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ID1022810200

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    Plenarprotokoll 10/228 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 228. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 Inhalt: Wahl des Abg. Hiller (Lübeck) zum Schriftführer als Nachfolger des Abg. Heyenn . 17659A Begrüßung des Außenministers der Republik Malta 17727 D Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksache 10/5900 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksache 10/5901 — Dr. Dregger CDU/CSU 17659 B Schmidt (Hamburg) SPD 17668 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 17685 B Dr. Kohl, Bundeskanzler 17692 B Frau Hönes GRÜNE 17703A Dr. Waigel CDU/CSU 17707 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 17715B Dr. Barzel CDU/CSU 17721A Genscher, Bundesminister AA 17727 D Frau Borgmann GRÜNE 17731 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . 17734 A Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 17738 C Gansel SPD 17742 A Frau Seiler-Albring FDP 17745 B Lange GRÜNE 17747 D Dr. von Bülow SPD (Erklärung nach § 30 GO) 17751 C Vizepräsident Cronenberg 17721 A Vizepräsident Westphal 17742 A Nächste Sitzung 17751 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 17753* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 17753* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 17659 228. Sitzung Bonn, den 10. September 1986 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 226. Sitzung, Seite 17578* C: In der Anlage 32 ist die Vorlage Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zum Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für einen Entwurf einer Entschließung betreffend ein mittelfristiges Programm der Gemeinschaft (1986-1990) zur Chancengleichheit der Frauen (Drucksache 10/5627) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zu streichen. Einzufügen ist: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Entwicklung der mit den Verkaufserlösen und Betriebsausgaben in der Land- und Forstwirtschaft anfallenden Umsatzsteuer (Vorsteuerbelastung) (Drucksache 10/5631) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 227. Sitzung, Seite 17585 D, Zeile 3: Statt „Zuruf von der CDU/CSU:" ist „Zuruf von der SPD:" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 12. 9. Antretter * 11. 9. Büchner (Speyer) * 11. 9. Dr. Bugl 10. 9. Eigen 12. 9. Dr. Emmerlich 12. 9. Frau Fischer * 11. 9. Dr. Götz 12. 9. Dr. Haack 10. 9. Hanz (Dahlen) 12. 9. Heimann 10. 9. Jahn (Marburg) 10. 9. Klein (München) 10. 9. Dr. Klejdzinski * 11. 9. Dr. Köhler (Wolfsburg) 10. 9. Dr. Kreile 12. 9. Dr. Kronenberg 12. 9. Dr. Kübler 10. 9. Landré 11. 9. Lenzer * 11. 9. Dr. Mitzscherling 12. 9. Dr. Müller * 12. 9. Nagel 12. 9. Frau Pack * 11. 9. Pöppl 12. 9. Reddemann * 10. 9. Dr. Riedl (München) 12. 9. Schlaga 10. 9. Dr. Schmude 10. 9. Sielaff 10. 9. Dr. Soell 12. 9. Voigt (Sonthofen) 12. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 27. Juni 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Entlastung landwirtschaftlicher Unternehmer von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Sozialversicherungs-Beitragsentlastungsgesetz - SVBEG) Gesetz zu dem Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs und anderer Gesetze (Zweites Seerechtsänderungsgesetz) Gesetz über das Verfahren bei der Errichtung und Verteilung eines Fonds zur Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (Seerechtliche Verteilungsordnung) Erstes Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Bundesrat geht bei seiner Zustimmung davon aus, daß im Vollzug des § 8 des Tierschutzgesetzes an die wissenschaftlich begründete Darlegung der Genehmigungsvoraussetzungen strenge Anforderungen gestellt werden. Die wissenschaftliche Darlegung muß den Verwaltungsbehörden die Grundlage für einen zuverlässigen Schluß auf das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen liefern. Die Verwaltungsbehörde darf sich selbst nicht auf die bloße formelle Prüfung, etwa ob der Genehmigungsantrag durch wissenschaftliche Gutachten belegt ist, beschränken. Sie hat sich vielmehr mit aller Gewissenhaftigkeit und unter Heranziehung der ihr zugänglichen Erkenntnisquellen zu überzeugen, daß die materiellen Voraussetzungen für den Tierversuch vorliegen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 11. Juli 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Erstes Gesetz zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes Zweites Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes Fünftes Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes Drittes Gesetz zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts Gesetz zu den Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen sowie über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (Unterhaltsvollstreckungs-Übereinkommens-Ausführungsgesetz ) Gesetz zur Änderung des Gebrauchsmustergesetzes Gesetz zur Änderung tarifrechtlicher Bestimmungen im Seehafenhinterlandverkehr Fünftes Gesetz zur Änderung des Textilkennzeichnungsgesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERPSondervermögens für das Jahr 1987 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1987) Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Januar 1986 zur Änderung des Abkommens vom 17. Dezember 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1986 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1986 - BBVAnpG '86) Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz - AbfG) Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: 1. Der Bundesrat hält eine Erhöhung der Stundensätze der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten für Polizeibeamte allgemein für gerechtfertigt. Er bittet die Bundesregierung, die Erschwerniszulagenverordnung alsbald entsprechend zu ändern. 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die nach § 14 Abs. 2 des Abfallgesetzes zur Vermeidung oder Verringerung von Abfallmengen der Wirtschaft zu setzenden Frist möglichst kurz zu bemessen, zumal sich die Wirtschaft auf Grund der bereits geführten Gespräche hierauf einstellen konnte. Er geht davon aus, daß im Falle einer erkennbaren fehlenden Bereitschaft der Wirtschaft oder Teilen davon zur Reduzie- 17754* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 rung der Abfallmengen aus Einwegverpackungen die Bundesregierung auch ohne Fristsetzung von den Ermächtigungen des § 14 Abs. 2 Gebrauch macht. Die Bundesregierung wird gebeten, für solche Fälle umgehend entsprechende Rechtsverordnungen vorzubereiten. 3. Im Hinblick auf die in der Anhörung im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages zum Ausdruck gekommenen Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzentwurfs bittet der Bundesrat die Bundesregierung, bis zum 1. Januar 1989 einen Bericht über die praktischen Erfahrungen mit den novellierten Vorschriften vorzulegen. Dies gilt insbesondere für die neuen Regelungen im UWG über das Verbot der öffentlichen Werbung mit mengenmäßiger Beschränkung, das Verbot der öffentlichen Werbung mit Preisgegenüberstellungen sowie das nunmehr durchweg zivilrechtlich ausgestaltete Verfahren bei Räumungsverkäufen. Die in Drucksache 10/5706 unter Nummer 28 aufgeführte EGVorlage Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über die koordinierte Einführung des dienstintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes (ISDN) in der Europäischen Gemeinschaft — auf dem Weg zu einem europaweiten Telematikmarkt — KOM (86) 205 endg. — Rats-Dok. Nr. 7308/86 ist als Drucksache 10/5933 verteilt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ursula Seiler-Albring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gansel, Sie sagten zu Beginn Ihrer Ausführungen, daß wir allen Anlaß haben, uns zu besinnen. In der Tat, wir in diesem Hause haben Anlaß, uns zu besinnen, in welche Richtung diese große demokratische Volkspartei SPD gegangen ist, seitdem sich unsere Wege getrennt haben. Auch Ihr sehr angenehm anzuhörender Vortrag kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Sie hier inzwischen einen sehr weiten Weg zurückgelegt haben, einen Weg, den wir mit Ihnen nicht gehen konnten und mit dem wir uns auch heute nicht identifizieren können.
    Die Beratungen zum Einzelplan 14, meine Damen und Herren, werden demnächst zeigen — deshalb bin ich auch sehr froh, daß ich hier als Haushälter noch sprechen darf —, welch breiter Graben, welch sicherheitspolitischer Dissens die führenden Sozialdemokraten des Jahres 1986 von Positionen trennt, die sie in den Jahren vertreten haben, als die Verteidigungsminister noch Schmidt, Leber oder Apel hießen. — Herr Präsident, hier blinkt es. Kann man das bitte einmal abstellen.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Es blinkt, weil das, was Sie da soeben gesagt haben, falsch war! — Möllemann [FDP]: Herr Oberlehrer!)

