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ID1024808900

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    Plenarprotokoll 10/248 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 248. Sitzung Bonn, Dienstag, den 25. November 1986 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Biehle 19177A Begrüßung des Präsidenten, Sandor Barcs, der Interparlamentarischen Gruppe der Volksrepublik Ungarn 19216 C Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksachen 10/5900, 10/6209 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/6308, 10/6331 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/6324 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/6328 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/6318, 10/6331 — Dr. Apel SPD 19177 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 19186 A Vogel (München) GRÜNE 19192 A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 19196 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 19200 D Wieczorek (Duisburg) SPD 19208A Gattermann FDP 19214 C Spilker CDU/CSU 19216 C Esters SPD 19219 D Roth (Gießen) CDU/CSU 19220 C Austermann CDU/CSU 19222 D Wieczorek (Duisburg) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 19224 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/6309, 10/6331 — Roth SPD 19225 B Glos CDU/CSU 19229 C Tatge GRÜNE 19233 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 19234 D Frau Simonis SPD 19237 C Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 19239C Dr. Pfennig CDU/CSU 19243 A Frau Simonis SPD (Erklärung nach § 31 GO) 19244 C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. November 1986 Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/6322, 10/6331 — Zander SPD 19245 B Austermann CDU/CSU 19248 B Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 19250 D Dr.-Ing. Laermann FDP 19252 A Vosen SPD 19253 D Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 19254 D Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/6323, 10/6331 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 19257 D Dr. Rose CDU/CSU 19259C Frau Zeitler GRÜNE 19261C Neuhausen FDP 19263A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 19264 D Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/6306, 10/6331 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/6327, 10/6331 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksachen 10/6325, 10/6331 — Kühbacher SPD 19266 C Dr. Riedl (München) CDU/CSU 19268 C Ströbele GRÜNE 19270 C Frau Seiler-Albring FDP 19272 D Dr. Nöbel SPD 19274C Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 19276 C Kühbacher SPD (Erklärung nach § 31 GO) 19277 B Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/6301, 10/6331 — Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/6302, 10/6331 — Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/6303, 10/6331 — Nächste Sitzung 19278 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 19279* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. November 1986 19177 248. Sitzung Bonn, den 25. November 1986 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 242. Sitzung, Seite 18697 C, 11. Zeile: Statt „sicherheitspolitischen" muß es „sicherheitstechnischen" heißen. 246. Sitzung, Seite 19083 B, 7. Zeile: Statt „Truman" ist „Roosevelt" zu lesen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter 25. 11. Dr. Dollinger 26. 11. Dr. Faltlhauser 25. 11. Feilcke 28. 11. Fischer (Homburg) 28. 11. Frau Geiger 25. 11. Dr. Haack 27. 11. Heimann 26. 11. Heyenn 28. 11. Höffkes 25. 11. Hoffie 28. 11. Huonker 25. 11. Ibrügger 25. 11. Jansen 25. 11. Jung (Lörrach) 25. 11. Jungmann 25. 11. Dr. Kübler 25. 11. Milz 28. 11. Dr. Müller 28. 11. Schmidt (Hamburg) 28. 11. Schröer (Mülheim) 25. 11. Dr. Soell 25. 11. Voigt (Sonthofen) 25. 11. Frau Will-Feld 28. 11.
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    Rede von Wolfgang Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein, auf Grund der Beschränkung nicht.

    (Frau Hürland [CDU/CSU]: Er weiß keine Antwort!)

    Wann hat es das schon einmal gegeben, daß — totzt Konjunkturaufschwung — die Zahl der Arbeitslosen im Aufschwung um 400 000 zugenommen hat? Das heißt aber, daß die große Umverteilung, die Sie begrüßt haben, die Sie gefördert haben, auch steuerpolitisch, überhaupt keine Wirkung am Arbeitsmarkt gehabt hat. Die Leute wurden ärmer, aber sie bekamen nicht mehr Arbeit. Das ist die Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD — Wissmann [CDU/ CSU]: 800 000 mehr Beschäftigte, sagt der Sachverständigenrat!)

    Meine Damen und Herren, der Abstand zwischen den armen und den reichen Regionen in der Bundesrepublik hinsichtlich der Arbeitslosenquote ist in den letzten Jahren immer größer geworden.

    (Wissmann [CDU/CSU]: 800 000 mehr Beschäftigte!)

