Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.
— Das macht nichts. Sie haben sehr viel Redezeit gehabt. Zunächst möchte ich meinen Part darstellen.
— Sie kommen sicherlich dran.
Ich möchte zum zweiten sagen, daß dies keine kurzfristige Aufgabe ist, sondern daß gerade die Frage, wie wir die Familientätigkeit sowohl der jungen Familien wie der Familien mit älteren Familienangehörigen bewerten, bisher historisch absolut zu kurz gekommen ist. Wenn mir Frau DäublerGmelin sagt, wir hätten hier eine Zukunftsaufgabe, würde ich uneingeschränkt zustimmen; nur ist sie bisher völlig unbeachtet gelassen worden.
Wenn Sie heute die Frage stellen, wie wir mit dem Sterben der Frauen umgingen, dann muß ich Sie fragen, wie Sie 20 oder zumindest 13 Jahre damit umgegangen sind. Da haben Sie nach den sterbenden Frauen nicht gefragt.
Ich denke — das möchte ich hier ausdrücklich aufgreifen —, daß wir damit Schluß machen sollten, daß irgend jemand auf das Ableben von irgend jemandem wartet.
Das gilt sowohl für die Anerkennung von Erziehungszeiten im Rentenrecht wie für die Entschädigungsfrage, die Sie eben angesprochen haben. Kein Mensch ist so zynisch, mit diesem Gedanken zu spielen.
Ich denke, daß zunächst einmal die Handlungen in der Familienpolitik nachzuweisen sind, und zwar sowohl im Bereich der Verbesserung des Familienlastenausgleichs wie auch der Förderung der jungen Familie. Wir haben das Thema Familie und älterer Mensch erstmals besetzt. Es war gar nicht mehr von der Mehrgenerationenfamilie die Rede.
Ich glaube und hoffe, daß wir eine Gemeinsamkeit haben, wenn wir gerade der Pflegetätigkeit in der nächsten Legislaturperiode unsere ganz gezielte und nachdrückliche Aufmerksamkeit entgegenbringen.
Ich möchte hier für die Koalitionsregierung noch einmal deutlich machen, wie viele Probleme ihr gleichzeitig als Hausaufgaben auf den Tisch gelegt worden sind. Es geht nicht nur um die Frage „junge
Familie und ältere Frauen", sondern im Verbund mit Jugendarbeitslosigkeit, mit allgemeiner Arbeitslosigkeit auch um die Frage der generellen sozialen Sicherung. Die Lösung kann nicht sein, Prioritäten zu setzen für die einen oder die anderen oder Gräben zwischen den Generationen aufzureißen; wir nehmen für uns vielmehr in Anspruch, bei großen Problemen beides in Angriff genommen zu haben, keinen Graben zwischen den jüngeren und älteren Frauen aufzureißen
und den Graben zwischen erwerbstätigen und
nichterwerbstätigen Müttern endlich zuzuschütten.
Wenn Sie heute sagen, Sie sind mit uns der Auffassung, daß es darum geht, auch den nichterwerbstätigen Müttern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, dann kann ich dankbar entgegennehmen, daß Sie das heute so sagen; aber bei der Mutterschaftsurlaubsregelung hat es keinen Pfennig für die nichterwerbstätigen Mütter gegeben.
Wenn Sie weiter erklären, wir hätten die Alleinerziehenden nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt, dann muß ich auch zurückfragen, wo die Alleinerziehenden in der Mutterschaftsurlaubsregelung berücksichtigt wurden. Sie wurden nicht berücksichtigt. Das Mutterschaftsurlaubsgeld wurde auf die Sozialhilfe angerechnet. Es ist erstmalig, daß das Erziehungsgeld nicht auf die Sozialhilfe angerechnet wird.
Ich denke, daß es nicht nur eine allgemeine familien- und frauenpolitische Leistung ist, hier Teilzeitarbeit ermöglicht zu haben, sondern daß dies gerade für die alleinerziehenden Mütter einen hohen Stellenwert hat. Insofern, denke ich, müssen wir uns hier nicht sagen lassen, wir hätten die Interessen der Alleinerziehenden überhaupt nicht berücksichtigt. Ganz im Gegenteil. Mit Blick auf Schwangerschaftskonflikte ist hier durchaus ein Zusammenhang zwischen neuen Rechtsansprüchen beim Erziehungsgeld und der Nichtanrechnung auf Sozialhilfe gesehen worden.
Ich glaube, es wäre an der Zeit, die Stiftung „Mutter und Kind" nicht mehr kontrovers ins Gespräch zu bringen.
Denn die Auffassung in der Bevölkerung — auch bei den Frauen — ist eine ganz andere als die, über welche hier im Parlament kontrovers debattiert wird.
Was die Armut der Frauen betrifft, so wird auch so
getan, als sei sie von uns herbeigeführt worden. Uns
wird vorgeworfen, wir hätten eine Familienpolitik
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 19469
Bundesminister Frau Dr. Süssmuth
auf den Weg gebracht, die die Frauen nur ins Haus abdrängen wollte.
Das Gegenteil ist der Fall.
Ich glaube, daß keine der Koalitionsparteien und niemand von der Regierung um den Erziehungsurlaub hätte kämpfen müssen, wenn es darum ginge, die Frauen ins Haus zurückzubringen und ihnen keine Sicherung auf dem Arbeitsmarkt zu gewähren.
Ich denke, daß ich draußen so viel Glaubwürdigkeit besitze — so selbstbewußt möchte ich das hier jedenfalls formulieren —,
daß die Frauen wissen, daß ich in der Frage der Minderung von Konflikten zwischen Familie und Beruf mit denjenigen, die bisher darum gefochten haben, Seite an Seite weiter darum fechten werde, damit die bestehenden Konflikte abgebaut werden.
— Ich mache das keinesfalls als Pressebüro. Herr Jaunich, ich muß Ihnen sagen: Die Leistungen, die bereits jetzt im Wahlprogramm stehen, nämlich Fortführung des Erziehungsgelds in ein zweites Jahr, Fortführung der Anerkennung von Steuerfreibeträgen
— Sie werden das alles noch in den Haushalten der nächsten Jahre finden — und die Anerkennung von Erziehungszeiten, sind auch im Haushalt 1987 eingebracht.
Sie nehmen für sich in Anspruch, Wahlprogramme und Entschließungen hier auf den Tisch zu legen. Wenn wir sagen, die Steuerpolitik besteht keinesfalls darin, nur die Reichen zu berücksichtigen, wenn wir vielmehr Grundfreibeträge und Steuerfreibeträge für Kinder in die Steuerpolitik einbringen,
dann nehme ich für uns in Anspruch, daß unsere Leistungen im Bereich der Familienpolitik genauso hochwertig sind und sogar das übertreffen, was Sie mit dem Kindergeld wollen.