    — Ach, Herr Ehmke, auch wenn Sie sich hier noch so sehr als Rumpelstilzchen aufführen, Ihre Aufgeregtheiten können nicht darüber hinwegtäuschen, daß Sie sich offensichtlich getroffen fühlen.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Der getroffene Ehmke bellt! — Möllemann [FDP]: Oberlehrer Ehmke!)

    Wir werden dies in den nächsten Wochen und Monaten auch noch sehr klarmachen.
    Meine Damen und Herren, der Nürnberger Parteitag der Sozialdemokraten hat hier — —

    (Horn [SPD]: Hören Sie doch auf, so dummes Zeug zu reden!)

    — Ach, Herr Kollege Horn, Sie sind doch sonst immer so verbindlich. Nun bleiben Sie einmal auf dem Teppich und lassen mich erst einmal ein bißchen reden. —

    (Bohl [CDU/CSU]: Sehr richtig! — Horn [SPD]: Ich bin wirklich betroffen, wenn Sie so ein Zeug herreden!)

    Ihr Parteitag in Nürnberg hat in konsequenter Fortsetzung der Beschlüsse des Kölner Parteitages eine Ouvertüre geboten, deren Klänge alle diejenigen aufschrecken müssen, die sich verantwortlich fühlen für die Sicherheit der Bundesrepublik und die Funktionsfähigkeit des westlichen Bündnisses. Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, wir werden es Ihnen nicht ersparen, die Brüche und die Widersprüche in Ihrer Haltung zur Ausrüstung und Struktur der Bundeswehr aufzuzeigen.

    (Horn [SPD]: Denken Sie auch mal weiter!)

    Wir werden Sie fragen, ob die Forderung — dies ist heute bereits mehrfach angesprochen worden, und Ihre Reaktionen sind hier sehr eindeutig —, die Bewaffnung und Struktur der Bundeswehr so zu verändern, daß sie unverwechselbar der Verteidigung diene, etwa bedeuten soll, daß Ihre Verteidigungsminister in 13 Jahren eine Offensivarmee ausgerüstet oder andere als Defensivplanungen im Bündnis mitgetragen haben. Sie, die Sie doch alle wissen, in welchen Planungszeiträumen wir denken müssen, können doch nicht allen Ernstes unterstellen, daß dies in dreieinhalb Jahren möglich gewesen wäre. Herr von Bülow, Sie können noch so sehr abwiegeln, es bleibt trotzdem wahr.

    (Zuruf von der SPD: Wer hat das denn behauptet?)

    Wir wollen wissen, wie das gehen soll — das müssen Sie uns erklären —, die konventionelle Kampfkraft zu verbessern — aber bitte schön, kosten darf es nichts. Sie wollen j a die Präsenz reduzieren und etliche Milliarden zusätzlich einsparen.
    Wir wollen von Ihnen wissen, was denn nun gilt. Gilt das, was wir auf Seite 3 am Samstag in der „Welt" lesen konnten, daß Rote und GRÜNE in



    Frau Seiler-Albring
    Reinbek gemeinsam verhindert haben, daß eine Gelöbnisfeier stattfinden konnte,

    (Ströbele [GRÜNE]: Hoffentlich! Prima!)

    oder stimmt das, was auf der nächsten Seite zu lesen ist, daß Kollege Egon Bahr in Kappeln gesagt hat, daß die Soldaten der Bundeswehr in diese Gesellschaft integriert sind? Soll das etwa heißen, daß in Zukunft die Wertschätzung der Soldaten, der jungen Wehrpflichtigen und der Berufssoldaten, davon abhängt, welche zufälligen Mehrheitsverhältnisse sich ergeben haben? Rot und grün: Bundeswehr, nein danke — so darf es doch wohl nicht wahr sein.

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Eine ganz gemeine Unterstellung! Das ist nicht in Ordnung! — Dr. von Bülow [SPD]: Sie können doch nicht von der „Welt" ausgehen!)

    — Verehrte Frau Kollegin, dann müssen Sie diesen Konflikt auflösen. Stimmt etwa nicht, daß in Reinbek das Gelöbnis nicht stattfinden durfte, daß die Roten und GRÜNEN im Gemeinderat das mit einer Stimme Mehrheit verhindert haben? Das ist unangenehm für Sie, das sehe ich ja ein. Sie müssen sich dem aber stellen und sich mit Ihren Parteigenossen auseinandersetzen.

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Keine Sorge!)

