Stercken 21. 5. Tietjen 21. 5. Voigt (Frankfurt) ** 22. 5. Weiß (Kaiserslautern) ** 22. 5. Dr. Wieczorek ** 22. 5. Wieczorek (Duisburg) 22. 5. Zierer * 20. 5. Frau Zutt 22. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans Koschnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie schnell die Zeit vergeht, wie schnell aber auch die Prognosen und Hoffnungen der Bundesregierung vergehen. Denn was ist geblieben von den vollmundigen Aussagen der Herren Bundesminister Bangemann und Stoltenberg während der Aussprache in der letzten Aktuellen Stunde zur Schiffbaupolitik am 22. Oktober letzten Jahres? Was versprach man sich nicht alles von der Bündelung der Werftförderungsmaßnahmen und der zusätzlichen von Bund und Ländern zur Verfügung zu stellenden Mittel für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, und was ist das Ergebnis?
    Mit den heute vom Verband der Deutschen Schiffbauindustrie festgestellten katastrophalen Auftragseinbrüchen bei den deutschen Werften ist das Sterben vieler Meiner und mittlerer Werften verbunden, die an ihren in der Regel einwohnermäßig kleinen Standorten häufig genug die wichtigste Industriekomponente des Ortes waren und bei deren Schließung die Arbeitslosenquote auf über 20 % herauf schnellen wird.
    Herr Bangemann hatte noch im Oktober 1986 betont — ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten — :
    Wir wissen, daß die Schiffbauindustrie eine wichtige Schlüsselindustrie für die Küste ist. Deswegen ist eine gewisse Zahl von leistungsfähigen Werften erforderlich, die es übrigens noch gibt; denn man sollte angesichts der allgemeinen Situation nicht die Augen davor verschließen, daß es eine Reihe von mittleren und kleineren Werften gibt, die auf Grund einer vernünftigen Geschäftspolitik leistungsfähige Arbeitsplätze bieten und deswegen keine Konkurrenz zu fürchten haben .. .
    Derselbe gewichtige Vertreter der Bundesregierung wird doch wohl heute zu der Einsicht gekommen sein, daß es gerade diese kleinen und mittleren Betriebe sind, die jetzt den Bach hinuntergehen.

    (Zurufe von der SPD: So ist es!)

    Wenn ein so renommierter Betrieb wie der des auch wegen seiner Qualität und Tüchtigkeit im SchiffbauVerband einflußreichen Unternehmers Kurt Jansen aus Lehr nicht mehr unter vernünftigen Bedingungen



    Koschnick
    weiterarbeiten kann, dann macht das deutlich, wohin die Reise geht, wenn der Bund nicht eingreift.
    Sie wissen, wir fordern nicht einfach mehr Subventionen oder das Schließen der Augen vor internationalen Entwicklungen. Wir sehen sehr wohl, was die fernöstliche Konkurrenz an Möglichkeiten hat, gegen die man nicht einfach mit Erhaltungs- und Verdrängungssubventionen arbeiten kann. Wir müssen umstrukturieren. Wohl aber sehen wir die Verzerrungen am europäischen Schiffbaumarkt; wir sehen, wie unsere Werften ihre verzweifelten Versuche um Aufträge — belegt durch schärfste Kostenkalkulationen, modernste Technik und Qualität der Arbeit — am Ende nicht erfolgreich abschließen können, weil sie gegen ein Preisangebot staatlich hochsubventionierter europäischer Konkurrenz antreten müssen und natürlich — insbesondere als kleine und mittlere Betriebe — nicht gegen die staatliche Schiffbauförderungspolitik anderer Länder gewinnen können.
    Meine Herren der Bundesregierung, Sie sprechen vom freien Markt, vom internationalen Wettbewerb, von der Durchsetzungsfähigkeit kreativer Unternehmer und wollen nicht wahrhaben, daß freier Markt und Wettbewerb nur da ein wirkliches Regulativ ist, wo zumindest die staatlichen Rahmenbedingungen einheitlich gestaltet sind.
    Aber das ist es ja, was uns an der Küste — und zwar ohne Unterschied der politischen Einstellung oder des gesellschaftlichen Status, ohne Differenzierungen bei den Länderregierungen, Parteien, Unternehmern wie Arbeitnehmern — so bedrängt. In der Europäischen Gemeinschaft wird immer noch unterschiedlich gefördert, sowohl der Höhe als auch der Sache nach.
    Zwar hat die Bundesregierung dazu beigetragen, daß in der EG Höchstsätze vereinbart wurden, doch Herr Bangemann denkt gar nicht daran, diese Höchstsätze für unsere eigene Schiffbauförderung zu übernehmen. Er läßt die Exportaufträge für den Handelsschiffbau fast völlig ungestützt, und auch die Aufträge für die eigenen Reeder erfahren nicht die Hilfen, wie sie die anderen europäischen Länder ihren Unternehmen gewähren.
    Wenn ich jetzt von meinem Kollegen Manfred Richter höre: Jetzt haben wir doch alles, jetzt tun wir doch alles!, dann kann ich nur sagen: Ja, verdammt noch mal, warum stellen Sie Anträge? Handeln Sie oder stimmen Sie unserem Antrag zu! — Das ist die Antwort.

