Rede:
ID1025021100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Senfft.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/250 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 250. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Milz 19421A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksachen 10/5900, 10/6209 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/6311, 10/6331 — Glombig SPD 19421 D Strube CDU/CSU 19428 D Bueb GRÜNE 19431 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 19433 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 19435 D Frau Fuchs (Köln) SPD 19443 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 19445 B Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit — Drucksachen 10/6315, 10/6331 — Waltemathe SPD 19446 A Rossmanith CDU/CSU 19448 D Frau Wagner GRÜNE 19451 D Frau Männle CDU/CSU 19453 B Eimer (Fürth) FDP 19455 B Rusche GRÜNE 19458 B Kroll-Schlüter CDU/CSU 19459 B Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 19461 B Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 19467 C Vizepräsident Stücklen 19470 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit — Drucksachen 10/6316, 10/6331 — Kühbacher SPD 19472 D Gerster (Mainz) CDU/CSU 19473 D Frau Hönes GRÜNE 19476 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 19478 D Dr. Hauff SPD 19480 B Dr. Laufs CDU/CSU 19483 D Baum FDP 19485 B Dr. Wallmann, Bundesminister BMU . . 19486 C Schäfer (Offenburg) SPD 19489 D Kühbacher SPD (Erklärung nach § 31 GO) 19491 B Suhr GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) . 19492 C Gerster (Mainz) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 19492 D II Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/6310, 10/6331 — Frau Zutt SPD 19493 B Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 19495 C Werner (Dierstorf) GRÜNE 19498 B Gallus FDP 19499 C Kiechle, Bundesminister BML 19500 D Müller (Schweinfurt) SPD 19503 B Präsident Dr. Jenninger 19498 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/6307, 10/6331 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/6317, 10/6331 — Dr. de With SPD 19505 B von Hammerstein CDU/CSU 19507 A Mann GRÜNE 19508 D Beckmann FDP 19510 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 19513A Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 19525 B Mann GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 19535 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/6320, 10/6331 — Meininghaus SPD 19516 B Echternach CDU/CSU 19518 C Werner (Westerland) GRÜNE 19520 C Gattermann FDP 19521 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 19523 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 10/6312, 10/6331 — Purps SPD 19526 B Metz CDU/CSU 19528 B Senfft GRÜNE 19530A Kohn FDP 19531 C Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 19533 D Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 10/6313, 10/6331 — Walther SPD 19536A Deres CDU/CSU 19538A Frau Dann GRÜNE 19540 B Kohn FDP 19542 B Paterna SPD 19543 D Senfft GRÜNE 19545 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 19546A Haushaltsgesetz 1987 — Drucksachen 10/6329, 10/6330 — Löffler SPD 19549 D Roth (Gießen) CDU/CSU 19551 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 19553 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 19555 B Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksachen 10/5901, 10/6210, 10/6472 — 19557 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1984 —— Drucksachen 10/4619, 10/6367 — . . . 