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ID1025001000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/250 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 250. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Milz 19421A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksachen 10/5900, 10/6209 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/6311, 10/6331 — Glombig SPD 19421 D Strube CDU/CSU 19428 D Bueb GRÜNE 19431 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 19433 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 19435 D Frau Fuchs (Köln) SPD 19443 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 19445 B Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit — Drucksachen 10/6315, 10/6331 — Waltemathe SPD 19446 A Rossmanith CDU/CSU 19448 D Frau Wagner GRÜNE 19451 D Frau Männle CDU/CSU 19453 B Eimer (Fürth) FDP 19455 B Rusche GRÜNE 19458 B Kroll-Schlüter CDU/CSU 19459 B Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 19461 B Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 19467 C Vizepräsident Stücklen 19470 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit — Drucksachen 10/6316, 10/6331 — Kühbacher SPD 19472 D Gerster (Mainz) CDU/CSU 19473 D Frau Hönes GRÜNE 19476 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 19478 D Dr. Hauff SPD 19480 B Dr. Laufs CDU/CSU 19483 D Baum FDP 19485 B Dr. Wallmann, Bundesminister BMU . . 19486 C Schäfer (Offenburg) SPD 19489 D Kühbacher SPD (Erklärung nach § 31 GO) 19491 B Suhr GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) . 19492 C Gerster (Mainz) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 19492 D II Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/6310, 10/6331 — Frau Zutt SPD 19493 B Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 19495 C Werner (Dierstorf) GRÜNE 19498 B Gallus FDP 19499 C Kiechle, Bundesminister BML 19500 D Müller (Schweinfurt) SPD 19503 B Präsident Dr. Jenninger 19498 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/6307, 10/6331 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/6317, 10/6331 — Dr. de With SPD 19505 B von Hammerstein CDU/CSU 19507 A Mann GRÜNE 19508 D Beckmann FDP 19510 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 19513A Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 19525 B Mann GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 19535 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/6320, 10/6331 — Meininghaus SPD 19516 B Echternach CDU/CSU 19518 C Werner (Westerland) GRÜNE 19520 C Gattermann FDP 19521 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 19523 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 10/6312, 10/6331 — Purps SPD 19526 B Metz CDU/CSU 19528 B Senfft GRÜNE 19530A Kohn FDP 19531 C Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 19533 D Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 10/6313, 10/6331 — Walther SPD 19536A Deres CDU/CSU 19538A Frau Dann GRÜNE 19540 B Kohn FDP 19542 B Paterna SPD 19543 D Senfft GRÜNE 19545 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 19546A Haushaltsgesetz 1987 — Drucksachen 10/6329, 10/6330 — Löffler SPD 19549 D Roth (Gießen) CDU/CSU 19551 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 19553 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 19555 B Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksachen 10/5901, 10/6210, 10/6472 — 19557 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1984 —— Drucksachen 10/4619, 10/6367 — . . . 19558A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgaben bei Kap. 11 13 Tit. 646 02 — Erstattung der Aufwendungen für die Krankenhilfe an Heimkehrer und durch Gesetz gleichgestellte Personengruppen — Drucksachen 10/5968, 10/6372 — . . . 19558 B Beratung der Sammelübersicht 184 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/6427 — 19558 C Nächste Sitzung 19558 D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 III Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 19559 *A Anlage 2 Erklärung des Abg. Lutz (SPD) nach § 31 GO zur Abstimmung über den Änderungsantrag des Abg. Dr. Müller (Bremen) und der Fraktion DIE GRÜNEN zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1987 hier: Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache 10/6486) 19559 *C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986 19421 250. Sitzung Bonn, den 27. November 1986 Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Augustin 28. 11. Böhm (Melsungen) * 28. 11. Frau Borgmann 27. 11. Dr. Enders * 28. 11. Feilcke 28. 11. Fischer (Homburg) 28. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) 28. 11. Heyenn 28. 11. Hoffie 28. 11. Huonker 28. 11. Jansen 28. 11. Jung (Düsseldorf) 27. 11. Lenzer 27. 11. Dr. Müller * 28. 11. Poß 28. 11. Dr. Schmidt (Gellersen) 27. 11. Schmidt (Hamburg) 28. 11. Schreiner 28. 11. Vahlberg 27. 11. Dr. Warrikoff 27. 11. Frau Will-Feld 28. 11. Wilz 27. 11. Wischnewski 28. 11. Frau Zeitler 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abg. Lutz (SPD) nach § 31 GO zur Abstimmung über den Änderungsantrag des Abg. Dr. Müller (Bremen) und der Fraktion DIE GRÜNEN zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1987 hier: Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit- und Sozialordnung (Drucksache 10/6486): 1. Ich werde den Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 10/6486 ablehnen und begründe dies wie folgt: Bei der Beratung im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung wurde der Haushaltstitel ,,Koordinierungs- und Sondermaßnahmen für die Sprachförderung ausländischer Arbeitnehmer" von den vorgesehenen 43 Millionen DM auf 50 Millionen DM erhöht und damit der letzte Stand wiederhergestellt. Dies stellte einen Kompromiß dar, denn die SPD hatte 12 Millionen DM beantragt. Bei der Beschlußfassung enthielt sich der Vertreter der Fraktion DIE GRÜNEN der Stimme. Ich kann in diesem Antrag kein ernsthaftes Bemühen um eine Umschichtung im Haushalt erkennen. Ein Deckungsvorschlag fehlt. Ich sehe mich wie meine Freunde nicht in der Lage zuzustimmen. 2. Ich sehe mich auch aus einem weiteren Grunde zur Zustimmung nicht in der Lage: Dieser Antrag verschiebt die Gewichte im Einzelplan 11. Hier ist von mir als Abgeordneter eine umfassendere Würdigung abgefordert. Für mich ist wie für meine Freunde diese Würdigung im Entschließungsantrag auf Drucksache 10/6556 enthalten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eberhard Bueb


