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ID1022807700

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    Plenarprotokoll 10/228 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 228. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 Inhalt: Wahl des Abg. Hiller (Lübeck) zum Schriftführer als Nachfolger des Abg. Heyenn . 17659A Begrüßung des Außenministers der Republik Malta 17727 D Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksache 10/5900 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksache 10/5901 — Dr. Dregger CDU/CSU 17659 B Schmidt (Hamburg) SPD 17668 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 17685 B Dr. Kohl, Bundeskanzler 17692 B Frau Hönes GRÜNE 17703A Dr. Waigel CDU/CSU 17707 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 17715B Dr. Barzel CDU/CSU 17721A Genscher, Bundesminister AA 17727 D Frau Borgmann GRÜNE 17731 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . 17734 A Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 17738 C Gansel SPD 17742 A Frau Seiler-Albring FDP 17745 B Lange GRÜNE 17747 D Dr. von Bülow SPD (Erklärung nach § 30 GO) 17751 C Vizepräsident Cronenberg 17721 A Vizepräsident Westphal 17742 A Nächste Sitzung 17751 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 17753* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 17753* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 17659 228. Sitzung Bonn, den 10. September 1986 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 226. Sitzung, Seite 17578* C: In der Anlage 32 ist die Vorlage Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zum Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für einen Entwurf einer Entschließung betreffend ein mittelfristiges Programm der Gemeinschaft (1986-1990) zur Chancengleichheit der Frauen (Drucksache 10/5627) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zu streichen. Einzufügen ist: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Entwicklung der mit den Verkaufserlösen und Betriebsausgaben in der Land- und Forstwirtschaft anfallenden Umsatzsteuer (Vorsteuerbelastung) (Drucksache 10/5631) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 227. Sitzung, Seite 17585 D, Zeile 3: Statt „Zuruf von der CDU/CSU:" ist „Zuruf von der SPD:" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 12. 9. Antretter * 11. 9. Büchner (Speyer) * 11. 9. Dr. Bugl 10. 9. Eigen 12. 9. Dr. Emmerlich 12. 9. Frau Fischer * 11. 9. Dr. Götz 12. 9. Dr. Haack 10. 9. Hanz (Dahlen) 12. 9. Heimann 10. 9. Jahn (Marburg) 10. 9. Klein (München) 10. 9. Dr. Klejdzinski * 11. 9. Dr. Köhler (Wolfsburg) 10. 9. Dr. Kreile 12. 9. Dr. Kronenberg 12. 9. Dr. Kübler 10. 9. Landré 11. 9. Lenzer * 11. 9. Dr. Mitzscherling 12. 9. Dr. Müller * 12. 9. Nagel 12. 9. Frau Pack * 11. 9. Pöppl 12. 9. Reddemann * 10. 9. Dr. Riedl (München) 12. 9. Schlaga 10. 9. Dr. Schmude 10. 9. Sielaff 10. 9. Dr. Soell 12. 9. Voigt (Sonthofen) 12. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 27. Juni 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Entlastung landwirtschaftlicher Unternehmer von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Sozialversicherungs-Beitragsentlastungsgesetz - SVBEG) Gesetz zu dem Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs und anderer Gesetze (Zweites Seerechtsänderungsgesetz) Gesetz über das Verfahren bei der Errichtung und Verteilung eines Fonds zur Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (Seerechtliche Verteilungsordnung) Erstes Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Bundesrat geht bei seiner Zustimmung davon aus, daß im Vollzug des § 8 des Tierschutzgesetzes an die wissenschaftlich begründete Darlegung der Genehmigungsvoraussetzungen strenge Anforderungen gestellt werden. Die wissenschaftliche Darlegung muß den Verwaltungsbehörden die Grundlage für einen zuverlässigen Schluß auf das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen liefern. Die Verwaltungsbehörde darf sich selbst nicht auf die bloße formelle Prüfung, etwa ob der Genehmigungsantrag durch wissenschaftliche Gutachten belegt ist, beschränken. Sie hat sich vielmehr mit aller Gewissenhaftigkeit und unter Heranziehung der ihr zugänglichen Erkenntnisquellen zu überzeugen, daß die materiellen Voraussetzungen für den Tierversuch vorliegen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 11. Juli 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Erstes Gesetz zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes Zweites Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes Fünftes Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes Drittes Gesetz zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts Gesetz zu den Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen sowie über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (Unterhaltsvollstreckungs-Übereinkommens-Ausführungsgesetz ) Gesetz zur Änderung des Gebrauchsmustergesetzes Gesetz zur Änderung tarifrechtlicher Bestimmungen im Seehafenhinterlandverkehr Fünftes Gesetz zur Änderung des Textilkennzeichnungsgesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERPSondervermögens für das Jahr 1987 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1987) Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Januar 1986 zur Änderung des Abkommens vom 17. Dezember 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1986 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1986 - BBVAnpG '86) Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz - AbfG) Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: 1. Der Bundesrat hält eine Erhöhung der Stundensätze der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten für Polizeibeamte allgemein für gerechtfertigt. Er bittet die Bundesregierung, die Erschwerniszulagenverordnung alsbald entsprechend zu ändern. 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die nach § 14 Abs. 2 des Abfallgesetzes zur Vermeidung oder Verringerung von Abfallmengen der Wirtschaft zu setzenden Frist möglichst kurz zu bemessen, zumal sich die Wirtschaft auf Grund der bereits geführten Gespräche hierauf einstellen konnte. Er geht davon aus, daß im Falle einer erkennbaren fehlenden Bereitschaft der Wirtschaft oder Teilen davon zur Reduzie- 17754* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 rung der Abfallmengen aus Einwegverpackungen die Bundesregierung auch ohne Fristsetzung von den Ermächtigungen des § 14 Abs. 2 Gebrauch macht. Die Bundesregierung wird gebeten, für solche Fälle umgehend entsprechende Rechtsverordnungen vorzubereiten. 3. Im Hinblick auf die in der Anhörung im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages zum Ausdruck gekommenen Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzentwurfs bittet der Bundesrat die Bundesregierung, bis zum 1. Januar 1989 einen Bericht über die praktischen Erfahrungen mit den novellierten Vorschriften vorzulegen. Dies gilt insbesondere für die neuen Regelungen im UWG über das Verbot der öffentlichen Werbung mit mengenmäßiger Beschränkung, das Verbot der öffentlichen Werbung mit Preisgegenüberstellungen sowie das nunmehr durchweg zivilrechtlich ausgestaltete Verfahren bei Räumungsverkäufen. Die in Drucksache 10/5706 unter Nummer 28 aufgeführte EGVorlage Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über die koordinierte Einführung des dienstintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes (ISDN) in der Europäischen Gemeinschaft — auf dem Weg zu einem europaweiten Telematikmarkt — KOM (86) 205 endg. — Rats-Dok. Nr. 7308/86 ist als Drucksache 10/5933 verteilt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Däubler-Gmelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Was manche Behörden mit Gedankenlosigkeit, vielleicht sogar mit bedingtem Vorsatz anrichten, meine Damen und Herren und insbesondere Herr Bötsch, und den Menschen zumuten, den Flüchtlingen wie auch den Deutschen, das muß Widerstand und Feindseligkeit herausfordern. Das gilt auch für die Art und Weise, in der viele von Ihnen — jetzt schaue ich Sie wieder an, Herr Bötsch — über Flüchtlinge reden. Wer von „Asylantenschwemme" redet, wer die „Flut" beschwört, die „eingedämmt" werden müsse und wer den Eindruck erweckt, der „Mißbrauch" finde durch die Flüchtlinge selbst statt, die jetzt kämen — Herr Dregger hat besonders geschmackvoll neulich 5 Milliarden beschworen, die vor „unseren" Gerichten gegen „uns" prozessieren könnten —, Herr Dregger, der spekuliert auf Wahlkampf.
    Wenn Sie, Herr Dregger, dann scheinheilig hinzusetzen, man könne ja schließlich dieses Thema nicht nur deswegen aus dem Wahlkampf herauslassen, weil es der CDU/CSU nütze, dann tun Sie das in der Hoffnung, daß sich viele Menschen, übrigens gerade solche, die nicht gut gestellt sind, von den Ungerechtigkeiten und Versäumnissen ablenken lassen, mit denen Ihre Regierung gerade diese Menschen belastet. Sie wollen ablenken von Ihrer Politik der Rentenkürzung, der Kürzung der Arbeitslosenunterstützung, der mangelnden Entschlossenheit bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, und Sie wollen auch von der zynischen Kälte ablenken, mit der Christdemokraten die älteren Frauen behandeln, wenn es um das Babyjahr geht.