    (Beifall bei der SPD)

    Das Ergebnis ist jedenfalls eindeutig: Der Auftragsbestand ist weiter zurückgegangen mit katastrophalen Aussichten für viele Unternehmen. Das Sterben unserer Werften geht weiter, ja es beschleunigt sich rapide. Manche Regionen an der Küste, gerade in CDU-geführten Ländern, veröden industriell. Die Arbeitslosenzahlen schnellen beängstigend nach oben, und die Kommunen bluten allmählich aus wegen der sich daraus ergebenden sozialen Belastungen und geringeren Steuereinnahmen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bremen!)

    — Ihnen muß man es dreimal und viermal sagen, bis Sie begreifen, wie es in den Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen aussieht.

    (Zustimmung bei der SPD Austermann [CDU/CSU]: Das ist ja hanebüchen!)

    Es war kein Sozialdemokrat, sondern der langjährige Minister der CDU-Regierung Schleswig-Holsteins, Gerd Lausen, der erst vor kurzem wieder erklärte: „Wenn die schrillende Alarmglocke nicht zum Sterbeglöckchen der Schiffbauindustrie werden soll, sind rasche Staatshilfen unumgänglich." Ich rede nicht wie ein Blinder von der Farbe. Ich habe die Werftkrisen an der Weser erlebt. Ich habe festgestellt, wie sich die Bundesregierung, wie sich Herr Lambsdorff zurückgezogen haben,

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    als Konzepte gefordert worden sind und sie, als wir sie geliefert hatten, nicht akzeptiert worden sind.
    Sie haben damals gehofft, daß ich über die Klippe gehe. Sie haben gehofft, daß die SPD in Bremen zugrunde geht. Wir haben gekämpft — nicht um Subventionen, sondern um eine vernünftige Schiffbaukonzeption, die wir vom Bundeswirtschaftsministerium nicht bekommen haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Im übrigen: Wenn die Christdemokraten jetzt Zwischenrufe machen, wundert mich das sehr. Sie haben doch etwas mehr getan als die Freien Demokraten. Sie müßten eigentlich zufrieden sein mit dem, was ich sage. Aber Sie hören ja auch nicht hin. Sie kriegen nur große Wellen mit, sehen die Arbeitslosen und möchten es nicht wahrhaben. Schrecklich genug für die Kollegen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

    (Beifall bei der SPD — Uldall [CDU/CSU]: Warum sind denn die Werftarbeiter zu Ihnen ins Rathaus gekommen?)

    — Weil sie Hoffnung hatten, nachdem Sie versagt hatten. Und wir haben mit ihnen offen gesprochen.

    (Uldall [CDU/CSU]: Die wollten Sie beim besten Willen nicht loben!)

