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ID1100903100

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    Plenarprotokoll 11/9 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 9. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1987 Inhalt: Verzicht des Abg. Dr. Wallmann auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . 457A Eintritt des Abg. Weirich in den Deutschen Bundestag 457 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Höffkes, Frau Verhülsdonk und Dr Schwörer 457 B Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 1986/87 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 10/6562 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 1987 der Bundesregierung — Drucksache 10/6796 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Abbau der Massenarbeitslosigkeit — Drucksache 11/18 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Überstundenabbau — Drucksache 11/136 — Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 457 D Roth SPD 466A Wissmann CDU/CSU 470D Stratmann GRÜNE 475 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 478A Dr. von Dohnanyi, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg . . . 481 C Glos CDU/CSU 488 D Dr. Jens SPD 491 A Frau Saibold GRÜNE 493 B Kittelmann CDU/CSU 495 B Dr. Ehrenberg SPD 498 A Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 500A Hoss GRÜNE 503 A Dr. Lammert CDU/CSU 503D Müller (Pleisweiler) SPD 505 D Doss CDU/CSU 507 B Fragestunde — Drucksachen 11/207 vom 30. April 1987 und 11/221 vom 5. Mai 1987 — Äußerungen des Vertreters der SWAPO Moses Garoeb auf einer Pressekonferenz in Bonn; aus der Sicht der Bundesregierung erforderliche Konsequenzen DringlAnfr 1, 2 05.05.87 Drs 11/221 Lowack CDU/CSU Antw StMin Schäfer AA 509 B ZusFr Lowack CDU/CSU 509 C ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 510A ZusFr Dr. Sperling SPD 510 B Erhaltung des Verbots von Milchimitationsprodukten und Beibehaltung des § 4 der Fleisch-Verordnung für die Bundesrepublik Deutschland II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1987 MdlAnfr 1 30.04.87 Drs 11/207 Bindig SPD Antw PStSekr Gallus BML 510C ZusFr Bindig SPD 510C ZusFr Eigen CDU/CSU 511A ZusFr Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 511B Kindergerechte Änderung der Normen des sozialen Wohnungsbaus MdlAnfr 2, 3 30.04.87 Drs 11/207 Dr. Sperling SPD Antw PStSekr Echternach BMBau . . . . 511C ZusFr Dr. Sperling SPD 512A Rechtsqualität des Sondergerichtsurteils gegen Pater Rupert Mayer von 1937; Löschung der Eintragung im Bundeszentralregister MdlAnfr 4, 5 30.04.87 Drs 11/207 Marschewski CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Jahn BMJ 512 C ZusFr Marschewski CDU/CSU 513 A ZusFr Dr. Emmerlich SPD 513B ZusFr Frau Verhülsdonk CDU/CSU . . 513 C ZusFr Geis CDU/CSU 513 D ZusFr Dr. Hirsch FDP 513 D ZusFr Dr. Pick SPD 514 A Übernahme von Aufgaben deutscher Zivilangestellter bei den britischen und amerikanischen Streitkräften im Raum Mönchengladbach und im Kreis Kleve durch Angehörige der Stationierungsstreitkräfte MdlAnfr 8, 9 30.04.87 Drs 11/207 Stahl (Kempen) SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 514 C ZusFr Stahl (Kempen) SPD 514 D ZusFr Stiegler SPD 515A ZusFr Dr. Rumpf FDP 515B Entwicklung der Neuverschuldung des Bundes MdlAnfr 10 30.04.87 Drs 11/207 Dr. Mertens (Bottrop) SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 516B ZusFr Dr. Mertens (Bottrop) SPD 516B ZusFr Poß SPD 516D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 517 A ZusFr Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 517B ZusFr Stiegler SPD 517 C ZusFr Dr. Struck SPD 517D ZusFr Diller SPD 518A ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 518B ZusFr Frau Traupe SPD 518B ZusFr Bohl CDU/CSU 518C Einbeziehung der Erhöhung von Verbrauchsteuern zur Finanzierung höherer Beiträge an die EG ab 1988 in die Neuverschuldung des Bundes; Auswirkungen zusätzlicher Belastungen auf die Neuverschuldung 1987 MdlAnfr 11, 12 30.04.87 Drs 11/207 Scherrer SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 518D ZusFr Scherrer SPD 518D ZusFr Poß SPD 519A ZusFr Stiegler SPD 519B ZusFr Stahl (Kempen) SPD 519C Nächste Sitzung 520 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 521 * A Anlage 2 Verbesserung der Insiderregelung zur Förderung von Produktivvermögen in Arbeitnehmerhand angesichts der Manipulationen an ausländischen Börsenplätzen MdlAnfr 6, 7 30.04.87 Drs 11/207 Dr. Solms FDP SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . . 