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ID1025004900

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    Plenarprotokoll 10/250 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 250. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Milz 19421A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksachen 10/5900, 10/6209 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/6311, 10/6331 — Glombig SPD 19421 D Strube CDU/CSU 19428 D Bueb GRÜNE 19431 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 19433 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 19435 D Frau Fuchs (Köln) SPD 19443 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 19445 B Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit — Drucksachen 10/6315, 10/6331 — Waltemathe SPD 19446 A Rossmanith CDU/CSU 19448 D Frau Wagner GRÜNE 19451 D Frau Männle CDU/CSU 19453 B Eimer (Fürth) FDP 19455 B Rusche GRÜNE 19458 B Kroll-Schlüter CDU/CSU 19459 B Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 19461 B Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 19467 C Vizepräsident Stücklen 19470 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit — Drucksachen 10/6316, 10/6331 — Kühbacher SPD 19472 D Gerster (Mainz) CDU/CSU 19473 D Frau Hönes GRÜNE 19476 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 19478 D Dr. Hauff SPD 19480 B Dr. Laufs CDU/CSU 19483 D Baum FDP 19485 B Dr. Wallmann, Bundesminister BMU . . 19486 C Schäfer (Offenburg) SPD 19489 D Kühbacher SPD (Erklärung nach § 31 GO) 19491 B Suhr GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) . 19492 C Gerster (Mainz) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 19492 D II Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/6310, 10/6331 — Frau Zutt SPD 19493 B Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 19495 C Werner (Dierstorf) GRÜNE 19498 B Gallus FDP 19499 C Kiechle, Bundesminister BML 19500 D Müller (Schweinfurt) SPD 19503 B Präsident Dr. Jenninger 19498 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/6307, 10/6331 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/6317, 10/6331 — Dr. de With SPD 19505 B von Hammerstein CDU/CSU 19507 A Mann GRÜNE 19508 D Beckmann FDP 19510 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 19513A Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 19525 B Mann GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 19535 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/6320, 10/6331 — Meininghaus SPD 19516 B Echternach CDU/CSU 19518 C Werner (Westerland) GRÜNE 19520 C Gattermann FDP 19521 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 19523 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 10/6312, 10/6331 — Purps SPD 19526 B Metz CDU/CSU 19528 B Senfft GRÜNE 19530A Kohn FDP 19531 C Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 19533 D Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 10/6313, 10/6331 — Walther SPD 19536A Deres CDU/CSU 19538A Frau Dann GRÜNE 19540 B Kohn FDP 19542 B Paterna SPD 19543 D Senfft GRÜNE 19545 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 19546A Haushaltsgesetz 1987 — Drucksachen 10/6329, 10/6330 — Löffler SPD 19549 D Roth (Gießen) CDU/CSU 19551 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 19553 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 19555 B Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksachen 10/5901, 10/6210, 10/6472 — 19557 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1984 —— Drucksachen 10/4619, 10/6367 — . . . 19558A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgaben bei Kap. 11 13 Tit. 646 02 — Erstattung der Aufwendungen für die Krankenhilfe an Heimkehrer und durch Gesetz gleichgestellte Personengruppen — Drucksachen 10/5968, 10/6372 — . . . 19558 B Beratung der Sammelübersicht 184 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/6427 — 19558 C Nächste Sitzung 19558 D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 III Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 19559 *A Anlage 2 Erklärung des Abg. Lutz (SPD) nach § 31 GO zur Abstimmung über den Änderungsantrag des Abg. Dr. Müller (Bremen) und der Fraktion DIE GRÜNEN zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1987 hier: Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache 10/6486) 19559 *C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 19421 250. Sitzung Bonn, den 27. November 1986 Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Augustin 28. 11. Böhm (Melsungen) * 28. 11. Frau Borgmann 27. 11. Dr. Enders * 28. 11. Feilcke 28. 11. Fischer (Homburg) 28. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) 28. 11. Heyenn 28. 11. Hoffie 28. 11. Huonker 28. 11. Jansen 28. 11. Jung (Düsseldorf) 27. 11. Lenzer 27. 11. Dr. Müller * 28. 11. Poß 28. 11. Dr. Schmidt (Gellersen) 27. 11. Schmidt (Hamburg) 28. 11. Schreiner 28. 11. Vahlberg 27. 11. Dr. Warrikoff 27. 11. Frau Will-Feld 28. 11. Wilz 27. 11. Wischnewski 28. 11. Frau Zeitler 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abg. Lutz (SPD) nach § 31 GO zur Abstimmung über den Änderungsantrag des Abg. Dr. Müller (Bremen) und der Fraktion DIE GRÜNEN zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1987 hier: Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit- und Sozialordnung (Drucksache 10/6486): 1. Ich werde den Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 10/6486 ablehnen und begründe dies wie folgt: Bei der Beratung im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung wurde der Haushaltstitel ,,Koordinierungs- und Sondermaßnahmen für die Sprachförderung ausländischer Arbeitnehmer" von den vorgesehenen 43 Millionen DM auf 50 Millionen DM erhöht und damit der letzte Stand wiederhergestellt. Dies stellte einen Kompromiß dar, denn die SPD hatte 12 Millionen DM beantragt. Bei der Beschlußfassung enthielt sich der Vertreter der Fraktion DIE GRÜNEN der Stimme. Ich kann in diesem Antrag kein ernsthaftes Bemühen um eine Umschichtung im Haushalt erkennen. Ein Deckungsvorschlag fehlt. Ich sehe mich wie meine Freunde nicht in der Lage zuzustimmen. 2. Ich sehe mich auch aus einem weiteren Grunde zur Zustimmung nicht in der Lage: Dieser Antrag verschiebt die Gewichte im Einzelplan 11. Hier ist von mir als Abgeordneter eine umfassendere Würdigung abgefordert. Für mich ist wie für meine Freunde diese Würdigung im Entschließungsantrag auf Drucksache 10/6556 enthalten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Marita Wagner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Regierung, die vorgibt, so kinderfreundlich zu sein, fördert die Institution Ehe und hier vor allem die Hausfrauenehe und nicht die Kinder. Von der Familienförderung sind über 60% ehebezogene Leistungen und haben mit Kindern überhaupt nichts zu tun. 68% sind mit steuerlichen Vergünstigungen verbunden. Steuervergünstigungen, vor allem das Ehegattensplitting, haben jedoch den Effekt, daß sie gutverdienenden Ehemännern mit nicht erwerbstätigen Frauen zugute kommen.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Das kommt auch den anderen Frauen zugute, allen Frauen!)