    (Beifall bei der SPD)

    Der VdK spricht doch zu Recht davon, daß Sie mit Ihren neuen Plänen jetzt sogar noch auf den Tod vieler älterer Frauen spekulieren,

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Unglaublich!)

    nachdem Sie sie zunächst vollständig von dem Babyjahr ausgeschlossen hatten.

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Das kann nur noch gerügt werden!)

    Die Menschen sollen ihre Kritik Ihnen gegenüber
    vergessen und sich gegen die Flüchtlinge aufbrin-



    Frau Dr. Däubler-Gmelin
    gen lassen. Das ist das Ziel Ihrer verächtlichen, ja, ich sage, Ihrer erbärmlichen Spekulation.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Ich sage Ihnen noch eines: Diese Rechnung wird nicht aufgehen. Sie tun nämlich nicht das, was Sie tun könnten und tun müßten. Sie machen Wahlkampf, Sie schüren Vorurteile, und dazu ist Ihnen nahezu jedes Mittel recht: Sie werfen unredlich mit falschen Zahlen um sich, die die Menschen erschrecken sollen. Meine Damen und Herren, nicht nur Ihre eigene Ausländerbeauftragte hat Sie darauf aufmerksam gemacht, sondern auch der Flüchtlingshochkommissar, die Kirchen und die Wohlfahrtsverbände.

    (Möllemann [FDP]: Sie müssen die Frage von Herrn Ströbele beantworten!)

    — Nur ganz kurz dazu. Herr Möllemann, das ist vielleicht auch für Sie von Interesse: In den zwölf Jahren der Nazi-Zeit, in denen Deutsche das „elende Leben von Flüchtlingen" erdulden mußten, haben rund 800 000 Deutsche — unter ihnen Brecht, Tucholsky, Thomas Mann, Weichmann, Ricarda Huch — in anderen Ländern Zuflucht gefunden. Ohne sie gäbe es bei uns heute keine Demokratie. In den 40 Jahren, die Zeit, die seit dem Zweiten Weltkrieg vergangen sind, hat die Bundesrepublik Deutschland noch nicht einmal die Hälfte dieser Zahl an Flüchtlingen aufgenommen, alle Familienangehörigen, alle Staatenlosen und alle anderen Gruppen eingerechnet, die, wie etwa die Polen, mit Ihrer Billigung hier bleiben, obwohl sie — Herr Ströbele, das ist der eine Punkt — nicht politisch verfolgt sind. Das ist noch nicht einmal die Hälfte der Zahl der Deutschen, die während der Nazi-Zeit ins Ausland gehen mußten. Dann tun Sie so, als sei unser Asylrecht nicht haltbar und schon wegen seiner Einzigartigkeit suspekt. Richtig ist, daß es die Form des Grundrechts woanders nicht gibt, aber ein Zahlenvergleich zeigt uns, daß — gemessen an der Bevölkerungszahl — andere, auch europäische Länder mehr Flüchtlinge aufnehmen, ohne sich ständig darüber zu beklagen oder sich permanent selbst zu loben.


Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Möllemann?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Däubler-Gmelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein, im Moment nicht. Ich hätte ganz gern, daß auch der Herr Möllemann noch einen Moment zuhört.
    Es ist richtig, daß nur politisch Verfolgte Zuflucht bei uns finden können. Meine Damen und Herren, wenn Sie der Auffassung sind, diese Rechtslage sei im Ausland nicht bekannt, dann tun Sie etwas für die bessere Information! Dazu braucht man keinen Wahlkampf und keine Grundgesetzänderung. Wenn Sie geeignete Maßnahmen gegen kriminelle Schlepperorganisationen auf den Tisch legen würden,

    (Ströbele [GRÜNE]: Fluchthelfer sind das!)

    Maßnahmen, die wirklich greifen und die den Handel mit Menschen und Flüchtlingen in der Welt unterbinden könnten, an dem j a im übrigen nicht nur Ausländer beteiligt sind, wie der beschämende Vorfall mit der Aussetzung von Tamilen vor der kanadischen Küste zeigte, dann würden wir auch darüber mit Ihnen sprechen.
    Sie reden davon, Menschenrechte seien unteilbar, und darüber, daß Flüchtlingen in Heimatländern oder Heimatregionen geholfen werden sollte. Das ist richtig. Wir unterstützen das. Wir danken vor allen Dingen den vielen Bürgern, die Hilfswerke unterstützen, und das in selbstverständlicher Großzügigkeit. Nur, man muß hier festhalten, daß die Entwicklungspolitik dieser Bundesregierung immer stärker zur deutschen Wirtschaftsförderungspolitik im Ausland verkommt.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Sehr wahr!)

    Das Eintreten der CDU/CSU für die Menschenrechte hört in der Praxis doch schon dort auf, wo eine feste Haltung gegenüber Südafrika gefordert wäre.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Sie lehnen Sanktionen gegen Südafrika ab, obwohl die Menschenrechte der Schwarzen dort mit Füßen getreten werden. Und, meine Damen und Herren, mit Ihrer Waffenexportpolitik schüren Sie die Konflikte in der Welt.

    (Conradi [SPD]: So ist es!)

    Dadurch vergrößern Sie die Flüchtlingsströme in der Welt, anstatt zu helfen und zu lindern.

