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ID1100909300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/9 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 9. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1987 Inhalt: Verzicht des Abg. Dr. Wallmann auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . 457A Eintritt des Abg. Weirich in den Deutschen Bundestag 457 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Höffkes, Frau Verhülsdonk und Dr Schwörer 457 B Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 1986/87 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 10/6562 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 1987 der Bundesregierung — Drucksache 10/6796 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Abbau der Massenarbeitslosigkeit — Drucksache 11/18 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Überstundenabbau — Drucksache 11/136 — Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 457 D Roth SPD 466A Wissmann CDU/CSU 470D Stratmann GRÜNE 475 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 478A Dr. von Dohnanyi, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg . . . 481 C Glos CDU/CSU 488 D Dr. Jens SPD 491 A Frau Saibold GRÜNE 493 B Kittelmann CDU/CSU 495 B Dr. Ehrenberg SPD 498 A Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 500A Hoss GRÜNE 503 A Dr. Lammert CDU/CSU 503D Müller (Pleisweiler) SPD 505 D Doss CDU/CSU 507 B Fragestunde — Drucksachen 11/207 vom 30. April 1987 und 11/221 vom 5. Mai 1987 — Äußerungen des Vertreters der SWAPO Moses Garoeb auf einer Pressekonferenz in Bonn; aus der Sicht der Bundesregierung erforderliche Konsequenzen DringlAnfr 1, 2 05.05.87 Drs 11/221 Lowack CDU/CSU Antw StMin Schäfer AA 509 B ZusFr Lowack CDU/CSU 509 C ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 510A ZusFr Dr. Sperling SPD 510 B Erhaltung des Verbots von Milchimitationsprodukten und Beibehaltung des § 4 der Fleisch-Verordnung für die Bundesrepublik Deutschland II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1987 MdlAnfr 1 30.04.87 Drs 11/207 Bindig SPD Antw PStSekr Gallus BML 510C ZusFr Bindig SPD 510C ZusFr Eigen CDU/CSU 511A ZusFr Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 511B Kindergerechte Änderung der Normen des sozialen Wohnungsbaus MdlAnfr 2, 3 30.04.87 Drs 11/207 Dr. Sperling SPD Antw PStSekr Echternach BMBau . . . . 511C ZusFr Dr. Sperling SPD 512A Rechtsqualität des Sondergerichtsurteils gegen Pater Rupert Mayer von 1937; Löschung der Eintragung im Bundeszentralregister MdlAnfr 4, 5 30.04.87 Drs 11/207 Marschewski CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Jahn BMJ 512 C ZusFr Marschewski CDU/CSU 513 A ZusFr Dr. Emmerlich SPD 513B ZusFr Frau Verhülsdonk CDU/CSU . . 513 C ZusFr Geis CDU/CSU 513 D ZusFr Dr. Hirsch FDP 513 D ZusFr Dr. Pick SPD 514 A Übernahme von Aufgaben deutscher Zivilangestellter bei den britischen und amerikanischen Streitkräften im Raum Mönchengladbach und im Kreis Kleve durch Angehörige der Stationierungsstreitkräfte MdlAnfr 8, 9 30.04.87 Drs 11/207 Stahl (Kempen) SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 514 C ZusFr Stahl (Kempen) SPD 514 D ZusFr Stiegler SPD 515A ZusFr Dr. Rumpf FDP 515B Entwicklung der Neuverschuldung des Bundes MdlAnfr 10 30.04.87 Drs 11/207 Dr. Mertens (Bottrop) SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 516B ZusFr Dr. Mertens (Bottrop) SPD 516B ZusFr Poß SPD 516D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 517 A ZusFr Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 517B ZusFr Stiegler SPD 517 C ZusFr Dr. Struck SPD 517D ZusFr Diller SPD 518A ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 518B ZusFr Frau Traupe SPD 518B ZusFr Bohl CDU/CSU 518C Einbeziehung der Erhöhung von Verbrauchsteuern zur Finanzierung höherer Beiträge an die EG ab 1988 in die Neuverschuldung des Bundes; Auswirkungen zusätzlicher Belastungen auf die Neuverschuldung 1987 MdlAnfr 11, 12 30.04.87 Drs 11/207 Scherrer SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 518D ZusFr Scherrer SPD 518D ZusFr Poß SPD 519A ZusFr Stiegler SPD 519B ZusFr Stahl (Kempen) SPD 519C Nächste Sitzung 520 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 521 * A Anlage 2 Verbesserung der Insiderregelung zur Förderung von Produktivvermögen in Arbeitnehmerhand angesichts der Manipulationen an ausländischen Börsenplätzen MdlAnfr 6, 7 30.04.87 Drs 11/207 Dr. Solms FDP SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . . 521 * B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1987 457 9. Sitzung Bonn, den 6. Mai 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 7. Sitzung, Seite 341/342: In der als Anlage 5 abgedruckte Liste sind die Namen der Abgeordneten Dr. Knabe und Rixe einzufügen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 8. 5. Antretter * 8. 5. Böhm (Melsungen) * 8. 5. Bühler (Bruchsal) * 8. 5. Buschbom 8. 5. Buschfort 6. 5. Frau Fuchs (Verl) 8. 5. Hiller (Lübeck) 6. 5. Frau Kelly 6. 5. Kiehm 8. 5. Kolbow 8. 5. Lemmrich * 8. 5. Maaß 6. 5. Magin 8. 5. Dr. Müller * 8. 5. Frau Pack * 8. 5. Reuschenbach 8. 5. Frau Schilling 8. 5. Seehofer 8. 5. Dr. Soell * 8. 5. Steiner * 8. 5. Dr. Unland * 8. 5. Dr. Weng 8. 5. Zierer 8. 5. Frau Zutt 8. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Solms (FDP) (Drucksache 11/207 Fragen 6 und 7): Hält die Bundesregierung vor dem Hintergrund ihrer Bemühungen um die Förderung von Produktivvermögen in Arbeitnehmerhand und in Kenntnis des Mißbrauchs von Insiderwissen an ausländischen Börsenplätzen die bestehende Insiderregelung in der Bundesrepublik Deutschland für ausreichend? Anlagen zum Stenographischen Bericht Wenn nicht, will sie die Beteiligten auffordern, auf freiwilliger Basis eine strikte Anwendung verbesserter Insiderregeln zu garantieren, oder zieht sie eine gesetzliche Regelung der Insiderproblematik vor? Die Börsensachverständigenkommission hat zum Schutze der Anleger gegen die mißbräuchliche Ausnutzung von Insider-Informationen eine freiwillige Regelung erarbeitet und im Jahre 1970 den beteiligten Wirtschaftskreisen zur Annahme empfohlen. Diese Regelung umfaßt Insiderhandels-Richtlinien, Händler- und Beraterregeln sowie eine Verfahrensordnung. Das gesamte Regelwerk ist im Jahre 1976 aufgrund erster praktischer Erfahrungen in überarbeiteter Neufassung vorgelegt worden. Die Insider-Regeln haben bis jetzt 400 börsennotierte Unternehmen (von insgesamt 502) anerkannt; sie repräsentieren mehr als 90 % des an den Börsen zugelassenen Aktienkapitals. Der Finanzausschuß des Deutschen Bundestages hat auf Anregung des Wirtschaftsausschusses im November 1974 eine Anhörung von Verbänden und Sachverständigen zur Frage des Schutzes des Publikums vor dem Mißbrauch von Insider-Informationen durchgeführt. Finanz- und Wirtschaftsausschuß haben es danach nicht für erforderlich gehalten, im Rahmen einer damals beratenden Änderung des Börsengesetzes eine gesetzliche Regelung zur Bekämpfung von Mißbräuchen durch Insider einzubringen. Beide Ausschüsse haben sich dafür ausgesprochen, es bei einer Beobachtung der freiwilligen Insider-Regelung vorerst zu belassen. Die Bundesregierung hält diese Ansicht auch heute noch für richtig. Die gegenwärtigen Erkenntnisse rechtfertigen es nicht, die zum Schutz der Anleger gegenüber Insider-Geschäften getroffenen Maßnahmen als unzureichend anzusehen. Die Bundesregierung wird aber auch weiterhin den Wertpapierhandel sorgfältig beobachten und wie bereits in der Vergangenheit ihr Augenmerk insbesondere darauf richten, daß die bestehende Regelung - vor allem auf der Grundlage der konkreten Erfahrungen bei ihrer Anwendung - stets den Erfordernissen einer wirksamen Handhabung gerecht werden. Sie wird eine Verbesserung des bestehenden Anlegerschutzes vorschlagen, falls sich dies als notwendig erweisen sollte.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Uwe Jens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein. Ich will meinen Kollegen nichts wegnehmen. Ich will langsam zum Schluß kommen.
    Ich will nur eines sagen. Ich glaube, Herr von Dohnanyi hat recht, wenn er sagt, Sie versagen, wenn es darum geht, über Strukturpolitik verstärkt nachzudenken. Wir brauchen eine vorbeugende, eine zukunftsorientierte Industriestrukturpolitik. Sie können es doch den Bauern, den Werftarbeitern, den Stahlarbeitern nicht verdenken, daß sie bis zum letzten um ihre Arbeitsplätze kämpfen, wenn sie keine Alternativen haben.