    Es werden somit erstens die Gutverdienenden und zweitens die ehelichen Lebensgemeinschaften massiv gefördert, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen.

    (Cronenberg [Arnsberg] [FDP]: Haben Sie was gegen die Ehe?)

    Damit hat sich an einem alten Grundsatz der CDU nichts geändert, der da lautet: Die Belastungen durch Kinder sollen vom Staat nur so weit abgemildert werden, daß die Mehr-Kinder-Familien gegenüber den kinderarmen und kinderlosen Familien der eigenen Schicht ins Hintertreffen geraten. Familienlastenausgleich bedeutet also Kaufkraftausgleich innerhalb der sozialen Schicht.



    Frau Wagner
    Die Diskrepanz zwischen oberen und unteren Einkommen wird weder durch die Steuer- noch durch die Sozialpolitik berührt. Frau Süssmuth sagt heute zur Verteidigung der Kinderfreibeträge sinngemäß das gleiche. Ohne Kinderfreibeträge würde der Staat dazu beitragen, daß der Lebensstandard von Eltern gegenüber Kinderlosen mit gleichen Einkommen zurückbleibt.
    Den GRÜNEN geht es eben nicht darum, die Ehe von gutverdienenden Karrieremännern mittels Steuervergünstigungen weiter zu subventionieren und damit die Hausfrauenehe zu stützen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Lächerlich!)

    Uns geht es nicht darum, mittels Steuervergünstigungen die Frauen in flexible Arbeitsverhältnisse oder in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu betreiben. Uns geht es auch nicht darum, durch Steuervergünstigung, die die Bezieher hoher Einkommen subventioniert, das Kind des Arztes oder Rechtsanwaltes gegenüber dem Kind eines Arbeiters oder einer alleinerziehenden Frau zu bevorzugen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eindeutig falsch! Das ist die Unwahrheit!)

