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ID1024805600

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    Plenarprotokoll 10/248 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 248. Sitzung Bonn, Dienstag, den 25. November 1986 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Biehle 19177A Begrüßung des Präsidenten, Sandor Barcs, der Interparlamentarischen Gruppe der Volksrepublik Ungarn 19216 C Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksachen 10/5900, 10/6209 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/6308, 10/6331 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/6324 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/6328 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/6318, 10/6331 — Dr. Apel SPD 19177 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 19186 A Vogel (München) GRÜNE 19192 A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 19196 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 19200 D Wieczorek (Duisburg) SPD 19208A Gattermann FDP 19214 C Spilker CDU/CSU 19216 C Esters SPD 19219 D Roth (Gießen) CDU/CSU 19220 C Austermann CDU/CSU 19222 D Wieczorek (Duisburg) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 19224 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/6309, 10/6331 — Roth SPD 19225 B Glos CDU/CSU 19229 C Tatge GRÜNE 19233 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 19234 D Frau Simonis SPD 19237 C Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 19239C Dr. Pfennig CDU/CSU 19243 A Frau Simonis SPD (Erklärung nach § 31 GO) 19244 C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. November 1986 Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/6322, 10/6331 — Zander SPD 19245 B Austermann CDU/CSU 19248 B Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 19250 D Dr.-Ing. Laermann FDP 19252 A Vosen SPD 19253 D Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 19254 D Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/6323, 10/6331 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 19257 D Dr. Rose CDU/CSU 19259C Frau Zeitler GRÜNE 19261C Neuhausen FDP 19263A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 19264 D Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/6306, 10/6331 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/6327, 10/6331 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksachen 10/6325, 10/6331 — Kühbacher SPD 19266 C Dr. Riedl (München) CDU/CSU 19268 C Ströbele GRÜNE 19270 C Frau Seiler-Albring FDP 19272 D Dr. Nöbel SPD 19274C Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 19276 C Kühbacher SPD (Erklärung nach § 31 GO) 19277 B Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/6301, 10/6331 — Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/6302, 10/6331 — Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/6303, 10/6331 — Nächste Sitzung 19278 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 19279* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. November 1986 19177 248. Sitzung Bonn, den 25. November 1986 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 242. Sitzung, Seite 18697 C, 11. Zeile: Statt „sicherheitspolitischen" muß es „sicherheitstechnischen" heißen. 246. Sitzung, Seite 19083 B, 7. Zeile: Statt „Truman" ist „Roosevelt" zu lesen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter 25. 11. Dr. Dollinger 26. 11. Dr. Faltlhauser 25. 11. Feilcke 28. 11. Fischer (Homburg) 28. 11. Frau Geiger 25. 11. Dr. Haack 27. 11. Heimann 26. 11. Heyenn 28. 11. Höffkes 25. 11. Hoffie 28. 11. Huonker 25. 11. Ibrügger 25. 11. Jansen 25. 11. Jung (Lörrach) 25. 11. Jungmann 25. 11. Dr. Kübler 25. 11. Milz 28. 11. Dr. Müller 28. 11. Schmidt (Hamburg) 28. 11. Schröer (Mülheim) 25. 11. Dr. Soell 25. 11. Voigt (Sonthofen) 25. 11. Frau Will-Feld 28. 11.
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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident, mich stört es nicht. Ich bin selbst ein geübter Zwischenrufer. Darum habe ich damit keine Probleme.
    Ich will aber meine Ausführungen zur Neuverschuldung nun weiterführen. In diesen Haushalt



    Wieczorek (Duisburg)

    haben Sie schlicht und einfach, als Sie keinen Ausgleich mehr hinbekommen haben, 3,3 Milliarden DM eingesetzt, die Sie aus Verscherbelung von Bundesvermögen beziehen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das ist solide?)

