Rede von
Uwe
Ronneburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat aus einem Interview, das General Altenburg vor wenigen Tagen gegeben hat. Ich zitiere aus dem Interview folgende Sätze:
Wir wollen grundsätzlich keinen Krieg. Wir wollen weder einen Nuklearkrieg noch einen konventionellen Krieg auf unserem Territorium. Um kriegsverhindernd zu wirken, bedarf es bestimmter Mechanismen. Wenn diese Mechanismen auf politische Weise gegeben sind, dann dürfen die Militärs dem nicht im Wege stehen.
Dieses Zitat halte ich aus einer Reihe von Gründen für außerordentlich wichtig, zunächst einmal deshalb, weil es exakt und deutlich die Ziele unserer Politik beschreibt, nämlich Frieden statt Nicht-Krieg in Europa und darüber hinaus und für die Menschen in Europa und in den anderen Teilen der Welt ein Leben ohne Bedrohung und ohne Angst zu erreichen.
Dies ist exakt das Ziel, das wir verfolgen und das wir verfolgt haben, auch mit der politischen Entscheidung vom 22. November 1983.
Ich möchte den Kollegen Mechtersheimer wirklich bitten, sich einmal die Protokolle vom 21. und 22. November 1983 durchzulesen und in diesen Protokollen auch festzustellen, auf welche Weise und mit welcher Schärfe die Politik dieser Regierung — und übrigens nicht nur die Politik dieser Regierung, sondern die Politik der NATO insgesamt — damals abgelehnt worden ist.
Mir ist noch ein Wort von Frau Nickels in Erinnerung, die gesagt hat: Am Ende zählen nicht noble Absichten und Worte, am Ende zählen immer nur die Taten und Tatsachen.
Ich sehe dies durchaus im Zusammenhang mit der Entwicklung der jüngsten Vergangenheit. Die Aussage, die sie damals von außen übernommen und hier als ihre eigene vorgetragen hat, die lautete, daß die neuen Waffen zur Kriegführung hingehen, ist ja wohl eine Aussage, die im Lichte der jüngsten Entwicklung vielleicht auch von Frau Nickels noch einmal zu überdenken wäre. Für mich ist es jedenfalls schon eine erstaunliche Tatsache, daß die Bundesregierung heute diejenigen zur Fortführung einer bestimmten Politik auffordern, die diese Politik an einem ihrer entscheidenden Punkte mit aller Energie bekämpft haben.
Denn daß die Initiatoren dieser Aktuellen Stunde gegen den Doppelbeschluß der NATO waren und daß sie damit gegen die Voraussetzung waren, die jetzt dazu führt, daß es eine Null-Lösung auf beiden Seiten geben kann,
dies kann ja wohl auch heute in dieser Aktuellen Stunde niemand bestreiten.
Ich gehe gar nicht so weit, meine Damen und Herren, daß ich einen ausschließlichen Kausalzusammenhang zwischen dem damaligen Beschluß und der jüngsten Entwicklung herstellen will;
und ich gehe auch nicht so weit, daß ich bestreiten würde, daß es den Abgeordneten der Koalition ja auch nicht leichtgeworden ist, damals diesen Beschluß zu fassen.
Ich erkläre für mich persönlich ausdrücklich, daß ich zu denjenigen gehört habe, die diesen Beschluß nicht leichten Herzens gefaßt haben. Aber die Entwicklung, die wir seitdem erlebt haben, Herr Mechtersheimer, ist nun keine, weiß Gott keine Vorleistung der Sowjetunion, sondern ist eine Entwicklung, die nur möglich war, weil diese Koalition, weil die Bundesregierung eine exakte, eine berechenbare, eine kontinuierliche Politik betrieben hat.
Ich habe heute von dem Kollegen Voigt einige Äußerungen gehört, die ich gerne auch in der Debatte am 21. und 22. November 1983 gehört hätte.
Vielleicht wäre es auch für Sie gut, Herr Kollege Voigt, wenn Sie noch einmal nachlesen würden, was damals auf seiten der Opposition gesagt worden ist. Ich erkläre hier ausdrücklich: Die Bundesregierung und die Koalition halten fest an dem Ziel der beiderseitigen Null-Lösung. Wir machen kein Junktim, wir machen keine zusätzlichen Auflagen, wir treffen eine politische Entscheidung, die vom Westen ausgegangen ist. Die deutsche Initiative war Null-Lösung, die dann europäische Forderung geworden ist, die vom amerikanischen Präsidenten im November 1981 übernommen worden ist und die damit westliche Initiative war. Hier von Vorleistungen der Sowjetunion zu reden wäre ebenso falsch, wie wenn ich nicht ausdrücklich sagen würde: Ich begrüße die Tatsache, daß Gorbatschow auf die westliche Forderung eingeht und daß wir damit vor Entwicklungen stehen, auf die wir lange gewartet, auf die wir lange hingearbeitet haben und auf die wir auch weiter hinarbeiten sollten, wenn wir das Ziel erreichen wollen, das ich eingangs genannt habe: Frieden statt Nicht-Krieg, ein Leben ohne Angst und Bedrohung in unserem Land und Europa.