    Wir treten für ein direktes bedarfsdeckendes Kindergeld für alle Kinder ein, welches von den Eltern treuhänderisch verwaltet wird.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Frauenpolitik heißt bei Frau Süssmuth: Modelle, Projekte und wissenschaftliche Erörterungen. Dies kann jedoch niemals Alibi für politisches Nichtstun sein oder politisches Handeln ersetzen. Politisches Handeln findet jedoch im Bereich Fauenpolitik faktisch nicht statt.
    Frau Süssmuth erklärte auf einer Pressekonferenz:
    Mehr Frauen als früher wollen Familie und Erwerbstätigkeit miteinander verbinden. Die Bundesregierung will Frauen und Männern nicht vorschreiben, wie sie zu leben haben. Frauen sollen selbst entscheiden, ob sie berufstätig sein möchten oder sich ausschließich der Familie widmen wollen

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    oder ob sie beides miteinander verbinden. Dabei darf Gleichberechtigung nicht zu Lasten der Familie gehen.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Die moderne junge Frau darf also ganz allein entscheiden, solange es nicht zu Lasten der Familie geht. Warum ist hier eigentlich nie von den Männern die Rede? Sollen sie etwa nicht die Mitverantwortung für die Kinderbetreuung und die Familie übernehmen? Es ist die Frau, die wählen darf. Sie darf dies wählen, sie darf das wählen oder sie darf auch beides zugleich wählen. Niemand schreibt ihr vor, ihr ganzes Glück in der Mutterrolle zu finden. Sie darf sie ganz alleine wählen. Dafür, daß der
    Arbeitsmarkt eine Rollenfixierung erleichtert, kann doch Frau Süssmuth nichts.

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Nein, das hat der Herrgott gemacht, daß die Frauen die Kinder kriegen!)

    Frau Süssmuth schreibt niemandem etwas vor. Es ist der Zwang der Verhältnisse, denen die Frauen sich unterwerfen müssen. Dies zeigt doch, welch ein Wert die Wahlfreiheit ist, wenn die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und der geschlechtsspezifische Arbeitsmarkt dominieren, wenn also die Ausgangspositionen so unterschiedlich sind. Es ist liberales Geschwätz, Frau Süssmuth. Wahlfreiheit besteht erst dann, wenn Kinderbetreuung und Haushaltsführung für alle Erwerbstätigen möglich sind. Solange das Erwerbsleben aufgespalten ist zwischen Männern, die hauptsächlich Erwerbsarbeit leisten, und Frauen, die Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren haben, gibt es keine Wahlfreiheit. Erst die Verkürzung der Arbeitszeiten, erst die Umverteilung von Erwerbs- und Hausarbeit auf Männer und Frauen und erst die Umverteilung von Kinderbetreuung auf beide Elternteile macht eine selbstbestimmte Lebensperspektive für Frauen möglich.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Jetzt gehen Sie aber entschieden zu weit!)

    Frau Süssmuth spricht sich für flexible Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge aus.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    — Daß Sie als Mann das sagen, wundert mich nicht. — Sie fordert, die Strukturen auf dem Arbeitsmarkt und im Arbeitsleben flexibler, differenzierter und weniger zentralistisch zu gestalten. Heißt dies nun, daß Frauen demnächst arbeiten können, wann und wie sie wollen? Beileibe nicht, denn das haben wir ja schon alles, und wir wissen auch, wie es in der Praxis mit der kapazitätsorientierten variablen Arbeitszeit, der Arbeit auf Abruf, aussieht. Gibt es viel Arbeit, dann wird die Arbeiterin angerufen und darf arbeiten. Gibt es wenig Arbeit, dann darf sie Mutter sein.
    Was sich da so nett nach einem Angebot für Frauen anhört, ist eine totale Anpassung weiblicher Arbeitskräfte an die Bedürfnisse der Unternehmer. Flexibel gehen diese Frauen in die Armut — durch niedrige Löhne, später niedrige Renten und keinerlei soziale Absicherung. Dafür haben sie schließlich die Versorgungsinstitution Ehe.
    Ginge es Frau Süssmuth wirklich um Frauenpolitik, dann müßte sie konsequent die Quotierung aller Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Frauen fordern, um die Frauen in die Lage zu versetzen, an allen Entscheidungen in dieser Gesellschaft auf allen Hierarchieebenen gleichberechtigt beteiligt zu sein. Würde Frau Süssmuth wirklich Frauenpolitik betreiben, dann müßte sie die gesetzliche Aufhebung von Niedrigstlöhnen für Frauen im Erwerbsleben fordern und angehen.
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 19453
    Frau Wagner
    Dann wäre auch klar, daß die Kinderbetreuung für Männer wie für Frauen nur eine zeitlich begrenzte Phase im Lebenszusammenhang und in der Lebensperspektive von Frauen ist, daß folglich die Kinderbetreuung als gesellschaftlich notwendige Arbeit in Form von Lohnersatzleistungen für begrenzte Zeit zu bewerten ist.
    Und was macht Frau Süssmuth in der Gesundheitspolitik? Genausoviel wie ihr Vorgänger Heiner Geißler, nämlich nichts. Sie ist für die schönen Reden zuständig, für die Finanzen und damit für die harten Fakten ist Herr Blüm zuständig.
    Während die Gesundheit der Menschen durch die in letzter Zeit mit schöner Regelmäßigkeit durch den Rhein fließenden Giftwellen bedroht ist, appelliert die Gesundheitsministerin an die Raucher, auf die Nichtraucher Rücksicht zu nehmen. So wichtig das auch ist, so frage ich mich doch, wo da die Maßnahmen bleiben. Und wo bleibt eine kritische Stellungnahme zu den Giftskandalen der chemischen Industrie? Nach Taten mögen wir j a schon gar nicht mehr fragen.
    Wir erleben gerade in dem Bereich, der unsere Lebensgrundlagen zerstört und unsere Gesundheit bedroht, eine Politik, die das Verharmlosen, Vergessen und das Sich-mit-der-Umweltkatastrophe-Arrangieren forciert und Widerstand gegen diese Politik durch Verschärfung der Staatsgewalt kriminalisiert und bestraft.