    Ich meine die Erlöse aus dem Verkauf von VEBA und VW. Diese beiden großen gesunden Unternehmen mußten verkauft werden, damit ein Ausgleich für den Rückgang der Bundesbankgewinne gefunden werden konnte. Wenn Sie die Privatisierung unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten preisen,

    (Sehr richtig! bei der FDP)

    nenne ich das das Stopfen von Haushaltslöchern durch die Verscherbelung von Bundesvermögen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Keine Ahnung!)

    Meine Damen und Herren, Sie hatten vier Jahre Zeit, die angekündigte Wende herbeizuführen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Haben wir auch gemacht!)

    Sie hatten vier Jahre Zeit, die Massenarbeitslosigkeit zurückzuführen. Sie hatten vier Jahre Zeit, die Schulden abzubauen. Und was haben Sie getan?

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Alles haben wir gemacht!)

    Statt sich um den inneren Frieden in dieser Republik zu sorgen, haben Sie durch aggressive Politik und dumme Parolen unsere Gesellschaft gespalten.

    (Beifall bei der SPD)

    Für mich als praktizierenden Katholiken gilt immer noch das Motto des Katholikentages von 1949.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Dann sind Sie sicherlich aus dem DGB ausgetreten?)

    Dieses Motto des Katholikentages hieß: „Gerechtigkeit schafft Frieden". — Herr Kollege, wenn Sie etwas Geduld hätten und etwas mehr zuhörten, könnten Sie sich, glaube ich, mit meinen Ausführungen voll identifizieren; denn dieses Motto des Katholikentages 1949 „Gerechtigkeit schafft Frieden" hat mein Leben bestimmt.

    (Seiters [CDU/CSU]: Das können Sie doch nicht für sich vereinnahmen!)

    Es hat damals auch am Beginn der ersten Regierung Adenauer gestanden; denn der Katholikentag 1949 war auf dem katholischen Sektor der Auftakt für die Bundesrepublik Deutschland. Das hätten eigentlich eher Sie sich überlegen können.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    „Gerechtigkeit schafft Frieden" muß das Motto sein, das wir über unsere Politik legen lassen können müssen. Wir dürfen uns keine ungerechte Politik erlauben, die den sozial Schwächeren trifft.
    Die Zahlen, die Herr Minister Stoltenberg hier bezüglich der Sozialausgaben genannt hat, sprechen genau das Gegenteil dessen aus, was er damit sagen wollte. Daß die Sozialausgaben gestiegen sind, ist die Folge davon, daß mehr Sozialhilfe nötig wird, daß mehr Menschen in Not sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Darum sind die Ausgaben für die Sozialhilfe gestiegen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Die waren noch nie so hoch wie jetzt!)

    Wir haben nämlich noch nie einen so hohen Anteil von Menschen gehabt, die auf Sozialhilfe angewiesen waren. Auch wenn Sie es nicht hören wollen: Das sind Tatsachen, die sich in den letzten vier Jahren ergeben haben.
    Lassen Sie mich zu einem anderen Feld kommen und in gleicher Weise noch einmal den Bundeskanzler zitieren. Der Bundeskanzler hat hier im Dezember 1982 wörtlich gesagt:
    Wir wollen nicht, daß Mittel, die von den Steuerzahlern aufgebracht werden müssen, auf Bürger verteilt werden, die selbst leistungsfähig sind.
    Was ist aber tatsächlich passiert? Sie haben den Kleinen in die Tasche gegriffen und den Wohlhabenden gegeben.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Diese Phrase!)

    Sie haben Arbeitnehmern, Rentnern, Arbeitslosen, Schülern, Studenten und Familien

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Haben sich alle verbessert!)

    Belastungen in Größenordnungen von 60 Milliarden DM aufgebürdet.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das ist die Wahrheit!)

    Im Unterschied dazu haben Sie die Spitzenverdiener ungeschoren gelassen. Sie haben sogar vorzeitig die Zwangsanleihe zurückgezahlt. Herr Bundeskanzler, ich würde Sie gerne fragen:

    (Dr. Vogel [SPD]: Der ist doch nicht da!)