    Dr. Jens
    Herr Bangemann hat unrecht, wenn er meint, das sei eine Sache etwa von Nordrhein-Westfalen oder von Baden-Württemberg. Diese Sache ist eine Sache der Bundesregierung. Man kann doch nicht etwa die Automobilindustrie oder die chemische Industrie in Baden-Württemberg anders behandeln als in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. Für Industriestrukturpolitik ist die Bundesregierung verantwortlich. Mittlerweile gibt es sogar liberale Professoren wie etwa Gemper, der sich in den Orientierungen jüngst ebenfalls für eine Industriestrukturpolitik eingesetzt hat, Herr Kollege Lammert.
    Wir haben ja Ansätze: verstärkte regionale Strukturpolitik, mehr Mittel für Lohnkostenzuschüsse im Bereich von Forschung und Entwicklung. Das waren von uns konzipierte richtige Ansätze, die ausgebaut werden müssen.
    Ich komme zum Schluß. Meine Damen und Herren, diese Bundesregierung und ihre Wirtschaftsminister reden gerne und lautstark von einer Sozialen Marktwirtschaft. Nur: Wer sich die Forderungen der Väter dieser Sozialen Marktwirtschaft einmal wieder ansieht, der muß feststellen: Das Soziale ist dieser Bundesregierung längst verlorengegangen. Besser gesagt: Die Bundesregierung hat das Soziale an dieser Marktwirtschaft seit langem systematisch zerstört.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Saibold.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hannelore Saibold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bisher wurde praktisch nur von einem Teil der Wirtschaft gesprochen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, als hätten die meisten Redner einen Geldschrank im Kopf und sonst nichts! Einigkeit besteht darüber, daß produziert werden muß; aber kein Wort füllt darüber, wie und was produziert werden muß. Ökologische Probleme sind offensichtlich überhaupt nicht im Bewußtsein. Dabei fängt Umweltpolitik mit bei der Wirtschaft an.
    Die andere Frage, die sich mir aufdrängt: Welchen Stellenwert haben eigentlich die Verbraucher und Verbraucherinnen in Ihrer Wirtschaftspolitik? Es handelt sich hier immerhin um die 60 Millionen Bundesbürger und -bürgerinnen, für die wir eigentlich stellvertretend hier sitzen. Die Verbraucher und Verbraucherinnen sind meist nur dann gefragt, wenn es darum geht, durch Mehrwertsteuererhöhungen das Loch im Staatssäckel zu stopfen, oder aber, wenn durch vermehrten Konsum die Wirtschaft angeheizt werden soll. Bundeswirtschaftsminister Bangemann rief 1986 sogar das „Jahr der Konsumenten" aus. Auch für 1987 erhofft sich die Bundesregierung laut Jahreswirtschaftsbericht 1987 „starke Impulse vom privaten Verbrauch." Die über 1 000 Milliarden DM, die den privaten Haushalten im Jahr zur Verfügung stehen, sollen das geplante und erhoffte Wirtschaftswachstum ermöglichen.