19558A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgaben bei Kap. 11 13 Tit. 646 02 — Erstattung der Aufwendungen für die Krankenhilfe an Heimkehrer und durch Gesetz gleichgestellte Personengruppen — Drucksachen 10/5968, 10/6372 — . . . 19558 B Beratung der Sammelübersicht 184 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/6427 — 19558 C Nächste Sitzung 19558 D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 III Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 19559 *A Anlage 2 Erklärung des Abg. Lutz (SPD) nach § 31 GO zur Abstimmung über den Änderungsantrag des Abg. Dr. Müller (Bremen) und der Fraktion DIE GRÜNEN zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1987 hier: Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache 10/6486) 19559 *C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 19421 250. Sitzung Bonn, den 27. November 1986 Beginn: 9.02 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Augustin 28. 11. Böhm (Melsungen) * 28. 11. Frau Borgmann 27. 11. Dr. Enders * 28. 11. Feilcke 28. 11. Fischer (Homburg) 28. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) 28. 11. Heyenn 28. 11. Hoffie 28. 11. Huonker 28. 11. Jansen 28. 11. Jung (Düsseldorf) 27. 11. Lenzer 27. 11. Dr. Müller * 28. 11. Poß 28. 11. Dr. Schmidt (Gellersen) 27. 11. Schmidt (Hamburg) 28. 11. Schreiner 28. 11. Vahlberg 27. 11. Dr. Warrikoff 27. 11. Frau Will-Feld 28. 11. Wilz 27. 11. Wischnewski 28. 11. Frau Zeitler 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abg. Lutz (SPD) nach § 31 GO zur Abstimmung über den Änderungsantrag des Abg. Dr. Müller (Bremen) und der Fraktion DIE GRÜNEN zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1987 hier: Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit- und Sozialordnung (Drucksache 10/6486): 1. Ich werde den Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 10/6486 ablehnen und begründe dies wie folgt: Bei der Beratung im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung wurde der Haushaltstitel ,,Koordinierungs- und Sondermaßnahmen für die Sprachförderung ausländischer Arbeitnehmer" von den vorgesehenen 43 Millionen DM auf 50 Millionen DM erhöht und damit der letzte Stand wiederhergestellt. Dies stellte einen Kompromiß dar, denn die SPD hatte 12 Millionen DM beantragt. Bei der Beschlußfassung enthielt sich der Vertreter der Fraktion DIE GRÜNEN der Stimme. Ich kann in diesem Antrag kein ernsthaftes Bemühen um eine Umschichtung im Haushalt erkennen. Ein Deckungsvorschlag fehlt. Ich sehe mich wie meine Freunde nicht in der Lage zuzustimmen. 2. Ich sehe mich auch aus einem weiteren Grunde zur Zustimmung nicht in der Lage: Dieser Antrag verschiebt die Gewichte im Einzelplan 11. Hier ist von mir als Abgeordneter eine umfassendere Würdigung abgefordert. Für mich ist wie für meine Freunde diese Würdigung im Entschließungsantrag auf Drucksache 10/6556 enthalten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Reinhard Metz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Purps, die Reihenfolge der Behandlung der Einzelpläne wird einvernehmlich festgelegt. Mir ist nicht bekannt, daß irgendein Sozialdemokrat gegen die Plazierung dieses Einzelplans seine Stimme erhoben hätte. — Tun Sie es doch mal. Dann können wir ein anderes Mal schon eher darüber reden.

