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ID1022806700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/228 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 228. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 Inhalt: Wahl des Abg. Hiller (Lübeck) zum Schriftführer als Nachfolger des Abg. Heyenn . 17659A Begrüßung des Außenministers der Republik Malta 17727 D Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksache 10/5900 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksache 10/5901 — Dr. Dregger CDU/CSU 17659 B Schmidt (Hamburg) SPD 17668 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 17685 B Dr. Kohl, Bundeskanzler 17692 B Frau Hönes GRÜNE 17703A Dr. Waigel CDU/CSU 17707 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 17715B Dr. Barzel CDU/CSU 17721A Genscher, Bundesminister AA 17727 D Frau Borgmann GRÜNE 17731 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . 17734 A Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 17738 C Gansel SPD 17742 A Frau Seiler-Albring FDP 17745 B Lange GRÜNE 17747 D Dr. von Bülow SPD (Erklärung nach § 30 GO) 17751 C Vizepräsident Cronenberg 17721 A Vizepräsident Westphal 17742 A Nächste Sitzung 17751 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 17753* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 17753* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 17659 228. Sitzung Bonn, den 10. September 1986 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 226. Sitzung, Seite 17578* C: In der Anlage 32 ist die Vorlage Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zum Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für einen Entwurf einer Entschließung betreffend ein mittelfristiges Programm der Gemeinschaft (1986-1990) zur Chancengleichheit der Frauen (Drucksache 10/5627) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zu streichen. Einzufügen ist: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Entwicklung der mit den Verkaufserlösen und Betriebsausgaben in der Land- und Forstwirtschaft anfallenden Umsatzsteuer (Vorsteuerbelastung) (Drucksache 10/5631) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 227. Sitzung, Seite 17585 D, Zeile 3: Statt „Zuruf von der CDU/CSU:" ist „Zuruf von der SPD:" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 12. 9. Antretter * 11. 9. Büchner (Speyer) * 11. 9. Dr. Bugl 10. 9. Eigen 12. 9. Dr. Emmerlich 12. 9. Frau Fischer * 11. 9. Dr. Götz 12. 9. Dr. Haack 10. 9. Hanz (Dahlen) 12. 9. Heimann 10. 9. Jahn (Marburg) 10. 9. Klein (München) 10. 9. Dr. Klejdzinski * 11. 9. Dr. Köhler (Wolfsburg) 10. 9. Dr. Kreile 12. 9. Dr. Kronenberg 12. 9. Dr. Kübler 10. 9. Landré 11. 9. Lenzer * 11. 9. Dr. Mitzscherling 12. 9. Dr. Müller * 12. 9. Nagel 12. 9. Frau Pack * 11. 9. Pöppl 12. 9. Reddemann * 10. 9. Dr. Riedl (München) 12. 9. Schlaga 10. 9. Dr. Schmude 10. 9. Sielaff 10. 9. Dr. Soell 12. 9. Voigt (Sonthofen) 12. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 27. Juni 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Entlastung landwirtschaftlicher Unternehmer von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Sozialversicherungs-Beitragsentlastungsgesetz - SVBEG) Gesetz zu dem Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs und anderer Gesetze (Zweites Seerechtsänderungsgesetz) Gesetz über das Verfahren bei der Errichtung und Verteilung eines Fonds zur Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (Seerechtliche Verteilungsordnung) Erstes Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Bundesrat geht bei seiner Zustimmung davon aus, daß im Vollzug des § 8 des Tierschutzgesetzes an die wissenschaftlich begründete Darlegung der Genehmigungsvoraussetzungen strenge Anforderungen gestellt werden. Die wissenschaftliche Darlegung muß den Verwaltungsbehörden die Grundlage für einen zuverlässigen Schluß auf das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen liefern. Die Verwaltungsbehörde darf sich selbst nicht auf die bloße formelle Prüfung, etwa ob der Genehmigungsantrag durch wissenschaftliche Gutachten belegt ist, beschränken. Sie hat sich vielmehr mit aller Gewissenhaftigkeit und unter Heranziehung der ihr zugänglichen Erkenntnisquellen zu überzeugen, daß die materiellen Voraussetzungen für den Tierversuch vorliegen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 11. Juli 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Erstes Gesetz zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes Zweites Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes Fünftes Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes Drittes Gesetz zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts Gesetz zu den Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen sowie über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (Unterhaltsvollstreckungs-Übereinkommens-Ausführungsgesetz ) Gesetz zur Änderung des Gebrauchsmustergesetzes Gesetz zur Änderung tarifrechtlicher Bestimmungen im Seehafenhinterlandverkehr Fünftes Gesetz zur Änderung des Textilkennzeichnungsgesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERPSondervermögens für das Jahr 1987 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1987) Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Januar 1986 zur Änderung des Abkommens vom 17. Dezember 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1986 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1986 - BBVAnpG '86) Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz - AbfG) Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: 1. Der Bundesrat hält eine Erhöhung der Stundensätze der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten für Polizeibeamte allgemein für gerechtfertigt. Er bittet die Bundesregierung, die Erschwerniszulagenverordnung alsbald entsprechend zu ändern. 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die nach § 14 Abs. 2 des Abfallgesetzes zur Vermeidung oder Verringerung von Abfallmengen der Wirtschaft zu setzenden Frist möglichst kurz zu bemessen, zumal sich die Wirtschaft auf Grund der bereits geführten Gespräche hierauf einstellen konnte. Er geht davon aus, daß im Falle einer erkennbaren fehlenden Bereitschaft der Wirtschaft oder Teilen davon zur Reduzie- 17754* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 rung der Abfallmengen aus Einwegverpackungen die Bundesregierung auch ohne Fristsetzung von den Ermächtigungen des § 14 Abs. 2 Gebrauch macht. Die Bundesregierung wird gebeten, für solche Fälle umgehend entsprechende Rechtsverordnungen vorzubereiten. 3. Im Hinblick auf die in der Anhörung im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages zum Ausdruck gekommenen Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzentwurfs bittet der Bundesrat die Bundesregierung, bis zum 1. Januar 1989 einen Bericht über die praktischen Erfahrungen mit den novellierten Vorschriften vorzulegen. Dies gilt insbesondere für die neuen Regelungen im UWG über das Verbot der öffentlichen Werbung mit mengenmäßiger Beschränkung, das Verbot der öffentlichen Werbung mit Preisgegenüberstellungen sowie das nunmehr durchweg zivilrechtlich ausgestaltete Verfahren bei Räumungsverkäufen. Die in Drucksache 10/5706 unter Nummer 28 aufgeführte EGVorlage Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über die koordinierte Einführung des dienstintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes (ISDN) in der Europäischen Gemeinschaft — auf dem Weg zu einem europaweiten Telematikmarkt — KOM (86) 205 endg. — Rats-Dok. Nr. 7308/86 ist als Drucksache 10/5933 verteilt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Annemarie Borgmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Vielleicht kämen Sie dann von Ihrem hohen Roß herunter, wenn Sie an Ort und Stelle dieses himmelschreiende Unrecht erleben würden, und würden verstehen, was Winnie Mandela und andere sagen, wenn sie zum Ausdruck bringen: „Die Freiheit muß kommen, auch wenn sie den Tod bedeutet."
    Vielleicht wäre es Ihnen doch ein bißchen peinlich, daß die Bundesrepublik trotz der weltweiten Forderung nach Sanktionen immer noch zu den drei wichtigsten Handelspartnern Südafrikas gehört, eine der wichtigsten Stützen der Apartheid ist. Nach wie vor!
    Wir bleiben deshalb bei unserer Forderung nach umfassendem Handelsboykott, nach Umsetzung der UNO-Resolution 435 in Namibia, nach Anerkennung von ANC und SWAPO als den größten Befreiungsbewegungen in Südafrika und Namibia. Wir fordern die Bundesregierung auf, deren Vertreter
    Oliver Tambo und Sam Nujoma zu offiziellen Gesprächen nach Bonn einzuladen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, im letzten Jahr hatte ich Gelegenheit, sieben Kritikpunkte an der amtlichen Außenpolitik zu formulieren. Es ist beschämend für diese Regierung, wie umfassend sich diese Kritik im letzten Jahr in jeder Hinsicht bestätigt hat.
    Immer noch ist die Politik dieser Regierung gegenüber den USA von Unterwürfigkeit und blinder Gefolgschaft geprägt. Es wird immer deutlicher, daß sich dies noch nicht einmal auszahlt:
    Als der Bundesaußenminister im April nach Washington reiste, um die USA im Auftrag der EG vor militärischen Abenteuern gegen Libyen zu warnen, da wartete Reagan nicht einmal seine Landung ab, und der Angriff erfolgte bereits, als er sich noch auf der Anreise befand. Ich denke, krasser kann die amerikanische Regierung ihre Mißachtung gegenüber ihrem sogenannten Freund Helmut Kohl wohl nicht zum Ausdruck bringen.
    Nicht minder peinlich ist das Hickhack um SDI. Nachdem sich die Bundesregierung aus einer Mischung von Vasallentreue und wirtschaftlicher Gier zur Unterzeichnung eines SDI-Kooperationsabkommens bereit gefunden hatte, wird sie vom amerikanischen Senat an die Realtitäten der deutsch-amerikanischen Beziehungen erinnert: keine Aufträge an die westdeutsche Industrie, es sei denn, daß dies unvermeidbar ist. Dieses Kabinettstückchen hätte das Weltbild vieler Konservativer eigentlich erschüttern müssen. Denn es ist klar: Jetzt lohnt es sich nicht einmal mehr wirtschaftlich, sich an Kriegsvorbereitungen zu beteiligen.

