Rede von
Dr.
Karl-Heinz
Hornhues
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Verheugen, ich weiß nicht, das wievielte Mal es ist, daß wir in dieser Legislaturperiode auf gewohnte Art und Weise versuchen, unsere Argumente auszutauschen, wobei ich immer mehr bezweifele, daß wir noch dazu kommen, Argumente miteinander auszutauschen. Ich habe mehr den Eindruck, daß es Ihnen bei dem teilweisen Einbringen dieses amerikanischen Antrags um einen netten Gag vielfältiger Art und Weise gegangen ist. Es paßt ja ganz gut in eine Wahlkampflandschaft herein. Ich bedaure, daß Ihnen das Thema „Situation im südlichen Afrika" nicht mehr wert ist als solche Gags.
Zum zweiten bedaure ich, daß Sie beispielsweise einen wichtigen Punkt des Antrages mit einzubringen vergessen haben. Die Sanktionsmaßnahmen des amerikanischen Kongresses hatten noch eine Bedingung. Sie sollten dann aufgehoben werden, wenn zwei von vier Forderungen erfüllt würden, nämlich Nelson Mandela freizulassen und den Ausnahmezustand aufzuheben. Das haben Sie leider vergessen. Vielleicht fanden Sie das nicht besonders gut.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu den Beispielen, die Sie gebracht haben — Berchtesgaden u. ä. —: Wissen Sie, es ist die Frage, wovon man überzeugt ist, daß es der richtige Weg in der Politik ist, um ein Problem anzugehen. Ich habe hier in den letzten Jahren wiederholt für meine Fraktion deutlich gemacht, daß wir zutiefst der Überzeugung sind, daß der Weg in Sanktionen höchstens die Ultima ratio sein darf. Bevor man diesen Weg beschreitet, ist es notwendig, zu prüfen, welche Möglichkeiten es noch gibt, und diese Möglichkeiten auszuschöpfen, auch wenn einem Hunderte von Leuten, die sich Experten nennen, sagen, wie schwierig es sei, dieses oder jenes Problem auf diese oder jene Art und Weise anzugehen. Ich behaupte unverändert, daß wir es uns bisher auf diesem Weg des Bemühens um friedliche Lösungen im südlichen Afrika — ich sage bewußt „wir", das habe ich wiederholt getan — verflixt einfach gemacht haben. Wir haben hier ein wenig debattiert, wir haben die Apartheid verurteilt. Sie sind jetzt dazu übergegangen zu sagen: Es gibt nur noch die Sanktionsgeschichte, das hilft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist verflixt einfach. Ich bitte Sie einmal wirklich, Herr Kollege Verheugen, durchzudeklinieren, was es heißt Sanktionen zu verhängen, wirksame Sanktio-
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 243. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. November 1986 18857
Dr. Hornhues
nen zu verhängen. Ich bitte, doch einmal nachzuhaken und nachzufragen und sich die Frage vorzulegen, ob Ihr Weg, den Sie meinen gehen zu müssen, der richtige Weg ist. Wenn beispielsweise — nehmen Sie nur einen Punkt aus den letzten Tagen heraus — der Abzug von Chrysler aus Südafrika dazu geführt hat, daß sich die drei Gewerkschaften in diesem Werk, die alle drei meines Wissens dem Dachverband COSATU angehören, nunmehr an die südafrikanische Regierung, an jedweden mit der Forderung wenden: Erhaltet unsere Arbeitsplätze!, so ist das bemerkenswert. Das war der gleiche Dachverband, den Sie beim letztenmal als Beleg dafür gebracht haben: Die wollen ja Sanktionen, und weil die das so gern möchten, tun wir das. Das Nachgeben in diesem Punkt führt Sie nämlich auf Nöte, Elend und Sorgen von Menschen, die Sie mit so schlichten Sanktionsbeschlüssen nach dem Motto: „Dann ist mein Gewissen rein" außerhalb des Kalküls lassen. Ich halte es für unzulässig, daß wir es uns so einfach machen.
Ich halte es für unzulässig, daß wir uns dies hier so einfach machen.
— Das gilt auch für die Amerikaner. Sie wissen so gut wie ich, daß für Beschlüsse auch in Amerika eine Fülle von innenpolitischen Motiven höchst relevant sind. Da sind die nicht anders als wir hier zugestandenermaßen auch.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind unverändert der Überzeugung, daß das, was wir verstärkt im Sommer in die Debatte eingebracht haben, nämlich die Forderung an die Bundesregierung, an die Regierungen der EG, an die Führungen der westlichen Länder, endlich mit Konzentration und mit aller Kraft den Versuch zu machen, auf allen nur denkbaren Wegen Einfluß auf eine friedliche Entwicklung zu nehmen, in die Tat umgesetzt werden sollte. Ich behaupte noch einmal: Da ist noch lange nicht das Letzte versucht worden, vieles ist höchstens mal andiskutiert worden. Dieser Weg einer neuen politischen Initiative, wie es im EG-Papier heißt, sollte gegangen, sollte aufgegriffen werden, einfach um zu vermeiden, daß am Ende aus lauter Ratlosigkeit, meinetwegen auch Faulheit und Gedankenlosigkeit innere Opportunität entsteht. Man meint, man könne einfach weitergehen. Man hat ja dann eine bequeme Ausrede, wenn ein ganzer Subkontinent am Ende in Chaos versinkt, nämlich: Die sind schuld.
Ich darf noch einmal sagen: Am Ende von vier Jahren Debatte über Südafrika ein Appell an uns alle, wirklich im Ernst das zu tun, was wir können, mit dem Ziel, nicht einfach für diesen oder jenen Partei zu ergreifen, den man gern leiden mag, sondern auch diejenigen, die man mit Sympathie bedenkt, zu veranlassen, zu bereden, wo und wie immer man kann, friedliche Lösungen zu suchen, sie anzustreben und nicht ein wenig vordergründig und billig zu sagen: Das geht j a doch alles nicht, solange man nicht das, was denkbar, machbar und gangbar ist, überhaupt je versucht hat.
Danke schön.