    (Dr. Vogel [SPD]: Der Porzner war verwundert! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Aber Sie haben recht. Der über 25 Milliarden DM umfassende Verkehrshaushalt ist der viertgrößte Einzeletat und zugleich der wichtigste Investitionshaushalt des Bundes. Jede zweite Mark wird investiert. Damit sichert der Verkehrshaushalt rund eine Viertelmillion Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft und den abhängigen Industrien.
    Es ist auch wahr: Zehn Minuten für 25 Milliarden DM sind ein bißchen wenig. Da bleiben 24 Sekunden pro Milliarde, und das zwingt eben auch dazu, unter den möglichen vielen Themen zu selektieren.
    Nachdem die Bundesbahn in den Etatberatungen der letzten Jahre jeweils einen breiten Raum eingenommen hat, möchte ich mich heute insoweit auf einige kurze Feststellungen beschränken.
    Erstens. Die Bahn befindet sich nach langem Siechtum unter sechs SPD-Verkehrsministern und vier SPD-Finanzministern in den letzten Jahren wieder auf dem Weg der Besserung.
    Zweitens. Sie ist aber noch nicht über den Berg, sondern sie gehört nach wie vor zu den bedeutenden Finanzrisiken des Bundes in den kommenden Jahren. Die Sünden der Vergangenheit werfen auch hier lange Schatten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Drittens. Es ist dem Vorstand gelungen, das Image des Unternehmens deutlich zu verbessern. Die Menschen, die für die Deutsche Bundesbahn arbeiten, haben in den letzten Jahren das zeitweilig verlorengegangene Gefühl wiedergewonnen, für ein von der modernen Industriegesellschaft akzeptiertes Unternehmen mit Zukunftschancen zu arbeiten.
    Viertens. Die Zuweisungen des Bundes an die Bahn betragen rund 13,8 Milliarden DM. Investitionsansätze von 4,2 Milliarden DM gewährleisten die Finanzierung der neuen Ausbaustrecken ebenso wie Anlagen des kombinierten Verkehrs, von Rangierbahnhöfen und sonstigen dringend notwendigen Rationalisierungs- und Modernisierungsmaßnahmen.
    Der Haushaltsausschuß — das ist richtig — hat 100 Millionen DM für den kombinierten Verkehr gesichert, der einen erheblichen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und zur Verringerung der Umweltbelastung durch Verminderung von Abgasen und Lärm leistet.
    Fünftens. Die Bahn kann sich auf die Unterstützung durch diese Koalition auch künftig verlassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Purps hat MARPOL angesprochen. Auch ich will das kurz tun. Im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Bundesmitteln für die Finanzierung von Auffanganlagen für ölhaltige Rückstände und Chemikalien in den Häfen können wir auf die Schnelle dem Begehren des Bundesrats nicht zustimmen. Die Bundesregierung weist in diesem Zusammenhang auf schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Finanzierungsbeteiligung des Bundes hin, hat aber zugleich ihre Bereitschaft erklärt, den Fragenkomplex genau zu prüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung müssen wir jetzt abwarten.
    Ich füge allerdings folgendes hinzu — auch an die Adresse der Bundesregierung —: Die Verhütung von Meeresverschmutzung — gerade auch im Zusammenhang mit der Nordsee — ist ein so wichtiges Problem, daß das Parlament es nicht zulassen sollte, daß die Aufgabe deswegen nicht richtig angepackt wird, weil sich Bund und Länder über angebliche oder tatsächliche verfassungsrechtliche Bedenken streiten. Vor einiger Zeit hat sich der Kol-



