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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/9 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 9. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1987 Inhalt: Verzicht des Abg. Dr. Wallmann auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . 457A Eintritt des Abg. Weirich in den Deutschen Bundestag 457 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Höffkes, Frau Verhülsdonk und Dr Schwörer 457 B Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 1986/87 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 10/6562 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 1987 der Bundesregierung — Drucksache 10/6796 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Abbau der Massenarbeitslosigkeit — Drucksache 11/18 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Überstundenabbau — Drucksache 11/136 — Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 457 D Roth SPD 466A Wissmann CDU/CSU 470D Stratmann GRÜNE 475 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 478A Dr. von Dohnanyi, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg . . . 481 C Glos CDU/CSU 488 D Dr. Jens SPD 491 A Frau Saibold GRÜNE 493 B Kittelmann CDU/CSU 495 B Dr. Ehrenberg SPD 498 A Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 500A Hoss GRÜNE 503 A Dr. Lammert CDU/CSU 503D Müller (Pleisweiler) SPD 505 D Doss CDU/CSU 507 B Fragestunde — Drucksachen 11/207 vom 30. April 1987 und 11/221 vom 5. Mai 1987 — Äußerungen des Vertreters der SWAPO Moses Garoeb auf einer Pressekonferenz in Bonn; aus der Sicht der Bundesregierung erforderliche Konsequenzen DringlAnfr 1, 2 05.05.87 Drs 11/221 Lowack CDU/CSU Antw StMin Schäfer AA 509 B ZusFr Lowack CDU/CSU 509 C ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 510A ZusFr Dr. Sperling SPD 510 B Erhaltung des Verbots von Milchimitationsprodukten und Beibehaltung des § 4 der Fleisch-Verordnung für die Bundesrepublik Deutschland II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1987 MdlAnfr 1 30.04.87 Drs 11/207 Bindig SPD Antw PStSekr Gallus BML 510C ZusFr Bindig SPD 510C ZusFr Eigen CDU/CSU 511A ZusFr Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 511B Kindergerechte Änderung der Normen des sozialen Wohnungsbaus MdlAnfr 2, 3 30.04.87 Drs 11/207 Dr. Sperling SPD Antw PStSekr Echternach BMBau . . . . 511C ZusFr Dr. Sperling SPD 512A Rechtsqualität des Sondergerichtsurteils gegen Pater Rupert Mayer von 1937; Löschung der Eintragung im Bundeszentralregister MdlAnfr 4, 5 30.04.87 Drs 11/207 Marschewski CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Jahn BMJ 512 C ZusFr Marschewski CDU/CSU 513 A ZusFr Dr. Emmerlich SPD 513B ZusFr Frau Verhülsdonk CDU/CSU . . 513 C ZusFr Geis CDU/CSU 513 D ZusFr Dr. Hirsch FDP 513 D ZusFr Dr. Pick SPD 514 A Übernahme von Aufgaben deutscher Zivilangestellter bei den britischen und amerikanischen Streitkräften im Raum Mönchengladbach und im Kreis Kleve durch Angehörige der Stationierungsstreitkräfte MdlAnfr 8, 9 30.04.87 Drs 11/207 Stahl (Kempen) SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 514 C ZusFr Stahl (Kempen) SPD 514 D ZusFr Stiegler SPD 515A ZusFr Dr. Rumpf FDP 515B Entwicklung der Neuverschuldung des Bundes MdlAnfr 10 30.04.87 Drs 11/207 Dr. Mertens (Bottrop) SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 516B ZusFr Dr. Mertens (Bottrop) SPD 516B ZusFr Poß SPD 516D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 517 A ZusFr Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 517B ZusFr Stiegler SPD 517 C ZusFr Dr. Struck SPD 517D ZusFr Diller SPD 518A ZusFr Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE . 