Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich die konfusen Reden des Herrn Wirtschaftsministers hier höre,
wundere ich mich immer, wie robust die deutsche Volkswirtschaft doch ist, so robust, daß sie diese Wirtschaftspolitik aushält.
Wir diskutieren heute einen Jahreswirtschaftsbericht, der schon jetzt das Papier, auf dem er gedruckt ist, nicht mehr wert ist.
Meine Damen und Herren, es gibt keine Möglichkeit, diesen Jahreswirtschaftsbericht ernsthaft und seriös zu diskutieren.
Es stehen da rosige Wirtschaftsprognosen. Zum Beispiel werden 2,5 % Wirtschaftswachstum angekündigt, eine Zahl, die heute niemand mehr ernst nimmt, es sei denn, man ist Bundeswirtschaftsminister.
Im letzten Jahr habe ich anläßlich der Jahreswirtschaftsdebatte gesagt, daß die Bundesregierung in ein Jahr mit einer außenwirtschaftlichen Traumkonstellation geht. Wir hatten eine gewaltige Abwertung der D-Mark mit einer entsprechenden Exportausweitung, und anschließend kam eine drastische Ölpreissenkung mit einer Freisetzung von etwa 40 Milliarden DM Binnennachfrage. Deshalb ist es heute berechtigt, zu fragen, wie weit Sie bei diesen unvergleichlich positiven Ausgangsbedingungen in Ihrer Wirtschaftspolitik überhaupt gekommen sind.
Schauen wir uns die Daten an. Die Bundesregierung erhoffte sich einen Rückgang der Arbeitslosigkeit von 9,3 % auf 8,5 %; 150 000 Menschen weniger sollten arbeitslos sein. Tatsächlich sind Sie — bei diesen optimalen außenwirtschaftlichen Bedingungen! — bei 9 % Arbeitslosigkeit geblieben.
Sie sind mit Ihrer Arbeitsplatzpolitik im letzten Jahr völlig gescheitert! Sie sind im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit alles schuldig geblieben.
Die hervorragenden Möglichkeiten des letzten Jahres wurden verspielt und vertan. Diese Regierung hat sich faktisch — das zeigte auch die Rede gerade — aus dem Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit verabschiedet. Wann denn sonst eigentlich als in den Jahren der guten Konjunktur soll die Arbeitslosigkeit abgebaut werden? Wie wäre es denn gewesen — diese Frage ist ja ganz legitim —, auf welchem Niveau der Arbeitslosigkeit stünden wir denn jetzt, wenn Sie nicht die Abwertung mit der Exportdroge gehabt hätten und wenn Sie nicht die Ölpreissenkung mit der Freisetzung von Binnennachfrage gehabt hätten?