Herr Präsident, vielen Dank für diesen Hinweis. Wenn Sie gestatten, möchte ich meine Rede zu Ende bringen. Das wird noch etwa fünf Minuten in Anspruch nehmen.
— Erst verlangt die Opposition, daß die Bundesregierung zur Kohle- und Stahlpolitik Stellung nimmt. Und wenn wir das dann tun, beklagen sie sich darüber.
Die Kritik an den Subventionen in der Stahlindustrie ist berechtigt, soweit diese Subventionen in der Vergangenheit gezahlt worden sind. Sie kann für die Gegenwart gar nicht mehr erhoben werden. Denn solche Subventionen sind, wie schon gesagt, heute nicht mehr gestattet.
Die Bundesregierung kann — und das haben wir gestern in dem Gespräch sehr deutlich gesagt — keine Stahlstandorte oder eine Grundausstattung der deutschen Stahlindustrie garantieren. Es gibt kein Instrument, um so etwas durchzusetzen. Wer solche Garantien wirklich praktizieren will, fordert damit Erhaltungssubventionen ohne Begrenzung.
Solche Subventionen kann niemand zahlen. Ein Staat jedenfalls kann sie nicht zahlen, ohne seine gesamte Volkswirtschaft dauerhaft aufs schwerste zu gefährden. Deswegen kann das nicht in Frage kommen. Jedenfalls wird die Bundesregierung solchen Vorschlägen und natürlich auch Vorschlägen zur Vergesellschaftung von Stahlunternehmen nicht folgen.
Wir werden den Anpassungsprozeß auch hier begleiten. Und ich kann Herrn Wissmann sagen, daß wir dafür sorgen, daß alle Verstöße von der Kommission sofort geahndet werden; da kann ich ihn beruhigen. Das ist übrigens auch in der Vergangenheit geschehen. Es gibt vier Fälle, in denen die Kommission solchen Möglichkeiten nachgeht. Zwei davon betreffen deutsche Unternehmen, Herr Wissmann. Der Ministerrat hat übrigens am 19. März erneut einstimmig bestätigt, daß die Subventionsdisziplin eingehalten werden muß. Wir werden dafür sorgen, daß die Kommission sich daran hält.
Wir haben auch in dem Gespräch gestern noch einmal darauf hingewiesen, daß wir die Überlegungen von Eurofer unterstützen. Eurofer will versuchen, auf dem Wege eines Tausches oder eines Verkaufs von Quoten zu Kapazitätsanpassungen zu kommen. Natürlich setzt das voraus, daß das Quotensystem eine gewisse Zeit weiterbesteht. Wir sind bereit, das mit zu unterstützen, und haben das im Ministerrat bereits getan. Wir haben die Stahlunternehmen aufgefordert, das Angebot, das bis jetzt vorliegt, zu ergänzen. Denn die Kommission schätzt den Anpassungsbedarf auf mindestens 20 Millionen, wahrscheinlich 30 Millionen Jahrestonnen. Bis jetzt liegen aber erst, wenn man es sehr großzügig rechnet, Angebote auf Stillegung von 15 Millionen, wenn man es sehr scharf rechnet, auf Stillegung von 10 Millionen Jahrestonnen vor. Das ist natürlich nicht ausreichend. Wir werden aber auch in diesem Fall alles, was die Stahlindustrie unternimmt, unterstützen und sind selbstverständlich auch bereit, die sozialen Maßnahmen, die hier erforderlich sind, einschließlich der Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen, mit zu unterstützen.
Das, meine Damen und Herren, ist die Kohle- und Stahlpolitik der Bundesregierung.
Sie ist unverändert, seitdem wir Gelegenheit hatten, sie vorzutragen. Sie hat sich in die Dimensionen einer modernen Wirtschaft einzuordnen, die zwar auch mit Kohle und Stahl arbeiten wird, die aber Kohle und Stahl von den Mechanismen dieser Wirtschaft auf Dauer nicht ausnehmen kann. Das wäre weder im Sinne und im Interesse von Kohle und Stahl noch zum Vorteil der gesamten Volkswirtschaft. Wer das so sieht, der kann diese Politik nur unterstützen. Wir haben übrigens bei dem Gespräch gestern, auch bei der IG Metall und den Vertretern der Stahlindustrie, durchaus Verständnis für unsere Überlegungen gefunden. Natürlich gibt es unterschiedliche Beurteilungen. Aber es gab einen Ansatz, den wir in Gesprächen mit beiden Seiten weiter verfolgen wollen. Ich hoffe, daß wir dabei Lösungen finden können, die den Menschen, die davon betroffen sind, helfen. Das ist Sinn unserer Bemühungen. Ich hoffe auch, daß wir dabei Unterstützung bei allen Fraktionen des Hauses finden werden.
Ich danke Ihnen.