    Herr Bundeswirtschaftsminister, 1982 betrug der Abstand zwischen dem besten und dem schlechtesten Arbeitsamtsbezirk 10 %. Inzwischen beträgt er 20%. Welche Antworten hat diese Bundesregierung auf die Lage im niedersächsischen Leer mit einer Arbeitslosenquote von 23 %, der höchsten überhaupt? Welche Antwort hat sie für Emdem mit 20%, für Heide mit 18%,

    (Zurufe von der SPD: „Weiter so!")

    für Dortmund und Flensburg mit 17 %, für Saarbrücken, Passau, Deggendorf mit über 16 %? „Weiter so" in diesen Gegenden? Übrigens, von den genannten acht Arbeitsamtsbezirken, die an der Spitze waren, liegen sechs in CDU-geführten Ländern.

    (Frau Hürland [CDU/CSU]: Sie hätten zehn weitere aus SPD-regierten Ländern nennen können!)

    Aber, meine Damen und Herren, ich fange gar nicht an, auf dieser primitiven Ebene vorzurechnen.
    Ich habe nur die Frage an die Bundesregierung: Was macht sie dagegen, daß der Wirtschaftsraum der Bundesrepublik Deutschland auseinderfällt?

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Krisenregionen stecken doch in einem Teufelskreis: Massenarbeitslosigkeit schafft Schwäche der örtlichen Wirtschaft; Schwäche der örtlichen Wirtschaft schafft schwache Einnahmen der Gemeinden und der Kommunalverbände. Die können weniger ausgeben. Zusammen mit der schwachen Nachfrage bedeutet das erneut mehr Arbeitslosigkeit. Darauf wird keine Antwort formuliert, weder in diesem Etat noch in den Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums.

    (Beifall bei der SPD — von Hammerstein [CDU/CSU]: Und jetzt kommt Ihr großer Vorschlag!)

    Die Bundesregierung läßt Krisenregionen vor die Hunde gehen. Sie hat kein Konzept beispielsweise für die lebensbedrohende Krise an den Werftstandorten. Sie hat kein Konzept für die Stahlindustrie. Sie hat kein Konzept zur Sicherung der einzigen einheimischen Energiequelle, Steinkohle und Braunkohle.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Was hat die SPD?)

    Sie hat keine Idee, wie die Krisenregionen aus dem Teufelskreis der Arbeitslosigkeit und der Depression herausfinden werden. Meine Damen und Herren, für die Krisenbranchen der deutschen Wirtschaft war der Konjunkturaufschwung seit 1982 eine Atempause. Sie wurde von dieser Bundesregierung überhaupt nicht genutzt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Wir sind in der Stahlkrise — da können Sie reden, mit wem Sie wollen aus dem Stahlbereich, mit Unternehmern, Managern, Kapitaleignern oder Arbeitnehmervertretern, Arbeitsdirektoren — nach vier Jahren Regierung Bangemann im Ressort des Wirtschaftsministers wieder am Vorabend der Situation vor fünf Jahren.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Der Bundesfinanzminister hat Finanzhilfen des Bundes für seine Heimatregion an der Küste ebenso konzeptionslos ausgeworfen wie vor der Niedersachsenwahl neue Agrarsubventionen. Da hat er übrigens vom Sachverständigenrat unsere Kritik exakt bestätigt bekommen.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    Wenn Sie den Sachverständigenrat so loben, dann verurteilen Sie damit auch Ihre unsinnige Agrarpolitik.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, nach dem MilliardenSubventionsregen an die Großagrarier in Norddeutschland nunmehr einige hundert Millionen für Reeder und Werften, damit die Union im Januar



    Roth
    über die Runden kommt: Das ist die einzige Konzeption.

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Dann sagen Sie doch mal den Bauern, was Sie machen wollen, Herr Roth!)

    Das ist die Art von Industriepolitik dieser Regierung. Für Regionen mit verfestigter hoher Arbeitslosigkeit wie Oberfranken, in Rheinland-Pfalz, an der Ruhr, an der Saar verweigert die Bundesregierung ihre Hilfe.
    Geradezu dramatisch ist der Kurswechsel, den die Bundesregierung in der Kohlepolitik in diesen Tagen vollzieht. Da spricht der Parlamentarische Staatssekretär Grüner vor einigen Tagen von der Notwendigkeit, die Kohleförderung auf die kostengünstigsten Anlagen zu konzentrieren,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und er schließt ausdrücklich weitere Zechenstillegungen nicht aus.

    (Frau Hürland [CDU/CSU]: Dafür ist er nicht zuständig!)