    (Bueb [GRÜNE]: Sehr richtig!)

    Gesundheit und das Überleben der Menschen werden dem Profit untergeordnet.

    (Dolata [CDU/CSU]: Dann bringen Sie doch einmal Beispiele!)

    Eine menschenfeindliche Kosten-Nutzen-Rechnung findet statt, eine neue Bestimmung des Wertes des Menschen. Die Frage lautet offensichtlich heute: Wer ist es wert, trotz wachsender Umweltvergiftung und verknappter Mittel für die soziale und gesundheitliche Versorgung zu überleben?
    Vom Kampf gegen die Umweltschäden geht es als nächstes zum Kampf gegen die Geschädigten. Da mischt Frau Süssmuth fleißig mit. Wir wenden uns entschieden gegen solche menschenfeindliche Politik.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Männle.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Ursula Männle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Strategen, scheinen wahrscheinlich geläutert durch härtere Oppositionsjahre, die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und verordnen eine radikale Kurskorrektur in der parteipolitischen Rhetorik. Die Wandlung vom Saulus zum familienpolitischen und frauenpolitischen Paulus ist jedoch trügerisch.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Paula!)

    — Ich sage auch gerne Paula. Ich habe da keine Probleme, Frau Däubler.
    Erinnern wir uns: Mußten sich nicht Frauen, die bewußt Familientätigkeit als Berufstätigkeit wählten, unter Rechtfertigungsdruck gesetzt sehen? Galt bei Ihnen nicht die Gleichung: Außerhäusliche Berufstätigkeit und Erwerbstätigkeit sind gelungene Selbstbestimmung, Familientätigkeit ist Rollenzwang, Abhängigkeit und Unterdrückung?
    Lassen Sie mich als Beispiel nur das Mutterschaftsurlaubsgeld anführen. Sie wissen, daß es nur für erwerbstätige Mütter galt. Andere Mütter gingen leer aus.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Was heißt „nur"? — Gegenruf des Abg. Dolata [CDU/CSU]: Ja sicher „nur", die Mehrheit haben Sie ausgegrenzt!)

    — Frau Fuchs, ich sage ganz deutlich: nur für Erwerbstätige, nicht für alle Mütter. Sie waren damit weniger wert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die CDU/CSU war es, die das Erziehungsgeld für alle Mütter, die nichterwerbstätigen und erwerbstätigen Mütter, und, Frau Wagner, auch für die Väter,

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Nur nicht für die Arbeitslosen!)

    verbunden mit Beschäftigungsgarantie, verabschiedet haben.
    Erinnern wir uns weiter: Wer hat erstmals die Anerkennung der Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung für Mütter durchgesetzt?

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sie haben sie doch 1972 abgelehnt!)

    Wir von der CDU/CSU waren es, die sie zum 1. Januar 1986 einführten.

    (Frau Fuchs) [Köln] [SPD]: Und die Berufstätigen kriegen nichts!)

    Wir waren es, die jetzt eine Lösung gefunden haben, alle Mütter, die vor 1921 geboren sind, stufenweise einzubeziehen.
    Wir proklamieren keineswegs, die Ideallösung gefunden zu haben. Ich sage ganz deutlich: Die Stufenlösung ist keine Ideallösung. Aber, Frau Fuchs, wir wehren uns gegen Ihre Attacken, gegen die Attacken der SPD, die sachliche Kritik mit Heuchelei und Zynismus zu verwechseln scheinen. Wir wehren uns gegen die Alternative, alle Mütter auszugrenzen, eine Totalausgrenzung zu machen. Jetzt machen Sie mit Ihrem Vorschlag wiederum eine Teilausgrenzung.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Stimmt doch nicht!)