521 * B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1987 457 9. Sitzung Bonn, den 6. Mai 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 7. Sitzung, Seite 341/342: In der als Anlage 5 abgedruckte Liste sind die Namen der Abgeordneten Dr. Knabe und Rixe einzufügen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 8. 5. Antretter * 8. 5. Böhm (Melsungen) * 8. 5. Bühler (Bruchsal) * 8. 5. Buschbom 8. 5. Buschfort 6. 5. Frau Fuchs (Verl) 8. 5. Hiller (Lübeck) 6. 5. Frau Kelly 6. 5. Kiehm 8. 5. Kolbow 8. 5. Lemmrich * 8. 5. Maaß 6. 5. Magin 8. 5. Dr. Müller * 8. 5. Frau Pack * 8. 5. Reuschenbach 8. 5. Frau Schilling 8. 5. Seehofer 8. 5. Dr. Soell * 8. 5. Steiner * 8. 5. Dr. Unland * 8. 5. Dr. Weng 8. 5. Zierer 8. 5. Frau Zutt 8. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Solms (FDP) (Drucksache 11/207 Fragen 6 und 7): Hält die Bundesregierung vor dem Hintergrund ihrer Bemühungen um die Förderung von Produktivvermögen in Arbeitnehmerhand und in Kenntnis des Mißbrauchs von Insiderwissen an ausländischen Börsenplätzen die bestehende Insiderregelung in der Bundesrepublik Deutschland für ausreichend? Anlagen zum Stenographischen Bericht Wenn nicht, will sie die Beteiligten auffordern, auf freiwilliger Basis eine strikte Anwendung verbesserter Insiderregeln zu garantieren, oder zieht sie eine gesetzliche Regelung der Insiderproblematik vor? Die Börsensachverständigenkommission hat zum Schutze der Anleger gegen die mißbräuchliche Ausnutzung von Insider-Informationen eine freiwillige Regelung erarbeitet und im Jahre 1970 den beteiligten Wirtschaftskreisen zur Annahme empfohlen. Diese Regelung umfaßt Insiderhandels-Richtlinien, Händler- und Beraterregeln sowie eine Verfahrensordnung. Das gesamte Regelwerk ist im Jahre 1976 aufgrund erster praktischer Erfahrungen in überarbeiteter Neufassung vorgelegt worden. Die Insider-Regeln haben bis jetzt 400 börsennotierte Unternehmen (von insgesamt 502) anerkannt; sie repräsentieren mehr als 90 % des an den Börsen zugelassenen Aktienkapitals. Der Finanzausschuß des Deutschen Bundestages hat auf Anregung des Wirtschaftsausschusses im November 1974 eine Anhörung von Verbänden und Sachverständigen zur Frage des Schutzes des Publikums vor dem Mißbrauch von Insider-Informationen durchgeführt. Finanz- und Wirtschaftsausschuß haben es danach nicht für erforderlich gehalten, im Rahmen einer damals beratenden Änderung des Börsengesetzes eine gesetzliche Regelung zur Bekämpfung von Mißbräuchen durch Insider einzubringen. Beide Ausschüsse haben sich dafür ausgesprochen, es bei einer Beobachtung der freiwilligen Insider-Regelung vorerst zu belassen. Die Bundesregierung hält diese Ansicht auch heute noch für richtig. Die gegenwärtigen Erkenntnisse rechtfertigen es nicht, die zum Schutz der Anleger gegenüber Insider-Geschäften getroffenen Maßnahmen als unzureichend anzusehen. Die Bundesregierung wird aber auch weiterhin den Wertpapierhandel sorgfältig beobachten und wie bereits in der Vergangenheit ihr Augenmerk insbesondere darauf richten, daß die bestehende Regelung - vor allem auf der Grundlage der konkreten Erfahrungen bei ihrer Anwendung - stets den Erfordernissen einer wirksamen Handhabung gerecht werden. Sie wird eine Verbesserung des bestehenden Anlegerschutzes vorschlagen, falls sich dies als notwendig erweisen sollte.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eckhard Stratmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Liebe Bürgerinnen! Liebe Bürger! Der Kollege Wissmann hat gerade den Maßstab vorgegeben, an dem die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung gemessen werden muß und offensichtlich auch gemessen werden will, nämlich: Welchen Beitrag hat die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung geleistet, um die Massenerwerbslosigkeit, die wir seit zirka fünfzehn Jahren haben, zu überwinden?
    In der Debatte haben bisher die Auseinandersetzungen um die Wachstumserwartungen einen wesentlichen Anteil gehabt. Herr Bangemann stellt sich hier hin und sagt: Die Bundesregierung erwartet 2 % bis 3 To Wachstum. Das wird nur von einem Teil der Wirtschaftsforschungsinstitute unterstützt. Das können Sie in Ihrem eigenen Protokoll nachlesen. Kollege Roth hat dagegen opponiert und eben das Minderheitenvotum in dem Frühjahrsgutachten zitiert: nur 1 % Wachstum. Wir GRÜNEN möchten uns an einer solchen Spekulation um Wachstumsprozente nicht beteiligen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist gut!)