    Es ist bezeichnend, daß die Bundesregierung in ihrem Energiebericht vor einigen Wochen den Begriff „Kohlevorrang" nicht mehr verwendet.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Leider wahr!)

    Es ist bezeichnend, daß die bewährten Instrumente — der Kohlevorrang, Jahrhundertvertrag, Hüttenvertrag, Investitions- und Innovationshilfe — bewußt nicht mehr genannt werden.

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Dann denken Sie doch einmal an Ibbenbüren!)

    Die Krise im deutschen Bergbau, von der Sie jetzt immer wieder aus der Bundesrepublik hören, ist eine Krise, die die Bundesregierung durch Unterlassen selbst herbeiführt.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, Sie können doch nicht zwei Sachen gleichzeitig machen: Einerseits loben Sie sich, Sie hätten mitgeholfen, die Ölpreise zu senken, aber für die Folgen der Ölpreissenkung bei der Kohle stehen Sie nicht gerade. Das geht nicht zusammen.

    (Beifall bei der SPD — von Hammerstein [CDU/CSU]: Wir stehen immer gerade, Herr Roth!)

    Die Kumpel wollen wissen, ob der Kohlevorrang noch gilt oder nicht. Sie wollen wissen, ob es weitere Zechenstillegungen gibt. Sie wollen wissen, ob es in der Zukunft noch Arbeitsplätze im Kohlebergbau auch über das jetzige Auslaufen des Jahrhundertvertrags hinaus gibt. Was ist mit dem Jahrhundertvertrag?

    (Frau Hürland [CDU/CSU]: Da seid ihr doch ausgestiegen!)

    Im Energiebericht steht kein Wort über die Verlängerung. Heute haben Sie eine gute Chance, das zu sagen.
    Meine Damen und Herren, der Aufschwung seit 1984 stand außenwirtschaftlich unter einem günstigen Stern. Es war — ich habe es schon gesagt — außenwirtschaftlich eine Traumkonstellation. Die Hälfte unseres Wachstums 1984 und 1985 verdanken Sie Exportboom und Ölpreisverfall. Das waren Glücksfälle. Sie wissen aber selbst: Der Welthandel stagniert, Japan ist bereits in der Rezession, in Amerika deutet sie sich an, der Höhepunkt des achten Konjunkturzyklus nach dem zweiten Weltkrieg ist überschritten. Sie wissen das.
    Für einen erneuten Exportboom der deutschen Wirtschaft fehlen alle Voraussetzungen. Deshalb plädieren wir für einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel. Wir Europäer müssen alle gemeinsam für mehr Arbeitsplätze sorgen.

    (Beifall bei der SPD — Wissmann [CDU/ CSU]: Deshalb Energiesteuern herauf!)

    Die Bundesrepublik ist das Land in Europa, das in dieser Politik für mehr Arbeit an der Spitze stehen muß. Sie ist von der Wirtschaft her das stärkste Land in Europa und hat deshalb eine besondere Verantwortung. Sie müssen deshalb nicht sagen: Wir allein können keine Lokomotive sein, sondern Sie müssen einen europäischen Zug zusammenkoppeln für mehr Arbeit. Das ist die Aufgabe, die vor uns steht.

    (Beifall bei der SPD)

    Machen wir uns nichts vor: Die Stimmen aus den USA werden lauter, sie fordern eine stärkere Expansion.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Reagan und Roth, Hand in Hand!)

    Wenn sie nicht kommt, werden die Drohungen immer stärker: Sie machen einen neuen Protektionismus. Das können Sie aus jedem Bericht aus den USA nachlesen.
    Meine Damen und Herren, diese Bundesregierung wiederholt ständig, sie habe kein Patentrezept gegen Massenarbeitslosigkeit. Patentrezepte hat keiner, die gibt es nicht; aber es gibt Elemente einer Politik, die zusammenpassen. Ich nenne zehn Punkte:
    Erstens. Wir müssen die Umverteilung von unten nach oben beenden. Die Massenkaufkraft hat eine weit größere Bedeutung, als Sie jemals eingeschätzt haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens. Der Staat muß gezielt steuer- und ausgabenpolitisch mittlere und untere Einkommensgruppen entlasten und nicht den Spitzensteuersatz senken.

    (Beifall bei der SPD — Wissmann [CDU/ CSU]: Deswegen Stromzuschlag für alle!)