    Metz
    lege Bohlsen schon in diesem Sinne für unsere Fraktion geäußert.
    Wir hätten kein Verständnis dafür, wenn eine etwaige Kostenbeteiligung des Bundes, soweit sie juristisch möglich ist, dennoch unterbliebe. Ich bitte auch den Bundesumweltminister, sich dieser Frage anzunehmen. Mir scheint wegen der gesamtstaatlichen Bedeutung des Meeresumweltschutzes und wegen der Bedeutung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Häfen eine Lösung des Problems vordringlich zu sein. Das Parlament sollte verhindern, daß Juristen die Frage langfristig hin- und herschieben. Zur Zeit muß man dem Bund allerdings die Chance geben, seine Prüfung zügig zu beenden, bevor man endgültig entscheidet. Bis dahin bitten wir die Bundesländer, die in jedem Fall an den Kosten beteiligt sind, sich ihrerseits nicht hinter dem Bund zu verstecken.
    Meine Damen und Herren, den Haushaltsausschuß beschäftigen in jedem Jahr nicht nur die Bahn, sondern auch die sogenannten Seeschiffahrtshilfen. Dahinter verbergen sich das Schicksal der deutschen Schiffbauindustrie und das Schicksal der deutschen Handelsflotte. Mit ihnen sind zugleich die wohl akutesten Probleme des Einzelplans benannt, die daher auch im Mittelpunkt der nächsten Sätze stehen sollen.
    Die Ursachen für den Niedergang der europäischen und der deutschen Handelsflotte sind bekannt. Sie müssen natürlich dennoch immer wieder genannt werden, damit vordergründige Schuldzuweisungen, beispielsweise an die Adresse der Bundesregierung, auch wirklich als unseriös erkannt werden können. Es gibt — um mit der Analyse zu beginnen — Anzeichen dafür, daß das weltweite Transportvolumen langsamer als das weltweite Bruttosozialprodukt wächst. Das liegt u. a. daran, daß sich das Wachstum des Bruttosozialprodukts in den Industrieländern zunehmend im Dienstleistungsbereich und im Bereich technisch hochwertiger Güter vollzieht. Dienstleistungen brauchen aber keinen Schiffsraum.
    Für die vorhandene Ladung gibt es zu viele Schiffe. Die Überkapazität an Tonnage drückt auf die Frachtraten. Der Wettbewerb wird ruinös. Die Reeder kommen zunehmend in finanzielle Bedrängnis. Die Banken sind immer weniger bereit, Neubauten zu finanzieren, weil jeder Neubau eine weitere Entwertung der von ihnen beliehenen älteren Tonnage bedeuten kann. Subventionen, steuerliche Vergünstigungen, strategische und nationale Gesichtspunkte haben den Schiffbau am Bedarf vorbei stimuliert. Pleiten beseitigen dabei keine Kapazitäten.
    Die Dollarschwäche verstärkt das Problem deutscher Reeder, Erträge in Dollar einerseits und Kosten in D-Mark andererseits, erzwungene Lohnabschlüsse, das alles wirkt negativ und verstärkt die Tendenz zur Ausflaggung.
    Angesichts dieser gewaltigen Sogkraft des internationalen Marktgeschehens haben die Anstrengungen der deutschen Reeder und der deutschen Schiffahrtspolitik nicht den gewünschten Erfolg erzielen können. Es gibt zwar Ansätze, die erfolgreich sind; sie reichen aber noch nicht aus.
    Die Regierung — ich will das noch einmal ausdrücklich betonen, Herr Minister — hat größere Anstrengungen für die deutsche Seeschiffahrt als frühere Regierungen unternommen. Der Trend zur Ausflaggung ist aber, wie wir wissen, nicht gestoppt.
    Manche Vorschläge, die in dieser Situation gemacht werden, sind untauglich, andere sind erfolgversprechend. Ich will einige dieser Vorschläge ansprechen. Eine Forderung lautet, die Politik müsse festlegen, was eine angemessene deutsche Handelsflotte sei. Diese Forderung ist unrealistisch und nicht erfüllbar. Niemand kann und wird diese Frage seriös beantworten, wie die Flotte aussehen könnte. Es nützt j a nichts, eine bestimmte Tonnagezahl oder eine bestimmte Zahl von Schiffen zu benennen. Man müßte ja auch die angemessene Zusammensetzung der Flotte definieren — ein völlig unmögliches Unterfangen. Aber selbst dann, wenn das ginge, wäre das Problem damit nicht gelöst. Denn was wäre, wenn ein Teil der angeblich angemessenen Flotte nicht beschäftigt wäre? Dann wären wir so schlau wie heute. Ich empfehle also uns allen, diesen Ausdruck nicht mehr zu gebrauchen und diese Forderung nicht mehr zu stellen.
    Eine andere untaugliche Forderung ist die nach Dirigismus, nach Ladungslenkung. Deutsche Ladungslenkung würde aber den Geschäftsbereich deutscher Reedereien zu einem großen Teil gar nicht erreichen. Die größte deutsche Reederei muß sich 70 % ihres Geschäfts im internationalen Bereich suchen. Gerade diejenigen, denen angeblich geholfen werden soll, halten nichts davon.
    Ich will kurz zu einem letzten Vorschlag etwas sagen: Wir müssen so schnell wie möglich weitere steuerliche Erleichterungen für die deutschen Reedereien beschließen. Das fordert der Steuerbelastungsvergleich, den die Bundesregierung vorgelegt hat. Er kommt zu dem Ergebnis, daß die steuerliche Belastung der deutschen Reedereien in ertragsschwachen Zeiten und in Verlustperioden im internationalen Vergleich am höchsten ist. Hier besteht dringender politischer Handlungsbedarf.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Lassen Sie mich zum Schluß die Worte wiederholen, die ich bei der letzten Aktuellen Stunde über die Werften gesagt habe: Ob es deutschen Schiffbau und eine deutsche Flotte auch in Zukunft gibt, sind keine Fragen an die deutsche Küste, sondern es sind Fragen an das ganze Land.