    weil wir der Meinung sind, daß sich in den letzten Jahren gezeigt hat, daß die Wachstumspolitik — sei es der Bundesregierung, sei es der SPD-Opposition — grundsätzlich gescheitert ist. Sie ist erstens, wie die Erfahrung der letzten vier Jahre aufs neue zeigt, nicht im entferntesten in der Lage, einen nennenswerten Beitrag zur Überwindung der Massenarbeitslosigkeit zu leisten.

    (Dr. Jens [SPD]: Die Fundamentalisten sind am Werk!)

    Zweitens baut eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik ökologische und soziale Folgeschäden in Milliardendimension auf, schafft also Probleme,

    (Roth [SPD]: Aber jeder Stahlarbeitsplatz bleibt!)

    statt Probleme zu lösen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich möchte zu beiden Kritikpunkten im einzelnen Stellung nehmen.
    Richtig ist, daß sich in den letzten vier bis fünf Jahren die Zahl der Beschäftigten erhöht hat. Ich steige nicht in den Streit darüber ein, ob es sechshunderttausend, vierhunderttausend oder nur einhunderttausend sind, wie Herr Roth vorgerechnet hat. Da gibt es die unterschiedlichsten Zahlenrechnereien. Entscheidend ist, daß sich trotz Zunahme der Beschäftigtenzahl die Beschäftigungsverhältnisse qualitativ verschlechtert haben. Ich nenne dazu zwei Bereiche.
    Sicher ist richtig, Herr Wissmann, daß sich in der Erwerbstätigenbevölkerung der Wunsch nach gesicherter Teilzeitarbeit verstärkt. Das begrüßen wir GRÜNEN auch. Was wir nicht begrüßen, ist, daß Teilzeitarbeit in arbeits- und sozialrechtlich völlig ungesicherten Verhältnissen ausgeweitet wird