    Ich wäre ja froh, wenn es nicht zutreffen würde.
    Meine Damen und Herren, Ausgaben für Waffen und Munition sind nicht eben populär. Wer wüßte das nicht. Eine Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, die einen so enormen Finanzbedarf hat —51,3 Milliarden DM im Jahr 1987 —, muß stets um Akzeptanz in der Bevölkerung bemüht sein. Diese Akzeptanz hängt in besonderem Maße von einer Ausrüstung ab, die so gut ist, daß sie eine optimale Kriegsverhinderungsfunktion hat oder daß man im Verteidigungsfall erwarten kann, daß der Verteidigungsauftrag damit erfolgreich durchgeführt wird. Die Qualität einer Armee hängt aber nicht allein von ihrer Ausrüstung, sondern in ganz besonders hohem Maße von der Qualifikation, und der Motivation ihrer Soldaten ab. Deshalb, muß der Ausbildung der Soldaten, aber auch ihrem sozialen Umfeld, eine auch in der Mittelzuweisung sichtbar werdende Bedeutung zugemessen werden.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Davon ist im Haushalt nichts zu merken! Es sind keine Personalkosten drin! Nicht mal für die Wehrübungen!)

    — Herr Ehmke, bitte kein Rumpelstilzchen mehr! Nicht so aufgeregt!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ehmke stört ununterbrochen! — Weiterer Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [Bonn] [SPD])

    — Vielleicht hören Sie mir erst mal zu, dann hören Sie, was wir vorhaben, dann können wir anschließend weiterreden.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Was Sie sagen, ist falsch!)

    — Mein Gott, Herr Ehmke, regen Sie sich nicht so auf!

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Ich rege mich nicht auf!)

    — Doch.
    Erstens. Wir streben die Verbesserung bzw. den Erhalt der konventionellen Kampfkraft an mit dem Ziel, die nukleare Abhängigkeit zu verhindern.
    Zweitens, der andere Schwerpunkt: Wir werden uns sorgfältig mit der sozialen Situation unserer Soldaten beschäftigen und über Maßnahmen beraten, die die besonderen Belastungen, denen die Soldaten und ihre Familien ausgesetzt sind, im Rahmen des finanziell Möglichen ausgleichen können.

    (Beifall bei der FDP)

    Natürlich sind wir Freien Demokraten in erster Linie immer darauf bedacht, das konventionelle Gleichgewicht durch Rüstungskontrolle und Abrüstung sicherzustellen. Bevor nun eine neue Runde des Rüstungswettlaufs mit modernen zielsuchenden, zielgenauen und weitreichenden Waffen, die konventionell bestückt sind, beginnt, sollte der Westen mit dem Warschauer Pakt in Verhandlungen treten, die nicht nur ein solch gigantisches Kostenverursachendes Wettrüsten verhindern, sondern sich auch eine beidseitige strukturelle Nichtangriffsfähigkeit zum Ziel setzen. Es ist doch der Warschauer Pakt, der nach Doktrin, Ausrüstung, Bewaffnung, Ausbildung, Erziehung, Dislozierung und Struktur offensiv ist. Die NATO ist weder von ihrer politischen Zielsetzung noch von ihrer militärischen Struktur her angriffsfähig oder gar angriffswillig.
    Aber die Sowjetunion gibt vor, sich wegen einiger durch die östliche konventionelle Überlegenheit notwendig gewordenen nuklearen Elemente der Bündnisstrategie Sorgen zu machen. Wir sind gern bereit, diese Elemente in Frage zu stellen, wenn der Warschauer Pakt seinerseits bereit ist, strukturell und vom Kräftegleichgewicht her gesehen seine konventionelle Offensivfähigkeit, die er hat, einzustellen. Dieses ist auch die Voraussetzung für eine dauerhafte, in vollem Umfang der Möglichkeiten stattfindende Entspannungspolitik.
    Meine Damen und Herren, Sicherheit — das ist ein Allgemeinplatz, der aber dennoch wahr ist — gibt es nicht zum Nulltarif. Deshalb sind die Vorschläge der Sozialdemokraten, z. B. zur Vorneverteidigung, fahrlässig und unrealistisch. Der Plan, die Vorneverteidigung vermehrt auf Reservisten zu stützen, schwächt die für die Vorneverteidigung absolut notwendige und vitale Präsenz. Anders gesagt: Stärkung der Vorneverteidigung durch Abbau der Präsenz — diese Rechnung geht nicht auf.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ohne funktionierende Vorneverteidigung geben wir — das zeigt ein einziger Blick auf die Karte — das Gebiet der Bundesrepublik im Verteidigungsfall zeitlich und räumlich von vornherein der Vernichtung preis.
    Darüber hinaus erscheint uns die Vorstellung, das Reservistenpotential noch stärker als ohnehin