    Wie stehen Sie eigentlich heute da mit Ihrer Aussage von damals, daß Sie Mittel, die von den Steuerzahlern aufgebracht werden müssen, nicht an Bürger verteilen wollten, die selbst leistungsfähig sind?

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Mensch, Wieczorek, Sie sind doch selber in der Wirtschaft! Die haben doch durch stabile Preise das Dreifache gewonnen! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Der ist jetzt hier Sozialist!)

    In Wirklichkeit haben Sie genau das Gegenteil von dem getan, was Sie angekündigt haben.
    In dieses Bild, meine Damen und Herren, passen auch die großspurigen Ankündigungen zum Abbau der Massenarbeitslosigkeit. In den ersten beiden Jahren Ihrer Regierungszeit wollten Sie die Arbeitslosigkeit auf eine Million abbauen. Heute ha-



    Wieczorek (Duisburg)

    ben wir fast 400 000 arbeitslose Menschen mehr als 1982.
    Die Kosten für die Arbeitslosenhilfe sind explodiert und um 9 Milliarden DM gestiegen, die Kosten für Sozialhilfe auf 20 Milliarden DM gestiegen. Mit 55 Milliarden DM jährlich werden die öffentlichen Haushalte durch die Arbeitslosigkeit belastet. Hätten Sie Ihre Ankündigungen und Versprechungen gehalten, dann wäre ein finanzieller Spielraum von mehr als 25 Milliarden DM pro Jahr vorhanden. Das wären bis heute schon 60 Milliarden DM. Was hätten Sie damit alles in Bewegung setzen können, um Menschen in Arbeit zu bringen!

    (Beifall bei der SPD)

    Ich sage Ihnen auch, was wir damit machen wollen. Wir wollen damit das „Sondervermögen Arbeit und Umwelt" umsetzen. Wir wollen das Projekt „Aktive Arbeitspolitik", wir wollen wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugend- und der Langzeitarbeitslosigkeit. Wir wollen, daß die öffentlichen Investitionen endlich verstärkt werden und der Bund hier mit gutem Beispiel vorangeht und nicht immer andere zu verstärkten Investitionstätigkeiten auffordert und selbst die Investitionen verkommen läßt.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Bundesminister, es ist Zahlenspielerei, wenn Sie hier im Deutschen Bundestag verkünden, daß Ihre Investitionen hochgegangen seien. Sie haben in Ihre Investitionen das BAföG-Darlehen mit aufgenommen und zählen es als Investition mit.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Sie haben in Ihren Investitionsannahmen auch die Gewährleistungen mit drin.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Das waren Ihre Kriterien!)

    Die alle werden mit hineingenommen, die zähle ich aber unter „Arbeit schaffen" nicht mit. Bei den Gewährleistungen habe ich schon das letztemal gesagt: Da gibt es eine Ausnahmesituation. Ich wäre bereit, sie mit hineinzunehmen, dann aber vorher. Es geht nicht an, etwa mit Taschenspielertricks hier dauernd Statistiken zu schönen; das ist Ihre Lieblingsbeschäftigung.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Statistiken, die Sie angefangen haben! — Dr. Müller [Bremen] [GRÜNE]: Sie haben die Statistik angefangen!)

    Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten wollen eine wirksame Bekämpfung regionaler und sektoraler Strukturkrisen. Auch hierzu müssen Investitionen und Innovationen gefördert werden,

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: „Herr Vorsitzender"? Wir sind doch hier nicht auf Ihrem Parteitag! Der trägt hier seine Parteitagsrede vor! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    damit den Standorten von Kohle, Stahl und Werften tatsächlich geholfen wird.
    Ich nehme den „Vorsitzenden" zurück und ersetze ihn durch „Präsident". Einverstanden, Herr Waigel? — Prima! Dann haben Sie Ihre Ruhe, und das Haus hat einen Moment Gelegenheit zu entspannen. Ich sehe das j a ein.
    Ich gehe zu einem anderen Problemfeld über, das vom Bundesfinanzminister eben falsch dargestellt wurde.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Der Zustand der SPD!)