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    und — das können Sie nachrechnen — daß Vollzeitarbeitsplätze zugunsten von Teilzeitarbeitsplätzen abgebaut werden. Wir hatten im Jahre 1986 eine Million Vollzeitarbeitsplätze weniger als 1980, im
    gleichen Zeitraum 480 000 Teilzeitarbeitsplätze mehr, d. h., wir haben eine Umstrukturierung: weg von Dauerarbeitsplätzen in gesicherten Verhältnissen, auch Einkommensverhältnissen, hin zu ungesicherten Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen. Das ist ein qualitativer Rückschritt.
    Zweiter Punkt. Schauen wir uns das Beschäftigungsförderungsgesetz an. Im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums hat das Wissenschaftszentrum Berlin nach zwei Jahren Erfahrung mit diesem Gesetz eine erste Zwischenbilanz vorgelegt. Diese ist in bezug auf qualitative Gesichtspunkte ebenfalls mehr als kritisch. Wir haben heute ca. 1,8 Millionen — die Schätzungen schwanken in diesem Bereich — befristete Arbeitsverhältnisse, davon nach Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes ca. 900 000 zusätzliche befristete Arbeitsverhältnisse. Im gleichen Zeitraum, seit 1984, Herr Wissmann — auf diese qualitativen Kriterien müssen Sie eingehen — , seit Wirken des Beschäftigungsförderungsgesetzes haben wir eine Umwandlung von 600 000 Vollzeitarbeitsplätzen, d. h. unbefristeten Arbeitsverhältnissen, in befristete. Nach Schätzungen des Wissenschaftszentrums Berlin im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums wird heute jede zweite Neueinstellung befristet vorgenommen. Das Wissenschaftszentrum Berlin — also nicht irgendein grünes Institut — sagt, daß nach den bisherigen Erfahrungen nur zirka ein Drittel der befristet Eingestellten dauerhaft übernommen werden, zwei Drittel nicht. Das heißt, die fliegen wieder auf den Arbeitsmarkt. Somit leistet das Beschäftigungsförderungsgesetz, das Sie nur befristet angelegt haben, bisher überhaupt keinen Beitrag, um die Arbeitslosigkeit dauerhaft zu senken.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sehen wir uns die Arbeitslosigkeit — trotz Zunahme der Beschäftigung — an, stellen wir fest: Obwohl Sie vier Jahre Zeit hatten, mit Wachstumsraten von 2 bis 3 % die Massenarbeitslosigkeit zu senken, haben wir eine Zunahme der Massenerwerbslosigkeit von 1,8 Millionen, als Sie begonnen hatten, auf 2,2 Millionen, im Jahresdurchschnitt schwankend. Selbst wenn ich Herrn Bangemann beim Wort nehme, daß die Bundesregierung in ihrer mittelfristigen Finanzplanung mit Wachstumsraten von 2 bis 3 % rechnet, zeigt sich erfahrungsgemäß, daß solche Wachstumsraten nicht in der Lage sind, einen nennenswerten Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit zu leisten.
    Deswegen schließen wir GRÜNEN uns der kritischen Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung an — ebenfalls kein grünes Institut, sondern in diesem Fall ein sozialdemokratisches —,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das kommt auf dasselbe heraus!)

    das zum erstenmal prinzipiell den Erfolg von wachstumsorientierter Wirtschaftspolitik in Frage stellt.
    Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, stellen wir fest: Der Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung ist für die über 3 Millionen Arbeitslosen ein Bericht der Hoffnungslosigkeit und der Zukunftslosigkeit. Er ist für eine bestimmte Personengruppe, die am Wirtschaftsleben beteiligt ist, ein Bericht der Zukunft und der Hoffnung, nämlich für die Großkonzerne,



    Stratmann
    angeführt von der Deutschen Bank, Daimler-Benz und den Chemieriesen, die hervorragende Gewinnexplosionen zu verzeichnen haben.
    Die Deutsche Bank weist im letzten Jahresbericht eine Gewinnerhöhung von über 1 Milliarde DM aus, u. a. durch das Flick-Geschäft,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nur kein Neid!)