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Nein, noch nicht!
    Meine Damen und Herren! Unser Sozialminister Norbert Blüm tönt landauf, landab,

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Sozialminister? Asozialminister!)

    der Sozialhaushalt sei noch nie so hoch gewesen; also von Sozialbbau keine Spur. Jedoch sind die Ausgaben für Arbeitsförderung und Sozialhilfe allein durch die langanhaltende Massenarbeitslosigkeit trotz dauernder Kürzungsmaßnahmen von 1980 bis 1986 um rund 100% gestiegen.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: „Verdoppelt" heißt das!)

    Das sind in diesem Jahr Mehrausgaben von 39 Milliarden DM.
    Für mich sind diese Mehrausgaben eine Bankrotterklärung einer Wirtschafts- und Sozialpolitik, die nicht verhindern kann und vielleicht auch überhaupt nicht ernstlich verhindern will, daß Massenerwerbslosigkeit und zunehmende Sozialhilfebe-



    Bueb
    dürftigkeit zur ständigen Begleiterscheinung dieser Regierung geworden sind.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Kolb [CDU/CSU]: Und welchen Anteil hat Herr Beckmann daran?)

    Um das noch als soziale Großtat und qualitative soziale Verbesserung zu verkaufen, braucht es eben einen Karnevalsredner wie Norbert Blüm, der Weltmeister im Gesundrechnen ist und sich hier wieder einmal als statistischer Scharlatan entlarvt hat.
    Diese Regierung ist in Wirklichkeit für den größten Sozialabbau seit Bestehen dieser Republik verantwortlich. Sie hat planvoll und absichtsvoll Hunderte von Milliarden aus dem Bereich sozialer Ausgaben in andere Sektoren wie Rüstung, Subventionen, Expansionskurs für die Wirtschaft und Steuersenkungen für die Reichen umgeleitet; denn eines wird der Gesundbeter Blüm im Ernst nicht bestreiten können: Allein in diesem Jahr hat diese Regierung den sozial Schwachen durch die unsozialen Einschnitte in das soziale Netz 40 Milliarden DM entwendet, die ihnen, würde die gesetzliche Regelung von 1981 noch bestehen, zugestanden hätten.
    Das, was diese Regierung an Schweinereien noch vorhat, beschreibt sie im Sozialbericht 1986.