    (Toetemeyer [SPD]: Sehr wahr!)

    Die Menschen an der Küste wollen nicht nur materielle Hilfe, sie wollen vor allen Dingen auch spüren, daß in Bonn und im Binnenland begriffen wird, daß Schiffahrt und Schiffbau und das Schicksal der maritimen Verbundwirtschaft Fragen von nicht nur regionaler, sondern von nationaler Bedeutung sind. Meine Damen und Herren, ich hoffe, daß dieses Parlament das immer beherzigt.
    19530 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986
    Metz
    Dem Verkehrshaushalt für 1987, Herr Minister, stimmen wir gern zu.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Senfft.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Werner Senfft


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Zuerst einmal möchte ich nachdrücklich bekräftigen, was der Herr Abgeordnete Purps hier ausgeführt hat. Es ist schon ein Unding, daß der drittgrößte Haushalt, der Verkehrshaushalt, zu so später Stunde hier behandelt wird. Das hat sicherlich auch berechtigte Gründe. Dieser Haushalt ist in der Öffentlichkeit nicht vorzeigbar, ohne daß die Menschen, die es betrifft, davon nicht auch berührt wären.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)

    Es gibt trotzdem Gruppen, die mit dem Haushalt des Verkehrsministers eigentlich sehr zufrieden sein müßten. Da ist zuerst einmal die Straßenbaulobby. Die kann mit dem Verkehrsminister sehr zufrieden sein. Von 1982 bis 1987 ist der Mittelansatz für den Straßenbau um 550 Millionen DM, also über eine halbe Milliarde DM, angehoben worden. Es wird auch weiterhin jede Menge neuer Autobahnen geben: 2 400 Kilometer Autobahnen, 6 000 Kilometer Bundesstraßen, die demnächst über unsere schöne Landschaft hinweggegossen werden.
    Zweitens kann die Lkw-Lobby zufrieden sein. Sie konnte, seit der Minister regiert, ihren Anteil von 80,4 Milliarden Tonnenkilometer erhöhen auf 91,6 Milliarden Tonnenkilometer im letzten Jahr. Weiterhin kann über hohe Steigerungsraten auch die Pkw-Lobby zufrieden sein. Immerhin ist, seit der Herr Verkehrsminister regiert, der Bestand an Pkw um weitere 3 Millionen gewachsen.

    (Lemmrich [CDU/CSU]: Können Sie sich vorstellen, daß die Leute vielleicht auch von selber Autos kaufen wollen statt als Folge von Lobby?!)

    Außerdem hat es bei den Pkw-Fahrten eine Zunahme von 4 % gegeben, in diesem Jahr erstmals seit langen Jahren wieder eine Erhöhung der gefahrenen Kilometer, eine Erhöhung des Energieverbrauchs. Seitdem der Minister regiert, hat es in den letzten vier Jahren 200 000 Tonnen reale Erhöhung der Stickoxidemissionen und 15 000 Tonnen Erhöhung der Rußemission gegeben, nur aus dem Pkw-Bereich, den Lkw-Bereich noch gar nicht einmal hinzugerechnet.
    Das sind die Nutznießer Ihrer Verkehrspolitik: Straßenbaulobby, Lkw-Lobby, Pkw-Lobby.
    Dann kommen wir auf die zu sprechen, von denen hier leider nur sehr selten geredet wird, das sind die von Ihrer Politik betroffenen Menschen. Das sind all die Menschen, die vom Autoverkehr betroffen sind, auch wegen des ausufernden Lärms. Das ist die bedrohte Umwelt. Das ist der Wald, der weiter stirbt. Das sind die Kinder, deren Freiheit in ihrem Lebensraum immer weiter eingeschränkt wird.