    — Mein Zustand ist gut, und der meiner Partei entspricht meinem persönlichen Zustand.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU — Gegenrufe von der SPD)

    — Sie glauben gar nicht, wie vital ich noch bin.

    (Erneute Zurufe von der CDU/CSU)

    — Lacht nicht an der falschen Stelle, Freunde!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie uns, wann wir lachen dürfen!)

    Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte jetzt auf die Lage der Gemeinden kommen, die eben vom Finanzminister aus meiner Sicht nicht sauber dargestellt wurde. Wir wollen nämlich, daß der Bund endlich seine Investitionen macht, aber wir wollen auch, daß die Investitionskraft der Gemeinden erhalten bleibt, und nicht etwa, daß sie die großen, dringenden Aufgaben, die sie auf dem Gebiet der Umweltsanierung und der ökologischen Erneuerung haben, nicht tragen können. Die Gemeinden sind nach wie vor der größte Investor der öffentlichen Hand. Es kann nicht angehen, daß die Finanzlage der Gemeinden durch Maßnahmen des Bundes immer mehr eingeengt wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Es kann nicht angehen, daß die Gemeinden mit dem Rücken an der Wand stehen und ihre Investitionen nur deshalb herunterfahren, um ihre Sozialhilfeausgaben finanzieren zu können.

    (Beifall bei der SPD)

    Es muß endlich damit Schluß gemacht werden, daß sich der Bund auf Kosten der Länder und Gemeinden entlastet.
    Der Bundesfinanzminister brüstet sich mit niedrigen Zuwachsraten bei den Ausgaben im Bundeshaushalt, gleichzeitig kritisiert er auch heute morgen wieder die größere Ausgabensteigerung bei Ländern und Gemeinden. Die Ursachen für die höheren Ausgaben bei Ländern und Gemeinden werden durch die eigene Dokumentation der Bundesregierung aufgedeckt. Aus dem eben zitierten Sozialbericht 1986 ergibt sich nämlich die Belastung der öffentlichen Hand durch die Sozialleistungen. In den Jahren 1982 bis 1986 stiegen die Finanzierungslasten für die Gemeinden um 21 %, die der Länder um 19%, dagegen nahm die Belastung des Bundes um knapp 5 % zu. Das ist das Ergebnis, welches der Bundesfinanzminister mit den Verschiebungen der



    Wieczorek (Duisburg)

    Bundeslasten auf Länder und Gemeinden erzielt hat!

    (Beifall bei der SPD)

    Aber, Herr Bundesminister, lassen Sie mich für die Sozialdemokraten noch einmal ganz deutlich sagen: Haushalte von Ländern und Gemeinden sind keine Verschiebebahnhöfe für finanzielle Risiken des Bundes.

    (Beifall bei der SPD)

    Lassen Sie mich nun zu den Subventionen kommen, zu dem wohl traurigsten Kapitel Ihrer bisherigen Regierungsarbeit.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Subventionsminister!)

    Auch da darf ich noch einmal den Bundeskanzler zitieren, der hier im Januar 1982 gesagt hat:
    Ich erinnere an den Vorschlag der fünfprozentigen Kürzung, einen Vorschlag, der nicht nur so dahingesagt war.
    Offensichtlich, Herr Bundeskanzler, war das aber doch nur so dahingesagt;

    (Zuruf von der SPD: Blackout!)