    (Beifall bei der SPD)

    Ein Sonderpreis für Heuchelei und Demagogie kommt auch diesmal wieder Ihrem Generalsekretär Geißler zu. Er hat es sich ja zur Aufgabe gemacht, den Bürgern die Grundgesetzänderung schmackhaft zu machen und gleichzeitig vergessen zu machen, daß dies die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl bedeutet. Deshalb erklärt er jetzt kurzerhand die Verfasser des Grundgesetzes zu einer Art Club von weltfremden Idealisten, zu Leuten, die nicht gewußt hättten, was sie tun, die die Auswirkungen nicht übersehen hätten und deren Entscheidungen für uns heute deshalb nicht mehr maßgeblich sein könnten. Geißler spricht über Sozialdemokraten wie Carlo Schmid, der damals im Südwürttemberg-Hohenzollern der Nachkriegszeit tagtäglich die unglaublichen Schwierigkeiten des Alltags lösen half. Er spricht über Hans-Christoph Seebohm, lange Jahre Sprecher der Vertriebenen, Deutsche Partei, später Mitglied der CDU. Er spricht über Verfassungsrechtler wie von Mangoldt, ebenfalls CDU-Mitglied, und die wußten, meine Damen und Herren, sehr genau, was sie taten. Sie überlegten sorgfältig, welche Formulierung sie ins Grundgesetz hineinschreiben wollten, und auch, welche sie ablehnten. Sie wußten vor allen Dingen auch, was wirtschaftliche Schwierigkeiten sind; sie hatten sie nämlich damals in der Praxis: 15 Millionen Flüchtlinge mußten untergebracht werden, die Städte waren zerstört, Arbeitslosigkeit, Hunger und



    Frau Dr. Däubler-Gmelin
    Elend waren an der Tagesordnung. Sie sind mit diesen Schwierigkeiten fertiggeworden, und die Beratungen des Grundgesetzes fanden vor diesem Rindergrund statt, auch die zum Asylrecht.
    Man hat damals zahlreiche Einschränkungsvorschläge erörtert, wie die Protokolle ja deutlich zeigen. Man hat sie abgelehnt, weil man genau die Opportunisten, die kleinen Schlauen, die Zyniker und die Wahlkampfstrategen, die mittlerweile bei Ihnen in der CDU/CSU wieder Oberwasser haben, nicht an das Zufluchtsrecht für politisch Verfolgte heranlassen wollte.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Weil sie weder Grenzrichter wollten noch Grenzsammellager, weil sie eingedenk unserer historischen Verpflichtung wollten, daß politisch Verfolgte, aber nur sie, bei uns Zuflucht finden, deshalb wurde die absolute Form des Grundrechts gewählt, und dabei, meine Damen und Herren, soll es bleiben.
    Deshalb fordern wir Sie von der CDU/CSU auf: Hören Sie auf, Wahlkampf zu betreiben, treten Sie den Folgen entgegen,

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Wir denken nicht daran!)

    packen Sie die Probleme an, und, Herr Bötsch, kommen Sie auf den Boden unserer Verfassung zurück!

    (Beifall bei SPD — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Das glauben Sie selber nicht, was Sie jetzt erzählen!)

    Den Bundeskanzler fordere ich auf: Setzen Sie sich in Ihren Reihen endlich einmal durch, stoppen Sie das Wahlkampfgerede Ihrer politischen Freunde, und fangen Sie am besten mit Ihrem Fraktionsvorsitzenden Dregger an!

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Schicken Sie Herrn Rau her, machen Sie Wahlkampf!)

    Ich füge hinzu, Sie mögen bitte den Flüchtlingen helfen, obwohl ich weiß, daß Sie daran derzeit nicht interessiert sind.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Also wissen Sie, das ist selbst unter Ihrem Niveau!)

    Ich danke nochmals all denen, die im Geist von Mitmenschlichkeit die Probleme anpacken und überwinden.

    (Möllemann [FDP]: Schwester Herta, wo ist Bruder Johannes?)

    Wir ermutigen alle die, die sich mit Nüchternheit und dem Sinn für Anstand zu Wort melden und das Feld nicht den Demagogen, auch Demagogen à la Möllemann und anderen, die sich hier mit Zwischenrufen betätigen, überlassen,

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Versöhnen statt spalten! — Möllemann [FDP]: Schwester Herta, ich habe gefragt, wo Bruder Johannes ist!)

    und wir danken den vielen, die dieses auch in der Presse tun.
    Danke schön.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Möllemann [FDP]: Herr Präsident, Sie hat „Demagoge" zu mir gesagt! Das finde ich nicht nett!)