    (Unruhe bei der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung schreibt dort, daß das Sozialbudget — das ist der Anteil sämtlicher Sozialausgaben am Bruttosozialprodukt — im Jahre 1990 nahezu 29 % betragen soll. Was bedeutet diese Zahl? 1975 betrug die Quote noch 33,7 %. Bereits im Jahre 1982, nach den Sozialabbaumaßnahmen der sozialliberalen Koalition, fiel diese Quote auf 32,8 % zurück.

    (Kolb [CDU/CSU]: Und wer finanziert sie?)

    Den Herren Kohl und Blüm bleibt es aber vorbehalten, den gigantischen Sozialabbau in die Höhe zu treiben. Bei der geplanten Absenkung der Sozialleistungsquote würden dann im Jahre 1990 den Sozialausgaben sage und schreibe 80 Milliarden DM gegenüber dem entzogen werden, was bei der Fortschreibung der alten Werte von 1982 der Fall gewesen wäre. Bereits jetzt haben Sie auf diesem Weg dem Sozialbudget über 100 Milliarden DM entzogen. Bis zum Jahre 1990 werden Sie bei Fortschreibung der Regelungen, die Sie geplant haben, 350 Milliarden DM den Sozialausgaben entzogen haben.
    Aber damit nicht genug. Bereinigt man dieses Budget um die Mehrausgaben für Massenerwerbslosigkeit, die ja bei Gott keine qualitative Verbesserung darstellen, so läßt sich zeigen, daß das Sozialbudget während der Verantwortung dieser konservativliberalen Regierung noch drastischer abgesenkt wurde, als dies auf den ersten Blick erscheint. Für den Zeitraum von 1982 bis 1990 müssen weit über 500 Milliarden DM an Umverteilung aus dem Sozialbereich veranschlagt werden. Alle diese Daten, meine Damen und Herren, nenne ich Ihnen, um eines deutlich zu machen: Sozialpolitik ist im wesentlichen auch Verteilungspolitik.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihr könnt gut verteilen!)

    Wer den Reichen, der Rüstungs- und der Atomindustrie liebedienert, muß den Armen die Augen auskratzen. Gerade zur Bekämpfung der Armut und zur Einführung einer menschenwürdigen Regelung zur Absicherung des Pflegerisikos sei, so heißt es bei der Regierung, kein Geld vorhanden. Ihre Umverteilungsmaßnahmen belegen: Geld ist genug da. Aber die, die es verdienen, erhalten es nicht.

    (Kolb [CDU/CSU]: Macht ihr eure Kasse auf!)

    Die GRÜNEN haben bei den diesjährigen Haushaltsberatungen deshalb zwei grundlegende Änderungsanträge eingebracht, die an den brüchigsten Stellen des Sozialstaates ansetzen, am Problem der Armut und am Problem des Pflegewesens, das grundlegend zu reformieren ist.

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Sie sprechen immer von Armut!)

    — 11,5 Millionen Menschen, Herr Kollege, in unserem Land haben ein Einkommen von unter 1 000 DM monatlich. Und da sagen Sie: Es gibt keine Armut.

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Uns geht es ganz schlecht! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben keine Ahnung!)

    Wir fordern eine bedarfsorientierte Grundsicherung, die jedem Alleinstehenden mindestens 1 000 DM zur Verfügung stellt,

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    alten und erwerbsunfähigen Menschen eine Mindestrente von 1 200 DM. Wir fordern darüber hinaus ein bedarfsorientiertes Kindergeld, welches sich eben nicht an der Ordnungszahl der Kinder orientiert, sondern an den materiellen Bedürfnissen der Kinder, je nach Alter. Zum Ausgleich der durch die Kindererziehung entstehenden Belastungen ist eine Reform der Leistungen für die Betreuung von Kindern notwendig.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie fordern und fordern! Wollen Sie auch mal was leisten?)

    Wir fordern deshalb ein existenzsicherndes Betreuungsgeld, damit vor allem Alleinerziehende, aber auch in eheähnlichen Gemeinschaften und in Ehe lebenden Eltern die Möglichkeit gegeben wird, sich zeitweilig der Erziehung ihrer Kinder zu widmen, ohne Benachteiligungen bei der sozialen Sicherung, ohne Benachteiligungen im Hinblick auf ihre materielle Sicherheit in Kauf nehmen zu müssen und vor allen Dingen ohne auf eine private Unterhaltsleistung anderer angewiesen zu sein.