518B ZusFr Frau Traupe SPD 518B ZusFr Bohl CDU/CSU 518C Einbeziehung der Erhöhung von Verbrauchsteuern zur Finanzierung höherer Beiträge an die EG ab 1988 in die Neuverschuldung des Bundes; Auswirkungen zusätzlicher Belastungen auf die Neuverschuldung 1987 MdlAnfr 11, 12 30.04.87 Drs 11/207 Scherrer SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 518D ZusFr Scherrer SPD 518D ZusFr Poß SPD 519A ZusFr Stiegler SPD 519B ZusFr Stahl (Kempen) SPD 519C Nächste Sitzung 520 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 521 * A Anlage 2 Verbesserung der Insiderregelung zur Förderung von Produktivvermögen in Arbeitnehmerhand angesichts der Manipulationen an ausländischen Börsenplätzen MdlAnfr 6, 7 30.04.87 Drs 11/207 Dr. Solms FDP SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . . 521 * B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1987 457 9. Sitzung Bonn, den 6. Mai 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 7. Sitzung, Seite 341/342: In der als Anlage 5 abgedruckte Liste sind die Namen der Abgeordneten Dr. Knabe und Rixe einzufügen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 8. 5. Antretter * 8. 5. Böhm (Melsungen) * 8. 5. Bühler (Bruchsal) * 8. 5. Buschbom 8. 5. Buschfort 6. 5. Frau Fuchs (Verl) 8. 5. Hiller (Lübeck) 6. 5. Frau Kelly 6. 5. Kiehm 8. 5. Kolbow 8. 5. Lemmrich * 8. 5. Maaß 6. 5. Magin 8. 5. Dr. Müller * 8. 5. Frau Pack * 8. 5. Reuschenbach 8. 5. Frau Schilling 8. 5. Seehofer 8. 5. Dr. Soell * 8. 5. Steiner * 8. 5. Dr. Unland * 8. 5. Dr. Weng 8. 5. Zierer 8. 5. Frau Zutt 8. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Solms (FDP) (Drucksache 11/207 Fragen 6 und 7): Hält die Bundesregierung vor dem Hintergrund ihrer Bemühungen um die Förderung von Produktivvermögen in Arbeitnehmerhand und in Kenntnis des Mißbrauchs von Insiderwissen an ausländischen Börsenplätzen die bestehende Insiderregelung in der Bundesrepublik Deutschland für ausreichend? Anlagen zum Stenographischen Bericht Wenn nicht, will sie die Beteiligten auffordern, auf freiwilliger Basis eine strikte Anwendung verbesserter Insiderregeln zu garantieren, oder zieht sie eine gesetzliche Regelung der Insiderproblematik vor? Die Börsensachverständigenkommission hat zum Schutze der Anleger gegen die mißbräuchliche Ausnutzung von Insider-Informationen eine freiwillige Regelung erarbeitet und im Jahre 1970 den beteiligten Wirtschaftskreisen zur Annahme empfohlen. Diese Regelung umfaßt Insiderhandels-Richtlinien, Händler- und Beraterregeln sowie eine Verfahrensordnung. Das gesamte Regelwerk ist im Jahre 1976 aufgrund erster praktischer Erfahrungen in überarbeiteter Neufassung vorgelegt worden. Die Insider-Regeln haben bis jetzt 400 börsennotierte Unternehmen (von insgesamt 502) anerkannt; sie repräsentieren mehr als 90 % des an den Börsen zugelassenen Aktienkapitals. Der Finanzausschuß des Deutschen Bundestages hat auf Anregung des Wirtschaftsausschusses im November 1974 eine Anhörung von Verbänden und Sachverständigen zur Frage des Schutzes des Publikums vor dem Mißbrauch von Insider-Informationen durchgeführt. Finanz- und Wirtschaftsausschuß haben es danach nicht für erforderlich gehalten, im Rahmen einer damals beratenden Änderung des Börsengesetzes eine gesetzliche Regelung zur Bekämpfung von Mißbräuchen durch Insider einzubringen. Beide Ausschüsse haben sich dafür ausgesprochen, es bei einer Beobachtung der freiwilligen Insider-Regelung vorerst zu belassen. Die Bundesregierung hält diese Ansicht auch heute noch für richtig. Die gegenwärtigen Erkenntnisse rechtfertigen es nicht, die zum Schutz der Anleger gegenüber Insider-Geschäften getroffenen Maßnahmen als unzureichend anzusehen. Die Bundesregierung wird aber auch weiterhin den Wertpapierhandel sorgfältig beobachten und wie bereits in der Vergangenheit ihr Augenmerk insbesondere darauf richten, daß die bestehende Regelung - vor allem auf der Grundlage der konkreten Erfahrungen bei ihrer Anwendung - stets den Erfordernissen einer wirksamen Handhabung gerecht werden. Sie wird eine Verbesserung des bestehenden Anlegerschutzes vorschlagen, falls sich dies als notwendig erweisen sollte.