    Am Ende haben uns die Werftarbeiter mit 64 % gewählt, weil sie akzeptiert hatten, daß wir die Wahrheit gesagt und sie nicht belogen haben, wie es bei Ihnen der Fall war.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben den Leuten nicht am Tage der Wahl die Wahrheit über HDW gesagt, wir haben uns vorher gestellt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sprüche geklopft!)

    Ich knüpfe jedenfalls an die Forderung meiner Kollegin Simonis vom 6. November 1986 im Haushaltsausschuß an, doch die über verschiedene Haushaltstitel verteilten Schiffbauförderungsmittel an einer Stelle zusammenzuführen und dann auch einheitlich und umfassender zu fördern. Ich greife auf, was meine Kollegen Gansel und Waltemathe am 25. Oktober 1986 hier gesagt haben. Obwohl Sie sagten, das sei nicht erforderlich, wir würden das schon schaffen, ist heute festzustellen: Nichts ist geschaffen worden. In



    Koschnick
    Schleswig-Holstein, in Niedersachsen, in Bremen wird es immer schlimmer; weniger in Hamburg — da ist schon bald nichts mehr.
    Inzwischen haben wir — vor allem die Arbeitnehmer auf unseren Werften — erleben müssen, daß die Kollegen Gansel und Waltemathe recht hatten mit ihren Befürchtungen. Die Bundesmaßnahmen, so wie sie im Herbst 1986 konzipiert wurden, sind nicht geeignet, das Werftsterben zu beenden.
    Die allgemeine Klage des Herrn Bangemann, die Subventionierung müsse ein Ende haben, ist nichts als Schall und Rauch, wenn nicht zumindest unsere Partner in der EG eine solche Politik mitvertreten. Sowenig Stahl und Kohle alleine gegen staatliche Subventionen und Förderungen anderer Länder auf Dauer bestehen können, sowenig — zumal bei der viel geringeren Kapitalausstattung — kann das unsere Schiffbauindustrie. Gesundbeten ist nicht die Antwort, sondern sofortige Hilfe des Staates ist geboten. Ich sage: sofortige Hilfe, nicht erst 1988. Unsere Werften kriegen keine Aufträge, wenn nicht sofort gehandelt wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun kenne ich selbst die Finanzmisere unseres Staates. Ich glaube auch nicht an die unerschöpfliche Geldvermehrung unseres obersten Kassenverwalters. Ich bin deshalb mit meinen Freunden der Auffassung, daß wir nicht zunächst nach Verstärkung der Haushaltsmittel rufen, sondern die Bundesregierung auffordern sollten, jetzt und sofort sämtliche Schiffbauförderungsmittel zusammenzuführen und aus den vorhandenen, aber nur im geringen Umfange abgerufenen Mitteln die gemeinsam von allen Küstenländern geforderten 20 % für Inlands- und Auslandsaufträge im Handelsschiffneubau und -umbau zu gewähren. Nicht bis 20 %; 20 % haben wir gesagt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Weil damit keine zusätzlichen Bundesmittel in Anspruch genommen werden, sondern die bereits bewilligten nur sofort ausgeschöpft werden können, bitte ich insonderheit die Kolleginnen und Kollegen der CDU und FDP aus den Ländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen, unseren Antrag zu unterstützen.
    Ich gehöre nicht zu denen, die einen Spalt in die Fraktionen treiben wollen. Ich weiß aus eigener Regierungserfahrung, wie wichtig eine geschlossene Unterstützung durch die die Regierung tragenden Abgeordneten ist. Dennoch habe ich auch erlebt, daß eine Korrektur des Regierungshandelns durch das Parlament — das setzt Einsicht bei der Mehrheit voraus — von großer Bedeutung auch für die Regierung sein kann. Hier könnten wir beweisen, daß nicht zu Hause Sprüche gemacht werden und hier mit Nein gestimmt wird. Hier könnten wir die Einheit Norddeutschlands feststellen. Einmal würden wir dann so handeln, wie es die bayerischen Kollegen querbeet durch die Fraktionen tun, wenn es um um bayerische Anliegen geht: Wir würden einmal geschlossen Norddeutschland darstellen.