    (Kolb [CDU/CSU]: Was kostet dies alles? Sagen Sie das mal in Zahlen!)

    — wie Sie unseren Anträgen entnehmen können,
    haben wir detaillierte Finanzierungsvorschläge gemacht, wie eine solche bedarfsorientierte Grundsi-



    Bueb
    cherung und das Betreuungsgeld und damit weitgehende Freiheit von Armut sichergestellt werden könnten.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

    — Sie lachen? Ich habe Ihnen gerade vorhin gesagt: Sie wollen 500 Milliarden DM bis zum Jahre 1990 umverteilen.

    (Jagoda [CDU/CSU]: Warum drohen Sie mir eigentlich? Ich habe doch gar nichts gemacht!)

    — Drohen wäre so. Ich mache so.
    Zum zweiten haben wir in diesen Haushaltsberatungen unseren bereits seit zwei Jahren vorliegenden Gesetzentwurf zur Neuordnung der Pflegefinanzierung eingebracht. Wir fordern darin den massiven Ausbau der ambulanten Pflege, die stufenweise Einstellung der Heimpflege, eine Regelung, die die Bedürftigen in die Lage versetzt, selbst über die Form ihrer Pflege und ihrer Lebensweise zu bestimmen. Dieser Staat kann sich eben nur sozial nennen, wenn er verhindert, daß Menschen auf Grund ihrer Behinderung zu Sozialhilfeempfängern werden. Dieser Staat kann sich nur sozial nennen, wenn er es nicht zuläßt, daß Behinderten das Recht verweigert wird, darüber zu bestimmen, wo, wie und durch wen sie sich pflegen lassen wollen. Dieser Staat kann sich eben nur sozial nennen, wenn er der Aussonderung der Behinderten in Großpflegeheimen wirksam entgegenarbeitet. Es wird sich zeigen, ob diese Gesellschaft human ist. Sie ist es jedenfalls so lange nicht, wie sie Leute, die nichts für ihre Behinderung können, in Großheime verbringt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die Vorschläge der GRÜNEN sind unserer Meinung nach auch im höchsten Maße beschäftigungswirksam. Wir haben errechnet: 200 000 neue Arbeitsplätze müßten im Pflegebereich entstehen, um unserem Ansatz gerecht zu werden. Das gigantische Umverteilungsprojekt von unten nach oben, das von der jetzigen Bundesregierung betrieben wird, entzieht allen Argumenten von rechts, daß diese Vorschläge der GRÜNEN nicht finanzierbar seien, den Boden unter den Füßen.

    (Jagoda [CDU/CSU]: Herr Kollege, wo ist oben?)

    Wir leben in einer reichen Gesellschaft. Oder bestreiten Sie das? Es kommt darauf an, diesen Reichtum auch denjenigen zugänglich zu machen, die auf der Schattenseite des Lebens stehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mitarbeiter der GRÜNEN vor allen Dingen!)

    Dafür stehen die Änderungsvorschläge der GRÜNEN.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Adam-Schwaetzer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Glombig, wir haben uns im Ausschuß wirklich oft gestritten. Ich weiß, daß ich Sie oft provoziert habe; Sie haben mich allerdings genausooft provoziert. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, daß ich Ihnen heute aus vollem Herzen hätte Dank sagen können für die gemeinsame Arbeit der letzten Jahre.

    (Zurufe von der SPD: Tun Sie es doch!) — Ist er noch da?


    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Er kommt gleich wieder!)

    — Gut, dann richten Sie es ihm bitte aus.
    Ich finde es schade, daß er eine so polemische Rede gehalten hat. Zwischendurch hat es ja ein Intermezzo gegeben, wo man den Eindruck haben konnte, daß er durchaus noch richtige Erkenntnisse aus der Regierungszeit der sozialliberalen Koalition mitgenommen hat.

    (Zuruf von der SPD: Übersetzen Sie einmal das Wort polemisch!)