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Martin Bangemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich habe gerade davon gesprochen, daß ein Abbau von Arbeitsplätzen in der Textilindustrie stattgefunden hat. Mir ist das, wenn ich davon spreche, bekannt. Ich habe das als Beispiel dafür genommen, daß dieser Abbau nicht nur notwendig war, um die Textilindustrie bei uns wieder wettbewerbsfähig zu machen
    — denn sie exportiert jetzt mehr, als wir an Textilprodukten importieren —; ich wollte damit auch zeigen, daß dieser Abbau von Arbeitsplätzen, die Veränderung der Struktur der Textilindustrie Entwicklungsländern auch eine Chance geben. Wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie sich die Frage wirklich ersparen können.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Dieser Strukturwandel erweitert die Chancen einer Wirtschaft, wenn dabei kreative Kräfte freigesetzt werden, der Wettbewerb ermutigt wird und Kapital
    460 Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Mai 1987
    Bundesminister Dr. Bangemann
    und Arbeit nicht in unproduktiven Verwendungen festgezurrt, sondern dort eingesetzt werden, wo sie am besten eingesetzt werden können. Natürlich weiß jeder, daß ein Stahlarbeiter in Hattingen, ein Werftarbeiter in Hamburg oder in Leer, der gerade entlassen wird, mit solchen Vorstellungen in seiner eigenen persönlichen Lage wenig anfängt; das ist das Problem. Das Problem besteht darin, daß jedermann weiß: Der Strukturwandel im allgemeinen ist richtig für jeden, aber die Umsetzung in das unmittelbare persönliche Leben eines einzelnen Betroffenen, der arbeitslos wird, wird nur schwer gelingen. Das ist in vielen Fällen auch hoffnungslos, weil man ja verstehen muß, daß der einzelne Betroffene mit diesen Erwägungen, soweit sie für ihn nicht ganz unmittelbar einen Erfolg aufweisen können, wenig anfängt.
    Aber eine Regierung hat auch die Pflicht, die unangenehmen Wahrheiten zu sagen und sich so zu verhalten, daß diese Wirtschaft für alle und auf mittlere Sicht gedeihen kann. Sie muß sagen — und wir haben das verschiedentlich gesagt — , daß man weder Kohle lagern noch Schiffe bauen noch Stahl verkaufen kann, die man auf dem Markt nicht mehr absetzen kann. In jedem Wirtschaftssystem, auch in einem zentral verwalteten Wirtschaftssystem, ist die Produktion von Gütern, die niemand will, das beste Anzeichen dafür, daß der Wohlstand in dieser Wirtschaft sinken muß und jedermann negativ davon betroffen ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Sie kann sich deswegen nicht gegen den Strukturwandel stellen, der eine dynamische Wirtschaft immer begleitet hat und auch in Zukunft immer begleiten wird. Und ich füge hinzu: Je höher das Lohnniveau einer Wirtschaft ist — und wir sind dafür, daß über hohe, ausreichende Löhne auch Kaufkraft für diejenigen entsteht, die arbeiten; niemand darf ein hohes Lohnniveau beklagen, das natürlich Ausweis der Leistungsfähigkeit einer Wirtschaft ist — , um so stärker muß die Innovationsfähigkeit, muß die Fähigkeit einer Wirtschaft sein, auf den Strukturwandel zu setzen. Denn mit überalterten Strukturen kann man ein solch hohes Lohnniveau unter gar keinen Umständen verkraften.