    Frau Seiler-Albring
    geplant zu nutzen, unsozial. Die Reservisten sind ohnehin bis an die Grenzen des Zumutbaren belastet. Sie noch häufiger zu noch längeren Wehrübungen einzuziehen, ist weder Arbeitnehmern noch Arbeitgebern zuzumuten. Ich bin sicher, daß das den Fachleuten der SPD auch klar ist. Aber auf diese Art und Weise kann man sich sehr schön und sehr bequem vor der von dem letzten Verteidigungsminister der SPD, Herrn Apel, noch als notwendig bezeichneten Zustimmung zur Verlängerung der Wehrpflicht herumdrücken.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Weng [FDP]: Der Herr Apel fehlt natürlich wieder!)

    Ganz außerordentlich Mut allerdings beweist die SPD bei ihren Forderungen im sozialen Bereich. Hier strebt sie eine Regelung an, die die Zahl der Wochenstunden tariflich bei 40 festschreiben will. Ich frage: Warum fällt der SPD das erst jetzt ein, wo sie dreizehn Jahre lang unter SPD-Verteidigungsministern Gelegenheit hatte, eine solche Forderung Wirklichkeit werden zu lassen? Wir nehmen Ihnen durchaus ab, daß Ihnen — wie uns — die Verbesserung der sozialen Situation der Soldaten ein Anliegen ist. Sie sollten allerdings nicht in der Einsicht, doch nicht zur Kasse treten zu müssen, Erwartungen wecken, die Sie, wie Sie ganz genau wissen, nicht erfüllen können, weil sie unrealistisch sind.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Fraktion hat schon zu Zeiten von Minister Leber und Apel eine deutliche Reduzierung der Dienstzeitbelastung unserer Soldaten verlangt. Bei wieviel Stunden der Sockel der durchschnittlichen Wochenbelastung festgelegt wird, ist nach unserer Ansicht dabei zunächst eine zweitrangige Frage. Die Grundforderung muß lauten, eine Regelung zu finden, an Hand derer ein vernünftiger Dienstzeitausgleich zu bemessen ist, in Form von Freizeit oder als finanzieller Ausgleich. Eines haben uns unsere zahlreichen Truppenbesuche deutlich gemacht: Wenn die Motivation unserer Soldaten aufrechterhalten werden soll, ist eine Reduzierung der Dienstzeitbelastung unumgänglich und prioritär.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir werden die dringend erforderliche Verbesserung der Unterhaltssicherung in Angriff nehmen und vor allem darauf drängen, daß eine dem Entwicklungshelfermodell angelehnte Regelung für arbeitslose Zeitsoldaten gefunden wird. Unser Staat darf es sich nicht leisten, Soldaten auf den Weg zum Sozialamt zu verweisen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Bueb [GRÜNE]: Aber die Rentner, die können Sie auf das Sozialamt verweisen, wie Herr Blüm das macht!)

    — Das eine schließt doch das andere nicht aus, Herr Bueb. Nun denken Sie doch nicht immer so in Schwarzweißkategorien!

    (Bueb [GRÜNE]: Herr Blüm hat es gesagt: Die sollen zum Sozialamt gehen!)

    Ebenso, meine Damen und Herren, werden wir dem Familienumfeld der Soldaten größere Aufmerksamkeit widmen müssen. Wir werden Regelungen finden müssen, Ehefrauen und Kinder, die von den berufsbedingten Versetzungen des Ehemannes oder Vaters besonders beeinträchtigt werden, vor vermeidbaren Härten zu schützen.

    (Berger [CDU/CSU]: Wichtiges Thema!)