    wobei ihr auf Grund des geltenden Steuerrechts noch der Clou gelingt, trotz Gewinnzunahme in einer Milliardendimension weniger Steuern zu zahlen. Jetzt haben sich der Bund und das Land damit herumzuschlagen, daß sie in der Größenordnung von 2 Milliarden DM Körperschaftsteuer an die Deutsche Bank zurückerstatten müssen, wobei noch lange nicht gesichert ist, daß das haushaltsmäßig abgedeckt werden kann und kein Nachtragshaushalt für diese Steuerrückerstattungsoperation vorgelegt werden muß.
    Herr Wissmann, so billig kommen Sie nicht aus Ihrer Klemme heraus. Ich möchte Sie daran erinnern: Wenn ich mir auf der einen Seite die Gewinnerwartung der Deutschen Bank und anderer Konzerne ansehe, von der Machtkonzentration in wirtschaftlicher Hinsicht ganz zu schweigen, und auf der anderen Seite die Finanzsituation der Kommunen, der Länder und des Bundes ansehe, stelle ich unter Berufung auf den letzten Monatsbericht der Deutschen Bundesbank fest, daß sich von 1979 bis 1986 die Gesamtverschuldung aller Gebietskörperschaften von ca. 400 auf 800 Milliarden DM verdoppelt hat. Davon entfällt die Hälfte auf eine zunehmende Verschuldung des Bundes.
    Der Zahlenvergleich mit der sogenannten Erblast der sozialliberalen Koalition zeigt: In den Jahren 1979 bis 1982 ist die Verschuldung um ca. 100 Milliarden DM aufgebaut worden. In den Jahren 1982 bis heute, also unter Ihrer Verantwortung, ist die Verschuldung des Bundes ebenfalls um 100 Milliarden DM aufgebaut worden. Bei den Haushaltsberatungen in einem halben Jahr werden wir sehen, daß Sie in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung schon nicht mehr wissen, wie Sie die zunehmenden Lücken in Ihrem eigenen Bundeshaushalt decken sollen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Die Überlegungen zur mittelfristigen Finanzplanung zeigen, daß dort zunehmend Löcher auftauchen, auch wegen der zurückgehenden Wachstumsentwicklung, und daß Sie die Nettokreditaufnahme von Jahr zu Jahr um zusätzlich 5 Milliarden DM steigern müssen. Das heißt, selbst unter Ihrem eigenen Kriterium der ökonomischen Solidität — Stichwort Staatsverschuldung, das Sie immer der Sozialdemokratie oder auch den GRÜNEN um die Ohren geschlagen haben — ist Ihre Wirtschaftspolitik erfolglos, von der Erfolglosigkeit auf dem Arbeitsmarkt ganz zu schweigen!
    Wenn wir GRÜNEN eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik kritisieren, was kann an deren Stelle treten? Wir schlagen zur Überwindung der Arbeitslosigkeit und zur Vermeidung von ökologischen Folgeschäden ein Konzept vor,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schluß mit dem Export!)

    wie in vier bis fünf Jahren über 2 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden können, wie also die offiziell registrierte Arbeitslosigkeit überwunden werden kann, wenn es politisch gewollt wird. Dazu drei Hebel.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Abschaffung des Exports, dann geht es am schnellsten!)

    — Reden Sie doch nicht so einen Quatsch! Weisen Sie es mir nach, wir können eine Wette eingehen: Kein GRÜNER hat je die Abschaffung des Exports gefordert, auch wenn Herr Lambsdorff auf „Bild"-Zeitungsniveau immer wieder solchen Schwachsinn behauptet.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Wir müssen von der überscharfen Exportorientierung und Exportabhängigkeit wegkommen durch eine Reduzierung des Exports, nicht durch seine Abschaffung, und die Ressourcen, die dadurch frei werden, für eine binnenorientierte Wirtschaftspolitik nutzen, die wir auch für den ökologischen Umbau unserer eigenen Binnenstruktur gebrauchen können.
    Erster Hebel unseres Konzepts: Arbeitszeitverkürzung. Zweites Instrument neben Arbeitszeitverkürzung: Demokratisierung der Wirtschaft. Und ein drittes Instrument: ökologischer Umbau. Mit einem solchen Konzept — und ich werde es in den Einzelbereichen gleich noch vertiefen — können wir in vier bis fünf Jahren die registrierte Massenerwerbslosigkeit beseitigen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Wirtschaft total kaputtmachen!)