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir helfen, wie ich gesagt habe, dort, wo das notwendig ist, mit sozial- und regionalpolitischen Mitteln, mit Ersatzarbeitsplätzen, die wir natürlich nicht selber schaffen können. Neulich habe ich gelesen, das sei ein Wort, das die Politiker jetzt erfunden hätten, um sich zu beruhigen. Dabei vergäßen sie, daß sie selber ja keine Arbeitsplätze schaffen. Das ist richtig. Aber natürlich werden wir mit Anreizen für neue Investitionen in den betroffenen Gebieten auch mittelbar Hilfe zur Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen leisten können.
    Nötig und möglich ist darüber hinaus aber mehr, und unsere Wirtschaftspolitik versucht das: Wir verbessern und erleichtern durch marktwirtschaftliche Offensiven möglichst viele Bedingungen für Wachsturn und Investitionen und damit zugleich auch für Beschäftigung. Hier verzahnen sich konjunkturpolitische Erwägungen mit strukturpolitischen Notwendigkeiten. Hier zielt die Förderung des Wettbewerbs z. B. in die gleiche Richtung wie die Entlastung von Steuern und Abgaben. Die Deregulierung führt zum selben Ziel wie eine Haushaltspolitik, die dafür sorgt, daß wir niedrige Zinsen haben. Hier wirken auch die Gesetze für mehr Flexibilität, die natürlich zum Teil in der Entscheidungsgewalt der Tarifpartner liegen, in die gleiche Richtung wie die Politik der Preisstabilität und des permanenten Eintretens für einen freien Weltmarkt, für einen freien Zugang zu den Weltmärkten. Das ist eine marktwirtschaftliche Politik, die alle diese verschiedenen Bereiche zusammenbindet. So schaffen wir Anpassungen an den strukturellen Wandel, so wird für mehr Arbeitsplätze gesorgt, und so erwirtschaften wir die Mittel für den sozialpolitischen, umweltpolitischen und forschungspolitischen Fortschritt, der notwendig ist.
    So stärken wir auch die Freiheit des Bürgers vor unnötiger staatlicher — und ich füge hinzu: verbandsverordneter — Gängelei. Denn, meine Damen und Herren, diese Politik hat nicht nur wirtschaftliche Auswirkungen, sondern sie schafft auch Freiheitsräume für den Bürger im Bereich der Wirtschaft, die er nötig braucht, um Freiheit insgesamt erleben zu können. Ich hoffe, daß gerade auch die Verbände mit ihren eigenen Entscheidungen, beispielsweise bei den Tarifvereinbarungen, dafür sorgen, daß der Freiheitsraum des Bürgers größer wird. Wir haben in den letzten Vereinbarungen schon einige Gedanken aufschimmern sehen — sehr undeutlich zwar, aber immerhin. Mehr Flexibilität in den Tarifvereinbarungen wird nicht nur mehr wirtschaftlichen Freiraum, neue Arbeitsplätze, neuen wirtschaftlichen Dynamismus schaffen, sondern in dieser Freiheit wird auch für den einzelnen ein Stück persönlicher Freiheit in seiner alltäglichen Arbeitswelt lebendiger.
    Damit — und das will ich hier durchaus deutlich sagen — haben wir kein Patentrezept für alle Wechselfälle des wirtschaftlichen und politischen Lebens, sondern natürlich sind mit dieser Politik auch Friktionen verbunden. Vorübergehende Rückschläge können nicht ein für allemal ausgeschlossen werden. Dennoch: Wenn man die Entwicklung der vergangenen vier Jahre betrachtet und versucht, von daher eine allgemeine Tendenz abzuleiten, dann glaube ich schon, daß wir auf dem richtigen Wege sind. Ich will jetzt nicht alle Wirtschaftsdaten von 1982 mit denen von 1986 vergleichen. Jeder, der sie kennt, kann nicht bestreiten, daß wir in diesen vier Jahren wirtschaftlich Erfolgsgeschichte geschrieben haben.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: So ist es!)