    Es ist unter dem Gesichtspunkt der starken Berufskonkurrenz junger Menschen, die bereits in der Schule beginnt, völlig unzumutbar, daß Soldatenkinder noch in der Studienstufe die Schule wegen Umzugs wechseln sollen. Wir müssen gemeinsam Regelungen finden, die solche und vergleichbare Härten in der Schul- und Berufsausbildung vermeiden.
    Nach meiner persönlichen Ansicht ist es auch nicht länger hinzunehmen, daß Soldaten zugemutet wird, den Umzug von ihrem letzten Dienstort zum Wohnort zu bezahlen. Ich meine, daß man in diesem Zusammenhang den Vorschlag des Deutschen Bundeswehrverbandes aufgreifen sollte, den Soldaten die Wahlfreiheit zu überlassen, ob sie umziehen oder für diese letzte Zeit Trennungsgeld in Höhe der Umzugskosten erhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir werden den Verteidigungshaushalt 1987 sehr sorgfältig beraten und sicher in Teilbereichen Änderungen vorschlagen. Wir werden uns dabei von dem Gedanken leiten lassen, daß, wenn wir von den Soldaten der Bundeswehr erwarten, daß sie im Verteidigungsfall bereit sein sollen, für diesen Staat und seine Bürger ihr Leben einzusetzen, wir als Politiker — und ich glaube auch: als Politiker aller Parteien —, die Pflicht haben, sie so auszustatten, daß ihre Überlebensfähigkeit bestmöglich gewährleistet wird.
    Beschaffungsvorhaben haben sich prioritär an den sicherheitspolitischen Erfordernissen zu orientieren. Da sind wir uns sicherlich einig, daß industriepolitische Gedanken hier nur eine zweitrangige Rolle spielen dürfen. Rüstungspolitik ist für Liberale keine Beschäftigungspolitik.

    (Sehr gut! bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, den sicherheitspolitischen Erfordernissen allerdings werden wir Rechnung tragen.
    Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Lange.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Torsten Lange


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Haushaltsrunde mit den großen Themen Außen- und Sicherheitspolitik fällt in eine Wahlkampfzeit hinein. Das ist auf der einen Seite erfreulich, weil dadurch wieder Dynamik in die Diskussion kommt, auf der anderen Seite ist es bedauerlich, weil, wie ich meine, die großen zentralen Fra-



    Lange
    gen in diesem Themenbereich doch im alltäglichen Grabenkampf des Wahlkampfes zerrieben werden.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Wir führen doch keinen Grabenkampf!)