    Zur Arbeitszeitverkürzung. Wenn wir den Tarifabschluß im Metallbereich — 37-Stunden-Woche in zwei Stufen bis 1990 — unter dem Gesichtspunkt beurteilen, welchen Beitrag dieser Tarifabschluß zur Überwindung der Erwerbslosigkeit leistet, dann müssen wir GRÜNEN sehr kritisch sagen, und zwar auch in Kritik an Steinkühler, der den Tarifabschluß als einen großen Erfolg seiner Einzelgewerkschaft feiert: Die 37-Stunden-Woche, festgeschrieben bis 1990 und auch nur in zwei Stufen eingeführt, wird noch nicht einmal den weiteren Anstieg der Massenerwerbslosigkeit verhindern können, geschweige denn, einen Beitrag zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit leisten.

    (Dr. Jens [SPD]: Klugscheißer! Verhandeln Sie doch einmal!)

    — Herr Jens, ich habe nicht sozusagen vom grünen Tisch aus gesagt: IG Metall, ihr hättet kämpfen und hättet streiken müssen, und das auch wochenlang — weil wir die schwierigen Kampfbedingungen auch auf der Grundlage von § 116 kennen.

    (Dr. Jens [SPD]: Angeberei ist das doch!)

    Das ist ein Punkt. Aber wer unter erschwerten Kampfbedingungen einen tarifpolitischen Mißerfolg, wenn wir ihn aus der Perspektive der Arbeitslosen betrachten, als großen Erfolg hinstellt, der streut den Arbeitslosen Sand in die Augen, und das halte ich für eine Fehlorientierung von Politik!

    (Beifall bei den GRÜNEN)




    Stratmann
    Notwendig ist, da nun dieser Tarifabschluß so getroffen werden wird,

    (Roth [SPD]: Das ist ja unglaublich!)

    daß parlamentarisch ergänzende Initiativen zum Abbau der Arbeitslosigkeit ergriffen werden. Hier ist insbesondere der Gesetzgeber auf Bundesebene gefragt. Wir GRÜNEN haben deswegen in den letzten Wochen einen Gesetzentwurf zum drastischen Abbau der Überstunden eingebracht, den der Kollege Hoss später noch im einzelnen erläutern wird.
    Der Tarifabschluß zeigt aber — und dort sind wir uns nahe — : Die Gewerkschaften waren machtpolitisch nicht in der Lage, die 35-Stunden-Woche jetzt durchzusetzen. Deswegen ist neben der Arbeitszeitverkürzung ein zweiter Hebel notwendig, um die Arbeitslosigkeit zu überwinden, nämlich Demokratisierung der Wirtschaft. Das heißt hinsichtlich der Kampfbedingungen der Gewerkschaften: Der § 116 muß weg! Das heißt zweitens — damit eine Gewerkschaft nicht sozusagen unter der Drohung von Massenaussperrung und kalter Aussperrung steht — ein gesetzliches Verbot der Aussperrung. Ich freue mich, daß jetzt die Sozialdemokratie auch bereit ist — ich habe das Interview von Frau Fuchs gelesen — , einem Gesetzentwurf zum Verbot der Aussperrung grundsätzlich zuzustimmen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Der dritte Punkt in einer bedrohten Krisenbranche wie der Stahlindustrie ist: Wir müssen die Durchsetzungschancen der abhängig Beschäftigten, der Stahlarbeiter, stärken, um ihre Arbeitsplatz- und Standortinteressen durchsetzen zu können. Aus dem Grunde sagen wir — Herr Bangemann, wenn Sie das auch einmal in Ihren Kopf kriegen! — : Vergesellschaftung statt Verstaatlichung. Wir lehnen Verstaatlichung strikt ab. Und wenn Sie schon, Herr Wissmann, für die Vermögensbeteiligung in Arbeitnehmerhand sind, wie Sie das nennen, dann seien Sie doch konsequent auf diesem Weg: Die Vergesellschaftung der Stahlunternehmen, die die IG Metall fordert, die wir GRÜNE jetzt einstimmig auf dem Bundesparteitag beschlossen haben, ist der beste und der konsequenteste Weg, Vermögensbeteiligung in der Belegschaftshand durchzusetzen. Das heißt natürlich auch: Mitverantwortung für das ökonomische Ergehen des eigenen Konzerns, selbstverständlich!