    (Uldall Gefragt war und ist in Zeiten wirtschaftlicher Rezession der private Konsum und noch einmal der Konsum. Cäsar gab dem Volk „Brot und Spiele", um es bei Laune zu halten, und die Bundesregierung propagiert „Konsum und Sport", dabei immer die Wachstumsraten der Freizeitindustrie fest im Auge. (Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)


    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Am besten wäre es, wenn die Verbraucher nur mehr einkaufen und wegwerfen würden, einkaufen und wegwerfen, einkaufen und wegwerfen — ohne die Folgen zu berücksichtigen. Es wird immer deutlicher, daß die Wirtschaft nicht mehr für die Bevölkerung da ist, sondern die Bevölkerung für die Wirtschaft.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Jetzt gehen Sie entschieden zu weit!)

    — Ich werde es Ihnen schon noch aufzeigen. — Doch immer mehr Menschen machen da nicht mehr mit; denn zu groß sind die negativen Auswirkungen unseres bisherigen Wirtschaftens, und die Folgen treffen die Schwächsten unserer Gesellschaft am stärksten, .die Kinder und Kranken. Pseudokrupp, Leukämie, Allergien und viele andere Krankheiten sind heute auf Grund der schleichenden Vergiftung an der Tagesordnung. Nicht einmal die Tatsache, daß keine schadstofffreien Lebensmittel in der Bundesrepublik mehr erzeugt werden können, noch die alarmierende Belastung der Muttermilch waren Anlaß für eine Umstrukturierung unserer Produktionsformen. Selbst nach Tschernobyl heißt es bei uns: Weiter so!