    Nicht umsonst ist ja zum x-ten Male heute das Stichwort SPD-Parteitag gefallen, und die Bälle werden hin- und hergeschoben.
    Ich möchte deshalb in meiner Einleitung auf zwei Reden eingehen, die heute gehalten wurden und die ausdrücklich aus dieser Wahlkampfzeit, aus dieser Aufgeregtheit des Wahlkampfes, herausgefallen sind, nämlich die Rede des ehemaligen Bundeskanzlers Schmidt und die Rede von Herrn Barzel.
    Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt hat heute morgen — und es fällt mit auf der einen Seite doch etwas schwer, sein Lebenswerk zu würdigen, auf der anderen Seite soll man es nicht versäumen; der Mann hat immerhin eines getan, er hat die Politik, wie auch immer sie gestaltet war, vertreten, und er hat gestaltet, er hat Politik nicht verwaltet, das, was die heutige Regierungskoalition schon seit Jahren betreibt, nämlich sich reaktiv zu verhalten und nicht aktiv für eine bestimmte Politik, die man für richtig oder für falsch halten mag, einzutreten — gesagt — und ich darf ihn zitieren —, die europäischen Menschen suchten Geborgenheit auf drei Ebenen. Die erste sei die familiäre Ebene, die zweite die Ebene in den Gruppierungen Politik, Wirtschaft, Kultur, Religion, und die dritte Ebene sei die der nationalstaatlichen Identität. Er meinte, daß wir auf den ersten beiden Ebenen eine gewisse Identität gefunden hätten und auf der letzten Ebene diese noch suchten.
    Ich habe mich da im Moment gefragt: In welcher Welt lebt der Herr Schmidt denn? Ist er möglicherweise zuviel gereist, oder hat er einfach nicht mitbekommen oder hat er ignoriert, was in den letzten vier bis fünf Jahren in dieser Bundesrepublik passiert ist? Ich behaupte schlichtweg, daß Millionen Menschen, unabhängig von den GRÜNEN, unabhängig von der Friedensbewegung, Millionen Menschen in dieser Bundesrepublik Deutschland, auf die Straße gegangen sind, von der der Herr Bundeskanzler offensichtlich nicht viel hält — für ihn sind die Menschen auf der Straße offenbar nur insofern wichtig, als sie ihren Stimmzettel in die Urne werfen; ansonsten möchte er mit ihnen nicht viel zu tun haben — um ihrem Protest Ausdruck zu geben, daß sie gegen Massenvernichtungsmittel sind, die in unser Land hineinkommen, daß sie gegen Atomkraft sind, die nicht beherrschbar ist. Und ich möchte den Menschen sehen, der verantwortlich sagen kann: Atomkraft ist sicher, und ich bin in der Lage, dies als Mensch, der hier und heute lebt, politisch zu verantworten. — Ich halte das für eine Anmaßung. Wenn Menschen demzufolge dagegen auf die Straße gehen gegen Wiederaufbereitungsanlagen, gegen den Abbau demokratischer Grundrechte — und das hat auch mit der heute morgen angesprochenen Asylfrage zu tun —, um damit zu dokumentieren, daß ihre Identität eben gebrochen oder gefährdet ist, und zwar von staatlicher Seite aus, und daß ihnen die Freude an der Gegenwart und die Chance zum Leben in der Zukunft genommen werden, dann kann man nicht sagen, daß wir im familiären, im politischen, im wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Bereich unsere Identität sicher haben.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang auch einmal Herrn Waigels Ausführungen aufgreifen, der leider nicht mehr da ist. Er hat davon gesprochen — offenbar ist das seine Meinung —, daß es Anspruch dieser Politik sein sollte, den Menschen die Angst zu nehmen. Ich kann nur sagen, daß ich froh bin, daß es Ihnen in den letzten vier bis sechs Jahren nicht gelungen ist, den Menschen die Angst vor Massenvernichtungsmitteln und Atomkraft zu nehmen. Ich bin froh, daß die Menschen überhaupt in der Lage sind, heutzutage noch Angst zu haben.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Insgesamt haben sie wieder mehr Hoffnung, mein Lieber! — Zuruf von den GRÜNEN: Eine sehr trügerische Hoffnung!)

    Das ist ein ganz entscheidender Punkt.
    Herr Schmidt und Herr Dregger waren sich in einem Punkt einig. Ich möchte einmal konstruktiv versuchen, das in eine Argumentation hineinzubringen. Beide haben gesagt, der gesamtstrategische Rahmen der bundesdeutschen Sicherheitspolitik in Europa sei dadurch gekennzeichnet, daß wir durch die Mitgliedschaft in der Allianz den Rahmen erhalten, daß wir so leben, wie wir leben.
    Ich meine, daß wir hier sehr leicht eine Unterstellung aufgreifen müssen, die dahintersteckt; sie besteht darin, daß dieser Rahmen ständig bedroht werde. Ob die einen auf seiten der CDU das direkt ausdrücken und in einen Antikommunismus kleiden oder ob die anderen es etwas vornehmer ausdrücken, letztlich bleibt doch die ständige Furcht, die damit geschürt wird, daß dieser Rahmen, in dem wir uns scheinbar alle wohlfühlen, natürlich von der anderen Seite bedroht wird.

    (Berger [CDU/CSU]: Das wird er auch, und zwar anhaltend!)

    Das Problem ist nur, daß die andere Seite das umgekehrt genauso sieht, so daß wir insofern durch diese Art und Weise der Auseinandersetzung — immer mehr Rüsten und immer die Schuld dem anderen in die Schuhe schieben — nicht weiterkommen.
    Für mich ist aber ein anderer Punkt noch entscheidender. Selbst wenn man diesem Gedanken folgt, daß der andere diesen Rahmen bedroht und daß wir deshalb gegen seine Bedrohungsinstrumente eigene Bedrohungsinstrumente ins Spiel bringen müssen, selbst dann sagen wir, daß der Preis dafür, wenn dies so stimmt, für uns zu hoch ist. Das ist, so glaube ich, die entscheidende Diffenrenz der Friedensbewegung, der GRÜNEN zu dem Spektrum der Altparteien. Die entscheidende Differenz liegt darin, daß wir die NATO-Strategie über ihre nach außenhin formulierte Abschreckungsfunktion hinaus weiterdenken; daß wir die Nichtakzeptierbarkeit des Schlachtfeldes Mitteleuropa ins Spiel bringen und argumentativ-offensiv ablehnen; daß wir die Umfunktionierung des Bündnisses in