    (Tatge [GRÜNE]: Kabarettstückchen!)

    Ähnliche Taschenspielertricks bereitet die Reagan-Regierung seit geraumer Zeit vor, um die Bundesregierung in der Frage der Rüstungskontrollverhandlungen einzuwickeln. Obwohl jeder, der sich in Washington ernsthaft unterrichtet, bald herausbekommt, daß die USA an Abrüstungs- oder Rüstungskontrollverhandlungen nur dann interessiert wären, wenn sie die Form einer Kapitulationsurkunde der Sowjetunion annehmen würden, so verbreiten die Reaganisten in scheinheiligem „Optimismus", die Sowjetunion sei nun endlich zu ernsthaften Gesprächen bereit. Als wäre sie das im vorigen Jahr nicht auch schon gewesen und als wären es nicht gerade die Vereinigten Staaten, die das größte Aufrüstungsprogramm in der menschlichen Geschichte begonnen haben.
    Fassen wir zusammen. Auf der Ebene großer Worte und hehrer Grundsätze hat die Bundesregierung durchaus einiges vorzuweisen. Begibt man sich dann in die Niederungen der Wirklichkeit der bundesdeutschen Außenpolitik, so zeigt sich, der hohe Anspruch und die Wende-Wirklichkeit haben nichts, aber auch überhaupt gar nichts miteinander zu tun. Daß die Regierung den Bürgern ihre höchst klägliche Bilanz trotz allem als angeblichen Erfolg verkaufen will, ist lediglich ein weiteres Indiz für



    Frau Borgmann
    die Gewohnheit der Bundesregierung, ihre Wünsche mit der Wirklichkeit zu verwechseln.

    (Möllemann [FDP]: Das ist Quatsch!)

    Aber Erfolge braucht man nicht zu haben. Es reicht offensichtlich, wenn man davon redet. Das scheint das Motto der Regierung nicht nur in der Außenpolitik zu sein.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Möllemann [FDP]: Das ist nicht wahr! Das kann man nicht sagen! Ich finde es nicht nett, daß Sie das so sagen!)