    (Beifall bei der SPD)

    Uns Sozialdemokraten geht es bei unserem Antrag nicht um eine publizitätswirksame Aktion, sondern um eine konkrete Unterstützung für eine krisengeschüttelte Region, um die Sorgen von Menschen, die mit ihrer Arbeitsleistung Entscheidendes für den Wiederaufbau und die Wiederbelebung unserer Wirtschaft nach 1948 getan haben und die zu Recht darauf hoffen, daß wir sie nicht mit dem Wortgeklingel unveränderlicher Marktgesetzlichkeit im Stich lassen, sondern daß der Bundestag beweist, daß er bereit ist, auch die Bundesregierung zur sofortigen Hilfe anzutreiben.
    Deswegen beantrage ich, im Antrag der sozialdemokratischen Fraktion unter a nach den Worten „im Bereich der Schiffbauhilfen" das Wort „sofort" einzusetzen.
    Zweitens bitte ich im Namen meiner Fraktion um namentliche Abstimmung. Ich möchte gern sehen, wo die norddeutschen Abgeordneten bleiben.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Koschnick, für das Zitieren brauchen Sie nicht mehr die Zustimmung des Präsidenten. Aber „Donnerwetter" überlegen Sie sich das nächste mal bitte.

(Heiterkeit bei der SPD — Waltemathe [SPD]: Aber das spricht er in einer Silbe! — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: „Verdammt noch mal" hat er gesagt!)

Jetzt hat der Bundesminister für Wirtschaft das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Martin Bangemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal daran erinnern, daß wir, als wir vor Monaten hier zum erstenmal über die Veränderung der Lage im Schiffbau diskutiert haben, vor dem Hintergrund eines Vorschlags diskutieren konnten, der Ihnen gemeinsam von der deutschen Schiffbauindustrie, von den Küstenländern und dem Bund unterbreitet worden ist. Damals — das war die gemeinsame Position, die auch vom Verband der Deutschen Schiffbauindustrie nicht bestritten worden ist — sind wir alle davon ausgegangen, daß im deutschen Schiffbau eine Überkapazität besteht, unabhängig von der Frage, auf welchem Subventionsniveau Schiffbau unterstützt wird, und daß das einen Abbau von 10 000 Arbeitsplätzen notwendig macht. Das war die unbezweifelte Voraussetzung, von der auch die Küstenländer, der Gutachter und die deutsche Schiffbauindustrie ausgegangen sind. Jetzt soll man nicht so tun, als ob nur die Bundesregierung diesen Abbau noch für notwendig hält. Er ist notwendig; denn die Situation der deutschen Schiffbauindustrie hat sich — das ist richtig — nicht verändert. Sie hat sich dramatisch verschlechtert. Deswegen ist diese gemeinsame Voraussetzung heute nach wie vor noch richtig.
    Das zweite ist, man muß sich darüber verständigen können, was die Gründe dafür sind. Hier darf man nicht nur auf die Subventionierung in anderen Ländern verweisen. Gott sei Dank hat sich Herr Koschnick einmal aufgerafft, anzuerkennen, daß es der Bundes-



    Bundesminister Dr. Bangemann
    regierung gelungen ist — und zwar zum erstenmal und entgegen der Skepsis, die weit verbreitet war —, eine obere Grenze der Subventionen in der Europäischen Gemeinschaft mit 28 % des Auftragswertes einzuführen.

    (Jungmann [SPD]: Aber Sie machen es doch nicht!)

    Ich habe in dieser Debatte gesagt — auch der französische Kollege hat es übrigens gesagt — , daß wir diese obere Grenze als eine Aufforderung zur Abwärtsbewegung derjenigen verstehen, die darüber liegen, und nicht als Aufforderung zum Aufzonen des allgemeinen Subventionsniveaus. Das würde uns überhaupt nichts nützen. Denn was solche Subventionen für Arbeitsplätze bedeuten, kann man sehr gut an den Ländern sehen, die höher subventionieren.
    Wir hatten in der Bundesrepublik 1976 47 000 Arbeitsplätze im Handelsschiffneubau. Wir hatten 1985 22 000. Das ist ein Abbau von 53 %.