    Lange
    ein Instrument amerikanischer Hegemonialpolitik ablehnen.
    Hier gilt nach wie vor das Stichwort Libyen. Heute morgen, glaube ich, war es Herr Dregger, der gesagt hat, wir sollten doch den Amerikanern endlich wieder die Stange halten, wir sollten für sie weiter eintreten und nicht an ihnen herumnörgeln. Ich kann nur sagen, er ignoriert, daß die NATO zu einem indirekten Instrument dafür wurde, daß der amerikanische Angriff auf Libyen gefahren werden konnte. Das wird hier überhaupt nicht ins Spiel gebracht.
    Insofern kann man die Blindheit und naive Gläubigkeit jener Politiker diesem Instrument gegenüber sehen, die bei uns Verantwortung tragen. Man sieht einfach nicht das Gesamtinteresse der Amerikaner, das sich in den letzten Jahren gewandelt hat.
    Insofern können Sie vom Harmel-Bericht —„Sicherheit und Entspannung in Europa"— reden, soviel Sie wollen. Entscheidend ist, daß sich etwas geändert hat, nämlich die amerikanische Globalstrategie und die Art und Weise, wie sich Amerika — das will ich erst einmal gar nicht kritisieren, ich will es feststellen — nun anders gegenüber der Sowjetunion verhalten will: es will sich nämlich durch Militarisierung, durch Aufrüstung, durch eine Politik der Stärke politische Optionen gegenüber der Sowjetunion verschaffen, die sie vorher nicht hatte.

    (Bohl [CDU/CSU]: Was halten Sie von Gaddafi?)

    Das ist in der Tat eine Veränderung der globalstrategischen Situation, die Auswirkung auf die bündnispolitische Diskussion in Europa hat, jedenfalls haben sollte.

    (Bohl [CDU/CSU]: Ins Beduinenzelt zum Geld holen!)

    Herrn Gansel, der als Linker in der SPD gilt, wie ich noch vor einigen Monaten gehört habe, spricht von Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland.

    (Horn [SPD]: Bei uns gibt es keine Schablone!)

    - Es gibt keine Schablone, aber Sie beanspruchen, einen wesentlichen Bestandteil in der Friedensbewegung zu gestalten. Ich sage Ihnen: wer für die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik ist, der mag dafür sein, daß die nukleare Schwelle abgesenkt wird, der mag dafür sein, daß die Bundesrepublik durch eine effektivere Bundeswehr, die umzugestalten ist, verteidigt wird, dennoch möchte ich ihm eine Rechnung aufmachen, wenn er schon die Konventionalisierung so hoch hält: Denken Sie einmal bitte in den beiden militärhistorischen Kategorien den künftigen Konfliktmöglichkeiten entlang nach: Mobilität und Feuerkraft. Mit der Mobilität ist es in der Bundesrepublik zu Ende. Da ist nicht mehr zu erreichen, höchstens nach hinten. Sie wollen die Feuerkraft erhöhen, d. h., die Fähigkeit, sich konventionell im grenznahen Bereich zu verteidigen. In Anbetracht der militär-technischen Entwicklung in Ost und West möchte ich Sie einmal fragen: Wissen Sie eigentlich, was das im Ernstfall bedeuten würde? Es ist doch Ihre eigene Fragestellung. Sie haben sich doch der Friedensbewegung angeschlossen und haben weitergedacht, was passiert, wenn die Abschreckung versagt, wenn der Krieg hier geführt werden muß. Ich kann Ihnen sagen: weder nuklear noch chemisch noch konventionell. Es ist das Anliegen der Friedensbewegung, das hier offensiv zu vertreten. Kein Krieg unter irgendwelchen Vorzeichen!

    (Beifall bei den GRÜNEN)