    — Sie haben es jahrelang praktiziert. Haben Sie etwas eingeführt?

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Viel!) Nichts haben Sie gemacht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schlottmann [CDU/CSU]: Kindergeld gekürzt für die Armen und für die Reichen!)




    Frau Männle
    Ich meine, diese von uns eingeführte und bis 1990 zu praktizierende Lösung ist eine finanzpolitisch vertretbare Stufenlösung.

    (Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Nein, ich möchte dies im Zusammenhang vortragen.
    Wir haben uns für eine Teillösung, für eine frauenpolitische und frauenfreundliche Teillösung entschieden. Sie haben nur geredet, Frau Fuchs, getan haben Sie nichts.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Erinnern wir uns weiter: Sie sprechen auch so viel von den Berufschancen der Frauen. Sie waren es doch, die in Ihrer Regierungszeit einen Nullbeitrag zu der damals schon erkennbaren überproportionalen Frauenarbeitslosigkeit lieferten. Ja, Sie kassierten sogar frauenbegünstigende Bestimmungen des Arbeitsförderungsgesetzes. Wir haben mit dem Beschäftigungsförderungsgesetz, mit der siebten Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz frauenfreundliche Maßnahmen eingeleitet. Wir haben die Arbeitsmarktchancen für Frauen verbessert. Ich möchte nur einige Stichworte sagen: Teilzeitarbeit, befristete Arbeitsverträge für Frauen, Erleichterung des Wiedereinstiegs ins Erwerbsleben. Wer hat dies getan? Wir waren es.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von den GRÜNEN)

    Erinnern wir uns weiter. Wie behandeln Sie denn die Familie? Sie haben vorhin so viel davon geredet. Sie erhöhten zwar damals kurz vor der Wahl das Kindergeld, kassierten es aber hinterher wieder ein, haben es pauschal gekürzt für Arme wie Reiche.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Sie erhöhen es für Reiche besonders stark!)

    Sie werfen uns eine unsoziale Familienpolitik vor, weil wir ein nach Einkommen gestaffeltes Kindergeld einführten und Kinderfreibeträge und Ausbildungsfreibeträge wesentlich erhöhten. Wer so großen Wert wie Sie auf Steuerprogression legt, der muß auch ja zu Freibeträgen sagen. Nur diese sind sozial gerecht.

    (Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

    Maßstab für unsere Politik ist, Familien mit Kindern gegenüber Ehepaaren ohne Kinder nicht zu benachteiligen; dies ist unser Maßstab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sicherlich nicht zuletzt waren Sie es auch, die sich nichts einfallen ließen und sich auch nichts weiter einfallen lassen, ungeborenes Leben durch tätige Hilfe zu schützen. Unsere gesamte Familienpolitik und gerade auch die Bundesstiftung Mutter und Kind haben einen wesentlichen Beitrag zum Lebensschutz, zum Ja zum Kind geleistet. Die heute zu beschließende Erhöhung der Mittel um 20 Millionen DM ist ein weiterer Beweis für eine Politik, die Leben schützt. Mit welchem Hohn überschütteten Sie die Stiftung und verweigerten Sie die Hilfe in den von Ihnen regierten Bundesländern! Und auch jetzt fehlt es an Hilfe durch Herrn Rau in Nordrhein-Westfalen.
    Dies alles zu verdrängen und die Hände in Unschuld zu waschen, ist schon eine Meisterleistung, und zwar eine Meisterleistung an Unglaubwürdigkeit. Ich glaube nicht, daß Ihre Rechnung aufgehen wird, die darauf setzt, daß die Wählerinnen und Wähler vergeßlich sind, daß sie nur Worte bewerten und nicht die unterlassenen Taten.
    Wir haben vor der Wahl einiges versprochen, und wir haben es gehalten. Der Wähler kann dies abschecken. Er kann nachsehen, was wir versprochen haben. Er kann überprüfen, was wir gehalten haben. Wir werden, meine Damen und Herren, fortfahren in der von uns begonnenen Politik der Familienfreundlichkeit und damit auch der Frauenfreundlichkeit.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Weiter so!)

