Rede von
Peter
Petersen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mir den von der OstBerliner Nachrichtenagentur ADN verbreiteten Originaltext des Vorschlags von Herrn Gorbatschow angesehen. Bei aller Begeisterung und allem Respekt, den auch ich für den Mut von Herrn Gorbatschow habe, fundamentale Reformen in der Sowjetunion durchzuführen — ob das gelingt, weiß kein Mensch, ob die festgefahrenen Strukturen konservativer, erzkonservativer Funktionäre durchbrochen werden können, weiß kein Mensch; wir können das nur mit Sympathie, Aufmerksamkeit und sehr offenen Augen verfolgen und dürfen nicht von vornherein sagen, das sei die Lösung für alle unsere Probleme — , sind zu diesem Text, so meine ich, doch einige Fragen zu stellen, die beantwortet werden müssen.
Da sagt Gorbatschow — ich kann hier nur zwei Punkte herausgreifen; darüber müßte man sehr ausführlich und sorgfältig nachdenken — z. B. — ich
zitiere —: „Wir gehen dabei von der festen Überzeugung aus, daß die künftige Sicherheit eine von Kernwaffen freie Sicherheit ist. " Meine Damen und Herren, ist das wirklich so, ist das unsere Überzeugung?
Es hat in der Welt — das hat uns die Friedensbewegung vorgerechnet — seit 1945 140 kriegerische Auseinandersetzungen mit 30 Millionen Toten gegeben, und nur bei uns, in Mitteleuropa, wird — abgesehen vom Schießbefehl an der Mauer — nicht geschossen. Woran liegt denn das, worin unterscheiden wir uns von vielen Teilen der Welt, von Mittelamerika, vom Mittleren Osten, vom Iran und dem Irak, von anderen Teilen, die ich nicht im einzelnen aufzuzählen brauche? Doch wohl dadurch, daß hier bei uns ein Krieg nicht durchführbar wäre,
weil die Abschreckung funktioniert. Man muß also bei jedem Schritt dafür sorgen, daß die Sicherheit dadurch nicht reduziert wird.
Das ist, so meine ich, unsere Verantwortung, und darüber werden wir uns ohne wilde Zwischenrufe unterhalten müssen.
Der zweite Punkt: Gorbatschow spricht von „unserem gemeinsamen Haus in Europa" . Meine Damen und Herren, die Hausordnung, die Herr Gorbatschow mit seinem KGB in der DDR und in der Sowjetunion selber durchführt, ist eine Hausordnung, die ich für mein Volk nicht will. Deshalb möchte ich bei aller Begeisterung und aller Hoffnung, die in der beiderseitigen Null-Lösung, die wir alle wollen, liegt, dringend darum bitten, daß wir jetzt nicht naiv und blauäugig in bezug auf sehr schwierige Verhandlungen, die vor uns allen liegen, sind.
Danke schön.