    Wenn man hört, daß das Wirtschaftswachstum zu niedrig war — es gibt nicht wenige Menschen, denen das zu niedrig ist; gerade aus dem Ausland, aus den USA hören wir immer wieder Aufforderungen und Ermahnungen, zu einem größeren Wirtschaftswachsturn zu kommen

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Auch im Durchschnitt der OECD ist es höher!)

    — von der OECD ist es zu hören, Herr Ehrenberg; ich will das gerne um diese Organisation, die von uns hoch geschätzt wird, ergänzen — , dann sagen das übrigens meistens dieselben Leute, die sich und ande-



    Bundesminister Dr. Bangemann
    ren ein paar Jahre zuvor noch alles Heil von einem permanenten Nullwachstum versprochen haben.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Die amerikanische Administration!)

    Das Interessante ist, daß diese Experten in internationalen Organisationen häufig auch Moden unterworfen sind.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: So ist es! Wetterfrösche!)

    Als es Mode war, von Nullwachstum zu reden, weil man angeblich mit Ressourcen zu leben hätte, die sich nicht erweitern ließen, und als deswegen gefordert wurde, daß man sich angesichts der Herausforderungen dieser Ressourcenknappheit vom Wirtschaftswachstum abkehren müßte, haben dieselben Leute das Nullwachstum gepredigt, die sich heute wieder hinstellen und uns vorhalten, wir hätten zu wenig Wachstum. Diese vergessen das oft.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie kommen mir so vor wie amerikanische Fernsehprediger, die in ihren Fernsehsendungen vor Moral triefen und in ihrem alltäglichen Leben dem nicht ganz gerecht werden, was sie da predigen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Sie lesen den „Spiegel")

    — Nein, ich lese nicht den „Spiegel", sondern ich war in Amerika, Herr Kollege, und habe alles hautnah und live miterleben können, was dort passiert.

    (Lachen bei der SPD und den GRÜNEN — Dr. Vogel [SPD]: Da macht aber Herr Strauß Schwierigkeiten! Seien Sie vorsichtig, mein Lieber! „Prediger" und dann „hautnah"?)

    — Ja, sehen Sie, Herr Vogel, jetzt haben Sie es verstanden; das wollte ich Ihnen ja deutlich machen: „Prediger" und „hautnah" bilden ein bißchen einen Gegensatz. Sie haben es jetzt verstanden. Herzlichen Glückwunsch!

    (Dr. Vogel [SPD]: Witzbold sind Sie auch noch!)

    Meine Damen und Herren, ich möchte all diese Kritiker daran erinnern: 12 T. Wirtschaftswachstum und über 600 000 neue Arbeitsplätze sind in vier Jahren geschaffen worden,

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Wo denn?)

    in denen die deutsche Wirtschaft zugleich ihren Aufbau und ihre Zusammensetzung tiefgreifend verändert hat. Man darf dabei erstens nicht vergessen
    — und dieses Starren auf Zahlen des Wirtschaftswachstums allein macht es ja manchen vergessen —: Eine Wirtschaft, die auf Strukturwandel setzt, wird notwendigerweise geringere Wachstumsraten haben müssen als eine Wirtschaft, die versucht, auch Fußkranke noch mitzuziehen.
    Wenn wir Produktion in den Bereichen verlieren, die nicht mehr wettbewerbsfähig sind, dann fehlt natürlich diese Produktion statistisch bei der Ermittlung von Wirtschaftswachstum. In Wahrheit war aber der Verlust dieser Produktion notwendiger Strukturwandel, der die Wirtschaft in ihrer Konstitution gesünder macht und der dafür sorgt, daß wir auch in Zukunft Wirtschaftswachstum haben.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Gilt das auch für die Landwirtschaft?)

    Zweitens — und ich sage das auch mit Nachdruck — : Mir sind im Schnitt 2 bis 3 % Wirtschaftswachstum pro Jahr auf längere Zeit hinaus wichtiger als ein Auf und Ab von Raten zwischen 6, 2 und 0 %; das ist schlechter zu verkraften als beständiges Wirtschaftswachstum.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich meine — vielleicht könnte da sogar ausnahmsweise einmal die Opposition zustimmen — : Arbeitnehmer und Unternehmer haben in diesen vier Jahren eine ökonomische Leistung erbracht, die ihnen weltweit neue Anerkennung und neuen Respekt eingebracht hat.