    Ich möchte hier ganz kurz bei allem Unterschied in der politischen Meinung den Kollegen Schmidt und Barzel für ihren weiteren Lebenslauf alles Gute wünschen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Däubler-Gmelin.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Däubler-Gmelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will in meinem Beitrag auf einen Fragenkreis zu sprechen kommen, in dem sich wie kaum in einem zweiten die Auswirkungen der Außenpolitik mit Problemen der inneren Liberalität überlagern, und in dem Fragen nach dem Umgang mit unserer Verfassung ebenso zur Debatte stehen wie solche nach der politischen Kultur dieses Landes. Wir erleben in den letzten Wochen eine Neuauflage der Diskussion: Wie gehen wir in diesem Land mit Fremden um, die auf der Suche nach Schutz und Unterkunft zu uns kommen? Das Asylrecht wird in Frage gestellt. Was man über Zahlen und Ausmaß der Probleme hört, macht vielen Sorge. Darüber müssen wir reden. Allerdings: Wer die Stimmungsmache besonders aus Bayern, wer die aufgeheizten Diskussionen und Beiträge vieler Kollegen aus CDU und CSU und auch aus der Bundesregierung hört, wer die Verzerrungen und die schrillen Töne, vor allen Dingen aber deren Widerhall in Leserbriefspalten und in der Presse ernst nimmt — und das muß man ja wohl tun —, der fragt zusammen mit vielen ausländischen Beobachtern zu Recht: Was ist eigentlich mit diesem Land los? Der versteht, daß die Kirchen, daß der Deutsche Gewerkschaftsbund und daß viele andere, die nicht über die Menschen reden, sondern mit ihnen,

    (Beifall bei der SPD)

    mit den Ausländern ebenso wie mit den Deutschen, vor Ausländerfeindlichkeit und Überfremdungshysterie warnen.
    Meine Damen und Herren, wir müssen hier im Bundestag darüber sprechen. Der Bundeskanzler hat das leider nicht getan.