    (Zuruf von der SPD: Fürchterlich!)

    — Natürlich ist das fürchterlich. Aber das ist doch nicht eine Frage, die allein die Bundesregierung zu beantworten hat. Sie wissen ganz genau, daß wir in der Weltschiffstonnage einen Überhang haben, der zum Frachtverfall geführt hat — deswegen gibt es keine Neubauten — , daß wir natürlich auch in anderen Ländern Subventionen haben, daß wir beispielsweise im Lohnniveau Unterschiede haben, auf die ich noch kommen will.

    (Frau Simonis [SPD]: Wenn Sie das wissen: Warum tun Sie nichts?)

    Aber nun hören Sie sich wenigstens einmal die Zahlen an. Bei uns gibt es einen Abbau von 53 % , in Frankreich einen solchen von 32 500 Arbeitsplätzen auf 17 000 — das sind 46 % — , in Italien, das zugegebenermaßen das höchste Subventionsniveau in der gesamten Europäischen Gemeinschaft hat, von 22 000 auf 10 000 rund gerechnet — das sind 53 % — , in den Niederlanden von 20 000 auf 6 400 — 69 % — und in Großbritannien, wo die Schiffbauindustrie weitgehend verstaatlicht ist, von 47 000 auf 13 000, das sind 71 %. Das ist der Beweis dafür, daß man mit Subventionen keine Arbeitsplätze erhält, sondern daß jede subventionierte Industrie wettbewerbsunfähig wird und Arbeitsplätze verliert. Deswegen ist es keine Dogmatik und keine bloße marktwirtschaftliche Philosophie, die wir vertreten, wenn wir gegen Subventionierungen sind, sondern es ist die bittere Erkenntnis, daß man wettbewerbsfähig sein muß, wenn man Arbeitsplätze erhalten will.
    Lassen Sie mich sagen — es hat noch niemand jetzt hier gesagt —,

    (Zuruf der Abg. Frau Traupe [SPD])

    was dabei auch mit berücksichtigt werden muß, was aber nicht Sache der Bundesregierung ist, sondern der Tarifparteien.

    (Dr. Apel [SPD]: Jetzt kommt dieses Märchen wieder!)

    — Das ist kein Märchen, Herr Apel. Natürlich mögen Sie das nicht, denn Sie beschreiben und malen sich
    eine Welt aus, in der man hohe Löhne zahlen kann und gleichzeitig dann mit Ländern wie Korea konkurrieren muß. Das kann nicht funktionieren.

    (Jungmann [SPD]: Sie wollen doch wohl nicht auf koreanische Sozialverhältnisse abzielen!)

    — Nein, das wollen wir nicht.

    (Abg. Dr. Apel [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Lassen Sie mich das zu Ende bringen, Herr Apel, weil ich sowieso wenig Zeit habe.

    (Dr. Apel [SPD]: Gibt es eine Zwischenfrage oder nicht?)

    — Herr Präsident, ich möchte keine Zwischenfragen zulassen.

    (Dr. Apel [SPD]: Aha! Tapferkeit ist auch nicht Ihre Stärke!)

    — Das hat nichts mit Tapferkeit zu tun. Ihren Mut bringe ich noch allemal auf, Herr Apel; da können Sie sicher sein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das kann er aber gut verstecken!)

    Wir haben ein Strukturprogramm für die Küste schon im Herbst des vergangenen Jahres mit Leistungen des Bundes von 300 Millionen DM und zusätzlich 120 Millionen DM der Länder, also insgesamt 420 Millionen DM zur Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen erarbeitet. Das ist nicht eine Subvention zur Erhaltung einer Struktur, die nicht mehr lebensfähig ist.

    (Jungmann [SPD]: Sie haben doch nichts zur Entwicklung neuer Strukturen getan!)