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Verbraucherschutz und Verbraucherpolitik führen in der Bundesrepublik ein Schattendasein. Daran zweifelt ja wohl niemand. Die Kompetenz, darüber zu entscheiden, was für die Verbraucher und Verbraucherinnen relevant ist, beansprucht nach wie vor der Wirtschaftsminister und die ihn beratende Wirtschaftslobby. Zwar gibt es auch eine staatliche Verbraucherpolitik, doch das ist mehr ein Alibi. Wenn z. B. die Verbraucherzentralen Informationen herausgeben, die der einen oder der anderen Lobby nicht passen, dann werden ihnen einfach die Bundes- oder Landesmittel gestrichen. Dabei sind die bereitgestellten Haushaltsmittel für die Konsumenteninformationen geradezu erbärmlich. Bund, Länder und Gemeinden haben 1985 lediglich 52 Millionen DM an die Verbraucherorganisationen weitergeleitet. Das ist ein Tausendstel der Werbeausgaben der Wirtschaft! Deshalb fordern wir GRÜNEN nicht nur ein Werbeverbot für gesundheits- und umweltschädliche Produkte, sondern vor allen Dingen mehr Geld für die Verbraucherarbeit.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Umweltschutz ist heute gleichzeitig Verbraucherschutz, und umgekehrt: Verbraucherschutz ist Umweltschutz. Das beste Beispiel hierfür ist die Chemie. Luft, Wasser, Boden und Nahrung werden nicht nur durch die Anwendung, sondern schon durch die Emissionen bei der Produktion und Verarbeitung der diversen chemischen Substanzen verseucht.



    Frau Saibold
    Es ist für die derzeitige Politik bezeichnend, daß den Verbrauchern als Leidtragenden dann auch noch die Schuld in die Schuhe geschoben wird, wenn Schäden auch nach vorschriftsmäßiger Verwendung von Chemikalien auftreten, so geschehen im Fall der Holzschutzmittelgeschädigten. Trotz zum Teil schwerwiegender Erkrankungen und erheblicher materieller Einbußen der Anwender kommen die Hersteller ungeschoren davon. Das ist ein geglücktes Stück Produzentenschutz. Mit Verbraucherpolitik hat das nichts zu tun!

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Was wir brauchen, ist eine aktive Interessenvertretung für Verbraucher und Verbraucherinnen und vor allen Dingen auch ein Verbandsklagerecht gerade für die Konsumenten.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Konsequente Produkthaftung und Beweislastumkehr sind weitere Schritte auf dem Weg zu einem effektiven Verbraucherschutz.
    Bundeskanzler Kohl hat ja in der Elefanten-Runde vor der Bundestagswahl vesprochen, sich für die Rechte der Chemieopfer einzusetzen. Wir sind sehr gespannt, ob und wie er dieses Versprechen einlösen wird und ob er darüber hinaus endlich auch Schritte einleiten wird, mit einem Umbau der chemischen Industrie anzufangen; denn das muß eigentlich die Konsequenz aus den ganzen Vorfällen sein.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir brauchen einen Abbau von höchst gefährlichen Produktionslinien und einen Aufbau einer sanften, umwelt- und menschengerechten Chemieproduktion.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Sanft!)

    Doch davon liest man im Wirtschaftsbericht natürlich nichts. Statt dessen setzen die Chemiekonzerne ebenso wie die Bundesregierung verstärkt auf die Gentechnologie, die nächste Großtechnologie mit unwägbarem Risikopotential! Wieder einmal soll der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden.
    Meine Damen und Herren, ein weiteres Beispiel für verfehlte Verbraucherpolitik, das ich heute hier ansprechen möchte, ist der Lebensmittelbereich. Hier wird nämlich ganz besonders deutlich, welche Funktionen den Menschen in diesem unserem Lande zugedacht sind: Zum ersten sollen die Verbraucher und Verbraucherinnen die Überschüsse einer falschen Agrarpolitik beseitigen.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Jetzt haben wir es!)

    Denken Sie nur an die Werbetrommel der CMA, die uns immer noch einreden will, noch mehr Fleisch- und Milchprodukte zu essen, wobei selbst die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zu einer starken Reduzierung des Fleischverbrauchs rät.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Sie brauchen ja keins zu essen, aber ich esse!)