    (Dr. Vogel Er hat auch nicht Stellung bezogen. Das war ihm alles kein einziges Wort wert. Das, was in den letzten Wochen von ihm und seinen Parteifreunden als Problem Nummer 1 in der Presse hochgejubelt wurde, war ihm keiner Erwähnung wert, auch die Menschen nicht, um die es geht, und auch nicht ihre Sorgen. Er hielt das heute auf einmal nicht mehr für wichtig genug, um es hier anzusprechen. Wir sagen: Wir müssen hier darüber sprechen, weil die Probleme angepackt werden müssen und weil die zynische Haltung der Bundesregierung, insbesondere die der CDU/CSU, so nicht weitergehen darf. Aber wir müssen zunächst einmal etwas anderes tun: wir müssen das schiefe Bild zurechtrücken, in das diese Diskussion unser Land in den letzten Wochen gebracht hat. Deshalb danke ich jetzt an allererster Stelle den Männern und Frauen überall in der Bundesrepublik, die sich nicht haben einspannen lassen in dieses Netz aus Aufgeregtheit, falschen Behauptungen, bösartiger Demagogie und heimtückischer Wahlkampfstrategie auf dem Rükken von Menschen, die sich nicht wehren können. Wir Sozialdemokraten danken etwa den Mitgliedern beider Kirchengemeinden in Heumaden bei Stuttgart, die einfach geholfen haben, als geholfen werden mußte, und die das nicht mit Leidensmiene als Opfer deklariert haben. Nein, diese vielen jungen Männer und Frauen haben gezeigt, daß man Hilfe mit Selbstverständlichkeit und mit menschlichem Anstand verbinden kann. Ich danke den vielen Bürgern, den Männern und Frauen, die Fremde, etwa Familien aus dem Libanon, die ganz anders aussehen und auch anders sprechen als wir, als Menschen betrachten und ihnen helfen, sich bei uns zurechtzufinden. Diese Männer und Frauen meine Damen und Herren, diese vielen jungen Menschen, stellen, Gott sei Dank, bei uns im Land die Mehrheit, allen Demagogen und Leserbriefschreibern zum Trotz. Und diese leider häufig schweigende Mehrheit macht Ihnen, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, zugleich vor, was Anstand ist und wie die Regierung mit Menschen umgehen sollte. Sie erwarten zugleich, daß Sie die Fragen ernst nehmen, die Probleme anpacken und Ihren heimtückischen Wahlkampf auf Kosten von Wehrlosen einstellen. Die Menschen erwarten auch von Ihnen, daß Sie dem entgegentreten, was Sie losgetreten haben, nämlich der zunehmenden Unsicherheit, der Feindseligkeit gegenüber Ausländern, den zunehmenden Ausschreitungen und auch den Verbrechen wie jetzt etwa in Bayern dem Überfall auf ein Flüchtlingswohnheim. Sicherlich handelt es sich bei denen, die so etwas tun, um Verführte, um Gestörte, um Fanatiker oder um Kriminelle, aber, meine Damen und Herren, die fühlen sich durch viele Reden aus den Reihen der CDU/CSU ermutigt. Und das war 1980 schon einmal so, als Sie Wahlkampf zu Lasten von Flüchtlingen machten. Damals kam es zu schrecklichen Begleiterscheinungen, zu Morden in Hamburg, zum Überfall auf ein vietnamesisches Wohnheim in Lörrach Frau Dr. Däubler-Gmelin mit Verletzten. Es kam zu einem Attentat auf Zirndorf. Wollen Sie so etwas heute wieder in Kauf nehmen? — Wir nicht. Und deswegen sagen wir mit den vielen anständigen Männern und Frauen: Machen Sie Schluß damit. Greifen Sie die Probleme mit uns auf. Wir und die Mehrheit unserer Bevölkerung wollen nämlich nicht, daß unser Land in einer Woge von Ausländerfeindlichkeit, Überfremdungshysterie und Überheblichkeit im Sinne von „Deutschland, Deutschland über alles" verkommt. Und, meine Damen und Herren, die deutsch-nationalen Töne des Herrn Dregger und was daraus folgen kann, das hatten wir in diesem Lande schon. Das wollen wir nicht mehr. Die Bürger erwarten, meine Damen und Herren, wie gesagt, daß Sie die Probleme und Fragen anpacken, um sie zu lösen, ohne gleichzeitig auf Menschen herumzutrampeln oder das Grundgesetz zu ändern, also das Grundrecht auf Asyl abzuschaffen; denn Änderung oder „Ergänzung", wie Sie das jetzt nennen, bedeutet Abschaffung. Machen Sie uns und machen Sie sich selbst bitte nichts vor. Probleme, die es anzupacken gilt, hat es in diesem Sommer wahrhaftig gegeben. Da waren einmal die Probleme mit der DDR — gleich, Herr Kollege Ströbele —, die ja Flüchtlinge über den DDR-Flughafen Schönefeld nach Berlin, nach Helmstedt oder Bebra bringt. Augenblick — — Wenn Sie mir noch einen Moment gestatten? — Das tut die DDR sicherlich auch, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, in der Absicht, die erhitzten Diskussionen und schädlichen Vorschläge über Grundgesetzänderungen zu befördern, die wir seit Wochen haben. Und ich frage: Muß man als CDU-Wahlkampfplaner eigentlich auch noch denen das Geschäft erleichtern? Wir lehnen das Verhalten der DDR nicht nur ab, weil es uns Probleme bringt, sondern auch deshalb, weil die DDR die Not von Menschen zu ihren politischen Zwecken ausnutzt, (Dr. Schierholz [GRÜNE]: Das ist aber ein bißchen kurzsichtig!)


    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Leider!)


    (Beifall bei der SPD)


    (Beifall bei der SPD)


    (Beifall bei der SPD)





    (Beifall bei der SPD)


    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)


    (Abg. Ströbele [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)