    denn von 1982 bis heute sind die Subventionen des Bundes um über 33 % gestiegen.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Wenn man die Steuersubventionen von Bund, Ländern und Gemeinden zusammennimmt, kommen hier noch einmal 50 % zusammen.
    Lassen Sie uns doch gemeinsam untersuchen, wieviel Mittel eigentlich frei würden, wenn Sie die Kraft gehabt hätten, die Voraussetzungen umzusetzen, die gegeben waren, als Sie an die Regierung kamen. Was wäre alles da, wenn Sie die Ankündigung der Kürzung um 5% wirklich eingehalten hätten? 1982 lag die Finanzhilfe bei 13 Milliarden DM. Wenn ich eine fünfprozentige Kürzung bis heute durchrechne, dürften das jetzt bestenfalls noch 10,5 Milliarden sein. Tatsächlich aber liegen Sie im Augenblick nicht bei 10,5 Milliarden, sondern bei 15,5 Milliarden. Statt 2,5 Milliarden einzusparen, wie Sie großspurig angekündigt hatten, haben Sie für 2,5 Milliarden mehr subventioniert als vorher. Anspruch und Wirklichkeit klaffen also um 5 Milliarden auseinander, um 5 000 Millionen Mark oder 125 000 Jahresarbeitsplätze.

    (Zustimmung bei der SPD)

    So können Sie es sauber und ordentlich nachrechnen; dann wird ein Schuh daraus, und dann vergeht Ihnen auch das ironische Grinsen. Ich merke auch, daß sie wesentlich ruhiger geworden sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich gehe noch einen Schritt weiter und untersuche gemeinsam mit Ihnen noch einmal die von Ihnen gewährten Steuervorteile, die Steuersubventionen von Bund, Ländern und Gemeinden. Da ist die Rechnung noch schlimmer: 1982 lagen die Subventionen bei 30 Milliarden Mark. Nach einem jährlichen Abbau um 5% hätten sie jetzt bei 23 Milliarden liegen müssen. Tatsächlich liegen sie bei 44,5 Milliarden DM. Dieses Anwachsen kann man nur als explosionsartig ansehen. Auch hier also nicht etwa, wie Sie es versprochen hatten, eine Senkung um 7 Milliarden DM, sondern ein Zuwachs und gegenüber der Zielvorgabe eine Differenz von mehr als 20 Milliarden DM! Auch das ist das Geld, das wir benutzen wollen, um eine gezielte Arbeitsmarktpolitik zu betreiben.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Stoltenberg, Sie sollten heute über Probleme der Einnahmeseite des Bundeshaushaltes nicht klagen; denn wenn Sie klagen, müßten Sie redlicherweise auch zugeben, daß Ihre Liquidität durch ihre eigene Politik gefährdet ist, durch die übertriebenen Subventionen und durch die übertriebenen Steuergeschenke und daß Sie ihre nächste Steuerreform nicht mehr finanzieren können.

    (Zustimmung bei der SPD — Dr. Spöri [SPD]: Auf Pump! Ist ja schon angekündigt!)

    Sie müßten dann auch zugeben, daß Sie zwar den Unternehmen einen Steuervorteil von 10 Milliarden DM eingeräumt haben, daß damit aber keinesfalls irgendwo eine Initialzündung zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verbunden gewesen ist.
    Ich will Ihnen ein aufschlußreiches Beispiel für ungerechte Steuerpolitik geben: Ein verheirateter Einkommensbezieher mit einem jährlichen Bruttoeinkommen von 305 000 DM erhält durch die Steuersenkung 1988 einen Vorteil von 4 138 DM. Ein verheirateter Gehaltsempfänger mit einem jährlichen Bruttoeinkommen von 32 000 DM erhält dagegen 1988 keinen Pfennig.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Wenn er Kinder hat, bekommt er sehr wohl etwas!)