    Das will ja schon etwas heißen, wenn diese Gesellschaft das tut.
    Das zweite: Manche Herren in der Ernährungsindustrie betrachten uns Verbraucher und Verbraucherinnen anscheinend auch als gewinnbringende Abfallbeseitigungsanlagen, und die Regierungen decken sie. Ein Beweis dafür ist ja gerade der neuerliche Vorfall mit dieser stinkenden Flüssigeibrühe, der sich ja in Baden-Württemberg wiederholt hat.
    Zum dritten: Wir werden alle, auch Sie, als Versuchskaninchen im Großversuch für die chemische Industrie benutzt. Die Wissenschaft wäre sicherlich ganz froh über diese kostenlosen Untersuchungsobjekte, wenn sie nicht schon längst überfordert wäre.

    (Uldall [CDU/CSU]: Aber Sie sind doch auch gegen Tierversuche!)

    Die chemische Industrie hat nämlich auch in diesem Bereich, im Lebensmittelbereich, überall die Finger drin, angefangen beim Anbau und der Tierhaltung über die Lagerung bis hin zur Verarbeitung, Aromatisierung, Färbung, Vitaminisierung und Konservierung unserer Lebensmittel. Und wenn wir krank sind, dann verspricht sie uns im Gewande der pharmazeutischen Industrie Hilfe. Ein tolles Geschäft ist das!

    (Roth [SPD]: So ein Blödsinn!)

    — Wenn Sie sich nicht informiert haben, dann kann ich nichts dafür. Wir werden uns bei Gelegenheit genauer auseinandersetzen können. —
    Mit den Interessen und Wünschen der Konsumenten hat dies alles nicht mehr das geringste zu tun. Die Konsumenten wollen gesunde, möglichst schadstoffund strahlenfreie Lebensmittel, die diesen Namen noch verdienen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Mehr und mehr wird auch die ökologische Erzeugung von Lebensmitteln zu einem Entscheidungskriterium beim Einkauf. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, wirklich etwas für die Verbraucher, die Bauern und die Natur tun wollen, dann fördern Sie den ökologischen Anbau, überall wo Sie nur können!

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sorgen Sie für eine dezentrale Vermarktungsstruktur mit kurzen Wegen zwischen Erzeugern und Verbrauchern. Damit erhalten und schaffen Sie sinnvolle Arbeitsplätze auch auf dem Land. Damit erhalten Sie die Landschaft und die ländlichen Strukturen. Und die Erzeuger könnten ein höheres Einkommen erzielen, wenn sie von der Mark, die ich als Verbraucherin ausgebe, z. B. 70 oder 80 Pf bekämen statt wie jetzt nur etwa 20 bis 30 Pf.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Doch das würde natürlich das Ernährungsgewerbe nicht zulassen, das heute den größten Teil unserer Ausgaben für die Nahrung einkassiert. Beim Ernährungsgewerbe handelt es sich um eine riesige Wirtschaftsmacht, die sich still und leise zwischen Erzeuger und Verbraucher geschoben hat. Allein die Ernährungsindustrie macht heute mehr Umsatz als die chemische Industrie, nämlich über 160 Milliarden DM im Jahr. Den Interessen dieser Wirtschaftsmacht wird



    Frau Saibold
    Rechnung getragen, nicht jedoch den berechtigten Wünschen der Bevölkerung.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Ich möchte das Korn nicht vom Halm essen, ich möchte es erst einmal gemahlen haben!)

    Nun noch kurz zu einem ganz trüben Kapitel, Herr Bötsch: dem Lebensmitteleinzelhandel. Die Bundesregierung und ihre wissenschaftlichen Ratgeber setzen ja unbeirrt auf die Leistungsfähigkeit des „dynamischen Wettbewerbs" ; angeblich auch zugunsten der Verbraucher. An der Situation im Lebensmitteleinzelhandel gemessen hat die Wirtschafts- und Verbraucherpolitik der Bundesregierung glatt versagt! Jahr für Jahr nimmt die Konzentration in diesem Bereich zu. Jahr für Jahr werden Tausende von kleineren Lebensmittelläden verdrängt. Nicht mehr Wettbewerb, sondern lediglich mehr Macht für Großunternehmen ist zu erkennen. Die Mammutunternehmen wachsen ungehindert weiter, siehe Metro-Durchmarsch beim Kaufhof.

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Die Leute kaufen da ein! Das ist das Schlimme!)

    Zum Schluß möchte ich noch ein paar grundsätzliche Bemerkungen machen.