    (Zuruf von der [CDU/CSU]: Und auf Halde produzieren!)

    Der dritte Punkt für ein mittelfristig greifendes Konzept zum Abbau und zur Überwindung der Arbeitslosigkeit: ökologischer Umbau. Wichtig ist, daß wir einen ökologischen Umbau nicht mit qualitativem Wachstum verwechseln. Das ist auch unsere Hauptkritik am SPD-Programm „Arbeit und Umwelt" . Wer qualitatives Wachstum sagt und, wie im Programm „Arbeit und Umwelt" — Herr Roth oder Herr Jens, oder wer sonst noch daran beteiligt war — , feststellt, wir müßten uns aus ökologischen Gründen gegen die weitere Asphaltierung und Betonierung der Umwelt wehren — dem stimmen wir GRÜNEN ausdrücklich zu — , und dann im letzten Jahr im Deutschen Bundestag 8 000 Bundesfernstraßenkilometern zustimmt, was den Bund Jahr für Jahr 7 Milliarden DM kostet, der zeigt, daß er sein eigenes Programm „Arbeit und Umwelt" nicht ernst nimmt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ökologischer Umbau heißt: Es gibt ausgewählte, notwendige Wachstumsbereiche im Energiebereich, Einstieg in eine alternative Energiepolitik, Energieeinspartechniken, alternative Energietechniken.

    (Zuruf von der [CDU/CSU]: Windmühlen!)

    Aber mit der gleichen Konsequenz, mit der wir „Ausbau von bestimmten Wachstumsbereichen" sagen, müssen wir auch sagen: Schrumpfung von schädlichen Bereichen. Deswegen sagen wir auch im Jahr nach Tschernobyl: Auch aus ökonomischen Gründen brauchen wir den Sofortausstieg aus der Atomenergie, und die Möglichkeit des Sofortausstiegs ist auch ökonomisch darstellbar. Ich kann das aus Zeitgründen nicht mehr darstellen. Wir können in einem Zeitraum von ca. einem Jahr aus der Atomenergie aussteigen, ohne massenhaft Arbeitsplätze zu gefährden — das können wir im einzelnen vorrechnen — , ohne die Strompreise und die Produktionskosten in die Höhe zu treiben und ohne das zu riskieren, was von Ihnen allen immer befürchtet wird, nämlich die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden.

    (Vorsitz : Vizepräsident Westphal)

    Allein der Verweis auf Japan zeigt — ich komme gleich zum Schluß — , daß es dort, insbesondere auf Grund eines progressiven Stromtarifs, doppelt so hohe Strompreise gibt, wobei aber doch keiner in diesem Hause den Japanern einen Mangel an Wettbewerbsfähigkeit vorwerfen wird.
    Eine letzte Bemerkung zur Sozialdemokratie in Sachen Atomausstieg: Ich habe auf der einen Seite mit Freude die Erklärung des Bundesvorstandes der SPD anläßlich des Jahrestages von Tschernobyl gelesen, auch die SPD sei für den Ausstieg aus der Atomenergie, auch und insbesondere für die Beendigung des Exports von Atomanlagen.
    Ich komme aus Nordrhein-Westfalen, kenne also den Ministerpräsidenten Rau sehr gut, seines Zeichens auch stellvertretender Parteivorsitzender und also an diesem Beschluß beteiligt.


Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Stratmann, Ihre Zeit ist vorbei!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eckhard Stratmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Darf ich noch eine Minute haben, um diesen Punkt eben darzustellen?