    Wissen sie, wen ich da verglichen habe? Ich habe unseren Bundeskanzler mit dem Saaldiener verglichen, der uns hier immer die Post hereinbringt. Auf der einen Seite steht der Saaldiener, der keinen Pfennig bekommt, und auf der anderen Seite steht ein Gehalt in der Größenordnung, wie der Bundeskanzler es bekommt, dessen Höhe ich in ihrer Berechtigung gar nicht anzweifeln möchte. Mir geht es nur darum, die Entlastung um 4 138 DM bei 305 000 DM Jahreseinkommen der Tatsache gegenüberzustellen, daß der kleine Mann schlecht wegkommt, der hier wirklich die Lasten zu tragen hat.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Dr. Waigel [CDU/CSU]: Würden Sie einmal sich mit dem Bundeskanzler vergleichen?)

    — Ich habe das nicht mit der Tätigkeit des Bundeskanzlers verglichen, sondern ich habe an zwei uns allen bekannten Personen deutlich gemacht, wie eine Steuerreform, wie sie jetzt angelegt ist, auch wirken kann.

    (Beifall bei der SPD) Meine Zeit — —


    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Ist abgelaufen!)




    Wieczorek (Duisburg)

    — Nein, meine Redezeit ist zu Ende. Ich würde gerne mit Ihnen den Dialog weiter fortsetzen. Ich hoffe sehr, daß ich Sie, wenn Sie sich jetzt so erregt haben und dann zur Ruhe gekommen sind, zum Nachdenken gebracht habe. Ich danke Ihnen sehr dafür, daß Sie mir so aufmerksam zugehört haben und so impulsiv mitgegangen sind.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/ CSU]: Sie waren nicht der Schlechteste!)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Gattermann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans H. Gattermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wieczorek, Gerechtigkeit schafft Frieden. In der Tat: Frieden und Gerechtigkeit, zentrale Ziele unser, ich hoffe, aller Politik.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Ihrer wohl kaum! — Weiterer Zuruf von der SPD: Da bin ich mal gespannt!)

    Das beinhaltet die Feststellung, daß Frieden auch etwas mit der Abwesenheit von Gewalt zu tun hat. Gewalt steht — darüber wollte ich Sie bitten nachzudenken — in einem Verhältnis zur Sprache. Über Sprachradikalismus entwickelt sich Gewalt.

    (Waltemathe [SPD]: Greifen Sie doch nicht dauernd den Bundeskanzler an! — Dr. Spöri [SPD]: Sie meinen Geißler!)

    Wenn so besonnene Kollegen wie der Kollege Wieczorek Begriffe wie „Sozialleistungen zusammenknüppeln",

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Stimmt doch! — Dr. Apel [SPD]: Wie halten Sie es mit dem Kronzeugen?)

    „zu Erfüllungsgehilfen degradieren" und wie die Begriffe alle heißen, gebraucht, dann bitte ich ihn und Sie alle darum, einmal darüber nachzudenken.
    Debatten der Haushalts- und Finanzpolitiker zeichneten sich in der Vergangenheit im allgemeinen dadurch aus, daß sie versuchten, bei den Fakten und Daten zu bleiben, um den Anspruch der Seriosität aufrechtzuerhalten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Dann gibt es einfach böse Worte, die seriöserweise nicht verwendet werden können,

    (Zurufe von der SPD)

    z. B. das Wort von der Steuerlüge.

    (Weitere Zurufe von der SPD)

    Ich habe ja Verständnis dafür, daß es ein wenig schwierig ist, ökonomisch gegen die Fakten zu argumentieren.

    (Abg. Dr. Apel [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Kollege Apel, ich lasse keine Zwischenfrage zu, ich habe nämlich nur acht Minuten Zeit.

    (Dr. Apel [SPD]: Dann nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich Streibl gesagt habe! — Dr. Spöri [SPD]: Mit so etwas koalieren Sie! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren — —

    (Dr. Spöri [SPD]: Mit Streibl im Bett, der Sie so beneidet! — Dr. Apel [SPD]: Streibl ist der Kronzeuge! — Weitere anhaltende Zurufe von der SPD)