    Denn das bleibt ja nun wahr, meine Damen und Herren: Welche Bundesregierung kann denn durch Subventionen Tarifabschlüsse ausgleichen, die überhaupt keine Rücksicht darauf nehmen, wie es dem einzelnen Betrieb geht?

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Die Gewerkschaften sind schuld!)

    Natürlich kann man 4 % Lohnerhöhung bei den grollen Betrieben der Automobilbranche wegstecken. Aber 4 % Lohnerhöhung ist eben für eine mittelständische Werft in Niedersachsen oder in Schleswig-Holstein das Aus.

    (Jungmann [SPD]: Wo denn 4 %?) Das wollen Sie auch nicht hören.


    (Zuruf von der SPD: Wo denn?)

    Bei dem Lohnanteil, den heute der Schiffbau immer noch hat, ist das eine erhebliche Belastung.

    (Dr. Apel [SPD]: Haben Sie mal was von Arbeitsproduktivität gehört? — Frau Unruh [GRÜNE]: Wovon sollen denn die Leute leben? Die sind doch nicht verbeamtet! Es geht doch um Menschen! — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Und nicht um Panther! — Gattermann [FDP]: Hören Sie auf zu schreien!)

    Wir wollen deswegen keine neuen und keine höheren Subventionen, sondern zusätzlich zu dem, was wir



    Bundesminister Dr. Bangemann
    bereits in diesem Strukturprogramm beschlossen haben, werden wir, wie wir das auch schon in den vergangenen Monaten gemacht haben, die vorhandenen Hilfen flexibel einsetzen. Wir haben Umbauten in die Möglichkeit der Bezuschussung mit aufgenommen. Wir sind bei dem Charakter der zu bezuschussenden Maßnahmen sehr weit gegangen, an Grenzen, die man nicht mehr überschreiten kann. Wir werden jetzt die nicht abfließenden Mittel so flexibel einsetzen, daß in der Tat, soweit es geht, solche Hilfen wirksamer werden. Wir müssen aber dabei von Daten ausgehen, die die Bundesregierung auch durch die größte Aufstockung von Hilfen nicht beeinflussen kann und die den Strukturwandel unausweichlich machen, nämlich:
    Die Frachtraten sind verfallen, weil das Frachtraumangebot zu groß ist. Das ist nicht eine Entwicklung, die die Bundesregierung zu verantworten hat.

    (Zuruf der Abg. Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE])

    Die Reederhilfe des Bundesministers für Verkehr, bisher eine Hauptstütze für den Absatz auch der deutschen Werften, wurde 1987 nur zu einem Teil von deutschen Reedern in Anspruch genommen. Warum? Es ist dieselbe Antwort wie vorhin bei den Werften: Wenn man sich bei der ÖTV brüstet, daß man in einem Jahr zweistellige Lohnsteigerungsraten durchsetzt, dann muß man sich nicht wundern, wenn deutsche Reeder bei diesem Kostendruck ausflaggen müssen. Sie wollen nicht ausflaggen; sie werden gezwungen auszuflaggen, weil sie sonst den Kostendruck und den Wettbewerb mit anderen Reedern nicht aushalten können; das ist die traurige Wahrheit.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir werden, meine Damen und Herren, die Obergrenze von 28 % soweit es geht, nach unten bringen. Das heißt, wir hätten auch heute schon mit 25 % oder niedriger abgeschlossen. Aber das ist in der EG natürlich nicht so ohne weiteres durchsetzbar. Die 28 % sind jedenfalls eine Obergrenze, die uns nach meiner Ansicht einem fairen europäischen Wettbewerb aussetzt, und das wollen wir ja.
    Unsere VIII-E-Hilfe war bis jetzt eine große Unterstützung . Aber andere Länder matchen diese Hilfe. Das ist ja eben das Schicksal von Subventionen: Wenn einer in irgendeinem Bereich günstiger ist als ein anderer, dauert das eine Zeitlang, und dann wird man in der gleichen Weise ausgestochen. Das kann man nur verbessern, indem man das Subventionsniveau herunterbringt; aber das erreicht man nicht, indem man es wieder aufstockt, wie es die Folge des SPD-Antrages wäre.

