Rede von
Dieter
Schanz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident, ich muß auf meine Zeit achten. Ich kann auf einen solchen Wunsch nicht noch einmal Rücksicht nehmen.
Meine Damen und Herren, ich lasse nicht zu, daß der Herr Bundeskanzler und der Herr Wirtschaftsminister, die beide geschworen haben, dem ganzen deutschen Volk zu dienen, die Menschen im Revier ausgrenzen, diese Region verkommen lassen.
— Hören Sie bitte zu. — In Oberhausen, Duisburg, Bochum und Hattingen haben einige Konzerne
— Herr Müller hat das ebenfalls gesagt — über Jahrzehnte die Standorte wie ihr persönliches Eigentum behandelt. Noch bis Anfang der 70er Jahre gehörten beispielsweise 80 % der gesamten Fläche meiner Heimatstadt Oberhausen den großen Konzernen.
80 %! Wie ließe sich in einer solchen Stadt zukunftsweisende Industriepolitik machen? Wie kann dort Wirtschaftsförderung betrieben werden?
Nein, Eigentümer an Produktionsmitteln waren und sind auch heute noch Eigentümer an Grund und Boden. Und wie Sie wissen: Wer besitzt, bestimmt.
Bedenken Sie: 75 % des Bodens meiner Heimatstadt Oberhausen leiden unter Bergsenkung, teilweise bis zu 18 m in den letzten 20 Jahren. 265 ha bestehen aus Halden und Industriebrache. 120 ha sollen in den nächsten sechs Monaten dazukommen. Diese Verantwortung lassen wir uns nicht zuschieben. Strukturwandel ja — völlig klar — , aber die Chancen dazu müssen auch gegeben sein.
Noch 1979 waren die Konzerne nicht einmal zu Gesprächen darüber bereit, der Stadt Grund und Boden zu verkaufen. Erst 1980 zeigte man sich verhandlungsbereit. Über die Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen, die für den über Jahrhunderte verwüsteten Boden viel Geld ausgeben mußte — 30 DM pro Quadratmeter und noch einmal 200 DM pro Quadratmeter, um ihn überhaupt nutzbar zu machen — , wurde dann Grund und Boden erworben.
Dennoch, diese Region hat auch nach meiner Überzeugung Zukunft; denn sie hat ja, wie die Demonstrationen an der Ruhr gezeigt haben, Bäcker und Metzger, Ärzte und Handwerker, die sich durch Fleiß und Solidarität auszeichnen und auch bereit sind, zu kämpfen.
Sie hat, wie am Beispiel Oberhausen deutlich wird, auch Firmen wie Babcock als High-Tech-Führer im Umweltschutz, Gutehoffnungshütte, MAN und Ruhrchemie, Unternehmen, die gesund sind und sich durch unternehmerischen Geist auszeichnen. Sie hat fleißige, von Solidarität geprägte Menschen, die jetzt zusammenrücken und die Ärmel aufkrempeln wer-
den. Man muß ihnen Gelegenheit geben, diese Absichten in Taten umzusetzen.
Der Herr Bundeskanzler und der Wirtschaftsminister sind aufgefordert — Herr Blüm kann dazu auch noch etwas sagen — , hierbei zu helfen. Wir haben Vorschläge gemacht.
— Auch Herr Rau. Da stimme ich mit Ihnen völlig überein. Er handelt schon. Das weiß ich.
Es geht um die Durchsetzung der Interessen der deutschen Stahlunternehmen im Verhältnis zu unseren europäischen Nachbarn. Es geht um die Sicherung der Arbeitsplätze. Es geht um die Bereitstellung von Ersatzarbeitsplätzen. Es geht um die soziale Flankierung des Strukturwandels an der Ruhr, zu dem wir bereit sind. Wir brauchen nur die Hilfe aller.
Danke schön.