    (Dr. Hauchler [SPD]: Und Sie haben nichts dabei getan!)

    — „Arbeitnehmer und Unternehmer" habe ich ja jetzt gerade gesagt. Von der Leistung der Regierung sprach ich kurz zuvor.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir brauchen darüber nicht zu vergessen: Diese Leistung konnte sich nur auszahlen, weil die Koalition der Mitte vom ersten Tag ihrer Arbeit an mit neuem Mut und auch manchmal mit Mut zu schweren Entscheidungen diese Wirtschaft wieder auf eine verläßliche, klare und berechenbare Grundlage gesetzt hat. So wollen wir diese Arbeit auch in dieser Legislaturperiode fortsetzen, zunächst mit der Steuerreform. Sie bildet — jedenfalls in diesen vier Jahren — das Zentrum unserer marktwirtschaftlichen Politik. 1988 und 1990 wird diese Reform in zwei Schritten verwirklicht. Jeder — ich wiederhole es — , jeder, der hierzulande Geld verdient, wird das spüren und seine Dispositionen danach einrichten. Mit dieser Steuersenkung wird also eine Grundlage für Investitionen und Verbrauch, für Leistungsanreize und internationale Wettbewerbsfähigkeit geschaffen, die die Position der deutschen Wirtschaft entscheidend verstärken werden.
    Diese Steuerreform beschränkt sich nicht auf kleine Korrekturen. Sie soll die Struktur des gesamten Steuersystems verändern. Deswegen gehen wir davon aus, daß sie stärker als in der Vergangenheit auch konjunkturelle Auswirkungen haben wird, daß sie die Schaffung neuer Arbeitsplätze erleichtern wird und daß sie auch einen Beitrag zur Eindämmung der Schwarzarbeit ist. Denn, meine Damen und Herren, die volkswirtschaftliche Leistung der Bundesrepublik wird ja in den statistischen Zahlen überhaupt nicht deutlich. Wir müßten eigentlich, wenn man das volkswirtschaftlich betrachtet, das in der Schwarzarbeit Geleistete dazuzählen. Wir würden dann zu erfreulicheren Ergebnissen kommen. Aber wir können das eigentlich auch nicht tun, denn Schwarzarbeit ist zugleich auch ein Angriff auf Handwerk und kleine und mittlere Betriebe, der die Leistungsfähigkeit dieses Wirtschaftszweiges beeinträchtigt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




    Bundesminister Dr. Bangemann
    Deswegen können wir nicht allein auf administrative und auch nicht allein — wie ich hinzufügen will — auf strafrechtliche Maßnahmen setzen, sondern wir müssen wirtschaftliche Bedingungen schaffen, die die Schwarzarbeit nicht mehr attraktiv machen. Eine Senkung der Steuerlast gehört dazu.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Wir handeln bei der Steuerreform auch sozial, denn wie Sie wissen und wie das hier mehrfach erläutert worden ist, liegt der Schwerpunkt der Entlastung am unteren Ende der Einkommens- und Lohnsteuerskala. Der Hauptschwerpunkt der Steuerreform liegt bei denen, die wenig verdienen. Ein Großteil der jetzt noch Steuern Zahlenden am unteren Ende der Einkommens- und Lohnsteuerskala wird überhaupt keine Steuern mehr zahlen. Der größte Teil der Gesamtentlastung liegt im unteren und mittleren Bereich, da, wo heute die hohe Steuerbelastung leistungshemmend wirkt.
    Wir stärken damit auch die deutsche Wettbewerbsfähigkeit. Ich frage: Was ist effizienter als ein wettbewerbsfähiger Betrieb?

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Sie sind ein toller Hecht!)

    — So ist es. Sie haben es richtig erfaßt.

    (Heiterkeit)

    Die Opposition denunziert diese Reform als ein Geschenk an die Reichen, und Herr Breit redet ihr das nach. Wir konnten das vielleicht auch nicht anders erwarten.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Wenn Sie rechnen können, wüßten Sie auch, daß es stimmt!)