    Drittens. Wir müssen unser Steuersystem umbauen, damit Investitionen in Sachkapital gegenüber Geldvermögensanlagen bevorzugt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Viertens. Das sage ich in Richtung auf die CDU und die CSU erneut: Damit kleine und mittlere Un-



    Roth
    ternehmen Benachteiligungen bei der Investitionsfähigkeit verlieren, muß eine steuerfreie Investitionsrücklage sofort durchgesetzt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Fünftens. Der Investitionsstau bei den Gemeinden in Höhe von 50 Milliarden DM insbesondere im Bereich der Umweltinvestitionen muß abgebaut werden.
    Sechstens. Das Sondervermögen „Arbeit und Umwelt" muß realisiert werden. Es schafft 400 000 Arbeitsplätze.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ich dachte, die habt ihr schon!)

    Siebtens. Die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen muß mit einem Sonderprogramm bekämpft werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Achtens. Wir müssen die Maßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz quantitativ und qualitativ ausbauen und befristete Arbeitsverträge sofort wieder abschaffen.

    (Beifall bei der SPD)

    Neuntens. Wir müssen die Einkommenslage der Ärmsten der Armen, der Sozialhilfeempfänger und der Arbeitslosen — ich erinnere an die 12,5% Minus —, endlich wieder nach oben bringen.

    (Beifall des Abg. Wolfram [Recklinghausen] [SPD])

    Zehntens. Wir müssen die vorhandene Arbeit durch eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit reduzieren.

    (Beifall des Abg. Wolfram [Recklinghausen] [SPD])

    Meine Damen und Herren, wir stehen jetzt am Vorabend einer Tarifrunde. Der Bundeskanzler hat jetzt Gelegenheit, seine Worte „dumm, töricht und absurd" in der Arbeitszeitverkürzung zurückzunehmen. Das gehört in diese Haushaltsdebatte.

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Dafür wird in Japan und in Amerika immer mehr gearbeitet!)

    Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung am 4. Mai 1983

    (Zuruf von der SPD: Der ist doch noch nicht einmal da, obwohl über Arbeitslosigkeit gesprochen wird!)

    den folgenden Satz gesagt: „Aufgabe Nummer eins ist die Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit." Blüm und Geißler haben das interpretiert: innerhalb von zwei Jahren eine Million Arbeitslose weniger. Das Ergebnis der Politik ist: 2,2 Millionen registrierte Arbeitslose, 1,3 Millionen nicht registrierte, vergessene Arbeitslose, 3,5 Millionen Arbeitslose zu diesem Zeitpunkt. Das ist das Ergebnis der Versprechungen der Regierung Kohl.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: „Der Aufschwung kommt!")

    Diese Bundesregierung trägt dafür die Verantwortung. Sie hat mit ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik nichts getan, um das Heer der Arbeitslosen zu verringern. Sie hat den Menschen große Opfer abverlangt. Sie hat aber inzwischen vor der Massenarbeitslosigkeit resigniert. Diese Bundesregierung hatte auf Grund der Weltwirtschaft eine große Chance. Sie hat sie verspielt und vertan. Sie sollte zugeben,

    (Seiters [CDU/CSU]: Hamburg! Bayern!)

    daß sie nicht in der Lage ist, das Problem Massenarbeitslosigkeit überhaupt anzupacken.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Glos.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Glos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man die Rede des Kollegen Roth angehört hat,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Dann schämen Sie sich!)

    fragt man sich, in welchem Land er eigentlich ist, von welchem Land er redet. Es war die Rede eines Mannes, der à la baisse spekuliert hat und von der Hausse überrascht worden ist und deswegen recht traurig ist. Herr Roth, Sie wären doch froh, wenn Ihre Prophezeiungen aufgegangen wären. Sie haben uns doch eine viel höhere Arbeitslosigkeit prophezeit. Sie haben uns doch 4 Millionen Arbeitslose prophezeit,

    (Roth [SPD]: Exakt, 3,5 Millionen!) und wir sind jetzt in der Nähe von 2 Millionen.


    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Da sind Sie schon stolz?)

    Auch dieses Sachverständigengutachten, das Sie angeführt haben, gibt uns in den allermeisten Punkten recht. Es gibt für uns überhaupt keinen Grund, die Wachstumszahlen zu korrigieren.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Doch, das müssen Sie!)