    (Widerspruch bei der SPD — Waltemathe [SPD]: Der kann noch nicht mal lesen!)

    — Deswegen wollen wir im Rahmen eines subventions- und haushaltspolitisch vertretbaren Finanzvolumens die Hilfen so modifizieren, daß sie den Problemen wirksamer begegnen, ohne daß der Strukturwandel dadurch aufgehalten wird.

    (Jansen [SPD]): Sie kommen nicht zur EG,

    Sie bleiben hier!)
    Lassen Sie mich sagen, wie wir das machen werden. Wir wollen das, was wir bei den Reederhilfen einsparen und was wir gern ausgegeben hätten, wenn die Möglichkeit dazu bestanden hätte, nicht einsetzen, um eine alte Auftragshilfe wiederzubeleben, die wirkungslos ist und ein neues Instrument von Subvention wäre. Wir wollen im Falle von Subventionen anderer Länder, die unsere eigene Obergrenze übersteigen, diesen Wettbewerbsnachteil ausgleichen, also das tun, was man im Jargon Matching nennt. Wenn also ein Auftrag verlorengeht, nur weil ein anderes Land ein höheres Subventionsniveau hat, werden wir dieses höhere Subventionsniveau mit diesen Mitteln ausgleichen. Mit Matching, d. h. mit Wettbewerbshilfen ist gleichzeitig ausgeschlossen, daß Hilfen gezahlt werden, wenn die Wettbewerber gar nicht subventioniert anbieten. Zunehmend ist es der Fall, daß Wettbewerber außerhalb Europas ohne Subventionen im Wettbewerb durchaus bestehen können. Wir wollen, daß diese Neuregelung, die natürlich unter der Voraussetzung steht, daß sich die Bundesländer entsprechend beteiligen und daß die EG-Kommission sie genehmigt, auch, soweit es geht, sofort wirkungsvoll wird. Das heißt, man kann sie in den Haushaltsbeschlüssen für das Jahr 1988 umsetzen, man kann sie aber auch, soweit das möglich ist, schon heute für die Positionen verwenden, die in Auftrag genommen werden könne, so daß kein Attentismus zu entstehen braucht.
    Weil das alles die vorhandenen Mittel ausschöpfen kann — unter der Voraussetzung, daß dieser Strukturprozeß von allen weiter unterstützt wird — , halten wir diese Maßnahmen für eine ausreichende Hilfe. Allerdings muß eines sicher sein: Wer glaubt, mit welcher Hilfe auch immer, diesen Wandlungsprozeß aufhalten oder ihn nur verlangsamen zu können, der tut den Arbeitnehmern bei den Werften und auch den Küstenländern keinen Gefallen. Wenn der Nord-SüdVergleich immer wieder herangezogen wird, hat das damit zu tun, daß natürlich die süddeutschen Länder aus einer alten Industriezeit weniger Strukturprobleme haben.

    (Zuruf des Abg. Jansen [SPD])

    Es hat aber auch damit zu tun, daß sie sich stärker dem Strukturwandel stellen und öffnen, als das manche rückständigen Parteien und Politiker in den Küstenländern wollen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von den GRÜNEN)

    Deswegen kann die Lösung nicht darin liegen, daß wir die politischen Fehler der Gewerkschaften oder der Parteien, die den Strukturwandel nicht wollen, durch Subventionen ausgleichen

    (Beifall bei der FDP)

    — das wäre der falsche Weg — , sondern wir wollen den gleichen Dynamismus, die gleiche wirtschaftliche Leistungskraft erreichen, die in den süddeutschen Ländern entsteht, weil sich die Menschen dort dem modernen Wirtschaftsprozeß stellen. Wir wollen, daß das auch die Wachstumsregel für norddeutsche Länder wird. Dazu wird die Bundesregierung beitragen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)