    Aber offensichtlich hat er diese Erkenntnisse in der Opposition genauso schnell vergessen wie ein paar Kollegen der CDU/CSU die richtigen Erkenntnisse aus der Oppositionszeit, seit sie in der Regierung sind.

    (Beifall bei der FDP)

    Die unbestrittenen Leistungen von Eugen Glombig weiß die FDP wohl zu würdigen. Meine Kollegen, die mit ihm in den 70er Jahren eng zusammengearbeitet haben, denken gerne an die Zeit zurück.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Ich möchte gerne eine weitere Vorbemerkung machen. Nachdem ich die Rede von Herrn Strube gehört habe — aber das ist wirklich nur ein Beispiel für all das, was gestern auch abgelaufen ist —, muß ich sagen: Die Selbstbeweihräucherung sowohl der SPD wie der CDU/CSU mag ich eigentlich überhaupt nicht hören.

    (Zurufe von der SPD: Oh!)

    Ich finde, man sollte den Mut und die menschliche Größe aufbringen, auch die Leistungen der anderen anzuerkennen. Herr Strube, es hat nicht nur Sozialpolitik gegeben, solange die CDU/CSU an der Regierung war bzw. ist. Es hat auch Sozialpolitik in den 70er Jahren gegeben.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Wir als Freie Demokraten stehen dazu. Übrigens höre ich von den Kollegen überhaupt keine Kritik z. B. an den Grundlagen des Schwerbehindertenrechtes, höre ich überhaupt keine Kritik an vielen anderen Dingen, die in den 70er Jahren gemacht worden sind. Deshalb, finde ich, sollten wir uns wirklich enthalten, eine solch einseitige Darstellung der Dinge zu geben.

    (Sielaff [SPD]: Das ist sehr gut: enthalten!)

    — Herr Sielaff, Sie sind in diese Kritik durchaus eingeschlossen.
    19434 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 250. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1986
    Frau Dr. Adam-Schwaetzer
    Die Sozialgesetzgebung von 1969 bis 1982 hat in der Tat, Herr Kollege Glombig, eine ganze Menge geschaffen. Die FDP steht zum Ausbau der Grundlagen der sozialen Sicherung in den 70er Jahren. Aber nicht einmal Herr Glombig hat bestritten, daß es notwendig gewesen ist, diese Grundlagen an die Finanzierbarkeit der 80er Jahre anzupassen. Das allerdings haben wir getan.

    (Beifall bei der FDP — Kolb [CDU/CSU]: Die Erkenntnis kam nur zu spät!)

    Der Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung ist wieder einmal der größte Einzeletat des Bundeshaushalts überhaupt. Mit 22 % nimmt er fast ein Viertel der Gesamtausgaben des Bundes ein.

    (Reimann [SPD]: Wenn Sie die fehlenden 3 % bei der Wahl bekämen, wären Sie zufrieden?!)

    — Diese 3 % werden uns mit Sicherheit nicht fehlen. Dafür werden Sie schon sorgen. Da bin ich ganz sicher. Denn wenn Sie so weitermachen, wird es auch viele Sozialdemokraten geben, die sagen: Besser FDP wählen und damit eine standfeste Koalition haben.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die größte Herausforderung der nächsten Jahre wird nach wie vor die Arbeitslosigkeit sein.

    (Lutz [SPD]: Sehr wahr!)

    Wir sind noch nicht so weit, daß wir sagen könnten, die Probleme des Arbeitsmarktes hätten wir überwunden. Wir werden in den nächsten Jahren noch weitere, zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen haben. Denn wie uns das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sagt, wird die weitere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt davon gekennzeichnet sein, daß das Erwerbspersonenpotential Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre weiterhin steigen wird. Das ist einerseits dadurch bedingt, daß nach wie vor die geburtenstarken Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt drängen, zum anderen aber auch dadurch, daß die ausländische Bevölkerung einen höheren Anteil am Erwerbspersonenpotential stellt, aber auch dadurch, daß die Frauenerwerbsbeteiligung ansteigen wird. Meine Damen und Herren, die Lebenspläne von Frauen haben sich geändert.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wir wissen das, nur der Kanzler weiß das nicht!)