    In der Tat: Nicht nur die maßgeblichen nationalen Institute, sondern auch die internationalen Organisationen wie die OECD oder der IWF stellen unserer Wirtschaftspolitik die besten Zeugnisse aus.
    Wenn ich die Devisenbörse betrachte, dann zeigt sich, welches Vertrauen in die DM auch dort besteht. Unsere D-Mark ist fest und stark wie seit langer Zeit nicht mehr. Tatsache ist: Der Aufschwung wird 1987 in sein fünftes Jahr gehen. Er hat eine „solide Basis" — so steht es wörtlich im Gutachten — und ist „robust", und es spricht alles dafür, daß sich dieser Aufschwung auch über 1987 hinaus fortsetzt. Weiterhin werden privater Verbrauch und Unternehmensinvestitionen die Konjunkturstützen bleiben. Auch die deutsche Bauwirtschaft schließt auf. Dieses dauerhafte, spannungsfreie und reale Wirtschaftswachstum von fast 14% in fünf Jahren

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Pro Jahr weniger als 2 %!)




    Glos
    sucht in der Bundesrepublik Deutschland seinesgleichen. 14 % in fünf Jahren, wenn Sie das in den fünf Jahren davor geschafft hätten, hätten Sie nicht abtreten müssen, Frau Kollegin Fuchs.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Unsere Weltspitzenstellung in Sachen Stabilität wird auch 1987 bestehen bleiben. Das bedeutet ein kräftiges Mehr an Kaufkraft für den Verbraucher. Das bedeutet Sicherung der Kleinverdiener, Geldsparer und Rentner. Gerade diesen stillen Erfolgen unserer Wirtschafts- und Sozialpolitik wünschte ich manchmal mehr Beachtung in der Öffentlichkeit.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Zynismus!)

    Eine weitere positive Auswirkung unserer Stabilitätspolitik zeigen auch die jüngsten Steuerschätzungen. In diesem und im nächsten Jahr werden die Bundesbürger jeweils 2,9 Milliarden DM weniger an Steuern zahlen müssen, als ursprünglich angenommen.

    (Zander [SPD]: Welche Bundesbürger?)

    — Auch Sie gehören dazu! — Die volkswirtschaftliche Steuerquote geht von 23,6 auf 23,1 % deutlich zurück. Das macht natürlich dem Finanzminister kurzfristig etwas Sorgen, wenn man es rein vom Haushaltsausgleich her sieht. Aber an die Stelle der heimlichen Steuererhöhungen zu Zeiten der SPD-Regierung und der Inflationspolitik, die damals betrieben worden ist, sind jetzt stille Steuererleichterungen getreten.
    Gott sei Dank — Herr Roth, das müssen Sie zugeben — steigt auch die Zahl der Beschäftigten ständig: 600 000 neue Arbeitsplätze bis jetzt!

    (Zuruf der Abg. Frau Fuchs [Köln] [SPD])

    Das Sachverständigengutachten sagt uns voraus, daß wir die Zahl der neuen Arbeitsplätze auf 800 000 erhöhen werden. Im Oktober verzeichneten wir den stärksten Rückgang der Arbeitslosenzahl in diesem Monat seit 1952. Für 1987 rechnen Wirtschaftsforscher mit einer Abnahme der Zahl der registrierten Arbeitslosen um bis 100 000, womit ein Durchstoß in der Nähe der 2-Millionen-Grenze vielleicht möglich ist.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Und das reicht?)

    Ich möchte hier aber eines sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Verantwortung für die Arbeitslosigkeit oder den Arbeitsmarkt bei uns im Land hat nicht nur die Bundesregierung, sondern Verantwortung dafür haben in allererster Linie die Tarifpartner. Dazu bitte ich Sie, Ihre Freunde aus den Gewerkschaften darauf hinzuweisen, daß sie mit maßvollen Tarifforderungen helfen, diesen Aufschwung zu stabilisieren und nicht zu gefährden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Geben Sie mal Ihren Freunden Empfehlungen! — Zurufe des Abg. Zander [SPD] und der Abg. Frau Fuchs [Köln] [SPD])

    Ich bin der Meinung, daß das Geheimnis unseres Erfolges

    (Lachen bei der SPD)

    die Tatsache war, daß wir wieder konsequent auf Soziale Marktwirtschaft gesetzt haben. Wir sind der festen Überzeugung, daß die Soziale Marktwirtschaft ein Ordnungsprinzip ist, dem sich die Union in ganz besonderem Maß verpflichtet weiß.