    Aber ich sage Ihnen: Mit dieser Steuerpolitik werden wir mehr und bessere ökonomische und soziale Wirkungen erzielen als mit allen Programmvorschlägen zusammen, die wir in den vergangenen Jahren von der SPD gehört haben und die wir immer noch hören

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    und die mit Belastungen für den kleinen Mann verbunden sind, die die SPD nicht auszurechnen gewagt hat und die die Wähler dennoch gemerkt haben. Ich wiederhole es: Was ist ein besserer Ausweis für gute oder schlechte Politik als das Votum der Wähler? — Wenn die Opposition erst einmal erkannt hat, daß das Votum der Wähler gegen sie nicht ein Votum gegen sie ist, weil sie Opposition ist, sondern weil sie schlechte Politik vorschlägt, dann werden wir vielleicht insgesamt zu besseren Verhältnissen auch bei den Diskussionen in diesem Hause kommen können.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Kittelmann [CDU/CSU]: Sie sind ein Optimist!)

    Ich nehme eine andere Kritik ernster. Warum, so werden wir gefragt, ist mit dem Beschluß zur Steuerreform nicht auch der Beschluß zur Finanzierung in allen Einzelheiten gefaßt worden?

    (Roth [SPD]: Wegen der Landtagswahlen! Ist doch klar!)

    Das ist eine Frage, die man beantworten muß. Ich räume ein,

    (Roth [SPD]: Das räumen Sie ein!)

    daß wir eine Entscheidung über beide Dinge eher hätten treffen können,

    (Roth [SPD]: Wenn nicht Landtagswahlen gewesen wären!)

    wenn wir nicht zu befürchten gehabt hätten, daß der Teil der Steuerreform, der unbestreitbar eine Nettoentlastung bringt, nämlich mit 25 Milliarden DM, in der öffentlichen Diskussion untergegangen wäre. Deswegen werden wir in diesem Jahre, wenn das Gesetzesvorhaben vorgelegt wird, insgesamt darüber Klarheit schaffen.
    Wir werden dabei — ich sage das hier für die Regierung — Steuerentlastung und Subventionsabbau zusammenknüpfen. Sie gehören nicht nur finanzpolitisch, sondern auch ordnungspolitisch zusammen. Subventionsabbau ist nicht weniger marktwirtschaftliche Befreiung als Steuerreduktion. Subventionen, so dringlich sie uns auch immer wieder begründet werden — natürlich in erster Linie von den Betroffenen — und, ich füge auch hinzu, so unvermeidbar sie in manchen Fällen sind, wenn man politische Ziele damit verwirklichen will, bleiben trotzdem ein staatlicher, fragwürdiger Eingriff, der die Marktkräfte manipuliert und der höchste Ungerechtigkeiten schafft.
    Ich sage es noch einmal, meine Damen und Herren: Ich werde, wie ich es schon in den vergangenen Haushaltsbeschlüssen getan habe, dafür sorgen, daß in meinem Haushalt, soweit ich dafür verantwortlich bin, Subventionen zurückgeführt werden.

    (Zuruf von der SPD: Haben Sie schon eine Idee dazu?)

    Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich das Haus daran beteiligt; denn in der Regel werden Subventionen den Großen gegeben, und die Kleinen bezahlen sie. Das ist eine unerträgliche Ungerechtigkeit in unserem Wirtschaftssystem.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wer das dann wieder als Marktwirtschaftswahn zu verunglimpfen beliebt, wie das der Kollege Haar vor kurzem gemacht hat, der findet vielleicht an einer komplizierteren Formulierung mehr Gefallen: Subventionsabbau ist nötig, um die Ressourcen unserer Volkswirtschaft optimal dort einzusetzen, wo rentable Arbeitsplätze geschaffen werden können.


Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Stratmann? — Bitte sehr.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eckhard Stratmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Bangemann, können Sie mir bei Ihrem Plädoyer für Marktwirtschaft und Subventionsabbau erklären, warum die Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt 1982 die Subventionen nicht abgebaut, sondern ausgebaut hat und dies kritisch



    Stratmann
    auch in den Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute vermerkt wird? Also genau das Gegenteil von dem, was Sie hier proklamieren, tun Sie tagtäglich. Wie erklären Sie den schreienden Widerspruch?