    (Lemmrich [CDU/CSU]: Das weiß einer, der kleine Kinder hat, besonders gut!)

    Das sind die älteren Menschen, deren Freiheit eingeschränkt wird, weil sie sich in manchen Bezirken nicht mehr trauen, über die Straße zu gehen. Das sind die Fußgänger, die im Straßenverkehr mehr und mehr bedroht sind. Das sind auch die Fahrradfahrer, die immer wieder Leidtragende des motorisierten Verkehrs sind.
    Meine Damen und Herren, es hat von 1983 bis 1985 140 000 — man stelle sich einmal diese Zahl vor — verletzte Fußgänger gegeben. 6 000 Fußgänger kamen im Straßenverkehr ums Leben. Es sind 2 000 Fahrradfahrer getötet und 180 000 Fahrradfahrer verletzt worden. Das sind die Zahlen. Das ist das Leid. Das sind die Menschen, über die hier im Parlament leider Gottes so gut wie überhaupt nicht geredet wird.

    (Lemmrich [CDU/CSU]: Wenn darüber im Ausschuß geredet wird, sind Sie ja nicht da!)

    Hinzu kommt die Deutsche Bundesbahn als Leidtragende. Hier entwickelt sich geradezu der „Neue Heimat"-Skandal der Bundesregierung. Um es ganz deutlich auszudrücken: Die Bundesbahn ist mit über 38 Milliarden DM verschuldet. Die Verschuldung soll bei dieser Entwicklung bis 1990 auf 50 Milliarden DM anwachsen. Die Bundesregierung hat bei der Entschuldung überhaupt nichts getan. Ganz im Gegenteil, die Verkehrsanteile haben sich weiter verlagert zugunsten des Individualverkehrs und weiterverlagert zugunsten des Straßengüterfernverkehrs. Wir haben jetzt schon eine dramatische Entwicklung im Bereich des Güterverkehrsaufkommens bei der Deutschen Bundesbahn. Hier hat die Bundesregierung überhaupt nichts getan, und hier ist zu erwarten, daß wir etwas noch wesentlich Dramatischeres erleben als bei der Neuen Heimat, nämlich den Zusammenbruch des größten Verkehrsunternehmens der Bundesrepublik überhaupt.

    (Lemmrich [CDU/CSU]: Wenn wir Containerbahnhöfe bauen wollen, stehen Sie doch als Protestierende auf dem Teppich!)

    Diese Entwicklung soll auch in den nächsten Jahren weitergehen. Die sogenannte Tarifreform bei der Deutschen Bundesbahn, hinter der sich nichts anderes verbirgt als eine verschleierte Tariferhöhung, eine Fahrpreiserhöhung, soll dazu führen, daß 3,3 % — so sagt der Bundesbahnvorstand selber — weniger Reisende auf der Schiene fahren. Diese werden demnächst also auf den Pkw umsteigen.
    Im Güterverkehr ist es so, daß wir entgegen den Planungen schon in diesem Jahr einen Mindererlös von 500 Millionen DM haben. Das ist eine dramatische Entwicklung, die durch die Liberalisierung auf europäischer Ebene weiter vorangetrieben werden wird.
    Während Ihrer Regierungszeit, Herr Minister, wurden bei der Deutschen Bundesbahn 50 000 Ar-
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 19531
    Senfft
    beitsplätze vernichtet. Wissen Sie, was das heißt, Herr Minister: 50 000 vernichtete Arbeitsplätze? Das heißt, daß 50 000 jungen Menschen eine anständige Chance verweigert wurde, einen Beruf in einem Zweig zu ergreifen, in dem es normalerweise einen Zuwachs geben muß. Die Bundesbahn darf nicht schrumpfen, sie muß wachsen. 50 000 Arbeitsplätze wurden vernichtet.
    Bitte erzählen Sie von der Bundesregierung uns nichts mehr davon, daß es Ihnen um die Arbeitsplätze geht. Es geht Ihnen lediglich darum, die Interessen der Straßenbau- und Automobillobby hier zu vertreten, es geht Ihnen nicht um die Arbeitsplätze.