    (Zuruf des Abg. Roth [SPD])

    Wir wissen auch, daß keine andere Wirtschaftsordnung so viele Produktivkräfte freisetzen kann und daß keine andere Wirtschaftsordnung derartige Aufstiegschancen, so großen Wohlstand und so viel soziale Sicherheit für alle bietet.

    (Zurufe von der SPD)

    Die Grundgedanken der sozialen Marktwirtschaft wieder zu beleben und zu stärken war in der Vergangenheit und bleibt in Zukunft vorrangiges Ziel und Daueraufgabe unserer Wirtschaftspolitik.
    Wir sind auch der Meinung, daß wir trotz der Auslese, die in einer freien Wirtschaftsordnung immer wieder nötig ist, stützend in den Markt eingreifen müssen, wo es notwendig ist. Für uns bedeutet Freiheit des Marktes nie ein bequemes Alibi für staatliches Nichtstun. Ich kann Ihnen ein paar Punkte aufzählen, wo wir mit dem Haushalt des Wirtschaftsministers eingegriffen haben, obwohl wir unter dem Diktat des Sparens gestanden sind. Es ist uns gelungen, die Prioritäten neu zu setzen. Für uns ist es z. B. selbstverständlich, daß wir der heimischen Kohlewirtschaft erhöhte Mittel bereitgestellt haben, um die Verpflichtungen, die sich aus dem Hüttenvertrag ergaben, zu erfüllen. Wir haben auch die haushaltsmäßigen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß die Steinkohlebevorratung weitergeführt werden kann.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Nachdem wir Sie monatelang gedrängt haben! Abgelehnt hatten Sie es im Ausschuß!)

    Denn der Markt würde derzeit keinen Abbau der Kohlehalden vertragen. Dank unserer seriösen und soliden Politik muß kein Kumpel Angst um seinen Arbeitsplatz haben. Sie sollten hier nicht mit der Angst von Arbeitnehmern um ihre Arbeitsplätze Politik machen wollen. Herr Roth, das ist unseriös.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Roth [SPD]: Sagen Sie was über die Verlängerung des Vertrags!)

    Wir helfen auch — das ist heute kritisiert worden — der bedrohten Werftindustrie. Natürlich können wir fehlende Nachfrage am Weltschiffmarkt nicht stimulieren oder gar ersetzen. Das ist selbstverständlich. Wir können aber abfedern und abmildern. Das ist getan worden.
    Wir helfen auch, indem wir zusätzliche Mittel für die regionale Strukturpolitik zur Neuschaffung von Arbeitsplätzen gezielt im Norden zur Verfügung stellen.



    Glos
    Selbstverständlich halten wir weiter am erfolgreichen Airbus-Programm fest,

    (Lachen bei der SPD)

    auch wenn das Teilen unseres Koalitionspartners — ich gebe allerdings zu: weniger bedeutenden Teilen unseres Koalitionspartners — nicht immer gefällt. Hier möchte ich dem selbsternannten Mittelstandspapst Grünbeck doch ein paar zusätzliche Anmerkungen mit auf den Weg geben.
    Die Airbus-Industrie beschäftigt in Deutschland unmittelbar 21 000 Menschen. Die MesserschmidtBölkow-Blohm GmbH, der deutsche Partner am Airbus-Projekt, vergibt im Bereich Luft- und Raumfahrt Unteraufträge an Fremdfirmen in Höhe von 3,4 Milliarden DM pro Jahr. Diese Aufträge verteilen sich auf über 19 000 Lieferanten, davon 17 000 in der Bundesrepublik. Über zwei Drittel dieser Firmen kriegen Aufträge von jeweils unter 10 000 DM ab. Insgesamt 85% der Unterauftragnehmer haben Aufträge von jeweils bis zu 50 000 DM. Es ist selbstverständlich, daß es sich dabei hauptsächlich um kleine und mittlere Unternehmen handelt.
    Ich kann nur sagen: Von diesem plumpen Versuch, den Koalitionsfrieden zu stören, ist nur Lächerlichkeit übriggeblieben.

    (Zurufe von der SPD)

    Der furiose Start von Herrn Grünbeck hat mit einer Bauchlandung geendet.

    (Abg. Cronenberg [Arnsberg] [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Ich kann zugeben, lieber Kollege Vizepräsident, daß ansonsten — das bestätige ich Ihnen gern — die Zusammenarbeit mit der FDP und mit dem Minister gerade im Bereich der Wirtschaftspolitik ausgezeichnet war, falls das Ihre Frage sein sollte.

    (Lachen bei der SPD)