    — Ihr Redner hat dazu aber kein Wort gesagt. — Wir müssen darauf Rücksicht nehmen. Wir dürfen die Frauen nicht nach Hause schicken. Denn jeder hat das Recht auf eine eigene Lebensgestaltung, nicht nur die Männer.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

    Wir sollten den Frauen keine falsche Bescheidenheit einreden,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig!)

    nach dem Motto: Ihr habt euch auf dem Arbeitsmarkt erst zurückzumelden, wenn alle Männer einen Arbeitsplatz gefunden haben.

    (Zustimmung bei der SPD — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Hervorragend! Ohne Ironie: Hervorragend!)

    Weil wir — ich hoffe, daß Sie auch jetzt noch klatschen — das ernst genommen haben, weil wir auch gesehen haben, wie sich die Frauen auf den Arbeitsmarkt zurückmelden, haben wir gehandelt. Mit der Siebten Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz und der Einführung von Teilzeitweiterbildung

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist die falsche Folgerung!)

    haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß Frauen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt schaffen können.

    (Lutz [SPD]: Jetzt kommen die falschen Schlußfolgerungen!)

    Wir haben im Haushalt daraus die richtigen Konsequenzen gezogen, meine Damen und Herren. Wir haben die Mittel für Fortbildung und Umschulung schon dieses Jahr drastisch erhöht. Im nächsten Jahr werden wir sie auf diesem hohen Ansatz weiterfahren. Wir hatten 1986 460 000 Neueintritte in qualifizierende Maßnahmen, finanziert von der Bundesanstalt für Arbeit. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, daß hier die richtigen Ansatzpunkte gefunden worden sind. Wir brauchen mehr Qualifikation, um zum einen den Frauen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt einzuräumen, aber auch, um den jetzigen Arbeitslosen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu geben.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Denn über 50 % der Arbeitslosen haben keine abgeschlossene Ausbildung. Das heißt, sie müssen sich sie erst noch erwerben. Die Mittel stehen bereit. Wir fordern sie auf, davon Gebrauch zu machen.
    Wir haben die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für 1987 auf dem hohen Stand von 1986 gehalten: 110 000. Das ist für alle diejenigen eine Hoffnung und eine Chance, die einem Verlust von Qualifikation durch lange Arbeitslosigkeit vorbeugen wollen.
    Wir werden darüber hinaus 1987 die Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld für ältere langfristig Arbeitslose verlängern. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit gerade älterer Arbeitnehmer hat sich drastisch erhöht. Darauf müssen wir eine Antwort geben. Wir tun es mit der Verlängerung des Bezugs von Arbeitslosengeld.
    Meine Damen und Herren, nach wie vor bekennt sich die FDP zu ihrer Verantwortung für die Kriegsopfer, auch vierzig Jahre nach Ende des Krieges.

    (Beifall bei der FDP)

    Wir halten nach wie vor an der Dynamisierung der Kriegsopferversorgung und der Dynamisierung der Anpassung fest. Wir müssen allerdings in der Zukunft das Älterwerden der Kriegsopfer und ihrer



    Frau Dr. Adam-Schwaetzer
    Angehörigen stärker berücksichtigen. Wir haben deshalb sehr viel Verständnis für die Forderungen der Kriegsopferverbände nach einer Verbesserung des Berufsschadensausgleichs. Wir werden sehr sorgfältig prüfen, ob und wann Badekuren für Hinterbliebene gewährt werden können, wann eine Verbesserung der Inanspruchnahme von Kuren durch Pflegepersonen nach dem Tod des Pflegebedürftigen angesetzt werden kann. Wir werden auch die Erhöhung der Zulage für die Begleitung von Blinden prüfen.
    Kriegsopferversorgung ist eine Verpflichtung, die uns noch auf viele Jahre begleiten wird. Wir werden sie in der Zukunft genauso ernst nehmen wie in der Vergangenheit.
    Mit dem Haushalt des Arbeitsministeriums haben wir auch die personellen Voraussetzungen für die Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung geschaffen.

    (Lutz [SPD]: Das waren die vier Mann, ja?)