    (Zustimmung der Abg. Frau Dann [GRÜNE])

    Wir haben unter dem Strich weniger Reisezüge, wir haben unter dem Strich weniger Bundesbahnstrecken, wir haben bei der Bundesbahn einen radikalen Schrumpfkurs. Wir haben insgesamt gesehen eine für Natur, Umwelt und die betroffenen Menschen negative Entwicklung im Verkehrsbereich. Wahrscheinlich ist das auch ein Grund dafür, daß diese Debatte zu so später Stunde geführt wird und nicht während der Fernsehzeit.

    (Lemmrich [CDU/CSU]: Jetzt weiß ich, warum Sie so wenig im Ausschuß sind: weil es da kein Fernsehen gibt! Jetzt erst weiß ich es!)

    Unter dem Strich betrachtet bleibt festzustellen, daß eine grundlegende ökologische Wende notwendig ist, eine grundlegende ökologische Wende hin zu mehr Fahrradverkehr, hin zur Unterstützung derjenigen, die kurze Strecken noch zu Fuß gehen, hin zur Unterstützung derjenigen, die öffentliche Verkehrsmittel — Busse, Straßenbahn und die Deutsche Bundesbahn — benutzen.
    Wir brauchen ein radikales Umdenken im Verkehrsbereich, das endlich einmal auch die negativen Folgeschäden berücksichtigt und zu politischem Handeln zugunsten der ökologisch sinnvollen Verkehrsträger führt.
    Weil dies meine letzten Ausführungen hier sind, möchte ich meine persönliche Auffassung zu diesen Problemen insgesamt darlegen. Ich glaube, es ist ein Irrtum, wenn man davon ausgeht, daß die freie Raserei auf unseren Straßen mit dem vorhandenen Autcbestand und bei einer weiteren Zunahme des Pkw-Verkehrs auf die Dauer für die Umwelt tragbar sein wird. Das möchte ich hier kraß in Frage stellen. Das ist eine Illusion.

    (Lemmrich [CDU/CSU]: Sie scheinen nicht zu wissen, daß es auf normalen Straßen ein Tempolimit gibt! Vielleicht halten Sie sich nicht daran und wissen es daher nicht!)

    Es wird sich herausstellen, daß das einzige realitätsorientierte Konzept eine verkehrspolitische Wende sein wird.
    Zum Schluß noch eine persönliche Betrachtung dessen, was wir hier als GRÜNE erfahren haben. Wir sind vor vier Jahren hier eingezogen und haben — wie in sehr wenigen Bereichen in dieser krassen
    Form — im verkehrspolitischen Bereich in allen Fraktionen — einige Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Fraktion ausgenommen — eine vollkommene Verankerung des Beton- und Asphaltdenkens, was den Verkehr angeht, vorgefunden. Das Betrübliche nach den vier Jahren unserer Arbeit ist eigentlich, daß wir feststellen müssen: Mit einer ähnlichen Haltung, die ich bei den anderen Fraktionen in gleichen Konstellationen vermerken kann, werden wir die vierjährige Arbeit beenden.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Das wäre ausgezeichnet, wenn Sie hier Ihre Arbeit beendeten! Wenn es geht: auf Dauer!)

    Das zeigt unter dem Strich gesehen, daß ein Umdenken in Ihren Fraktionen leider nicht möglich ist. Das betont wieder einmal die Notwendigkeit, daß in den nächsten Deutschen Bundestag — davon bin ich auch überzeugt — mehr GRÜNE einziehen müssen und werden. Wir werden mit dazu beitragen, daß hier endlich eine ökologische Wende im Bereich der Verkehrspolitik erfolgt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)