    Ich scheue mich nicht zu sagen: Familienpolitik ist auch Frauenpolitik, Frau Wagner, und Frauenpolitik ein Teil von Familienpolitik, nicht ausschließlich, aber auch.
    Meine Damen und Herren, es ist schon interessant, daß Rufe aus unterschiedlichen Richtungen, von Konservativen und Progressiven,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Was sind Sie denn?)

    nach Wiedereinzug der Gefühle in die eiskalte Welt der Produktion, nach Arbeitsformen und Lebensweisen, die die Menschen nicht in einen rationalen und einen emotionalen Teil zergliedern, nach Sinngebung und Selbstverwirklichung durch Arbeit in der linken Ecke der Politik verstummen, wenn das Thema Familie, Familientätigkeit, aber auch das Thema Ehrenamtlichkeit berührt wird. Familie scheint tabu zu sein, wenn es um gesellschaftliche Anerkennung der dadurch erhaltenenen Leistungen geht. Familie gerät nicht selten zum Thema Nummer eins, wenn über Entfremdung, Begrenzung, Konflikt und Gewalt geredet wird. Meine Damen und Herren, Wärme, Glück, Geborgenheit sind heute Werte, die von vielen gesucht werden.

    (Zuruf von den GRÜNEN)

    Sie können in der Familie erfahren und gelebt werden, und sie können im Dienst an anderen, im ehrenamtlichen Dienst und auch im Pflegedienst an anderen ihren Ausdruck finden. Wir Politiker und wir Politikerinnen können dazu beitragen, daß diese Werte in unserer Politik umgesetzt werden.
    Das partnerschaftliche Miteinander von Frauen und Männern in der Familie, neue Wege zur Vereinbarkeit oder zur Aufteilung von Familien und Erwerbstätigkeit für Mütter und Väter sind für uns sehr wichtig. Diese Aufgabe zu lösen ist zunächst natürlich einmal Sache der Ehepartner selbst. Keine Partei, keine Regierung darf Ehepaaren vorschreiben, wie sie ihre Aufgaben verteilen.

    (Frau Wagner [GRÜNE]: Dann müssen Sie die Ausgangsposition besser machen!)




    Frau Männle
    Aber Staat, Gesellschaft, Arbeitgeber, alle Betroffenen können ein familien- und partnerfreundliches Klima schaffen. Dazu sind wir aufgerufen durch unsere Politik. Dazu haben wir die Weichen gestellt, und darin werden wir fortfahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir sind bei diesen Problemen — Frauen, Familie — häufig sicherlich in einer sehr emotionsgeladenen Diskussion. Wir sind auch auf einem Wege, daß wir sagen müssen, Politik für Frauen befindet sich auf einer Gratwanderung. Zu vielfältig sind die Lebenssituationen, aber auch zu unterschiedlich die daraus folgenden Wünsche und Bedürfnisse. In freier Entscheidung und nur partnerschaftlich mit den Männern können die heute noch beträchtlichen Benachteiligungen, die ich nicht unter den Teppich kehren will, beseitigt werden. Aber auch nur so können die neuen Problemlösungen durchgesetzt werden.
    Meine Damen und Herren, ich muß leider zum Schluß kommen, weil meine Redezeit abläuft. Mit der Entscheidung des Bundeskanzlers, eine weitere Ministerin in das Kabinett zu nehmen und ihr darüber hinaus die Kompetenz für Frauenfragen zu geben, hat für diese Bundesregierung die Frauenpolitik einen erhöhten Stellenwert erhalten.

    (Zuruf der Abg. Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD])

    — Frau Schmidt, 18 neue Stellen sind für diesen Bereich geschaffen worden, und die Mittel für die Verbesserung der sozialen und rechtlichen Stellung der Frauen sind ebenfalls erhöht worden, und zwar um 2,4 Millionen DM. Ist das nichts? Das bedeutet fast eine Verdoppelung.
    Frauenpolitik erfordert Ideen, Tatkraft, Durchsetzungsvermögen. Zur Frauenpolitik gehört aber auch unendlich viel Geduld, gehört viel Zusammenarbeit aller Betroffenen: aller Ministerinnen im Kabinett, aller Minister im Kabinett, der Parlamentarier und Parlamentarierinnen. Daß die Ministerin die Bereitschaft findet, daß sie ihre Politik durchsetzen kann, daß sie die Bereitschaft findet, Kooperation zu erfahren, das wünschen wir ihr und uns allen im Interesse aller Frauen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schlottmann [CDU/CSU]: Weiter so, Frau Süssmuth!)