    Die FDP-Vorschläge für diese Strukturreform liegen auf dem Tisch, und ich bedauere es etwas, daß sie bisher noch nicht durch konkretere Vorschläge aus den Reihen der Union ergänzt worden sind.
    Das Sachverständigengutachten der Weisen zum Herbst 1986 macht an einer Stelle auch Aussagen zur Rentenversicherungsstrukturreform, die wir, glaube ich, sehr sorgfältig prüfen und ernst nehmen sollten. Sie verlangen einerseits eine Neubewertung der Ausbildungszeiten, um damit die Konsequenz aus der verlängerten Ausbildung und der verkürzten Lebensarbeitzeit zu ziehen — dies ist in der Tat ein schwerwiegendes Problem, das wir dringend angehen müssen —, und sie nehmen ausführlich dazu Stellung, daß eine ungerechte Behandlung von Frauen in der Rente heute noch gegeben ist. Es ist richtig, Rente ist Lohn für Lebensleistung, aber, meine Damen und Herren, bisher im wesentlichen Lohn für Lebensleistung von Männern. Das können wir auf die Dauer nicht akzeptieren. Auch Kindererziehung, ist Lebensleistung. Deshalb war es wichtig, daß wir mit der Anerkennung eines Jahres der Kindererziehung einen ersten Schritt gemacht haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich bekenne mich dazu, daß die bestehende Regelung Lücken hat. Ich habe auch im Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen, daß bei denjenigen, die freiwillige Beiträge geleistet haben, und bei denjenigen, die im Jahr nach der Geburt des Kindes gearbeitet haben, noch keine Gleichbehandlung gewährleistet ist. Aus finanziellen Gründen war damals keine andere Lösung möglich. Ich denke aber, daß wir hier in der Zukunft bessere Lösungen finden müssen.
    Der nächste Schritt ist schon im Haushalt 1987 verankert. Wir haben 250 Millionen DM für die erste Stufe der Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei Rentnerinnen verankert. Auch hier werden die nächsten Schritte konsequent erfolgen, und ich bekenne mich dazu, daß wir in der Strukturreform der Rentenversicherung auch darauf achten müssen, daß in der Zukunft weitere Schritte zum Ausbau getan werden.
    Die FDP hat ihre Vorstellungen zur Strukturreform der Rentenversicherung auf den Tisch gelegt. Wir wollen eine Stärkung des Versicherungsprinzips unter Beibehaltung des Gedankens des sozialen Ausgleichs und eine neue Bewertung beitragsgeminderter und beitragsfreier Zeiten. Wir wollen einen gleitenden Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand mit der Möglichkeit von Teilzeitarbeit und Teilrente. Wir wollen eine Abdeckung aller versicherungsfremden Leistungen durch den Bundeszuschuß, angemessene Kindererziehungszeiten und Berücksichtigung der Zeiten von Pflege, sobald sie finanzierbar sind, Schutz vor materieller Not im Alter.
    Lassen Sie mich noch folgendes sagen. Ich bin ganz sicher, daß in vielen dieser Punkte eine breite Übereinstimmung zwischen den drei größeren Fraktionen dieses Hauses herzustellen sein wird; aber über einen Punkt wird es mit den Sozialdemokraten sicherlich keine Verständigung geben. Wir lehnen eine Wertschöpfungsabgabe ab,

    (Beifall bei der FDP — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sehr schade! — Lutz [SPD]: Sie werden sie brauchen!)

    weil sie zukunftsfeindlich ist, weil sie arbeitsplatzfeindlich ist. Wir wollen die Beibehaltung der Umlagefinanzierung mit einer Berechnung des Beitrages nach dem Einkommen der Arbeitnehmer.

    (Lutz [SPD]: In zehn Jahren reden Sie anders!)

    Meine Damen und Herren, Freie Demokraten bekennen sich dazu, daß soziale Sicherung notwendig ist, um Freiheitsrechte abzusichern, um Wahrnehmung von Freiheitsrechten überhaupt erst möglich zu machen. Diese Politik werden wir auch im nächsten Deutschen Bundestag konsequent fortsetzen.

    (Beifall bei der FDP)